Marathon in Frankfurt - Stand 2006

Ein Vierteljahrhundert deutsche Citymarathongeschichte

von Ralf Klink - Fotos: Gustav E. Schröder & LaufReport-Archiv

Part 1:
1981-1985
Part 2:
1987-1991
Part 3:
1992-1996
Part 4:
1997-2001
Part 5:
2002-2006
Part 6:
2007-2011

1997-2001 – Wandel der Zeiten

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Viele Jahre lang war der Frankfurt Marathon die unangefochtene Nummer drei in Deutschland. An die beiden Großen in Berlin und Hamburg kam man nicht heran, einen ernstzunehmenden Konkurrenten um die dritte Position gab es spätestens nach der Aufgabe des München Marathons allerdings auch nicht mehr.

Doch im Jahr 1997 sieht die Lage auf einmal ganz anders aus. Denn aus dem Stand bringt die Erstauflage des Köln Marathons über elftausend Zieleinläufe zusammen - die bis dahin größte Premiere weltweit. Durch zeitliche wie auch räumliche Nähe ist die nur drei Wochen vor Frankfurt stattfindende und etwa zweihundert Kilometer entfernte Veranstaltung nicht nur ein Rivale um die vorderen Plätze in der Rangliste. Viele Läufer aus dem Westen, die bisher in Hessen starteten, haben nun ihren eigenen großen Stadtmarathon vor der Haustür. Der Markt wird auf einmal deutlich enger.

Nicht ganz unerwartet sinken die Frankfurter Meldezahlen dann auch ab. Doch der Rückgang hält sich in Grenzen. Mit 5807 Zieleinläufen liegt man gerade einmal um gut vierhundert unter dem Vorjahresergebnis. Der Marathon am Main hat trotz der neu hinzugekommenen Konkurrenz nach wie vor sein Stammpublikum aus leistungsorientierten Läufern, die sich mehr für eine schnelle Strecke und eingespielte Organisation als für Karnevalsstimmung an der Strecke interessieren. Im Vergleich mit den nun großen Drei fallen die Zeiten in Frankfurt jedenfalls meist etwas schneller aus. Die 527 Ergebnisse unter der Marke von drei Stunden kann man in Köln trotz fast doppelt so vieler Teilnehmer um gerade einmal hundert überbieten.

Auch bei der Siegerzeit geht das direkte Duell mit Köln zugunsten der Hessen aus. Und das, obwohl dort Stephan Freigang mit 2:11:58 ordentlich vorgelegt hatte. Doch vor der Festhalle zeigt die Uhr noch einmal 59 Sekunden weniger an, als der schnellste Läufer das Zielband zerreißt. So schnell war in Frankfurt bisher noch niemand gelaufen. Dereje Nedi aus Äthiopien hatte 1984 auf der alten Höchster Strecke eine 2:11:18 erreicht. Danach gingen praktisch alle Marathons in „Mainhattan“ mit 2:12 oder 2:13 weg. Nicht nur ein neuer Rekord für die Veranstaltung, es ist auch eine neue deutsche Jahresbestzeit, die da erzielt wird. Denn der Überraschungssieger trägt den Namen Michael Fietz und startet für die LG Ratio Münster. Mit einer 2:18 als persönlicher Bestzeit ins Rennen gegangen hat er eigentlich nur das Ziel, die Europameisterschaftsnorm von 2:13:50 zu unterbieten.

Frankfurt-Marathon 97 Michael Fietz
Rhein-Ruhr-Foto: Gustav E. Schröder

Doch keiner der anderen Spitzenläufer nimmt das Tempo der Hasen wirklich an und so schwimmt der Westfale, dem als persönlicher Schrittmacher der erfahrene Jens Karrass zur Seite steht, in der Spitzengruppe mit. Mit 1:05:35 gehen noch mehr als zehn Läufer gemeinsam bei Halbmarathon durch. Als dann Karrass bei Kilometer 30 wie abgesprochen zur Seite tritt, hat zwar der Litauer Ceslovas Kundrotas eine kleine Lücke herausgelaufen. Der aufdrehende Fietz kann diese allerdings wieder schließen, als es auf der Schlussschleife durch die Frankfurter Innenstadt geht. Er passiert den Balten, schüttelt auch seine hartnäckigsten Verfolger William Musyoki aus Kenia und Haile Koricho aus Äthiopien ab und stürmt auf den Streckenrekord zu.

Die wichtige Marke von 2:11 verpasst Fietz allerdings, wie er später schmunzelnd zugibt, aufgrund eines kleinen Denkfehlers dennoch beinahe. Denn bei Kilometer 42 rechnet er die verbleidenden Sekunden auf hundert und nicht auf die noch anstehenden knapp zweihundert Meter hoch. Gerade noch rechtzeitig bemerkt der Bochumer im Münsteraner Trikot seinen Lapsus und zieht weiter durch, anstatt angesichts des vermeintlichen Polsters auszutrudeln.

Die beiden Afrikaner Musyoki und Koricho liefern sich bis fast zum letzten Meter einen harten Kampf, den der Kenianer schließlich mit 2:12:21 zu 2:12:24 für sich entscheiden kann. Ceslovas Kundrotas, der mit seiner Attacke die Führungsgruppe gesprengt hatte, kämpft sich nach 2:12:35 noch auf Rang vier durch. Exakt eine dreiviertel Minute später ist Juan Carlos Montero (Spanien) der Fünfte im Ziel und hält damit den Briten David Taylor, der sich als einziger der Top Ten nicht schon zur Hälfte in der Kopfgruppe aufhält sondern defensiver anläuft, sieben Sekunden auf Distanz. Und auch Andrej Krzyscin aus Polen kommt mit 2:14:47 noch unter die 2:15. Nicht nur dank des Streckenrekords das qualitativ hochwertigste Ergebnis seit den Tagen des Hoechst Marathons.

 

Zudem gibt es auch bei den Frauen eine neue Bestzeit. Katrin Dörre Heinig fügt ihrer langen Reihe von Erfolgen mit 2:26:48 den dritten Frankfurt-Sieg in Serie hinzu. Mehr als drei Minuten beträgt ihr Vorsprung vor der Kenianerin Lucia Subano, die mit 2:30:01 hauchdünn eine wichtige Marke verpasst.

Doch so überlegen, wie es den Anschein hat, ist die Neu-Odenwälderin aus Sachsen nicht unbedingt. Denn weit über die Hälfte der Strecke hängt die ostafrikanische Debütantin wie eine Klette an ihr. Erst nach etwa dreißig Kilometern wird Dörre-Heinig ihre Begleiterin los, kann dann aber schnell einen klaren Vorsprung herauslaufen und im Alleingang den Streckenrekord von Franziska Moser um fast eine Minute unterbieten. Ein wenig geht ihre Leistung jedoch im Jubel um den Überraschungsmann Fietz unter.

Foto LaufReport-Archiv: Tegla Loroupe und Katrin Dörre-Heinig am Rande des Marathons 2002 in Frankfurt

Knapp schrammt die Japanerin Eiko Yamazaki, die in 2:34:29 Dritte wird, an ihrem Hausrekord vorbei. Die Chilenin Marlene Flores folgt ihr in 2:35:08 auf Rang vier, bevor mit Manuela Veith (2:35:27) und Tina Mai (2:36:20) zwei einheimische Läuferinnen die nächsten beiden Plätze belegen.

Zum ersten Mal seit Jahren ist die Zeil wieder in die Laufstrecke integriert. Eine Interessengemeinschaft der Anlieger hat die Organisatoren dazu bewegt, erneut etwas am Kurs zu basteln. Vielen Läufern fällt aber nicht unbedingt der kurze Ausflug auf die Haupteinkaufsstraße der Frankfurter City auf sondern vielmehr die Passage durch deren Parallelstraße, die nötig ist, um den rund einen Kilometer langen Schlenker kurz vor dem Ziel hinzubekommen. Denn in der Töngesgasse hat man zur Schonung der müden Läuferfüße über dem Kopfsteinpflaster einen etwa zweihundert Meter langen Teppich ausgelegt.

Eine andere Sache bleibt den Läufern im Bereich von drei Stunden in weniger guter Erinnerung. In den Frankfurter Lauf ist nämlich auch der internationale Sparkassen-Marathon integriert. In der von Jahr zu Jahr an einem anderen Ort ausgetragenen Veranstaltung, ermitteln die Mitarbeiter der Sparkassen-Organisation ihre Schnellsten - normalerweise aber in separaten Rennen und nicht im Rahmen eines Citylaufes. Nicht Marathonis sind hierbei das Problem. Das sind sowieso nur wenige hundert und die laufen schließlich ganz normal im Pulk mit.

Zum Programm der Banker gehört allerdings auch ein Halbmarathon. Und der wird auf der zweiten Hälfte des Marathonkurses ausgetragen. Genau eineinhalb Stunden nach dem Start der Langstreckler werden die Halbdistanzler in Höchst auf die Strecke geschickt und fädeln auf der Schwanheimer Brücke in das Marathonfeld ein. Die in kleinen Gruppen die Brückenrampe heraufkommenden Marathonis prallen plötzlich auf ein dichte Masse langsamerer Halbmarathonläufer und müssen sich nach der Startphase ein zweites Mal durch die Lücken zwängen und ihre Position finden. Manch wüster Fluch der so Ausgebremsten ist die logische Folge dieser nicht voll durchdachten Planung. Dennoch laufen bei guten Witterungsbedingungen wieder mehr Teilnehmer als im Vorjahr unter die wichtige Grenze von 180 Minuten.

Allerdings machen sich in der absoluten Spitze zumindest bei den Männern die Deutschen langsam rar. Noch hat die Zeit der ostafrikanischen Dominanz auf der Langstrecke nicht wirklich begonnen, doch kann man beim Betrachten der Ergebnisliste schon eine Verschiebung der Gewichte erkennen. Fünf der ersten zehn Männer stammen schließlich aus Kenia und Äthiopien, neben dem Sieger aber kein einziger mehr aus dem eigenen Land.

Die Osteuropäer, die in den Jahren nach dem Fall des eisernen Vorhangs für die Breite in der Spitze gesorgt hatten, bekommen ernstzunehmende Konkurrenz. Die noch aus den sozialistischen Kaderschmieden stammenden Athleten werden älter und weniger. Der Nachwuchs, der im Westen des Kontinents schon einige Jahre immer dünner wird, fehlt nun auch mehr und mehr im Osten. Junge, leistungsbereite Läufer aus dem afrikanischen Hochland drängen nach und werden von ihren europäischen Managern auf die Rennen verteilt.

 

Foto LaufReport-Archiv: Manuela Zipse, geb. Veith, mit ihrem ersten Kind

Michael Fietz wird jedenfalls bis zum heutigen Tag der Letzte in der langen Reihe der deutscher Herrensieger von Frankfurt bleiben. Und so nah wie der Bochumer, nämlich auf weniger als vier Minuten, wird in der Folgezeit auch kein deutscher Marathonläufer mehr der Weltjahresbestzeit kommen.

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Als der siebzehnte Frankfurt Marathon gestartet wird, ist es gerade einmal fünf Wochen her, dass der Brasilianer Ronaldo da Costa in Berlin einen neuen Weltrekord, den man zu jener Zeit noch Weltbestzeit nennt, erzielt hat. Mehr als zehn Jahre lang hatte sich eine ganze Läufergeneration die Zähne an jener 2:06:50 von Belaine Dinsamo ausgebissen, die der Äthiopier 1988 in Rotterdam erreichte. Nun muss man sich an die umgekehrte Reihenfolge der letzten beiden Ziffern gewöhnen. Mit 2:06:05 ist erstmals auch die psychologisch wichtige Marke von drei Minuten pro Kilometer unterboten.

Der neue Rekord wirkt wie eine Initialzündung. Galt ein Jahrzehnt lang jedes Ergebnis unter 2:10 als absolute Weltklasseleistung und eine unter 2:08 fast als Sensation, werden nun die Zeiten innerhalb weniger Jahre immer mehr abbröckeln. 2:08, 2:07 und bald 2:06 werden Normalität und nun nötig sein, um große internationale Rennen zu gewinnen.

 

Als Folge davon wird glücklicherweise auch die etwas ominöse Bestzeit des Südamerikaners nicht allzu lange Bestand haben. Weder vor noch nach dem Berliner Lauf kommt er schließlich auch nur annähernd an jenes Ergebnis heran. Und dass er von einem Sprinttrainer mit etwas zweifelhaftem Ruf trainiert wird, macht die Sache auch nicht besser. Khalid Khannouchi, der mit einer Serie guter Rennen sein Leistungsvermögen immer wieder bestätigt, und der vielfache Cross- und Halbmarathon-Weltmeister Paul Tergat sind da als Weltrekordler doch etwas glaubwürdiger.

Der neue Rekord verschiebt die Maßstäbe, zumal Ondoro Osoro mit einer 2:06:54 in Chicago drei Wochen später nachzieht. Auch in Frankfurt verkündet man dann auch vor dem Rennen den Angriff auf den Streckenrekord und eine auf 2:09:30 ausgerichtete Marschtabelle für die Spitzengruppe.

Foto LaufReport-Archiv:
Stephan Freigang

Zwar werden zum dritten Mal die deutschen Meisterschaften in der Bankenmetropole ausgetragen und die beiden früheren Frankfurt-Sieger Michael Fietz und Stephan Freigang bewerben sich um diesen Titel. Doch es sind die Afrikaner wie Isaac Chemobo aus Kenia und insbesondere Tendai Chimusasa aus Simbabwe, für die das Tempo so hoch gehalten werden soll.

Wenn schon kein Deutscher gewinnt, dann wäre Chimusasa der absolute Wunschsieger für die Organisatoren. Schließlich ist er seit vielen Jahren dank etlicher Erfolge bei Stadtläufen bekannt, aufgrund seiner lockeren Art fast überall Publikumsliebling und mit einem Wohnsitz im Odenwald während seiner Deutschlandaufenthalte fast so etwas wie ein hessischer Lokalmatador. Mit dem Erfolg beim Hamburg Marathon im Frühjahr, wo für Chimusasa 2:10:57 gestoppt wurden, hat er sich in die Favoritenrolle hinein gelaufen.

Nicht zum ersten Mal macht allerdings der Wind Probleme, mit dem man Ende Oktober immer rechnen muss. Doch diesmal ist es ein ausgewachsenes Sturmtief mit Namen „Winnie“, das mit Windstärken bis zu 90 Kilometern pro Stunde durch das Läuferfeld fegt. Nun ist der Frankfurter Kurs durch einige lange Geraden sowieso windanfällig. Und der neue Streckenteil über die Miquelallee, die als breite Ausfallstraße die vielen Ecken des Anlagenrings in der Anfangsphase ersetzt hat und das Rennen eigentlich schneller machen sollte, fügt noch eine weitere dieser Passagen hinzu.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Sebastian Bürklein und Tendai Chimusasa

Nicht allzu lange können dann auch die Hasen um den erfahrenen Polen Leszek Beblo das Tempo auf der eigentlich geplanten Marschtabelle halten. Spätestens nach dem ersten Drittel der Distanz ist der Traum von einer Zeit unter 2:10 endgültig ausgeträumt. Auch die „afrikanische“ Gruppe an der Spitze liegt schon zu weit zurück. Die zweite, die „deutsche“ Gruppe geht das Rennen sogar noch etwas vorsichtiger an.

Und diese Taktik erweist sich am Ende dann auch als die richtigere. Zwar können Freigang und Fietz nicht mehr alle vor ihnen liegenden Afrikaner einsammeln, doch am einbrechenden Favoriten Chimusasa, der mit 2:14:17 Fünfter wird, ziehen die Beiden noch vorbei. Zusammen laufen sie allerdings keineswegs. Schon kurz nach dem Ausstieg der Schrittmacher bei Kilometer 25 zieht Stephan Freigang seinem Konkurrenten um den Meistertitel davon. Fietz hofft umsonst auf einen Einbruch des Cottbusers, der sich in 2:12:58 nicht nur nationale Ehren sichert sondern sich auch auf die dritte Treppchenstufe im Gesamteinlauf befördert. Eine knappe Minute dahinter wird Michael Fietz nach 2:13:51 Vierter.

Vorne kämpfen allerdings wie erwartet zwei Afrikaner um den ersten Platz. Isaak Chemobo wurde schon in den Vorberichten als möglicher Sieger gehandelt, zumal er als Geburtstagskind eine wirklich gute Schlagzeile liefern würde. Abel Gisemba mit der hohen Startnummer „82“ hatte vorher jedoch niemand auf der Rechnung. Was sich aber weniger damit erklären lässt, dass der Kenianer schwächer einzuschätzen wäre als sein Landsmann. Vielmehr hat man ihn extrem kurzfristig verpflichtet, da sich die Frankfurter Organisatoren und der Manager Gisembas lange Zeit nicht auf die Konditionen einigen konnten.

 

Genau dieser „Nachmelder“, der in der kostenlos an die Zuschauer verteilten Startliste gar nicht verzeichnet ist, läuft dann nach 2:11:41 als Erster unter dem Zieltransparent vor dem Messegelände hindurch. Sein auf den letzten Kilometern noch ziemlich abbauender Landsmann Chemobo folgt erst über eine Minute später in 2:12:46.

Angelina Kanana sorgt mit ihrem Erfolg im Frauenrennen nach 2:31:38 für den ersten afrikanischen Doppelsieg am Main. Doch obwohl sie zwischendurch schon einmal mit fast sicherer Führung ausgestattet war, wird es für die Kenianerin am Ende noch einmal eng. Eine zu schnelle erste Hälfte und das ungemütliche Wetter fordern ihren Tribut. Die Polin Elzbieta Nadolna-Jarosz schiebt sich noch bis auf zwanzig Sekunden heran und landet auf Rang zwei.

Ffm 98: Angelina Kanana
Foto: Gustav E. Schröder

Claudia Dreher, zu jener Zeit im Trikot von Bayer Leverkusen, hat im Finale der Polin nichts mehr entgegenzusetzen, ist jedoch mit 2:32:35 ebenfalls noch weniger als eine Minute hinter der Siegerin. Wie bei den Herren ist auch hier der deutsche Meistertitel mit Gesamtrang drei gekoppelt.

Die zierliche Berlinerin Silvia Renz läuft zwar am Siegertreppchen der offenen Wertung vorbei, darf sich mit 2:33:17 aber als Vierte immerhin über die Vizemeisterschaft freuen. Auch die Ränge fünf und sechs bleiben durch Birgit Jerschabek (2:34:38) und Christina Mai (2:38:28) in deutschen Landen.

Die Deutschen Meisterschaften sorgen fast selbstverständlich für einen Leistungsschub. Ein letztes Mal laufen mit 713 von 6609 Läufern im Ziel mehr als zehn Prozent der Teilnehmer unter die Marke von drei Stunden. Bei dieser Zahl ist allerdings die Nettozeit zu Grunde gelegt, nach denen auch die Gesamtergebnisliste des Frankfurt Marathons erstellt wird. Brutto sind es etwa ein Dutzend weniger.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Sylvia Renz

Die Deutschen und Hessischen Meisterschaften, die entsprechend den Regelungen des Verbandes hingegen nach der Einlaufreihenfolge, also der Bruttozeit gewertet werden, sorgen für etliche Wechsel in den Platzierungen. Am kuriosesten fällt dabei die M40 aus, wo die direkt hintereinander einlaufenden Armin Noll und Gerhard Putz ihre Positionen auf dem Podest neben dem Sieger Alexander Schatz je nach Wertung tauschen müssen. Denn der in der Nettozeit eine Sekunde schnellere Putz wird zwar als Zweiter beim Frankfurt Marathon geehrt, erhält in der DM-Wertung aber nur Bronze. Eine wirklich befriedigende Lösung für solche Konstellationen ist bis heute noch immer nicht gefunden.

 

Zum letzten Mal wird der Frankfurter Lauf übrigens als Eta-Marathon gestartet. Nach fünf Jahren beendet die Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft ihr Sponsoring für die Veranstaltung. Drei Werbepartner mit jeweils einem halben Jahrzehnt oder mehr Partnerschaft, gaben dem Rennen in der Mainmetropole auch eine gewisse Konstanz. In der Folgezeit werden die Namen allerdings mit wesentlich schnellerer Folge wechseln.

Foto LaufReport-Archiv:
Claudia Dreher

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Nicht nur der Sponsor Bosch Mobile im Logo rechts oben ist neu, als die Ausschreibungen für den achtzehnten Frankfurt Marathon bei den Volksläufen ausgelegt werden. In der Broschüre wird nämlich erstmals auch für einen Skater-Marathon geworben. Die Fortbewegung auf den schmalen Rollen hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Boom entwickelt. Und immer mehr Marathons wollen an dem neu entstandenen Markt teilhaben.

In Frankfurt reicht es aufgrund des gewundenen Kurses mit jeweils einer Innenstadtpassage am Anfang und am Ende mit etlichen mehrfach benutzten Straßen nicht, die Skater kurz vor den Läufern auf die Strecke zu schicken. Die Rollschuhläufer müssen ihre Runde beendet haben, bevor die Marathonis gestartet werden können. Die gerade für eine Trendsportart extrem frühe Startzeit von acht Uhr schreckt dann auch viele ab. Gerade einmal achthundert Skater lassen sich für die Premiere begeistern.

Dagegen bleibt der nach den Meisterschaften des Vorjahres befürchtete Teilnehmerrückgang bei den Läufern aus. Mit 6925 in ihr verzeichneten Namen fällt die Ergebnisliste sogar noch ein wenig umfangreicher aus als 1998. Die Verlängerung der Zielöffnungszeit von fünfeinhalb auf sechs Stunden spielt beim Zuwachs keine Rolle. Keine zwanzig Einträge finden sich hinter der bisherigen Schlussmarke, die man in den nächsten Jahren dann auch wieder einführen wird.

Es sind einige Protagonisten der Vorjahre, die auch diesmal für die Hauptrollen eingeplant sind. Mit Stephan Freigang und Michael Fietz treffen zwei früherer Frankfurt-Sieger auf der Jagd nach der Olympiaqualifikation für die Spiele in Sydney erneut in der Mainmetropole zusammen. Auch Oleg Otmakov, der Gewinner von 1995, ist wieder dabei. Abel Gisemba fehlt allerdings in der Startliste. Doch Angelina Kanana wird als Favoritin für einen zweiten Sieg in Folge groß angekündigt.

 
Ffm 99: Sebastian Bürklein
Rhein-Ruhr-Foto: Gustav E. Schröder

Es kommt jedoch völlig anders, als von den Machern geplant. Angelina Kanana muss zwei Tage vor dem Start verletzt absagen. Oleg Otmakov läuft völlig indisponiert als Sechszehnter ins Ziel, das zu allem Überfluss weder Fietz noch Freigang überhaupt zu Gesicht bekommen. Das erhoffte Duell der beiden Deutschen ist schon früh beendet.

Während Michael Fietz aufgrund einer wieder aufgebrochenen Wadenverletzung die Segel streichen muss, kommt Stephan Freigang mit dem wegen der harten Norm von 2:12 auf ihm lastenden Leistungsdruck nicht klar und gibt das Rennen bereits nach einem guten Drittel der Distanz entnervt auf. Drei Wochen zuvor war ihm in Köln schon ähnliches widerfahren.

Bei wieder einmal böigem Wind aber zumindest wolkenlosem Himmel ist so der Weg für neue Namen frei. Bei dreißig Kilometern haben sich mit dem Esten Pavel Loskutov und dem Äthiopier Simeretu Alemayuhuj, der erst in der Woche zuvor in Lausanne auf Platz drei gelaufen war, zwei Außenseiter an der Spitze abgesetzt. Bis kurz vor dem Ziel bleibt das Duell spannend, erst dann gelingt dem Balten die entscheidende Attacke. Mit 2:12:37 läuft er gerade einmal neun Sekunden auf seinen Begleiter heraus.

Neben dem ersten großen Zahltag seiner Karriere erreicht Loskutov auch eine neue Bestzeit und knackt das etwas niedriger angesetzte Olympialimit seines Verbandes. In Sydney wird der Este als Fünfunddreißigster dann zwei Plätze vor dem vom DLV doch noch nominierten Michael Fietz einlaufen.

 

Als Dritter wird der Japaner Kenichi Kawakubo mit 2:13:55 gerade einmal vier Sekunden vor Wladimir Tiamczik aus Weißrussland gestoppt. Und sechs Sekunden vor dem Polen Artur Osman landet mit dem für den TV Wattenscheid startenden Sebastian Bürklein (2:16:16) als Fünftem wenigstens ein Deutscher im Vorderfeld. Es wird die letzte Platzierung eines deutschen Mannes so weit vorne sein. In den Folgejahren laufen praktisch nur noch Afrikaner und Osteuropäer um die höchsten Preisgelder.

Nach der Absage von Angelina Kanana fällt bei den Frauen Esther Barmasai aus dem Detmolder Wagner-Rennstall die Favoritenrolle zu. Und obwohl die später in 2:35:27 auf Rang drei einkommende Polin Marzena Helbig zwischendurch bereits mehr als eine Minute Vorsprung herausgelaufen hat, wird die Kenianerin diesen Erwartungen auch gerecht. Ihre 2:33:58 sind zwar die schwächste Siegeszeit seit über einem halben Jahrzehnt, doch Marie Söderström-Lundberg hat mit 2:35:20 dennoch keine Chance.

Foto LaufReport-Archiv:
Sebastian Bürklein mit Pacemaker Alexander Lubina

Auch dahinter sind die Abstände eher groß. Alla Zadorjnaja aus Weißrussland lässt drei Minuten auf sich warten und wird dann mit 2:38:36 registriert. Die Schweizerin Elisabeth Krieg benötigt als Fünfte schon 2:43:15 und Anne Hegvold aus Norwegen ist auf Rang sechs nach 2:45:49 über der Linie. Gerade einmal vierzehn Damen unterbieten die drei Stunden.

Doch die Leistungen der Herren sind ebenfalls weiter im Sinken begriffen. Insgesamt nur noch 425 Nettozeiten unter jener Marke, die einst als die Grenze zum Leistungssport definiert wurde, tauchen in den Ergebnissen auf. Und gerade einmal sechs deutsche Herren sind schneller als 2:30, die restlichen achtzehn Läufer in diesem Bereich kommen aus dem Ausland. Auch von den ersten Hundert im Ziel ist gut die Hälfte von jenseits der Grenze angereist.

Dafür sind im Gegenzug inzwischen rund 2500 Läuferinnen und Läufer und damit mehr als ein Drittel des Feldes länger als vier Stunden unterwegs. Um in der ersten Hälfte zu landen muss man gerade einmal etwas über zehn Minuten schneller sein. Die Verhältnisse haben sich innerhalb weniger Jahre stark verändert.

Erstmals wird der Frankfurt Marathon im dritten Programm des HR live übertragen. Bisher gab es nur kurze Zusammenfassungen in den abendlichen Sportsendungen und manchmal eine noch kürzere in der Sportschau. Dreifach-Sieger Herbert Steffny ist als Co-Kommentator übrigens wieder einmal vor Ort.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Herbert Steffny

Umstellen müssen sich die Marathonis am nächsten Morgen. Denn dann dürfen sie keine Frankfurter Allgemeine am Kiosk holen. Diesmal hat die Frankfurter Rundschau die Hauptberichterstattung als Medienpartner übernommen. Die vorläufigen Ergebnisse gibt es deshalb nicht in der als konservativ und wirtschaftsnah geltenden FAZ sondern in der eher linkslastigen Konkurrenz. Allerdings wird die Liste inzwischen direkt nach dem Rennen auch im Internet veröffentlicht.

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Auch wenn die Kalendertheoretiker darauf bestehen, dass es mathematisch korrekt eigentlich erst 2001 soweit sein wird, für die meisten Läufer ist der neunzehnte Frankfurt Marathon der erste, der im neuen Jahrtausend stattfindet. Die neue Ziffer am Anfang der Jahreszahl lässt diesen Eindruck einfach automatisch entstehen.

 

Doch ist diese „2“ nun wirklich die kleinste Änderung, auf die sich altgediente Frankfurt Marathonis einstellen müssen. Schon das Werbematerial kommt ganz anders daher, als man es bisher gewohnt war. Das rote „M“ auf gelbem Grund, das fast eineinhalb Jahrzehnte das Markenzeichen der Veranstaltung war, taucht zwar in Kleinversion noch in einer Ecke auf. Doch viel größeren Raum nimmt ein neuer von Sternen umgebener Schriftzug ein, der für den „Euro-Marathon Frankfurt“ wirbt. Auch eine Graphik im Inneren sieht bei genauerem Hinsehen ziemlich verändert aus – der Streckenplan. Die Linienführung erinnert zwar noch an das alte Bild, doch die Richtungspfeile haben irgendwie eine andere Orientierung.

Foto Ralf Kink

Wieder einmal hat man in Frankfurt den Kurs „noch schneller“ gemacht. Nach mehreren vom heftigen Wind beeinträchtigten Rennen hintereinander musste man sich mit der langen, offenen Gerade der Mainzer Landstraße wohl wirklich etwas einfallen lassen. Doch sinnvolle Alternativen als Verbindung nach Höchst sind rar. Und so ist man auf den Gedanken gekommen die Strecke einfach umzudrehen. Meist herrscht in Südhessen schließlich West- oder Südwestwind, der die Marathonis bisher auf der westwärts führenden Ausfallstraße in den Stadtteil voll von vorne packte.

Von nun an läuft man südlich des Mains auf dem durch dichtere Bebauung wesentlich geschützteren, ehemaligen Rückweg nach Höchst und biegt dafür erst nach Kilometer dreißig auf die Mainzer Landstraße ein, um wieder in die Innenstadt zurück zu kehren. Was im Normalfall eine gute Lösung darstellt, schlägt allerdings bei Ostluft ins Gegenteil um, würde in diesem Fall der Wind zu einem viel ungünstigeren Zeitpunkt durchs Läuferfeld pfeifen.

Die Schleife auf den ersten zehn Kilometern quer durch die City gibt es zwar noch, aber auch wieder in veränderter Form. Inzwischen gibt es wohl kaum noch eine Straße im Stadtkern, durch die der Marathon in knapp zwei Jahrzehnten nicht mindestens einmal geführt wurde.

Auch auf dem Rückweg dreht man wie gewohnt noch einen Schlenker in der Innenstadt. Doch der Römerberg, dessen Überlaufen zumindest für die Fotografen immer ein optischer Höhepunkt des Laufes war, ist endgültig den schnellen Zeiten geopfert worden. Kopfsteinpflaster, einige recht enge Ecken und die für eine als „Berg“ bezeichnete Erhebung eigentlich lächerlichen acht bis zehn Höhenmeter lassen die Streckenplaner auf der Suche nach Sekunden endgültig auf das nach dem Krieg wiederaufgebauten Herz der Frankfurter Altstadt verzichten.

In der Stadt, in der die für den schon als Buch- aber noch nicht als Bargeld eingeführten Euro zuständige Europäische Zentralbank ihren Sitz hat, ist es gelungen, deren Chef Ernst Welteke als Schirmherren zu gewinnen. Gleich mehrere große Banken unterstützen die Veranstaltung als Sponsoren finanziell. Und so fällt es dann auch deutlich leichter, Geld für Spitzenläufer auszugeben, die dem Marathon am Main endlich die Zeit unter 2:10 verschaffen sollen.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Dirk Nürnberger

Die vollmundige Ankündigung den Frankfurter Lauf bald auf das Niveau der Rennen in den anderen Finanzplätzen New York und London zu hieven, kann man aber eigentlich nicht ernstnehmen. Sie lässt sich nur mit der neuen Organisationsmannschaft erklären, die entsprechend trommeln muss, um zu rechtfertigen, warum sie denn den Zuschlag erhalten hat.

Schließlich wurde zur allgemeinen Überraschung Irmgard Heckelsberger, die mit ihrem Team den Lauf etliche Jahre grundsolide auf die Beine stellte, bei einer Neuausschreibung der Stadt ausgebootet. Nun kommt die bisher eher im Finanzsektor aktive, fachfremde Maleki Group zum Zug und muss mit vielen Neuerungen natürlich erst einmal beweisen, dass man es wirklich besser machen kann.

Die Wörter „run”, „power “und „fun“, die unter dem neuen Logo auf der Ausschreibung prangen, passen dann auch durchaus zum so unglaublich „wichtig“ klingenden, deutsch-englischen Kauderwelsch der Banken und Beratungsfirmen. Sie zeigen aber zudem, wie sich die Gewichte langsam verschieben. Marathon ist inzwischen doch etwas mehr als nur ein Sport, bei dem es darum geht möglichst schnell 42,195 Kilometer zurückzulegen. Marathon wird mehr und mehr zum Event hochstilisiert, bei dem man egal in welcher Verfassung einfach einmal dabei gewesen sein muss.

Doch trotz des neuen Teilnehmerrekords – mit 7641 Zieleinläufen wird der inzwischen fünfzehn Jahre alte Wert des letzten Hoechst Marathons um fast vierhundert überboten – kommt man nur mit guten Zeiten in die überregionalen Schlagzeilen. Gleich mehrere Läufer mit Bestleistungen unter der angepeilten Marke hat man verpflichtet. Alle kommen aus Ostafrika. Auch hier hat sich die Szene innerhalb weniger Jahre völlig verändert. Inzwischen rund zwei Dutzend Läufer aus den Hochländern von Kenia, Äthiopien und Tansania stehen mit Elitestartnummern in der Liste. Einzig einige Osteuropäer, unter anderem ein stärkeres polnisches Kontingent, scheinen überhaupt in der Lage zu sein, in diese Phalanx einzudringen.

Eine rund fünfzehnköpfige Spitzengruppe mit dem Sieger von 1998 Abel Gisemba, seinen Landsleuten Henry Cherono, Benjamin Rotich, Stephen Langat und Simon Lopuyet sowie dem Hamburg Sieger Piotr Gladki, Michael Bartoszak und dem in Frankfurt schon mehrfach auf vordere Plätze gelaufenen Artur Osman aus Polen geht bei wieder einmal stärkerem Wind in fast exakt 1:05 bei der Halbmarathonmarke durch.

Erst danach spaltet sich der Pulk langsam in kleinere Grüppchen auf. Als es die lange Gerade der Mainzer Landstraße zurück auf die Hochhäuser der Innenstadt geht, lösen sich schließlich Abel Gisemba und Henry Cherono von ihren letzten Begleitern. Trotz mehreren Attacken und Tempowechsel kann keiner von beiden den anderen abschütteln. Und so fällt die Entscheidung erst auf dem letzten Kilometer, auf dem Cherono mit größeren Reserven seinem Landsmann davon spurtet.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Simon Lopuyet

Trotz nicht optimaler Bedingungen fällt der Streckenrekord. Die ersehnte 2:09 ist es zwar nicht. Doch 2:10:40 sind immerhin neunzehn Sekunden schneller als die alte Bestmarke von Michael Fietz, die Abel Gisemba mit 2:11:01 ebenfalls noch streift. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal gibt es ein rein kenianisches Podium, denn als Dritter wird Benjamin Rotich mit 2:11:56 gestoppt. Artur Osman liefert nur zwei Sekunden dahinter wieder einmal ein hervorragendes Ergebnis ab

Auf Rang fünf beklatschen die Zuschauer im Zielbereich nach 2:12:37 dessen Landsmann Michael Bartoszak, bevor der sechste Platz in 2:13:42 mit Stephen Langat wieder ins ostafrikanische Läuferland geht. Okura Makoto (2:13:55) aus Japan kann als einziger in den kenianisch-polnischen Länderkampf eingreifen, denn durch Piotr Gladki (2:14:05), der 2005 auf der Fahrt zu einem Rennen bei einem Autounfall ums Leben kommen wird, Simon Lopuyet (2:14:12) und Samuel Okemwa (2:14:55) verteilen sich auch die restlichen Top-Ten-Platzierungen nur auf Läufer dieser beiden Staaten.

 

Nicht nur aufgrund des neuen Streckenrekords darf man völlig zurecht vom höchsten Niveau aller bisherigen Austragungen sprechen. Allerdings nur im absoluten Spitzenbereich und auch praktisch nur durch Ausländer. Als bester Deutscher landet Dirk Nürnberger auf Platz 21, von den 38 Zeiten unter 2:30 steht nur hinter vier das Kürzel „GER“. Und trotz eines Zuwachses von 750 im Ziel registrierten Teilnehmern, unterbieten fast exakt so wenige Läuferinnen und Läufer wie 1999 die drei Stunden. Netto sind es gerade einmal 425. Dafür kommen inzwischen dreitausend jenseits der vier Stunden ins Ziel.

Frankfurt Marathon 2000: Henry Cherono
Foto Rhein-Ruhr-Foto: Gustav E. Schröder

Hat man bei den Herren für das Elitefeld richtig geklotzt, fällt die Besetzung und damit auch das Ergebnis im Frauenbereich deutlich schwächer aus. Selbst wenn man nicht von Kleckern sprechen darf, sind die Bestleistungen der gemeldeten Damen doch einiges von jener 2:26:48 einer Katrin Dörre-Heinig oder den 2:27:44 von Franziska Moser entfernt, die in Frankfurt schon gelaufen wurden.

Doch spannend ist das Rennen bis zum Schluss. Noch bei Kilometer 35 sind Vorjahressiegerin Esther Barmasai, Judy Kiplimo, die Japanerin Kai Tomoko und Claudia Dreher dicht beisammen. Dann aber bleibt der inzwischen für den SC Riesa startenden Deutschen, die trotz Nominierung aufgrund einer Erkrankung kurzfristig auf den olympischen Marathon verzichten musste, nur noch die Rückenansichten von Barmasai und Tomoko.

Mit 2:31:04 wiederholt die Kenianerin ihren Erfolg von 1999 knapp vor der 2:31:20 laufenden Asiatin. Nicht einmal eine Minute dahinter (2:31:57) wird Claudia Dreher zum zweiten Mal am Main Dritte. Als letzte des Quartetts läuft Judy Kiplimo nach 2:32:48 über die Matte. Alla Zadorozhnaya aus Weißrussland in 2:33:33 und die Litauerin Villja Birbalaite sind die restlichen beiden Läuferinnen unter 2:40.

Noch etwas ist neu beim ersten Frankfurt Marathon mit einer „2“ an der ersten Stelle der Jahreszahl - die Belohnung. Jene rechteckige Metallplakette, die in jeweils nur leicht veränderter Form und Farbe den Läuferinnen und Läufern ein Dutzend Mal im Ziel an einem rot-gelben Band umgehängt wurde, ist einer kreisrunden Medaille mit blauem Band inklusive Europasternen gewichen. Die Sammlung, die Stammläufer inzwischen aufgebaut haben, wird in Zukunft deutlich vielfältiger werden.

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Ein letztes Mal können die Läufer ihre Startgebühr in Deutscher Mark bezahlen, wenn sie sich beim Frankfurt Marathon anmelden. Die Euro-Uhr am Rossmarkt, die das Feld bei Kilometer 40 passieren wird, hat nur noch gut zwei Monate herunter zu zählen.

Doch der nach der kommenden neuen Währung benannte Marathon backt nach dem grandiosen Einstand der neuen Organisatoren schon wieder deutlich kleinere Brötchen. Hatte man im Vorjahr noch die ostafrikanischen Asse gleich zu Dutzenden verpflichtet, fällt die Elite-Startliste diesmal passend zum vorhandenen Budget wesentlich dünner aus.

Zwar hat man mit Gewinner Henry Cherono, Artur Osman und Michael Bartoszak drei der besten fünf Herren der vorherigen Ausgabe am Start. Und sowohl Michael Fietz, der Sieger von 1997, wie auch Pawel Loskutow, der Erste von 1999, finden sich in der Startliste, doch insgesamt ist das Feld zumindest auf dem Papier schwächer als 2000.

Da sieht es bei den Damen doch ein wenig interessanter aus. Mit Esther Barmasai, die allerdings dann doch nicht antritt, sowie Claudia Dreher werden die Erste und die Dritte von 2000 angekündigt. Dazu noch Melanie Kraus, Lumita Zaituc und Manuela Zipse als einheimische Läuferinnen mit einem Leistungsvermögen knapp unter oder knapp über 2:30.

Die Bewertung solcher Zeiten fällt zwar ein wenig anders aus, nachdem Naoko Takahashi vier Wochen vor dem Frankfurt Marathon in Berlin mit 2:19:46 als erste Frau die 2:20 unterbot und Catherine Ndereba eine Woche später in Chicago in 2:18:47 konterte. Doch ist die Konkurrenz hier bei weitem nicht so dicht wie bei den Männern. Die deutschen Damen können jedenfalls international noch immer mithalten.

 
Foto LaufReport-Archiv:
Melanie Kraus

Dass überhaupt so viele inländische Asse gemeldet haben, liegt weniger am Jubiläum der nun zum zwanzigsten mal stattfindenden Veranstaltung als an den Deutschen Meisterschaften, die nun schon zum vierten Mal in Frankfurt ausgetragen werden. Doch vor allem in der Teilnehmersumme machen sich die Titelkämpfe bemerkbar. Um noch einmal unglaubliche 1200 schnellt die Zahl der Läuferinnen und Läufer im Ziel nach oben. 8847 Namen umfasst die Ergebnisliste am Ende, davon immerhin 1208 Frauen.

Doch während die Marathonis immer mehr werden, stehen in diesem Jahr deutlich weniger Menschen am Streckenrand. Nach mehreren Wind- ist das zwanzigste zur Abwechslung einmal wieder ein Regenrennen. Der längst traditionelle Termin im späten Herbst, mit dem Frankfurt die Serie der Stadtmarathons in Deutschland abschließt, birgt halt immer das Risiko schlechter Witterung.

Angesichts dieser Verhältnisse ist es schon erstaunlich, dass gerade Luminita Zaituc, die sich selbst als „Frostbeule“ bezeichnet, vom Start weg zu einem mutigen Sololauf ansetzt, ohne sich um den Rest der Konkurrenz zu kümmern. Der Plan geht auf, der befürchtete Einbruch bleibt aus.

 

Mit 2:26:01 schlägt die gebürtige Rumänin im Trikot der LG Braunschweig gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Nicht nur eine neue persönliche Bestzeit erzielt sie im Dauerregen, auch der Streckenrekord von Katrin Dörre-Heinig fällt. Dazu rennt sie sich an die Spitze der deutschen Jahresbestenliste und unterbietet die Norm für die EM in München von 2:30 mehr als deutlich. Dort wird Zaituc dann als Gewinnerin der Silbermedaille ihren größten internationalen Erfolg erzielen.

Mehr als fünf Minuten muss die Siegerin warten bevor mit Melanie Kraus in 2:31:29 die Zweite einläuft. Lena Gavelin (2:31:58) erweitert auf Rang drei die lange Liste guter Platzierungen skandinavischer Marathonläuferinnen in Frankfurt um einen weiteren Eintrag. Und auf Platz vier läuft sich die für die LG Eintracht Frankfurt startende Lokalmatadorin Petra Wassiluk, die in 2:32:59 ihr erstes Rennen über die 42,195 Kilometer zu Ende bringt.

Ffm 2001: Luminita Zaituc
Foto: Gustav E. Schröder

Zwei Sekunden hinter der Südhessin wird Inga Judeskiene aus Litauen gestoppt. Die Dänin Annemette Jensen wird mit 2:33:21 Sechste, bevor mit Manuela Zipse (2:34:29) und der zukünftigen Europameisterin Ulrike Maisch (2:39:06) die Plätze sieben und acht wieder im Land bleiben. Selbst wenn Claudia Dreher nach zwei dritten Plätzen am Main diesmal nicht ins Ziel kommt, sind immerhin fünf der besten acht Deutsche.

Bei den Herren fällt die Quote wesentlich schlechter aus. Michaal Fietz wird als Gesamtachter mit 2:16:23 deutscher Meister, sein Wattenscheider Vereinskamerad Sebastian Bürklein holt auf Gesamtplatz zehn in 2:16:52 den Vizetitel. Nach 2:18:52 ist mit Matthias Körner vom SC DHfK Leipzig das Treppchen voll besetzt.

Nur wenig langsamer als Michael Fietz bei seinem Sieg 1997 kann sich der Este Pavel Loskutov in 2:11:09 seine zweiten Sieg beim Marathon in der Bankenstadt sichern. Nachdem die Spitze anfangs auf eine Zeit deutlich unter 2:10 losmarschiert ist, lässt das Tempo dann doch deutlich nach. Schon bei Kilometer dreißig löst sich der Gewinner von 1999 aus der verbliebenen Kopfgruppe und läuft den Rest der Distanz alleine zur neuen persönlichen Bestzeit.

 

Frankfurt-Stammgast Artur Osman kann den Abstand als Einziger noch in Grenzen halten. Mit 2:11:46 liefert der Pole als Zweiter seine bisher beste Platzierung ab. Vorjahressieger Henry Cherono hat mit dem nasskalten Wetter Probleme, wird aber nach 2:12:25 immerhin Dritter vor dem 2:12:47 laufenden Japaner Yoshifuri Miyamoto. Auch auf Rang fünf landet ein alter Bekannter. Michael Bartoszak wiederholt seine Platzierung von 2000 mit 2:12:59 in fast identischer Zeit. Zwei weitere Japaner Toshyuki Sakai (2:13:50) und der ebenfalls schon mit Frankfurt-Erfahrung ausgestattete Kenichi Kawakubo (2:15:14) überbrücken die Zeit bis zum besten Deutschen.

Frankfurt Marathon 2001: Pavel Loskutov
Foto Rhein-Ruhr-Foto: Gustav E. Schröder

Zwar heben die Meisterschaften die Zahl der Drei-Stunden-Läufer noch einmal auf 623 an, und mit 43 Zeiten unter 2:30 liegt man fast auf dem Niveau von 1998, als die letzten Titelkämpfe am Main stattfanden. Doch der Zuwachs des Feldes erfolgt eindeutig am Schwanz. Inzwischen laufen mehr als 3600 Läuferinnen und Läufer über vier Stunden. Innerhalb von knapp zehn Jahren ist aus einem Verhältnis von eins zu eins eines von fast eins zu sechs geworden. Die Hälfte des Feldes ist erst nach 3:53 im Ziel. Ein Wert, der sich in den kommenden Austragungen noch einige Minuten weiter nach hinten verschieben wird.

Part 1:
1981-1985
Part 2:
1987-1991
Part 3:
1992-1996
Part 4:
1997-2001
Part 5:
2002-2006
Part 6:
2007-2011

Bericht Ralf Klink
Fotos Gustav E. Schröder & LaufReport Archiv

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