Laufen, Schauen, Denken

Sonntags Tagebuch

Eintragung vom 27. September 16

Die Idee ist tragfähig: am Tag des Berlin-Marathons ein Marathon als Alternative. Den Berlinern tut die Konkurrenz nicht weh; wer in Berlin laufen will, realisiert das auch. Und wer Berlin-Marathons sammelt, dem fällt es nicht schwer, auch mal einen auszulassen und im Remstal östlich von Stuttgart zu laufen.

  Drei Besonderheiten: Der Marathon durch das Tal der Rems, eines Nebenflusses des Neckars, ist ein Streckenlauf. Davon haben wir in Deutschland nicht viele. Er findet wie der Marathon Deutsche Weinstraße alle zwei Jahre statt, und von Mal zu Mal wechselt die Laufrichtung. In diesem Jahr ist am 25. September in Schwäbisch Gmünd gestartet worden; das Ziel war die Talaue in Waiblingen, wo 2014 der erste Remstal-Marathon begonnen hat. Bei dieser Laufrichtung ist das Gefälle mit zusammen 280 Metern größer als die Steigungen von zusammen 187 Metern.

Dennoch, der Vorzug des diesjährigen Laufes vermochte nicht, noch mehr Läufer anzulocken. Der Bonus der Neuheit hat nur für den ersten Lauf gereicht; da kamen 551 Läufer ins Marathon-Ziel. In diesem Jahr sind es nur 339 gewesen, gemeldet hatten 410. Hatte das sonnige Wetter so viele abgehalten? Dazu kommen die Läufer von 110 Staffeln. 635 Läufer (im ersten Lauf 846) entschlossen sich für den Halbmarathon bis Urbach.

Der Lauf verdient größere Beachtung. Er wird von den Kommunen zwischen Waiblingen und Schwäbisch Gmünd organisiert; das gewährleistet Planungssicherheit und einen einwandfreien Ablauf. Vielleicht erleichtert es auch die Gewinnung von Sponsoren wie die Geldinstitute in diesem Jahr. Dennoch, die Überlegungen über die Zukunft sollten fortgesetzt werden.

 

Der Lauf findet in einer schönen Kulturlandschaft statt; aber auf der Talsohle ist sie dicht besiedelt. Gerade dort wird der Kurs entlanggeführt. Statt Weinbergen Gewerbegebiete… Die Organisatoren wollten jedoch vermeiden, daß die Läufer auf die Höhen geschickt werden müssen. Mir kommen Zweifel, ob diese Erwägung richtig ist. Über die Höhen verlaufen ausgewiesene Wanderwege, einer sogar etwa 100 Kilometer weit von der Quelle bis zur Mündung der Rems. In einer Zeit, in der längst das Trail-Laufen für alle entdeckt worden ist, schrecken Steigungen vielleicht doch nicht so sehr ab, wie das die Organisatoren vermutet haben. Beim Schwäbische-Alb-Marathon sind sie bereits vor Jahrzehnten in voller Absicht gesucht worden, und der Lauf hat ständig seine Läufer gefunden. Allerdings müßte man bei einer stärker an der Landschaft orientierten Strecke dann auf das Publikum verzichten. Doch nach meinem Eindruck sind auch gegenwärtig die Publikumsnester dünn gesät.

Ob nun auf der Talsohle oder auf der Höhe, – die Veranstaltung könnte Unterhaltungselemente vertragen. Der Start in Schwäbisch Gmünd – ungefähr dort, wo einst der Alb-Marathon gestartet worden war, bevor sein Anfang aus gutem Grund auf den historischen Marktplatz verlegt worden ist – vollzog sich reichlich unauffällig. Am Ziel wiederum schien mir die Anbindung des Einlaufs an das Internationale Fest, das in Waiblingen begangen wird, nicht recht geglückt zu sein. Wie auch immer, – an dem Remstal-Lauf muß noch kreativ gearbeitet werden.

 

Wen die Informationen interessieren: Von den Männern hat Richard Schumacher (Sparda-Team Rechberghausen) den Marathon zum zweitenmal gewonnen, und zwar in 2:29:08 Stunden, schneller noch als die erste Staffel, Schorndorfer Dream-Mix in 2:31:18. Vor zwei Jahren hatten Schumacher die Folgen eines Radunfalls beeinträchtigt. Die schnellste Frau war Sonja Huber (TG Viktoria Augsburg) in 3:28:44 Stunden. Als ältester Teilnehmer wurde der 76 Jahre alte Frank Weinhard hervorgehoben; nicht ohne Befriedigung bemerke ich, daß ich im selben Alter seine 5:36:18 wahrscheinlich ausreichend unterboten hätte (damalige Jahresbestzeit 4:45:34). Am Halbmarathon-Ziel Urbach traf Kai Krause (DJK Gmünd) in 1:16:28 als erster ein und Rahel Hartung (SV Winnenden) in 1:28:13.

Und nun: Wer schon einen Kalender für 2018 hat und nicht in Berlin laufen will, könnte an diesem Tag den Remstal-Marathon von Waiblingen (S-Bahn von Stuttgart) nach Schwäbisch Gmünd eintragen. Hoffen wir, daß es gelingt, die Landschaft ins rechte Licht zu rücken.

Photos: Sonntag

Eintragung vom 20. September 16

Wenn man über einen Läufer schreibt, geschieht das wohl immer aus einem bestimmten Anlaß: wegen einer besonderen Leistung oder summarisch als Resümee eines Lebensabschnittes. Nichts hier von alledem. Der Anlaß ist ganz simpel; er hat mich zum Kaffee in seinen Garten eingeladen.

Gut, man könnte meinen, es gehe um den Garten, denn es ist schon ein besonderer Garten. Aber wenn ein Läufer einen Läufer einladet, dann ist der Garten wohl das geringste Gesprächsthema. Andererseits, wenn man einen solchen Garten hat, hält man sich wahrscheinlich, so oft es die Witterung zuläßt, darin auf. Ich bin auch nicht der erste Läufer in diesem Garten gewesen. Es plaudert sich gut im Grünen. Sonst sind es gewöhnlich Halbsätze, die Läufer bei Begegnungen wechseln. Denn man hat Dringenderes vor – Startunterlagen abholen, den Kleiderbeutel abgeben, die Toilette aufsuchen, zum Start gehen, starten. Gespräche bleiben ganz an der Oberfläche. Oder im Ziel muß man gemeinsam den Lauf des Langen und Breiten verarbeiten.

 

Wir sind uns jahrelang bei Laufveranstaltungen begegnet – Kommunikation aber eben in Halbsätzen. Seitdem ich nicht mehr an Veranstaltungen aktiv teilnehme, sind die zufälligen Begegnungen weggefallen. Doch es zeigt sich: Auch wenn man nicht mehr läuft, halten wir – jedenfalls wohl in vielen Fällen – zumindest in kleinem Kreis die Verbindung aufrecht. Laufen ist mehr als nur eine Sportart.

Kommen wir zur Begegnung im Grünen! Vor Jahrzehnten war ich bei Begegnungen mit Klaus der erfahrene Läufer. Im Laufe der Zeit hat sich das Verhältnis gewandelt. Jetzt höre ich zu, wenn er von Läufen erzählt, die ich nicht kenne oder von Läufen, die ich zwar gelaufen bin, er aber durch zahlreiche Teilnahmen in- und auswendig und damit weit besser als ich kennt. Nein, er hat mir, dem einst erfahrenen Läufer, die im nächsten Jahr – wollen wir genau sein? am 9. September 2017 – tausend Marathon- und Ultramarathonläufe nicht um die Ohren geschlagen. Wahre Elite protzt nicht.

 

Nun sollte ich wahrhaftig mit dem Anfang beginnen. Der Anfang war vor über dreißig Jahren, als wir uns bei Marathonläufen begegneten und ich zwar sein Gesicht, aber noch nicht seinen Namen kannte. Jetzt sollte man ihn selbst dann kennen, wenn man den Menschen noch gar nicht persönlich kennt. Also, ich habe im Garten von Klaus Neumann mit ihm und seiner Lebensgefährtin Brigitte Schmidt Kaffee getrunken.

Erst jetzt ist mir klar geworden, daß wir gar nicht so weit voneinander entfernt wohnen, zwanzig Autominuten. Wenn Blicke Spuren hinterließen, könnten wir uns, jeder in der Luftlinie seiner Blicke, treffen – er vom Garten aus, ich vom Arbeitszimmer aus. Irgendwo am Neckar würden sich die Luftlinien der jeweiligen Blickrichtung kreuzen. Doch nicht die räumliche Nähe verbindet uns.

Uns verbindet insbesondere, daß uns beim Laufen grundsätzlich das Erlebnis wichtiger ist als das Ergebnis. Doch das habe ich erst später erfahren, als wir uns nicht mehr in Halbsätzen verständigten. Zwei Laufveranstaltungen liegen ihm besonders nahe: der Jungfrau-Marathon, an dem er im nächsten Jahr, an seinem 65. Geburtstag, zum 25. Male teilzunehmen hofft, und der Comrades-Marathon, den er 1993 erstmals gelaufen ist und seither mit einer Unterbrechung jedes Jahr, bisher also 23 Mal. Das hat ihm nicht nur eine fixe Startnummer eingetragen, sondern auch die Funktion eines Comrades-Botschafters für Deutschland. Einen solchen Botschafter hätte ich 1995, als ich meine Südafrika-Reise bei einem dafür inkompetenten Reisebüro buchte, gut gebrauchen können.

Mit dem Laufen hatte Klaus begonnen, um einen Ausgleich für seine streßreiche Tätigkeit als Fluglotse auf dem Stuttgarter Flughafen in Echterdingen zu finden. Genau dieser Beruf gestattete ihm aber auch, seine Berufsarbeit im Alter von 55 Jahren zu beenden – ein hervorragendes Alter, wenn man als Läufer Entdeckungen machen will, Entdeckungen, die er mit Brigitte als Begleiterin teilt. In der DUV-Statistik tauchen auf dem Konto Klaus Neumanns unter anderem auf: Transeuropalauf 2009 zum Nordkap, Badwater, Spartathlon 2006 und 2007, Nemea – Olympia, Mum – Moravski, Baltic Run, alle fünf Mauerwegläufe in Berlin, Chiemgauer Bergultra, Thüringen-Ultra, von der Klasse Biel gar nicht zu reden.

Nimmt man die Teilnahme an anspruchsvollen Laufveranstaltungen und die Absicht, im September 2017 tausendmal Marathon und Ultramarathon gelaufen zu sein, betrachtet man dazu den Garten, der fast schon ein kleiner Park ist, wird einem rasch klar, daß von Ruhestand in herkömmlichem Sinn keine Rede sein kann. Der Garten befindet sich an einem der grünen Hänge der Kesselstadt Stuttgart. Mir hat die Besichtigung durchaus Mühe gemacht, und ich habe gern Brigittes stützende Hilfe angenommen. Die Hanglage erlaubt einen Blick nach Osten; man erkennt die Mercedes-Benz-Arena, das einstige Neckar-Stadion, und durch das Grün schimmert das Mercedes-Benz-Museum, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen in dem auch architektonisch bemerkenswerten Neubau, einer Doppel-Helix, gefeiert hat und im vorigen Jahr von 771.000 Menschen besucht worden ist. Damit und mit zusammen weit über 7 Millionen ist es nach wie vor das meistbesuchte Museum in Stuttgart; Besucher aus 170 Nationen haben es besichtigt, an der Spitze der Ausländer – mit 9 Prozent – von Chinesen.

Der große Garten von Klaus war nicht immer so groß; er hat Nachbargrundstücke, die altershalber abgegeben wurden, hinzu erworben. Einer Anzahl ständiger Besucher hat Klaus den Zutritt inzwischen durch hohe Zäune verweigert, nämlich dem Rehwild-Rudel, das es sich hier gütlich tat und sich dabei, wenn man sich ihm gemächlich näherte, nicht stören ließ.

So also haben Klaus und Brigitte die gewöhnliche industrielle Lebenswelt hinter sich gelassen – extensiv durch ihre Laufreisen, intensiv durch die Pflege ihres Hanggrundstücks und mal einem Gespräch wie mit mir.

Photos: Sonntag

Eintragung vom 13. September 16

Nun weiß ich,  weshalb ich diesen Schuh so lange nicht getragen habe. Vor drei Jahren habe ich ihn gekauft und dann vorsichtig eingelaufen, will heißen: wenig getragen. Danach habe ich ihn weit weniger benützt als andere Laufschuhe. Im vierten Quartal vorigen Jahres waren stabile Schuhe gefragt. In diesem Jahr stand ich mehrere Male vor dem Schuhregal und dachte mir: Eigentlich solltest du ihn wieder in Gebrauch nehmen… Dann beschloß ich, erst einmal alte Schuhe aufzutragen. Erst jetzt, als ich wieder ein Paar Schuhe – sicherlich mehr als zwei Jahrzehnte alt – in die Tonne geworfen hatte, habe ich ihn wieder angezogen.

Worum handelt es sich? Um ein Paar Minimalschuhe, mit denen ich Erfahrungen gewinnen wollte. Die im Vergleich zu anderen Laufschuhen zögerliche Benützung der „Barfuß-Schuhe“ läßt bereits ein summarisches Urteil zu. Doch es ist ein völlig subjektives Urteil, das ich obendrein – im Blick auf andere Interessenten – zu relativieren bemüht bin.

Grundsätzlich nämlich bejahe ich das Konzept. Fünfzig Jahre Trage-Erfahrungen mit Laufschuhen, seit einigen Jahren erst nur beim Walking, dann beim Gehen, seit dem vorigen Jahr beim Gehen in äußerst mäßiger Geschwindigkeit, haben mir gezeigt, daß die Laufschuh-Industrie ihre Produkte höchst widersprüchlich entwickelt hat. Positive Absichten wie die Dämpfung oder die „Führung“ wurden zu Konzepten aufgebläht. Manche Detail-Ideen schienen mir eher für die Public-Relations-Abteilung als für die Praxis bestimmt zu sein.

Gegenwärtig sind wir ja auf einem ganz vernünftigen Wege: Starke Differenzierung der Schuhe, insbesondere nach der Bodenbeschaffenheit der Laufstrecken, und Rückkehr zur Einfachheit. Aus der primären Beachtung der physiologischen Gegebenheiten hat sich ein ganzer Trend entwickelt, der Trend zum Schuh für möglichst natürliches Laufen, einem Minimalschuh, der dem Barfußlaufen nahekommen soll.   Die Läufer – aber nicht nur diese – sind dem Trend voll gefolgt. Seit Jahren gibt es Geschäfte, die sich auf den Verkauf von Minimalschuhen spezialisiert haben. Die Schuhmanufaktur, deren Kunde ich seit fast sieben Jahren bin, unterhält ein Geschäft für Minimalschuhe in Berlin und eines im Stuttgarter Flughafen.

Meine ersten Erfahrungen mit den ungewohnten Minimalschuhen sind nicht untypisch gewesen. Sinnvoll wäre es gewesen, vorher ein Anleitungsbuch zu lesen. Barfußlaufen bedeutet Aufsetzen mit dem Vorfuß oder dem Mittelfuß – eine Abkehr also von dem zumeist praktizierten Abrollen über die Ferse. Ältere Läufer, habe ich gelesen – und kann es bestätigen –, tun sich damit schwer.

Eine neue Erfahrung habe ich jetzt, fast ein Jahr nach einem apoplektischen Ereignis, einem Schlaganfall, gemacht. Zwar sind die Folgen erträglich und die Rehabilitation ist erfolgreich verlaufen; aber zuweilen beobachte ich vor allem zu Trainingsbeginn eine gewisse Gangunsicherheit. Zweimal habe ich nun die Minimalschuhe getragen; jedesmal ist dabei die Gangunsicherheit, unkontrollierter Wechsel der Gehrichtung, verstärkt aufgetreten. Das hat mir die Schlußfolgerung aufgedrängt: In der jetzigen Situation würde ich mir solche Einfachschuhe nicht kaufen.

Ganz allgemein würde ich, wenn ich gefragt würde, älteren Läufern – grobe Orientierung: im Rentenalter – nicht zur Anschaffung solcher Barfußschuhe raten. Wenn schon Barfußlaufen, dann ganz ohne Schuhe, am Sandstrand, auf taubenetzter Wiese. Erst recht würde ich die Anschaffung nach einem Schlaganfall als sinnlos erachten. Auch Wettbewerbe sollte man, wenn man nicht generell seinen Laufstil  auf Vorfuß-Auftritt umgestellt hat, nicht in Minimalschuhen bestreiten.

Ein Kaufmotiv, das auch mein Motiv gewesen ist, lasse ich gelten: Neugier. Man will ja schließlich mitreden, wenn über Schuhe gesprochen  wird. Nichts geht über praktische Erfahrung.

Eintragung vom 6. September 16

Alle naselang wird uns Bewegungstraining im Alltag empfohlen. Den Autobus oder die Stadtbahn eine Station vor dem geplanten Ziel verlassen und die Strecke zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, Aufzüge meiden und die Treppe benützen, statt mit der Fernbedienung das Fernsehgerät ein- oder ausschalten, indem man aufsteht und hingeht… Richtig, also auf Fortschritte der Technik, die uns das Leben angeblich leichter machen will, verzichten und den Körper verrichten lassen, wofür er bestimmt ist – bewegen!

Andererseits: Jede Woche erscheinen in der Fernsehbeilage meiner Tageszeitung, jeden Monat in der ADAC-Zeitschrift oder jedes Vierteljahr in meinem Krankenkassen-Magazin und was weiß ich mehrere Anzeigen, in denen für den Einbau von Treppenliften geworben wird. Die Liquidierung einer Trainingsmöglichkeit hat mich derart aufgeregt, daß ich in diesem Tagebuch gegen den Widerspruch – Empfehlung, im Alltag zu trainieren, jedoch Werbung für die Vermeidung von Training – zu Felde gezogen bin. Das war vor bald vier Jahren.

Seither denke ich immer wieder, im Grunde fast täglich, an einen anderen Widerspruch, nämlich dann, wenn ich Menschen am Rollator sehe. Fast immer, wenn ich auf meiner Gehtrainingsrunde unterwegs bin, begegne ich Rollator-Gehern. Einige, die ich in den fünfzig Jahren, die ich hier wohne, vom Sehen gekannt habe, sind zwar gestorben; aber ich habe den Eindruck, es sind immer mehr nachgewachsen. Ein Thema fürs Tagebuch? Den Anstoß hat der heitere Kommentar eines Mediziners – er schreibt immer heitere Kommentare – gegeben. Seine Überschrift lautet: „Wer hält die Rollationierung auf?“

Die älteste Rollator-Geherin auf meiner Gehstrecke ist die Frau eines vor Jahren verstorbenen Läufers. Ihre Rollator-Karriere konnte ich über Jahre verfolgen. Erst schob sie allein das Gerät vor sich her, dann wurde sie von einer Pflegerin begleitet. Die Pflegerin bewegte streckenweise den Rollator, und seine Benutzerin brauchte sich nur daran festzuhalten. Noch glaubte ich, das geschehe nur kurzfristig, bei Ermüdung eben. Doch die Ermüdung hielt an. Die nächste Stufe war, daß der Rollator in einen Rollstuhl umgewandelt worden ist, den die. Pflegerin bewegt. Die Abstände der Ausfahrten, die bei erträglichem Wetter fast täglich stattgefunden hatten, vergrößerten sich, die Strecken verkürzten sich.

Ich habe an diesem Fall erlebt, wie die Gehhilfe von der Erleichterung zum gänzlichen Verlust des Gehtrainings und zum zunehmenden körperlichen Verfall geführt hat. Die Pflegerinnen – meist sind es Polinnen – sind nicht darin ausgebildet, ein altersgemäßes Training anzuregen und zu überwachen.

Es gibt hier noch mehr Rollator-Geherinnen, die von Pflegerinnen begleitet werden. Zweierlei fällt mir auf, und ich stimme darin mit dem medizinischen Kommentator überein: Den Rollator benützen überwiegend Frauen. Um korrekt zu sein, – auf meiner Trainingsstrecke habe ich bisher allein Frauen am Rollator gesehen, keine Männer. Eine Erklärung dafür gibt es noch nicht. Wahrscheinlich steuern Männer sofort einen Krankenrollstuhl. Zum zweiten, so scheint es mir, sind die Benützerinnen der Rollatoren immer jünger geworden. Vielfach könnten sie meine Töchter sein.

Dem Internet habe ich entnommen, daß bei der DAK die Rollator-Verschreibungen in der Altersgruppe 60 bis 69 Jahre in fünf Jahren (2009 – 2014) um nicht weniger als 85 Prozent zugenommen haben. Insgesamt hat sich die Zahl der Rollator-Verschreibungen für DAK-Versicherte in diesen fünf Jahren um 38 Prozent erhöht. Im Gegensatz zu Krankengymnastik gebe es bei den Krankenkassen kein Budget für Rollatoren.

Noch eins: Wer einen Rollator hat, benützt ihn, so er nicht an einen Rollstuhl gefesselt wird, fast immer lebenslang. Das Risiko besteht darin, daß man am Rollator das normale Gehen verlernt. Die Ursache ist die meist falsche Haltung. Nach Ansicht eines Sachverständigen steigt dadurch das Verletzungsrisiko. Wer mit dem Rollator stürze, verletze sich meist schwerer als ohne, weil er durch den Rollator am Abfangen gehindert werde oder in den Rollator hinein stürze. Ellen Freiberger von der Bundesinitiative Sturzprävention warnt: „Vorsicht vor Rollatoren! Sie geben ein Gefühl der Pseudosicherheit. In Wirklichkeit steigt durch Gehhilfen, zu denen auch der Rollator gehört, die Gefahr.“ Die Hälfte der über Achtzigjährigen stürzt mindestens einmal im Jahr.

„Daß Rollatoren so verbreitet sind, hängt offenbar mit einer Veränderung im gesellschaftlichen Klima zusammen“, lese ich. „Der Rollator hat kein Stigma mehr. Es ist einfach normal geworden, ihn zu benutzen“, sagt die DAK-Ärztin Elisabeth Thomas.

Das läßt mich nachdenklich werden. Wann werden sich die ersten Rollator-Geherinnen in Walking-Wettbewerbe einschleichen? Wann werden sie eine eigene Wertung ertrotzen?

Eintragung vom 30. August 16

Mit dem Ausdruck des Bedauerns ziehe ich meine Bitte um Entschuldigung für eine „lauffremde“ Eintragung zurück. Der Anlaß ist weggefallen; mein Bericht über meine Reise nach Gotha ist in hohem Maße laufaktuell. Ich wußte es nur nicht.

Wer mit dieser Einleitung rein gar nichts anzufangen weiß, dem erzähle ich von Anfang an: Immer wenn ich an einem Wettbewerb des GutsMuths-Rennsteiglaufs, zuletzt an einer Wanderung, teilgenommen habe und es Markus, meinen Baseler Lauffreund, ebenfalls zum Rennsteig gedrängt hat, haben wir hinterher etwas gemeinsam unternommen. Weil wir in Eisenach mit Besichtigungen so ziemlich durch waren, fuhren wir nach Meiningen, der Theaterstadt. Gotha stand ebenfalls auf der Liste. Dort hatte ich früher einmal das Ekhof-Theater besichtigt, das erste deutsche Theater mit einem festen Ensemble, ein Hoftheater mit noch funktionsfähiger barocker Bühnentechnik. Jedoch, es wird nur wenige Wochen im Jahr bespielt, und eben nicht nach dem Rennsteiglauf. Es gelang mir, Markus davon zu überzeugen, daß wir Gotha vom Rennsteiglauf lösen und gesondert nach Gotha reisen sollten, nämlich zum Ekhof-Festival, wenn die Bühne bespielt werde. So geschah es. Wir gingen nicht nur ins Theater im Schloß Friedenstein, sondern besichtigten auch die Ausstellungen im Schloß, das in diesem Jahr zu einem Teil auch Ort der Thüringischen Landesausstellung gewesen ist.

Mit dem Läufer Markus aus Basel hatte ich ja kein Problem; er war vordem immer meinen Besichtigungsvorschlägen gefolgt. Aber die Leser meines Tagebuches? Einerseits wollte ich meine Nichtlaufreise nicht verschweigen; andererseits, wie hält man Läufer bei der Stange, wenn vom Laufen überhaupt keine Rede ist? Die zumindest indirekt geäußerte Bitte um Entschuldigung ist da wohl das mindeste.

In der Tat, ich erhielt nur eine einzige Zuschrift, die schwerlich als Vorwurf aufzufassen ist. Es war der Hinweis eines Lauforganisators, der inzwischen auf der einschlägigen DUV-Website auch die Lauf-Öffentlichkeit erreicht hat. Im nächsten Jahr nämlich, am 2. und 3. September, werde im Park des Schlosses Friedenstein, einer mächtigen frühbarocken Schloßanlage, ein 24-Stunden-Lauf stattfinden – gar die Deutsche Meisterschaft der DUV im 24-Stunden-Lauf.

Ich selbst bin zwar einige 24-Stunden-Läufe gelaufen; aber eine rechte Zuneigung zu dieser Disziplin habe ich nicht gehabt. Es lag an der Strecke – viele Dutzend Male auf einem winzigen Rundkurs, an dem es nichts zu sehen gab außer den Betreuungszelten! Seit ich den Park des Schlosses Friedenstein kenne, weiß ich: Es geht auch anders. Wenn ich noch aktiv wäre, – die 24 Stunden in Gotha würde ich mir vornehmen. Der Park entstammt drei Epochen; er ist der älteste englische Landschaftspark auf dem Kontinent, er enthält eine Orangerie und Beete aus dem 19. Jahrhundert. Auf den sanft geschwungenen Wegen wird für die 24 Stunden ein 2 Kilometer langer Rundkurs angelegt werden.

 

Zwar kenne ich den Verlauf der Strecke noch nicht; aber mit Sicherheit wird man einen Blick auf die ausgedehnte Schloßanlage haben und kann sich immer wieder ablenken. Die Baumgruppen werden sich im Licht der wechselnden Tages- und Nachtzeit verändern. Leute, lauft in Gotha! Das könnte ich so nicht schreiben, wenn ich nicht vor wenigen Wochen Gotha und das Schloß Friedenstein besucht hätte.

Wenn man in Gotha läuft, sollte man nicht nur laufen, sondern auch je nach Interessenlage eines der Museen im und am Schloß besichtigen. Allerdings, am Montag sind die Türen zu. Es hilft nichts, als am Sonntag gleich vom Park aufs Parkett zu laufen. Oder zu schleichen? Etwas wenigstens wird im Gedächtnis hängen bleiben, und die Betreuer werden dankbar sein.

Photo: Sonntag

Eintragung vom 23. August 16

Noch nie in meinem Leben habe ich soviel Handball gesehen wie am letzten Tag der Olympischen Spiele von Rio. Ich habe bei der Fernseh-Übertragung immer darauf gewartet, daß vom Handball zurück zum Marathon geschaltet werde.

Erst ließ es sich ja ganz gut an. Wir sahen den Start und erlebten, wie sich frühzeitig schon die drei späteren Sieger placierten. Wolf-Dieter Poschmann gab die fachkundigen Informationen. Wer von den Fernsehzuschauern künftig einmal zu einem Marathon bei Regen starten sollte, wird sich wahrscheinlich an die Übertragung dieses olympischen Regen-Marathons in Rio erinnern.

Obwohl die Marathonstrecke einen Abschnitt mit mehreren Wiederholungen gehabt hat, war das Zuschauerspalier außerordentlich dünn. Wer also vorhat, Brasilien zu besuchen, sollte wohl dort nicht Marathon laufen wollen.

Die Ergebnisse sind bekannt oder lassen sich in LaufReport leicht nachschlagen. Eliud Kipchoge hatte, anders als beim Berlin-Marathon 2015, wo er die Jahresweltbestzeit lief, die Schuhe richtig angezogen; diesmal hingen die Einlegesohlen nicht heraus.

Die beiden deutschen Marathonläufer – wir sind ja so froh, daß es überhaupt welche beim olympischen Marathon gab! – schlugen sich wacker. Philipp Pflieger arbeitete sich vom letzten Drittel der 155 Läufer auf den 55. Platz vor – Beifall! Julian Flügel belegte den 71. Platz, und dies, obwohl seine Vorbereitung auf den olympischen Marathon, da er nachgerückt war, nur ganze fünf Wochen gedauert hatte. Ebenso Beifall!

Ja, wie war das mit dem Handball? Der Marathon war längst zu Ende gegangen – wir erfuhren es nicht. Das ZDF hielt sich an der Handball-Entscheidung Deutschland gegen Polen unverrückbar fest; der Marathon war vergessen. Mit Sicherheit gibt es mehr Marathon-Läufer als Handballspieler in Deutschland. Ach ja, Olympia ist ein Zuschauersport; gezeigt wird, was mutmaßlich die Quote erhöht.

Eintragung vom 16. August 16

Wer am Wochenende vielleicht ausnahmsweise nicht selbst gelaufen ist, sondern das Zuschauen vorgezogen hat, ist am 13. und 14. August stark beschäftigt gewesen. An beiden Tagen waren 276 Einzelläufer und dazu die Läufer von fast 100 Zweier-, Vierer- und Zehner-Staffeln auf dem Berliner Mauerweg unterwegs. In der Öffentlichkeit ist zwar an den ersten Tag des Mauerbaus, den 13. August 1961, erinnert worden, aber zu einer Nachricht, daß an diesem Tag ein sehr lebendiges Gedenken stattfinde, der 100-Meilen-Lauf auf dem Berliner Mauerweg, hat es halt nicht gereicht. Wo käme man hin, wenn der Sport die politische Initiative ergriffe und ein Gedenken praktizierte, das Politikern zukomme!

Wie bei den vorangegangenen Läufen ist auch diesmal wieder eine originelle Idee des Gedenkens realisiert worden. Da der Laufkurs diesmal durch das Brandenburger Tor führen konnte, hat man davor eine Mauer aus hölzernen Ziegeln aufgebaut, und jeder Läufer konnte einen oder zwei dieser Ziegel über die einstige Mauerlinie tragen und dann wieder ablegen. Das in Anbetracht der Flüchtlingsströme besonders aktuelle Motto hieß: Mauern abbauen! Live-Kameras haben diese und andere Szenen aufgenommen; jeder konnte sie auf dem Computer-Bildschirm sehen. Die Sprache der Bilder ist international.

Wie sehr der Mauerweglauf ein internationales Renommee hat, zeigte sich an der Spitze. Den Lauf hat der Israeli Ariel Rozenfeld in 15:20:48 Stunden gewonnen; auf dem zweiten Platz folgte ein Schwede, auf dem dritten ein Japaner. Die Spitze bei den Frauen: die Australierin Tia Jones, W50, in 17:03:32 Stunden, auf dem zweiten Platz eine Italienerin, auf dem dritten eine Britin. Bei einem Zielschluß nach 30 Stunden hat jedoch jeder geübte Ultraläufer die Chance anzukommen; die ältesten Finisher waren Reinhardt Schulz (RLT Rodgau) in M 75 und Ursula Dinges (VSV Frankfurt am Main) in W 75. Für Sigrid Eichner, W 75, hat es diesmal nicht gereicht, sie mußte aussteigen. Fünf Teilnehmer haben die 100 Meilen in Berlin zum fünften Mal bewältigt.

Wer dann nach den letzten Zieleinläufen noch die Siegerehrung verfolgt hat, mußte sich beeilen, wenn er die Übertragungen vom olympischen Frauenmarathon im deutschen Fernsehen erleben wollte. Was gab es zu erleben? Einen Hitzelauf über weite Strecken ohne Publikum. Das war schon erstaunlich, daß große City-Marathons mehr Zuschauer anlocken als dieser Marathon in Rio! Gewonnen hat ihn eine Kenianerin, die für das Königreich Bahrain gestartet ist. Bahrain war schon einmal eine olympische Goldmedaille im Laufen zugefallen, jedoch nur vorübergehend; der Mittelstreckenläufer war gedopt.

Was ist nach dem Frauenmarathon das läuferische Gesprächsthema in Deutschland? Der Einlauf der Hahner-Zwillinge – sie liefen Hand in Hand über die Ziellinie. Das kann man bei einem Volkslauf machen, aber nicht bei einem olympischen Marathon, lautet die Funktionärsmeinung. Die Anhänger der nach eigener Aussage „schnellsten Zwillinge der Welt“ sehen das offenbar mehrheitlich anders. Die schnellsten Zwillinge, Anna und Lisa Hahner, belegten den 81. und 82. Platz. Da war doch noch was? Es gab, wie der Zufall will, noch ein Zwillingspaar, das erreichte den 10. und 11. Platz. Es waren Hye-Song und Yhe-Gong Kim aus Nordkorea. Mal sehen, wie Anna und Lisa Hahner in ihrem Marketing damit umgehen werden!

Sehr gut abgeschnitten hat Anja Scherl aus Regensburg mit 2:37:23 Stunden und damit dem 44. Platz. Das ist eine echte Amateurin, die selbst dem Coubertinschen Maßstab gerecht geworden wäre. Sie ist als Software-Entwicklerin voll berufstätig. Wenigen wird ihr Name geläufig sein; aber mit ihr können wir Amateure uns voll und ganz identifizieren.

Eintragung vom 9. August 16

Den Mauerweglauf halte ich für einzigartig. Keineswegs nur, weil er ein 100-Meilen-Lauf ist und diese das Dezimalsystem durchbrechende Distanz auf dem europäischen Kontinent selten ausgetragen wird. Vielmehr deshalb, weil er eine Manifestation der Geschichte ist, ein Erinnerungslauf auf den Spuren der Teilung einer Weltstadt und der Teilung Deutschlands. Er ist ein Lauf zum Gedenken an die Todesopfer der tragischen Versuche, die Grenzbefestigung in Berlin zu überwinden, wenn man so will, eine lebendige historische Dokumentation. Die Denkmale an der Strecke gewinnen durch den Lauf an Aussagekraft. Es ist ein überaus politischer Lauf; davon gibt es nicht viele.

In diesem Jahr gilt der Lauf am 13. und 14. August dem Gedenken an Karl-Heinz Kube, der 1966 im Alter von 17 Jahren erschossen wurde.

 

Wahrscheinlich ist es der besondere Charakter des Mauerweglaufes, der ihn für engagierte Ultraläufer aus aller Welt so anziehend macht. Die Qualität der Streckenführung, lange Naturstrecken in einer Großstadt, die vorzügliche Organisation samt der Möglichkeit, ihn in einer Staffel kennenzulernen, schaffen die Voraussetzung, daß man ihn als fortgeschrittener Ultraläufer in seinem Laufkalender haben sollte.

 

Für mich ist diese Veranstaltung zu spät gekommen. Kein Zweifel, daß ich ihn in meiner aktiven Zeit gelaufen wäre. Bei meinem Sprung über die 100 Kilometer hinaus mußte ich mich 1983 mit den 150 Kilometern von Hirtenberg in Niederösterreich (17:22 Stunden) begnügen. Der Mauerweglauf war es mir gleich im Jahr 2011 wert, nach Berlin zu reisen. In diesem Jahr muß ich darauf verzichten. Die informative Website ermöglicht es mir, den fünften Mauerweglauf am 55. Jahrestag des Mauerbaus digital zu verfolgen.

Mit Respekt grüße ich alle diejenigen, die an diesen Tagen beim Lauf aktiv sind, die Einzel- und die Staffelläufer, die Organisatoren und Helfer, dazu diejenigen, die die positiven Voraussetzungen für den Mauerweglauf geschaffen haben. Ich bin überzeugt davon, daß auch diese fünfte Laufveranstaltung zum Gedenktag des Mauerbaus ein Ereignis sein wird, das seinen festen Platz in der Entwicklung der Laufbewegung und in der Erinnerung der Beteiligten haben wird. In diesem Sinne: Glück auf den Weg!

Photos: Sonntag

Eintragung vom 2. August 16

Zum vierten Mal schreibe ich in diesem Tagebuch aus aktuellem Anlaß als Zeitzeuge über Olympische Spiele. Die Haltung, die ich dazu einnehme, hatte sich lange Zeit vorher schon gefestigt – eine kritische Haltung. Anfangs hatte ich mich bei potentiellen Lesern entschuldigt, nämlich dafür, daß ich als über Laufsport Schreibender meinen Lesern die Freude an einem Sportereignis, den Olympischen Spielen, rauben würde. Heute sehe ich keinen Anlaß mehr für eine Entschuldigung.

Ursprünglich hatte ich mich damit begnügt, eine deutsche Bewerbung um die Austragung Olympischer Spiele abzulehnen. Aktuell war meine Ablehnung, als sich Berlin im Jahr 1993 um die Spiele bemühte. Im Jahr 2003, als fünf deutsche Städte miteinander konkurrierten, waren es einer Internet-Umfrage zufolge immerhin schon 22 Prozent, die gegen eine Bewerbung Deutschlands um die Olympischen Spiele 2012 stimmten.

Im Laufe der Zeit ist meine Haltung immer mehr davon bestimmt worden, Olympische Spiele überhaupt in Frage zu stellen. Coubertins Idee ist längst aufgegeben worden. Der Amateurstatus der Teilnehmer, auf den er den größten Wert legte, ist der Professionalisierung gewichen. Die Wahl der Austragungsstätten wird von der Absicht bestimmt, einen hohen politischen Nutzen zu erzielen.

Die schönen Argumente, daß sich die Investitionen auszahlten, haben sich als hohler Schein erwiesen. Ich halte das Münchner Olympiastadion noch immer für sehenswert; doch im Grunde ist es ein Architekturdenkmal. Man braucht es nicht. Dramatischer noch zeigt sich die Kurzlebigkeit einer solchen Investition in Griechenland und China.

Die Höhe der Investitionen hat sich immer mehr gesteigert. In Rio de Janeiro haben sie umgerechnet die zehn Milliarden Euro erreicht. Dies in einem Land voller sozialer Probleme, dies in einem Land, in dem genau diejenigen, die am dringendsten der Hilfe bedürfen, am wenigsten davon haben.

Das zweite aktuelle Problem: der Sport, der vermutlich wieder einmal die Weltfestspiele des Dopings austragen wird. Die offizielle Reaktion auf die Betrügereien der russischen Sportpolitik läßt uns nur mit Bitterkeit in die Zukunft blicken. Hätten wir keine Olympischen Spiele mehr, hätten wir Doping nur auf einer niedrigeren Ebene.

Meine Konsequenz: Da ich kein Sportjournalist bin, muß ich mich nicht um die Olympischen Spiele scheren. Ich werde mich in meinem Lokalblatt durch Agenturberichte informieren, aber ich werde keine Nächte durchwachen, um Fernseh-Live-Berichte zu sehen. Insofern trifft es mich nicht im mindesten, wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland nur aus zweiter Hand berichten können.

Eintragung vom 26. Juli 16

Vier Tage lang habe ich das Fernsehgerät nicht angerührt, vier Tage lang habe ich keine Zeitung gelesen. Von der Bluttat in München erzählte mir eine Frau im Hotelfahrstuhl. Doch ich fuhr nur zwei Stockwerke weit, da kann man nicht viel erzählen. Markus hat das Fernsehgerät ebenfalls nicht angeschaltet und keine Zeitung gelesen. Also sprachen wir über alles Mögliche, aber nicht über die Anschläge. Sie wären vermutlich das Thema des Tagebuchs gewesen. Andere Themen hätten der Staatsumbau in der Türkei oder das Doping russischer Athleten und die Putin-freundliche Entscheidung des IOC sein können. Das zumindest hätte einen sportpolitischen Bezug gehabt.

Doch worüber schreibe ich jetzt? Darüber, daß wir, Markus und ich, einige Tage in Gotha verbracht haben. Mit Laufen hat diese Begegnung wenig zu tun – außer daß wir mit einer Besucherin von Schloß Friedenstein beim Kaffeetrinken im Schloßhof über den Rennsteiglauf ins Gespräch kamen.

Dabei ist unser Besuch in Gotha im Grunde auf den Rennsteiglauf zurückzuführen. Mehrere Jahre lang haben wir nach dem Rennsteiglauf – aber nicht nur dort, sondern auch nach unseren Teilnahmen am Swiss Alpine in Davos oder nach dem Jungfrau-Marathon, bei dem wir uns kennengelernt hatten – ein Kultur- oder Wander- Programm absolviert. In Eisenach haben wir, versteht sich, die Wartburg besichtigt, sind ins Bachmuseum und durch die Drachenschlucht gegangen und haben uns im Burschenschaftsdenkmal mit studentischen Verbindungen beschäftigt. Die Philantropie und das GutsMuths-Museum in Schnepfenthal habe ich aufgesucht. Was machen wir in diesem Jahr?

 

Nach Gotha sind es von Eisenach nur knapp 35 Kilometer. Also schlug ich Gotha vor. Nach unserem vorjährigen Aufenthalt in der Theaterstadt Meiningen zog mich insbesondere das Ekhof-Theater in Schloß Friedenstein an, das einzige Theater der Welt mit in der Hauptsache noch erhaltener barocker Bühnentechnik. Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit, es gebe alle Jahre ein Ekhof-Festival, bei dem ein zum Theater passendes Stück aufgeführt werde. Nur eben – Festivals finden nicht zur Zeit des Rennsteiglaufs statt. So kam es, daß Markus und ich im Juli nach Gotha reisten, ohne daß eine Laufveranstaltung der Anlaß gewesen wäre. So kommt es, daß zumindest einige Leser-Läufer an dieser Stelle nun wieder einmal nichts übers Laufen lesen, wenn man davon absieht, daß Markus trainingshalber Gotha im Sinne des Wortes erlaufen hat, während mein „Sport“ aus Museumsrundgängen und einigen Verrenkungen samt Gleichgewichtsübungen in den Kasematten um Schloß Friedenstein bestand.

 

Das Theater im Westturm des Schlosses Friedenstein, 1681 in einem Ballsaal eingerichtet, war bis auf den letzten Platz besetzt – genau genommen waren wir 126 Besucher. Geboten wird in diesem Jahr „Der Bürger als Edelmann“ (Le Bourgois gentilhomme), eine Comédie ballet von Molière, mit der Musik seines Freundes Jean-Baptiste Lully (1670). Der mehrfache Wechsel des Bühnenbildes auf offener Bühne vollzieht sich jeweils in Sekundenschnelle. Auch sonst: Eine authentische Aufführung in original barockem Ambiente…

Das Schloßtheater trägt den Namen Conrad Ekhofs, eines Schauspielers, der hier das erste festangestellte deutsche Theaterensemble leitete und sowohl einen realistischen Schauspielstil pflegte als auch das moderne deutsche Theater begründete. Neben dem Theater vermittelt eine Dauerausstellung einen Einblick in das wichtigste Stadium deutscher Theatergeschichte und die Entwicklung des Gothaer Hoftheaters. Das Theater und die Ausstellung sind ganzjährig zu besichtigen. Bei einer Führung darf man einen Blick auf die Holzmaschinerie der Unterbühne werfen.

Das allein war für mich ein lohnendes Reiseziel. Doch Gotha hat auch einige Museen zu bieten, die in den letzten Jahren neugeordnet worden sind. Wer sie besucht, bekommt einen kleinen Eindruck davon, wofür unser „Solidaritätsbeitrag“ auch verwendet worden ist. Im Herzoglichen Museum, das Ernst II. 1864 bis 1879 errichten ließ, sind die Schätze präsentiert, die von den Gothaer Herzogen Jahrhunderte lang zusammengetragen worden sind – von ägyptischen Mumien, griechischen Vasen von hoher Qualität und einem chinesischen Kabinett bis zu einer umfangreichen Gemäldesammlung mit Bildern von Cranach, Rubens und C. D. Friedrich und einer Sammlung von Meißener Porzellan. Im weitläufigen Schloßgebäude sind die herzoglichen Gemächer aus der Zeit des 17. bis 19. Jahrhunderts zu besichtigen. Untergebracht sind hier zudem das Historische Museum und das Museum der Natur. Für all das ist der Ausdruck „Das Barocke Universum Gotha“ geprägt worden.

In diesem Jahr ist Gotha ebenso wie Weimar der Ort der Thüringer Landesausstellung „Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa“ (bis zum 28. August). Die Ausstellung hat mir einen Eindruck davon vermittelt, welchen Beitrag diese Dynastie zur Ausbreitung der Reformation geleistet hat, wie sehr sie kulturell engagiert gewesen ist und wo Angehörige des Hauses eingeheiratet haben. Man mag mich für ungebildet halten oder habe ich es vergessen? Die britische Königin Victoria, die 63 Jahre lang das Land regiert hat, ist die Tochter von Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld, die Edward Augustus, Duke of Kent and Strathearn, geheiratet hatte. Elisabeth II. ist ihre Ururenkelin.

Wenn ich an unseren Besuch in Gotha denke, ist mir wieder einmal klar geworden, welche Chancen der Information unsere Laufreisen bieten (auch wenn Gotha keine Laufreise gewesen ist).

Photos: Sonntag

Eintragung vom 19. Juli 16

Anfangs hatten deutsche Ultraläufer nur dieses Termin-Problem: Rennsteig oder Biel. Nicht selten wurde es dadurch gelöst, daß man erst zum Rennsteiglauf startete und drei Wochen später zu den 100 Kilometern in Biel. Das ließ sich gut machen, wenn man nur eine der beiden Strecken auf volle Leistung lief.

Längst ist das nicht mehr so einfach. Anfang Juli ist der Thüringen-Ultra mit Start in Fröttstädt bei Gotha, Ende Juli der Swiss Alpine. Seit einigen Jahren ist ein weiterer Termin im Juli belegt, der des Eiger-Ultratrails, der im Hinblick auf das Landschaftspanorama eine echte Alternative zum Swiss Alpine darstellt. Schaut man den Veranstaltungskalender der DUV durch, findet man weitere Überschneidungen. Beispiele: Wer am Baltic teilnimmt, für den kommt der Ultra-Bodenseelauf nicht in Frage. Eine Woche später findet die Herausforderung am Chiemsee statt, am Tage drauf der 12-Stunden-Lauf am Hollener See. Zwischen Allgäu-Panorama-Lauf und Monschau-Ultra muß man sich entscheiden. Eine Woche später überschneiden sich der 100-km-Lauf in Leipzig und der 12-Stunden-Lauf in Lebach. Bezieht man die Nachbarländer, insbesondere die Schweiz und Österreich, ein, kommen weitere Termine hinzu, die Ultraläufern eine Entscheidung abnötigen.

Was soll diese Klage über den vollen Terminkalender? Anspruchsvolle Ultra-Wettkämpfe kann man nicht gleichmäßig über das ganze Jahr verteilen. Alpine Läufe sind auf einen kleinen Zeitraum angewiesen. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Regerationszeit nach einem Ultralauf nun einmal länger ist als nach einem Halbmarathon. Ultraläufer müssen damit leben, daß sie es mit ihrem Terminkalender schwerer haben.

Wenn wir uns an die Zeit erinnern, in der die Alternative nur Rennsteiglauf oder Biel hieß, wird uns klar, wie weit der Ultramarathon vorangekommen ist. Verstärkt worden ist die Entwicklung durch die Hinwendung zum Trail. Zwar war das schon früh erkennbar – wenn man so will, war das Trail-Laufen schon beim 100-Kilometer-Lauf von Biel angelegt und hat durch den Swiss Alpine vor einem reichlichen Vierteljahrhundert einen mächtigen nachhaltigen Impuls erhalten –, aber die zunehmende Beliebtheit des Trails als Laufstrecke hat sicherlich die Schaffung von Ultratrail-Veranstaltungen gefördert.

Veranstalter tun gut daran, bei ihrem anspruchsvollen Wettkampf-Angebot den Einstieg zu erleichtern. Der „kurze Ultra“ bei den Bieler Lauftagen ist sicher der richtige Weg. Beim Eiger-Ultratrail ist in diesem Jahr am 16. Juli der E 35 angeboten worden. Die Hälfte der 101 Kilometer ist in Anbetracht der Höhenunterschiede als Einstiegslauf wahrscheinlich zu schwer. Der E 35 hingegen liegt für angehende Utraläufer im Bereich des Möglichen, bietet mit 2500 Höhenmetern Anstiegen aber auch eine beträchtliche Herausforderung, so daß sich am Ziel das Glücksgefühl, etwas Außerordentliches geleistet zu haben, einstellt.

Eintragung vom 12. Juli 16

Der Newsletter der German Road Races („Wir sind Laufsport“) hat dieser Tage den Abschiedsbrief von Hanns-Martin Fraas (Eventwerkstatt GmbH in Vaihingen an der Enz) veröffentlicht, mit dem dieser das Ende des Nürburgringlaufs verkündet hat. Ach, gibt es den noch?

In der Zeit, bevor der Marathon in Deutschland mit den ersten Stadtmarathons gewissermaßen das Licht der Öffentlichkeit erblickte, war der Nürburgringlauf einer der wenigen Markenartikel unter den Laufveranstaltungen. Ins Leben gerufen hat ihn 1978 Manfred Steffny, der im nächsten Monat seinen 75. Geburtstag begehen kann. Es war die Zeit, in der Ideen gefragt waren und Ideen sich entwickelten.

 

Manfred Steffny, der drei Jahre zuvor zusammen mit Dr. Ernst van Aaken „Spiridon“ gegründet hatte, war wie sein Mentor bestrebt, das Laufen nicht nur als Sport zu fördern, sondern auch in den Alltag zu integrieren. Warum nicht dort laufen, wo sonst die Bahn für Autorennen freigehalten wird? Es fiel ihm nicht schwer, Ernst van Aaken für diesen Gedanken zu gewinnen und mit seinem Namen für diese neuartige Laufveranstaltung zu werben. Apropos Werbung, der Nürburgringlauf sollte auch der Werbung für die Laufzeitschrift „Spiridon“ dienen. Schließlich hatte das Blatt bei Null beginnen müssen und mußte sich gegen die „Condition“ durchsetzen, die Steffny vordem redigiert hatte, bis es zur Auseinandersetzung mit Arthur Lambert kam. Eugen Brütting, der Produzent des ersten deutschen Laufschuhs, EB, förderte sowohl „Spiridon“ als auch den Nürburgringlauf.

 

Ich nahm im Jahr 1980 am 3. Nürburgringlauf teil. Er sollte für mich Bestandteil eines Tests sein: Am Samstag, 18. Oktober, lief ich in Hamm die 100 Kilometer (9:26:37 Stunden), am Sonntag, 19. Oktober, startete ich an der Nordschleife des Nürburgrings (22,835 km). Die Laufzeit wurde hier nicht gemessen; man mußte in 2:30 Stunden ankommen. Der Test verlief zufriedenstellend. Statt einer Regeneration war es auch mir möglich, nach einem Tag, der eine volle Leistung verlangte, abermals eine Leistung zu vollbringen. Das war damals noch nicht die allgemeine Anschauung.

Was den Nürburgring betrifft, so gefiel mir zwar das Angebot, auf einer Autorennstrecke zu laufen; aber es drängte mich nicht, das Vorhaben zu wiederholen. Dazu war mir die Streckenführung – eine Asphalt-Route wenig mehr als Halbmarathon, mit 500 Höhenmetern – einfach zu simpel. Die „grüne Hölle“ bedeutete mir nichts; ich kannte auch damals schon schönere Laufstrecken.

Manfred Steffny zog sich nach wenigen Jahren vom Nürburgringlauf zurück. Die Verantwortung übernahm Gerhard Paech, der dem Laufsport sehr aufgeschlossene Geschäftsführer des Leichtathletikverbandes Rheinland. Nach dessen Ausscheiden verschwand der Nürburgringlauf aus dem Veranstaltungskalender. Im Jahr 2004 kombinierte Hanns-Martin Fraas den Lauf mit dem Radfahren. Aus dem Nürburgringlauf wurde mehr und mehr „Rad am Ring“. „Während sich die Rad-Komponente stetig entwickelt hat, stagnierten die Laufzahlen oder waren teilweise sogar rückläufig“, heißt es in dem schon im vorigen Jahr geschriebenen „Abschiedsbrief“. Fraas spricht zwar die Hoffnung auf eine Renaissance aus, aber ich meine, die Zeit des Nürburgringlaufs ist seit der Entwicklung der Stadtmarathons vorüber.

Photos: Sonntag

Eintragung vom 5. Juli 16

Die meisten, die dies lesen, nehmen an Wettkämpfen teil. Weshalb? Unlängst habe ich einige Stichworte zusammengetragen, die Teilnahmen an Wettkämpfen positiv erscheinen lassen. So positiv, daß wir auch im sogenannten Ruhestandsalter nicht davon lassen möchten. Der wichtigste Gewinn bedarf der Erklärung. Das ist der Flow.

Als wir vor Jahrzehnten mit dem Laufen begannen, spürten wir erstmalig ein ungeahntes Wohlgefühl, einen euphorischen Zustand. Die medizinische Erklärung folgte wenige Jahre später. Jahrelang diente sie in der populären Laufberichterstattung als Begründung dafür, daß es uns immer wieder zum Laufen und insbesondere zu Wettkämpfen drängte. Ja, ja, die Endorphine… Nur erwies sich die Erklärung als unzureichend. Ich zog immer den Vergleich mit der Tränenflüssigkeit heran. Die Tränenflüssigkeit beim Weinen aus Schmerzempfindung enthält mehr Proteine. Doch kein Mensch kommt auf die Idee zu behaupten, die Proteine verursachten den Schmerz.

Für das, was wir beim Laufen erleben, scheint mir die Erklärung, die der hungaro-amerikanische Professor Mihaly Csikszentmihalyi entwickelt hat, am hilfreichsten zu sein. Er nennt den Zustand, den Menschen bei verschiedenen Aktivitäten, darunter auch im Sport, erleben, „Flow“. „Dieses kurze, einfache Wort beschreibt recht gut das Gefühl scheinbar müheloser Bewegung“ („Flow. Das Geheimnis des Glücks“). Diesen Flow erleben auch Läufer. „Wenn eine normale Körperfunktion wie Laufen in einer gesellschaftlich bestimmten, zielgerichteten Umgebung unter Regeln vollzogen wird, die Herausforderungen bieten und Fähigkeiten erfordern, wird sie zu einer flow-Aktivität. Ob beim Joggen allein, gegen die Uhr, beim Rennen in Wettbewerben oder, wie bei den Tarahumara-Indianern in Mexiko, die bei bestimmten Festen Hunderte von Kilometern durch die Berge laufen – wenn man der Aktivität eine ausgeklügelte rituelle Dimension verleiht, wird der einfache Akt, den Körper durch den Raum zu bewegen, zu einer Quelle komplexer Rückkopplung, die optimale Erfahrung bringt und das Selbst stärkt. Jedes Sinnesorgan, jede motorische Funktion kann gezähmt werden, um flow auszulösen.“

Flow, das Fließen, setzt sich aus diesen Komponenten zusammen („Flow im Sport“): der Balance zwischen Herausforderung und Können, der Verschmelzung von Körper und Geist, klarer Zielsetzung, eindeutigem Feedback, der Konzentration auf die bevorstehende Aufgabe, Kontrolle, dem Ablegen von Befangenheit, subjektiver Wahrnehmung der Zeit, dem autotelischen Erlebnis (eine Sache um ihrer selbst willen tun). Genau diese Komponenten finden sich in konzentrierter Form in sportlichen Wettkämpfen. Allerdings gehört dazu die richtige Einstellung. Wer immer nur daran denkt, Gegner besiegen zu wollen, büßt die Freude am Wettkampf ein.

Csikszentmihalyi sieht das so: „Wenn alle wichtigen Fähigkeiten eines Menschen benötigt werden, um die Herausforderungen einer Situation zu bewältigen, ist seine Aufmerksamkeit vollständig von dieser Aktivität gefesselt. Es gibt keine überschüssige psychische Energie, um andere Informationen zu verarbeiten, außer jenen durch die Aktivität gebotenen. Alle Aufmerksamkeit ist auf die wichtigen Reize zentriert. Daraufhin erlebt man eines der universalsten und charakteristischsten Kennzeichen optimaler Erfahrung: Man ist so in die Tätigkeit vertieft, daß sie spontan, fast automatisch wird. Man nimmt sich nicht mehr als unabhängig von der verrichteten Tätigkeit wahr“ („Psychologie heute“, Januar 1992).

Das Flow-Erlebnis im Sport ist nicht unbedingt an den Wettkampf gebunden. Aber Wettkampfsituationen bieten die einfachste Methode, Herausforderungen anzunehmen.

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