Marathon in Frankfurt - Stand 2006

Ein Vierteljahrhundert deutsche Citymarathongeschichte

von Ralf Klink - Fotos: Gustav E. Schröder
Part 1:
1981-1985
Part 2:
1987-1991
Part 3:
1992-1996
Part 4:
1997-2001
Part 5:
2002-2006
Part 6:
2007-2011

1987-1991 – Neubeginn an der Messe

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Erst ist es nur ein vages Gerücht, dann verdichten sich die Anzeichen und irgendwann im Verlauf des Jahres 1987 liegen die ersten Ausschreibungen mit dem roten „M“ auf gelben Grund bei den Volksläufen herum. Nach zwei Jahren Pause wird es wieder einen Marathon in Frankfurt geben. Der Erfolg der ersten fünf Auflagen war einfach zu groß, als dass man wegen eines fehlenden Sponsors einfach zur Tagesordnung übergehen und das Kapitel Stadtmarathon ein für alle Mal beenden könnte. Zumal auch Ende der Achtziger die Laufszene weiter zulegt.

Doch das neue Logo, das den lachenden Schuh des Hoechst Marathons ersetzt, ist nicht die einzige Neuerung. Eigentlich hat sich außer der Distanz sogar so ziemlich alles verändert. Es ist die Stadt Frankfurt selbst, die jetzt als Veranstalter auftritt. Einige der Organisatoren des OSC Höchst sind zwar weiter eingebunden, doch als offizieller sportlicher Ausrichter agiert die Leichtathletik-Abteilung der Eintracht. Zudem ist das Rennen nicht mehr im Mai sondern im Oktober angesetzt.

 

Und selbst mit der Zählung tut man sich schwer. Gelaufen wird nicht der „6. Frankfurt Marathon“ sondern einfach der „Frankfurt Marathon“. Das wird auch noch eine ganze Zeit so bleiben, erst ein halbes Jahrzehnt später wird man sich langsam dazu durchringen können, alle Rennen in der Mainmetropole in einer gemeinsamen Historie zu betrachten.

Für die fehlende Logistik des Chemiewerks hat man mit dem Messegelände als Start- und Zielort einen guten Ersatz gefunden. Nur etwa einen Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt liegt es sogar wesentlich zentraler als die Fabrik im Vorort und ist mit öffentlichen Verkehrmitteln deutlich besser zu erreichen. Noch ist es allerdings nicht die Festhalle, die man als Marathonzentrum nutzt, sondern die Messehalle mit der Nummer acht.

Herbert und Manfred Steffny (v.l.)
Frankfurt Marathon 1987

Mit Änderungen bei Start und Ziel muss man natürlich auch an der Strecke herum basteln. Doch vom alten Höchster Kurs ist nicht mehr viel übrig geblieben. Fast wie zum Trotz bleibt der rund zehn Kilometer westlich gelegene Stadtteil sogar ganz außen vor. Die neue Strecke geht vom Messegelände zuerst vorbei am Bahnhof über den Main, durch die Stadtteile Sachsenhausen und Niederrad, wendet sich nach zehn Kilometern zurück in Richtung City, um am Fluss entlang zum Römer zu führen, der noch vor der Halbzeit erreicht wird.

Nach einem Schlenker ins östlich gelegene Bornheim kehrt man wieder in den Innenstadtbereich zurück, passiert die Alte Oper und dreht für das letzte Drittel in die nordwestlichen Stadtteile Bockenheim, Ginnheim, Praunheim und Hausen ab. Diese Streckenführung ist ein Kompromiss zwischen dem Machbaren und dem Wünschenswerten. Denn noch ist man nicht soweit, für einen Marathon die ganze Innenstadt einen ganzen Tag großräumig dicht zu machen.

Der Zieleinlauf fällt dann auch wenig triumphal aus. Mehr durch die Hintertür kommt man wieder aufs Messegelände zurück, um irgendwo im Hof die Zielkanäle anzusteuern. In Zeiten der Chipmessung am Fuß oder in der Nummer kaum noch vorstellbar, braucht man für jeden dieser bei großen Wettkämpfen bis zu einem Dutzend oder mehr Einläufe etliche Helfer.

Dank „fortgeschrittener“ Technik können an der Ziellinie zumindest die Zeiten schon per Knopfdruck festgestellt und gesammelt werden. Am Ende des Kanals werden dann die Abrisse der Startnummern fein säuberlich in der richtigen Reihenfolge aufgefädelt. Nähert sich der Rückstau der Ziellinie, wird der Einlauf geschlossen, ein anderer geöffnet und die Einweiser vor dem Ziel winken die hereinkommenden Läufer ein Stück weiter nach rechts oder links. Das Zusammensetzen all dieser Komponenten (Zeit, Startnummer, Einlaufkanal) in die richtige Reihenfolge ist dann ein nettes Puzzle. Eine Minuten nach dem Letzten aushängende Ergebnislisten oder eine Soforturkunde sind unter diesen Umständen vollkommene Utopie. Doch immerhin hat man ein paar Tage nach dem Rennen eine Postkarte mit dem vorläufigen Ergebnis im Briefkasten.

Als Zugpferd ist Herbert Steffny wieder dabei, der Sieger des letzten Höchst Marathons und Bronzemedaillen-Gewinner der EM 1986 in Stuttgart. Als Ziel hat sich der Freiburger neben der Wiederholung seines Erfolges auch das Unterbieten der Norm für die Olympischen Spiele in Seoul gesetzt, die bei 2:12:30 liegt.

Doch bei eigentlich idealen Bedingungen mit trockenem Wetter und Temperaturen um zehn Grad läuft es beim Favoriten nicht rund. Überraschenderweise ist es der bis dahin international recht unbekannte Schotte Lindsay Robertson, dem in 2:13:30 der große Wurf gelingt. Herbert Steffny folgt als Zweiter in 2:15:15 schon mit etwas Abstand. Neben den ersten, geht auch der dritte Platz mit Ieuan Ellis (2:15:40) auf die britische Insel.

 

Nicht nur die Teilnehmerzahlen, die von über acht- auf gerade einmal fünftausend fallen, von denen 4308 im Ziel registriert werden, sind nach der Pause rückläufig, auch das Niveau kommt nicht mehr an die Werte des Vorgängers heran. Zwar sind die Zeiten an der Spitze auch 1987 in dem Bereich, die man in den Ergebnislisten des Frankfurter Laufes bis ins neue Jahrtausend hinein jedes Jahr auf den ersten Plätzen finden kann.

Doch dahinter wird die Leistungsdichte dünner. 34 Zeiten unter 2:30 wären heutzutage bei einem Starterfeld dieser Größe sensationell, im Vergleich zu den phänomenalen Höchster Zahlen wirken sie allerdings eher mäßig. Mit 746 Läuferinnen und Läufer beendet trotzdem immer noch fast ein Fünftel der Teilnehmer den Marathon unter der Drei-Stunden-Marke. Und dreißig Minuten später ist schon die Hälfte aller Marathonis im Ziel. Gerade einmal gut siebenhundert lassen sich mehr als vier Stunden Zeit für die Distanz.

1987 wurde die junge Britta Lorch als "Marathonfrau" entdeckt

Nicht wirklich überragend sind auch die Ergebnisse bei den Damen. 2:45:21 reichen Annabel Holtkamp vom ASV Köln zum Erfolg vor der Norwegerin Oddrun Hovensengen (2:46:49). Nur Doris Schlosser war bei der Premiere als Siegerin bisher langsamer. Und in Zukunft wird man auch wieder jeweils zehn und mehr Minuten schneller sein müssen, um die oberste Podeststufe zu erreichen. Mit Britta Lorch (Bayer Leverkusen, 2:47:35) und Rosemarie Altschäffl (Spvgg. Warmbronn, 2:48:26) auf den Rängen drei und vier bleiben immerhin noch zwei weitere deutsche Frauen unter 2:50.

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Auch im Folgejahr hängen zu Beginn des Herbstes wieder die gelben Plakate mit dem rotem „M“ an Litfasssäulen und Bushaltestellen, um die Bevölkerung auf den Ende Oktober angesetzten Marathon in Frankfurt aufmerksam zu machen. Ein klein wenig anders als beim Neustart sieht das 88er-Logo bei genauerem Betrachten dann aber doch aus. Denn nicht mehr der „Frankfurt Marathon“ wird da beworben. Man läuft diesmal den „Frankfurt DB-Marathon“. Immerhin bis 1993 wird die Bahn Titelsponsor sein, ein Jahr länger als der Chemieriese und auch länger als alle später noch folgenden Namensgeber.

Die Bezeichnung ist nicht die einzige Veränderung, die auf Läuferinnen und Läufer wartet. Nach der ziemlich nüchternen Messehalle 8 im Vorjahr ist es nun erstmals die Festhalle, die als Marathonzentrum dient. Nicht nur die Nudelparty lässt sich schließlich in der „Gut Stubb“ der Frankfurter in deutlich angenehmeren Umfeld präsentieren. Die Umkleidemöglichkeiten auf den oberen Rängen der Halle dürften vom Ambiente ebenfalls ziemlich einzigartig sein. Beides Funktionen, die die Festhalle auch zwei Jahrzehnte später noch hat.

 
Annabel Holtkamp, die Siegerin des Jahres 1987. Hier beim Frankfurt-Marathon 1988, wo sie sich nur Grete Kirkeberg geschlagen geben musste

Startnummernausgabe und Marathonmesse werden im Laufe der Jahre allerdings – auch bedingt durch regelmäßige Umbaumaßnahmen - des öfteren hin und her wandern. Und als gemütlicher Treffpunkt von Läufern und Fans nach dem Rennen – eine Rolle, die sie viele Jahre ebenfalls inne hat – wird die Festhalle in dem Moment ausgedient haben, in dem man sie im neuen Jahrtausend zur Einlaufarena macht.

Mit der Verlagerung ist man ein ganzes Stück näher an die City heran gerückt. Und mit dem Marathonzentrum ist der Startbereich ebenfalls auf die Innenstadt zu gewandert. Zwar gibt es auch in den Achtzigern schon die nach Bestzeiten, die man bei der Meldung mit angeben muss, sortierten und farblich gekennzeichneten Startsektoren. Doch über eine Nettozeit macht man sich aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten nicht die geringsten Gedanken.

Wer als Anfänger aus einem hinteren Block startet, geht halt schon mit mehreren Minuten auf die Strecke. Man muss sich eben hochdienen, um die Verzögerung beim nächsten Mal geringer zu halten. Dennoch sind die über fünftausend Läufer dank breiter Straßen nach wenigen Minuten alle unterwegs.

Nicht nur der genaue Startort hat sich verändert, auch am Kurs hat man fleißig herumgefeilt. Vom Konzept her kaum anders angelegt als im Vorjahr sind allerdings schon etliche Straßen ausgetauscht, haben sich zudem Kilometer dank zusätzlicher oder weggefallener Schlenker verschoben.

Es wird auch noch einige Jahre dauern, bis in Frankfurt wirklich zweimal hintereinander ein absolut identischer Kurs absolviert werden wird. Im Laufe der Zeit wird neben mehreren großen Umgestaltungen auch im Detail immer wieder gebastelt, so dass die Marathonis in fünfundzwanzig Jahren weit über ein Dutzend verschiedener Strecken unter die Füße nehmen.

Schnellster auf der 1988er Version ist ein Läufer mit der relativ hohen Startnummer 44. Jos Sasse aus den Niederlanden läuft bei ähnlich trockenen und kühlen Bedingungen wie im Vorjahr nach 2:13:15 als erster durchs Ziel. Dabei sieht es lange nach einem Sieg des Deutschen Martin Grüning von der LAV Bayer Uerdingen-Dormagen aus. Noch zwei Kilometer vor dem Ziel liegt Grüning, heute Redakteur bei der Laufzeitschrift Runner’s World, einige Sekunden vor dem schnauzbärtigen Niederländer. Doch am Ende bleibt ihm in 2:13:46 nur Platz zwei und der Trost einer neuen persönlichen Bestzeit.

Ieuan Ellis wiederholt mit 2:14:05 seinen dritten Rang von 1987. Als Vierten können die Frankfurter nach 2:15:44 einen Lokalmatadoren bejubeln. Kurt Stenzel läuft zwar inzwischen für den ASC Darmstadt, stammt aber aus der Region und war einst beim OSC Höchst aktiv, bis dieser verstärkt auf den Breitensport setzte. Zusammen mit seinem ebenfalls zum nach Darmstadt gewechselten Bruder Helmut und Franz-Josef Weihrauch gewinnt er an diesem Tag auch die Mannschaftswertung. Fünf Jahre später wird er wohl seine erfolgreichste Saison mit dem Deutschen Meistertitel und Platz zwölf bei der WM in Stuttgart haben.

Auf Rang sieben taucht mit Hans-Jürgen „Sehne“ Orthmann ein Name auf, an den sich auch mancher noch erinnern können wird. Der lange, spindeldürr wirkende „Mann mit der Mütze“ – sein Markenzeichen, die gelbe Kappe trägt er natürlich auch in der Mainmetropole – gilt über ein Jahrzehnt als einer der besten Crossläufer des Landes, stellt aber mit mehreren Siegen beim Nürburgringlauf auf der Straße seine Qualitäten ebenfalls unter Beweis. Bei seiner 2:17:50 von Frankfurt 1988 wird es über Marathon allerdings bleiben.

Im Frauenrennen ist mit Grete Kirkeberg zum ersten, aber nicht zum letzten Mal eine Norwegerin erfolgreich. In 2:35:44 nimmt sie Vorjahressiegerin Annabel Holtkamp, die sich aber immerhin auf 2:37:24 verbessert, knapp zwei Minuten ab. Die nächsten beiden Plätze gehen mit Monica Regonesi (2:40:28) und Elsa Pizzaro Calderon (2:42:03) nach Chile, bevor als Fünfte Gudrun de Pay (TSV Trochtelfingen) in 2:42:19 die nächste Deutsche folgt. Schon auf Gesamtplatz zehn bei den Damen wird die Zweiundfünfzigjährige Edeltraut Pohl nach 2:48:47 registriert.

Mit 4492 Läuferinnen und Läufern im Ziel ist der Teilnehmerzuspruch gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. Doch 920 Zeiten unter drei Stunden nähern sich schon wieder den vom Hoechst Marathon gewohnten Werten an.

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Es ist Mitte Oktober und es herrscht ein beständiges ruhiges Herbstwetter in Deutschland. Fast scheint es als solle der Frankfurter Marathon am 22.10.1989 zum dritten Mal in Folge unter ziemlich guten Laufbedingungen über die Bühne gehen. Doch zwei Tage vor dem Startschuss fängt auf einmal das Quecksilber an zu klettern.

Was sich Donnerstags noch bei kaum zehn Grad mit morgendlichem Nebel darstellte, kommt Sonntags unter strahlender Sonne fast fünfzehn Thermometerstriche wärmer daher. Die Marke, bei der Meteorologen einen Sommertag definieren, ist nicht mehr weit entfernt, vielleicht sogar überschritten. Ein Hitzemarathon im Oktober steht an. Und durch den plötzlichen Temperatursprung hat der Körper auch keine Chance sich darauf einzustellen. So mancher Bestzeitentraum ist bei realistischer Betrachtung geplatzt, bevor überhaupt der Startschuss ertönt.

An diesem Tag erweist sich die ansonsten für einen Marathon Ende Oktober gar nicht so schlecht gewählte Startzeit von 10:30 als zusätzliches Handicap. Selbst die Eliteläufer werden unter diesen Umständen der aufkommenden Wärme kaum entgehen können. Schon der Anmarsch zum Start lässt bei einigen die ersten Schweißtropfen fließen. Denn noch einmal ist die Linie ein ganzes Stück auf die Innenstadt zu gewandert und befindet sich jetzt direkt neben dem Hauptbahnhof. Der Titelsponsor, der im offiziellen Namen jetzt übrigens zuerst genannt wird, es heißt jetzt also „DB-Marathon Frankfurt“, lässt schön grüßen.

 
Herbert Steffny wird 1989
Mr. Frankfurt-Marathon - Foto W. Wagner

Die restlichen Änderungen halten sich allerdings in Grenzen und so würde sich langsam so etwas wie Routine einstellen, wäre da nicht das Wetter. Aber nicht nur die Startzeit macht es für die Läufer schwierig, auch die Verteilung der Verpflegungsstellen ist angesichts der Temperaturen nicht gerade ideal.

Noch ist nämlich die vom DLV gemachte Vorgabe mit einem Versorgungspunkt je fünf Kilometer umgesetzt. Mehr ist laut Regel nicht erlaubt, alles andere könnte die Anerkennung des Laufes in Frage stellen, egal bei welchen Temperaturen. Auch etwas, das man sich heute, wo alle zwei bis drei Kilometer zumindest Zwischenwasserstellen zu finden sind, nicht mehr wirklich vorstellen kann.

Interessant auch das Angebot auf den Verpflegungstischen, denn neben Wasser und Elektrolytgetränken sowie Bananen findet sich in der Liste auch eine Eintragung „Salztabletten“ - ein „Wundermittel“ der Siebziger und Achtziger, an das sich inzwischen kaum noch jemand erinnert.

Herbert Steffny gibt im Hitzerennen des Jahres 1989 sein drittes Gastspiel am Main. Und wird mit 2:13:51 seiner Favoritenrolle auch gerecht, selbst wenn er den Brasilianer Joao Alves de Souza (2:14:04) bis zum Ziel direkt im Nacken sitzen hat. Nach einigen Diskussionen in der Rennleitung erhält der Freiburger dann auch das eigentlich nur für den Streckenrekord – auf dem neuen Kurs, die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Zählung der Höchster Rennen wurden ja schon erwähnt – ausgelobte Auto. Vom „Hitzebonus“ ist die Rede.

Und wenn man sich die Zeiten im vorderen Mittelfeld betrachtet, wo trotz gestiegener Teilnehmerzahlen mit 490 Läuferinnen und Läufern nur gut halb so viele Marathonis wie im Vorjahr die Drei-Stunden-Marke knacken, scheint dies auch durchaus gerechtfertigt. Von deutlich über 6000 Meldungen tauchen am Ende nur 5033 in der Ergebnisliste auf. Diese zu jener Zeit, in der man damit rechnet, dass etwa zehn Prozent der Gemeldeten nicht ankommen, ungewöhnlich hohe Quote ist sicher ein weiterer Beleg für die schwierigen Bedingungen.

Wenige Tage vor dem Fall der Mauer gehen drei der nächsten vier Plätze in das zu diesem Zeitpunkt schon deutlich offenere Polen. Zwischen Pawek Tarasiuk (2:15:48) auf drei, Czeslaw Najmowicz (2:17:13) auf vier und Eduard Rydlewski (2:17:45) auf sechs hat sich in 2:17:44 noch der Österreicher Gerhard Hartmann einsortiert.

 
Frankfurt-Marathon 1989: Das Jahr von Iris Biba, stets in bewährter Begleitung

Im Frauenrennen liefert die fünfundzwanzigjährige Iris Biba von der DJK Freigericht ein eindrucksvolles Debüt ab. Mit 2:33:14 läuft sie fast fünf Minuten Vorsprung auf Jolanda Homminga aus den Niederlanden (2:37:56) heraus und ist auch nicht auf den „Hitzebonus“ angewiesen, um mit einem gewonnenen Auto die nicht allzu weite Heimreise antreten zu können.

Noch kompakter als die Polen bei den Herren präsentieren sich die Niederländerinnen im Spitzenfeld der Damen. Hinter Jolanda Homminga wird Irene Valentin in 2:39:29 Dritte. Und Wilma Rusman läuft nach 2:45:34 hinter der mit 2:43:39 gestoppten Polin Weronka Gierwatowska auf Gesamtrang fünf.

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Keine vier Wochen nach der deutschen Wiedervereinigung knallt der Startschuss zum vierten „neuen“ Frankfurt Marathon. War man in Berlin dem historischen 3. Oktober noch ein paar Tage zuvor gekommen, aber dennoch mit über zwanzigtausend Teilnehmern, die erstmals durchs Brandenburger Tor laufen konnten in den Sportgeschichtsbüchern gelandet, wird in der Mainmetropole nun der erste große Stadtmarathon im nach vier Jahrzehnten endlich wieder ungeteilten Deutschland gestartet.

 
1990: Marathon wird zu einer Massenbewegung

Prompt tauchen dann auch ganz neue Vereinsnamen in der Ergebnisliste auf. Sportler aus Cottbus, Görlitz, Greiz, Suhl, Erfurt oder Dessau stehen in den Altersklassen auf dem Treppchen. In den Mannschaftswertungen räumen die Leipziger groß ab. Zwölf Monate zuvor noch völlig undenkbar.

Verstärkt wird diese Entwicklung noch durch den DB-Marathon-Cup, in dem die inzwischen drei von der Bahn gesponserten Läufe von München, Leipzig und Frankfurt zusammengefasst sind, sowie dem kostenlosen Start für alle Teilnehmer aus der bei Meldeschluss noch existierenden DDR.

Nicht nur viele Gesichter sind an der Messe neu. Nach dreimal Sonne müssen die Zuschauer diesmal die Schirme aufspannen. Vor allem auf der zweiten Hälfte wird es für viele Läufer ziemlich ungemütlich, da neben dem Regen auch noch ein zweites Wetterphänomen dazu kommt, dass den Frankfurter Marathon auch in den Folgejahren des öfteren plagen wird – Wind. Ausgerechnet auf der sowieso schon ziemlich harten, endlos langen Gerade zwischen Kilometer 35 und 40 pfeift er durch das Marathonfeld. Die wenigen Höhenmeter der ungeschützten Breitenbachbrücke, die kurz vor dem Ziel über die S-Bahn hinweg führt, werden so für viele einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

 

Es sind wieder zwei Deutsche, die man 1990 als Schnellste ehren kann. Bei den Herren läuft Konrad Dobler mit einem langen Solo auf der zweiten Rennhälfte in 2:13:29 einen überzeugenden Sieg heraus. Der Polizist aus Bayern ist viele Jahre einer der beständigsten, deutschen Marathonläufer, landet bei internationalen Meisterschaften immer wieder auf vorderen Rängen, allerdings nie auf dem Treppchen. Platz sechs bei der WM in Stuttgart, nach dem er im freudigem Überschwang seinem Mannschaftskameraden Kurt Stenzel versehentlich den Hals verrenkt, wird sein größter internationaler Erfolg bleiben. Später wird er vom Leistungssport in die Politik wechseln. Heute ist er Bürgermeister der Gemeinde Langerringen.

Frankfurt 1990: Dobler am Ziel seiner Wünsche

Nach dem äthiopischen Doppelsieg 1984 und dem zweiten Platz seines Landsmanns John Makanya 1985 landet mit Julius Sumawe aus Tansania wieder einmal ein Afrikaner auf dem Podest. Noch ist das Zeitalter der kenianischen Dominanz auf der Straße nicht angebrochen, zumal man in Frankfurt auch viele Jahre verstärkt auf heimische Gesichter setzt. In 2:15:26 hält er den Sieger von 1988 Jos Sasse (2:16:23) etwa eine Minute auf Distanz. Laureno Bessera aus Brasilien in 2:17:02, Jacob Ngunzu aus Kenia (2:17:23) und mit Aart Stigter ein weiterer Niederländer (2:17:40) folgen auf den weiteren Plätzen.

Bei den Frauen setzt sich die kleine Berlinerin Kerstin Pressler in 2:34:13 gegen Linda Milo aus Belgien (2:35:09) durch. Die Niederländerin Joke Kleyweg rettet nach 2:38:36 fünf Sekunden vor der Tschechin Alena Peterkova ins Ziel. Noch unter 2:40 bleibt in 2:39:02 auch Andrea Fleischer vom SC Motor Jena.

Mit 6401 Läufern im Ziel machen die Frankfurter einen großen Satz nach vorne, von denen noch immer ein Sechstel (1071) unter drei Stunden bleibt. Wohlgemerkt bei reiner Bruttozeitmessung. Netto, wonach damals allerdings niemand fragt, dürften es wohl noch etliche mehr gewesen sein.

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Nach dem Lauf beginnen die Diskussionen, ob den der Laufboom seinen Höhepunkt überschritten hat und man sich als Marathon mit kleineren Starterfeldern anfreunden müsse. Denn nach dem Hoch im Vorjahr ist Frankfurt auf 5539 Läufer im Ziel zurückgefallen. Und auch die anderen großen Rennen melden rückläufige Zahlen.

Was in Berlin nach dem Lauf in die Geschichtsbücher fast logisch erscheinen mag, treibt den Organisatoren am Main schon etwas die Sorgenfalten ins Gesicht. Aus heutiger Sicht muss man angesichts solcher Befürchtungen ziemlich schmunzeln, wären doch die Rekordfelder des Jahres 1990 gut eineinhalb Jahrzehnte später eine Riesenenttäuschung für die großen Veranstalter.

 
Ffm 1991: Die Szene wird bunter

Noch ein anderes Thema bewegt die Gemüter. Herbert Steffny, der seine Serie fortsetzt und nur in ungeraden Jahren am Main antritt, bleibt nämlich in Führung liegend plötzlich stehen, um Rainer Wachenbrunner zur Übernahme der Führung aufzufordern, der versucht, sich im Windschatten des Freiburgers fest zu beißen. Eine Szene, wie man sie eigentlich sonst nur aus dem Radsport kennt. Der Berliner lässt sich tatsächlich in die Tempoarbeit einspannen, bricht dann aber etwas ein und landet am Ende mit 2:16:13 auf Rang drei.

Marathondebütant Stephan Jäger von Salamander Kornwestheim zieht noch an Wachenbrunner vorbei und sichert sich nach 2:15:53 die zweite Podeststufe. An der Spitze aber läuft Herbert Steffny in 2:13:45 seinen dritten Sieg in der Mainmetropole nach Hause.

Noch wenige Monate zuvor wären die nächsten drei unter dem selben Nationalitätenkürzel gestartet. Doch im Herbst 1991 erlangt Litauen seine endgültige Unabhängigkeit. Und so findet sich zwischen dem URS von Dmitry Solowjew (2:18:40) auf vier und Alexander Schardkow (2:19:45) auf sechs, ein LIT für den in 2:19:17 gestoppten Vytautas Ezerskis.

 

Linda Milo lässt Rang zwei im Vorjahr nun nach 2:35:11 einen deutlichen Sieg folgen. Den Kurs kennt sie ja schon, denn erstmals ist nach vier Jahren wirklich nichts am Streckenplan verändert. Die Russin Elena Egorowa mit 2:38:51 und Annie van de Kerkhof aus den Niederlanden in 2:39:26 folgen auf den Plätzen. Und auch die Ränge vier und fünf gehen mit Francoise Maton (Belgien, 2:40:34) und Barbara Kamp (Niederlande, 2:44.35) nach Benelux, bevor Hanne Borte (Norwegen, 2:44:55) die in Frankfurt ebenfalls traditionell starke Skandinavienabteilung vertritt.

Frankfurt Marathon 91: Aus Belgien kam Linda Milo und brachte ihren Ehemann als "Hasen" mit

Aus heutiger Sicht ist die Qualität des Feldes auch 1991 noch immer wahnsinnig hoch, selbst wenn die Werte nicht mehr ganz an die Höchster Rekordzahlen herankommen. Um in der ersten Hälfte zu landen, muss man sicher unter 3:30 im Ziel sein. Keine neunhundert Ergebnisse werden jenseits der Vier-Stunden-Marke registriert. Nach fünf Stunden wird ziemlich unerbittlich abgebaut. Die Ergebnisliste endet mit 5:08.

Nur ein Jahr später wird das schon ganz anders aussehen. Aber auch sonst wird sich beim Frankfurt Marathon 1992 einiges tun.

Part 1:
1981-1985
Part 2:
1987-1991
Part 3:
1992-1996
Part 4:
1997-2001
Part 5:
2002-2006
Part 6:
2007-2011

Bericht Ralf Klink - Fotos Gustav E. Schröder

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