Rückblick auf die Berglauf-Saison 2011 im LaufReport

Der Türke Ahmet Arslan wird
Europameister, Vize Weltmeister und Grand Prix-Sieger
Timo Zeiler und Lisa Reisinger bestätigen Vorherrschaft in Deutschland
Der erfolgreichste deutsche Bergläufer Helmut Schießl beendet seine Karriere
von Winfried Stinn

Mit dem Winterberglauf in Kolsassberg endete die Berglaufsaison 2011. Bei dem beliebten Berglauf in Tirol trugen sich die dreifache Berglauf Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich) und Gerd Frick (Italien) als Sieger in die Ergebnisliste ein. Korbinian Schönfelder (LLC Marathon Regensburg) kam auf Platz drei und war damit der erste Deutsche, der in Kolsassberg auf einen Podestplatz lief. Begonnen hatte die Berglaufsaison ebenfalls mit einem Winterberglauf.

Mary Heilig-Duventäster auch im Nationaltrikot erfolgreich. Es war eine Supersaison für Duventäster mit zweimal Gold bei der Berglauf Masters WM, Gold bei der Deutschen Seniorenmeisterschaft und Silber bei der deutschen Berglaufmeisterschaft Markus Jenne, Schwarzwald Berglauf Pokalsieger und Sieger beim Schilthorn Halbmarathon Lea Bäuscher wird 2. beim Aletsch Halbmarathon Die dreifache Berglauf Weltmeisterin Andrea Mayr gewinnt zum vierten Mal den Kolsassberg Run

Im schweizerischen Wintersportort Arosa fand zum siebten Mal das Wintersportevent für Läufer, Nordic Walker und Schneeschuhläufer "Swiss Snow Walk & Run", statt. Über die Halbmarathonstrecke mit 600 Höhenmetern kam es zu einem Vergleich zwischen Bergläufern, Duathleten und Orientierungsläufern. Es siegte der Weltmeister im Orientierungslauf Matthias Merz vor Gabriel Lombriser (beide Schweiz) und Timo Zeiler (MTG Mannheim. Bei den Frauen gewann die 17fache Weltmeisterin im Orientierungslauf Simone Niggli-Luder vor Ines Brodmann und der zweifachen Duathlon Weltmeisterin Karin Thürig (alle Schweiz).

Die Meisterschaftssaison in Deutschland begann bereits im Mai mit der deutschen Seniorenmeisterschaft in Waldkirch bei Freiburg. DieTitelkämpfe wurden im Rahmen des 30. Kandel-Berglaufes ausgetragen. Damit ermittelten nach 2002 zum zweiten Mal die besten Senioren Deutschlands in Waldkirch ihre Meister. Trotz regnerischem Wetter stellten sich rund 550 Läuferinnen und Läufer dem Starter, wovon 531, das zweitbeste Ergebnis in der nun 30jährigen Kandel-Berglaufgeschichte, das Ziel auf der Kandelpasshöhe erreichten. Als Gesamtsieger setzten sich Stefan Hinze (LG DUV Kaiserslautern) und Diana Lehmann (LC Potsdam) durch. Stefan Hinze war damit auch bester Senior. Bei den Frauen kam mit der vielfachen Senioren Welt-und Europameisterin Mary Heilig-Duventäster (LG Welfen) als dritte, die schnellste Seniorin ins Ziel. Sie war so auch Siegerin der stark besetzte Klasse W50. Damit feierte die erfolgreiche Seniorenläuferin nach fast zweijähriger verletzungsbedingter Wettkampfpause ein glänzendes Comeback.

Bei der deutschen Berglaufmeisterschaft in Oberstdorf setzte sie dann als Zweitplatzierte noch eins drauf. Die deutschen Seniorenmeister im Überblick: W35: Christiane Schmitt, SV Waldkirch; W40: Sabine Kruse, Recklinghausener LC; W45: Barbara Stich, LLC Marathon Regensburg; W50: Mary Heilig-Duventäster, LG Welfen;W55: Roswitha Knäble, LG Brandenkopf; W60: Herta Bergmann, LC Aichbach; W65: Anja Ritschel, TV Waldstraße Wiesbaden; M40: Sebastian Retzlaff, TuS Lörrach-Stetten; M45: Stefan Hinze, LG DUV; M50: Joachim Becht, LT Furtwangen; M55: Elmar Fries, TV Geisenhörig: M60: Reinhardt Vogler, TV Bad Brückenau; M65: Wolfgang Nehring, VFL Ostelsheim; M70: Georg Groß,SVO Germaringen.

Oberstdorf im Allgäu war nach 1991 und 1998 zum dritten Mal Austragungsort der deutschen Berglaufmeisterschaft. Geplant war ursprünglich die Meisterschaft vom Oberstdorfer Marktplatz bis zum Gipfel des Nebelhorns durchzuführen. 10,5 km bei einem Höhenunterschied von 1405 Meter galt es hier zu bewältigen. Aber die Terminplanung war von Anfang an sehr unglücklich gewählt. Denn nur eine Woche später stand in der Türkei die Berglauf Europameisterschaft auf dem Programm, hier sollten und mussten die besten deutschen Bergläufer starten. "Der Verband hat die Meisterschaft nach Oberstdorf ohne Rücksprache mit mir vergeben. Als ich von dem Termin erfuhr, war eine Terminverschiebung nicht mehr möglich", sagte Wolfgang Münzel, beim DLV verantwortlich für den Berglauf, in einem Gespräch. Da es fraglich war, ob bei dieser schwierigen Strecke, nur eine Woche vor der Europameisterschaft, wirklich die besten deutschen Bergläufer in Oberstdorf an den Start gehen werden, einigten sich Wolfgang Münzel und Wilfried Raatz mit dem Veranstalter des Nebelhornlaufes Gerhard Söllinger auf eine "entschärfte" Strecke. Für den Lauf zum Gipfel gab es eine extra Wertung. Ein Kompromiss, aber dennoch unverständlich, wie man eine deutsche Meisterschaft eine Woche vor eine internationalen Meisterschaft terminieren kann. Da hatten die anderen Berglauf-Nationen eine glücklichere Hand.

Zum sportlichen Teil: Timo Zeiler wurde zum vierten Mal hintereinander Deutscher Berglaufmeister. Er hat nun mit Helmut Schießl gleichgezogen. Nur noch Thomas Greger (Ludwigshafen) hat mit sechs deutschen Meisterschaften mehr Titel auf seinem Erfolgskonto. Spannend wurde der Kampf um die weiteren Podestplätze. Überraschend erkämpfte sich der Pfälzer Matthias Hecktor (TuS Heltersberg) vor Korbinian Schönfelder (LLC Marathon Regensburg) den zweiten Platz. Knapp an einer Medaille vorbei schrammte Josef Beha (FC Unterkirnach), der noch bei der Europameisterschaftqualifikation in Grabs/ Schweiz als bester Deutscher Timo Zeiler und Korbinian Schönberger hinter sich ließ. Bei den Frauen holte sich Lisa Reisinger zum dritten Mal hintereinander die deutsche Meisterschaft. Zuvor hatte sie fünfmal den Titel bei den Juniorinnen gewonnen. Auf Platz zwei kam, wie schon erwähnt, Mary Heilig-Duventäster (LG Welfen). Eine tolle Leistung für die 50jährige, die eine Reihe von Titeln bei Senioren Welt- und Europameisterschaften gesammelt hat. Dass sie aber auch in der Frauenklasse, wo sie mit 20 bis 30 Jahre jüngeren Konkurrentinnen zu tun hatte noch in die Medaillenränge läuft, war schon sensationell. Dritte wurde Kerstin Straub (SSC Hanau-Rodenbach) vor Monika Carl (LG Welfen) und Ellen Clemens (LG Teli Finanz Regensburg).

Jonas Lehmann wird Deutscher Juniorenmeister Carolin Tuch wird Deutsche Junioren Meisterin DLV Berglaufwart Wolfgang Münzel dankt Gerhard Söllinger für seinen 30 Jahre langen Einsatz als Berglaufveranstalter des Internationalen Nebelhorn-Berglauf in Oberstdorf

Von den drei internationalen Meisterschaften, Berglauf Weltmeisterschaft (bergauf/bergab) in Tirana/Albanien, der Langstrecken Weltmeisterschaft in Podbrdo/Slowenien und der Europameisterschaft in Bursa/Türkei, hatte lediglich die Europameisterschaft ein international erstklassig besetztes Feld. Bei den Männern gewann die Europameisterschaft der große Favorit Ahmet Arslan, der so in seinem Heimatland seinen fünften EM-Titel hintereinander errang. Hinter Arslan platzierten sich der Italiener Bernard Dematteis und der Portugiese Jose Gaspar auf den weiteren Medaillenplätzen. Die deutschen Läufer blieben hinter den Erwartungen zurück.

Timo Zeiler, bei der Europameisterschaft in Telfes 2009 als Vierter noch knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt, kam diesmal nur auf Platz 34., Korbinian Schönfelder (37.) und Josef Beha (41.). Das reichte nur zum zwölften Platz in der Mannschaftswertung. An dieser Stelle sei nochmals an die unglückliche Terminierung der deutschen Meisterschaft erinnert. Sicherlich wären ansonsten bessere Platzierungen möglich gewesen. Aus deutscher Sicht erfreulich ist der fünfte Platz von Anton Palzer (SK Ramsau) bei den Junioren.

Nach der verletzungsbedingten Absage von Andrea Mayr hatte Martina Strähl (Schweiz) die Favoritenrolle inne. Sie siegte dann auch vor der italienischen Skilangläuferin Antonella Confortola-Wyatt. Diana Lehmann (Potsdamer LC) belegte Platz 23.

Die seit Jahren erfolgreichste deutsche Bergläuferin Lisa Reisinger hatte schon rechtzeitig ihren Verzicht auf einen EM-Start erklärt. Nach ihrem dritten Titelgewinn bei der deutschen Meisterschaft in Oberstdorf begründete sie ihren EM-Verzicht. "Das Geheimnis, warum ich derzeit so gut laufe ist einfach, dass ich nur da laufe wo es mir Spaß macht und am meisten Spaß macht es mir, wenn ich keinen weiten Anreiseweg habe. Deshalb will ich auch nicht bei der EM in der Türkei starten."

Der Türke Ahmed Arslan gewinnt den fünften EM-Titel in Bursa-Uludag (Turkey). Arslan war 2011 die Nummer Eins im Berglauf. Europameister, Vizeweltmeister und Grand Prix Sieger (Archiv-Foto) Die Schweizerin Martina Strähl verteidigt ebenfalls ihren Titel bei der EM in Bursa-Uludag (Turkey) (Archiv-Foto) In Oberstdorf gewinnt Lisa Reisinger ihre dritte DM hintereinander Timo Zeiler wird in Oberstdorf zum 4. Mal Deutscher Berglaufmeister

Bei der Berglauf Weltmeisterschaft (bergauf/bergab) in Tirana/ Albanien überraschten die US-Amerikaner mit Siegen durch Max King und Kasie Enman. Sie holten sich bei einer Hitzeschlacht die Titel vor den favorisierten Afrikanern und Italienern. Probleme mit der Hitze hatten vor allem die Afrikaner, die bei der vorherigen bergauf/bergab Weltmeisterschaft 2009 in Campodolcino e Madesimo/Italien dominierten. Kurz vor dem Ziel brach der bis dahin Führende Thomas Ayeko (Uganda) zusammen. Die Gunst der Stunde nutzte Max King und gewann vor dem fünffachen Europameister Ahmet Arslan. Danach folgten die Italiener Martin und Bernard Dematteis, sowie der fünffache Berglauf Weltmeister Marco de Gasperi. Hinter der siegreichen Amerikanerin Kasie Enman belegte die Russin Elena Rukhlyada (Russland) vor Marie-Laure Dumergues (Frankreich) Platz zwei. Beide Mannschaftstitel gingen an Italien.

Die Berglauf Weltmeisterschaft über die Langdistanz fand in Podbrdo/Slowenien statt. Durchaus als Skandal kann man die Vergabepraxis des Berglaufweltverbandes in diesem Fall bezeichnen. Die Zusage erhielten die Slowenier vor dem Abschluss der Bewerbungsfrist, und vor Abschluss der Bewerbungsfrist verteilten die Slowenier schon die fertigen Ausschreibungen. Dabei hatte sich mit dem Zermatt Marathon ein weiterer Veranstalter um die WM beworben. Zudem war auch der Streckenverlauf, mit einer Abwärtspassage von rund 1100 Höhenmetern, mehr als grenzwertig. Vom Start, auf einer Höhe von 600 Meter führte der Streckenverlauf bis zum höchsten Punkt auf 1760 Meter. Von da an ging es auf rund sieben Kilometer 1140 Meter bergab. Nach einer kleinen Steigung mussten nochmals 300 Meter bergab gelaufen werde.

Kein Verständnis über die Vergabepraxis und für den Streckenverlauf hatte DLV Berglaufwart und Council-Mitglied im Berglauf Weltverband Wolfgang Münzel. Aber er konnte weder an der Vergabepraxis, noch an der Streckenführung etwas ändern. Und die Quittung bekam der Weltverband prompt. Die Weltmeisterschaft über die Langdistanz war in der Spitze und Breite schwach besetzt. Keiner der besten Berglauf-Langstreckler war am Start. Da war Mitkonkurrent um die Weltmeisterschaft, der Zermatt Marathon bei seinem 10.Jubiläum um einiges besser besetzt. (dazu später mehr). Sieger der Langstrecken WM wurde Mitja Kosovelj (Slowenien) vor den beiden Schotten Thomas Owens und Robie Simpson. Bei den Frauen siegte die Engländerin Philippa Maddams vor Karen Alexander (Irland). Mit Helen Fines platzierte sich eine weitere Engländerin auf einem Podestplatz.

Mehrere Titel- und Medaillengewinne für den Deutschen Leichtathletikverband gab es bei der Masters WM in Paluzza/ Italien. Gold gewannen Mary Heilig-Duventäster (W50), Marianne Spronk (W60), Bärbel Berghaus (W70), Georg Groß (M70); Silber holten sich: Barbara Stich (W 45), Reinhart Vogler (M60) und mit Bronze wurden Jutta Broad (W35), Luise Winkler (W60), Leni Bauer (W65) und Raimund Krausse (M70) ausgezeichnet. Dazu gab es einige gute Mannschaftsresultate. Insgesamt war die Master WM gut besetzt. Prominentester Teilnehmer war der frühere mehrfache Welt-und Europameister Antonio Molinari (Italien), der die M40 gewann. Mary Heilig-Duventäster krönte mit ihrer Goldmedaille in der Einzelwertung und dem Mannschaftsgold ihre überragende Saison. Zu Saisonbeginn wurde sie in Waldkirch/Baden Deutsche Seniorenmeisterin, gewann in Oberstdorf die deutsche Vizemeisterschaft und erkämpfte sich bei der Master WM zwei Goldmedaillen.

Auch 2011 stand wieder der Grand-Prix mit sechs Wertungsläufen (Arco Trento/ITA; Montée Du Grand-Ballon Willer-sur-Thur/ FRA; Grintovec MR Race Kamnik/SLO; Harakiri Run Mayrhofen/AUT; World Championships Tirana/ALB und Smarna gora MR race Ljubljana SLO) auf dem Programm des Berglauf Weltverbandes (WMRA). Die ehemals attraktive Serie mit den Klassikern wie Hochfelln-Berglauf, Großglockner-Berglauf, Matterhornlauf, Schlickeralmlauf, befindet sich weiterhin im freien Fall. Nur 26 Männer und 19 Frauen stehen auf der Gesamtergebnisliste. Grand-Prix-Sieger wurde Ahmet Arslan, der damit seine Supersaison krönte. Europameister, Vize Weltmeister und Grand Prix Sieger lautet die Bilanz 2011 für den 25jährigen türkischen Bergläufer. Platz zwei in der Grand Prix Wertung ging an den in Wien lebenden Schweizer David Schneider vor Gabriele Abate und Martin Dematteis (beide Italien). Frauensiegerin wurde Lucija Krkoc (Slowenien). Auf Platz zwei kam Antonella Confortola-Wyatt. Die Olympiateilnehmerin im Skilanglauf wurde schon 2002 bei der Berglauf Weltmeisterschaft in Innsbruck zweite und überrascht seit dem immer wieder mit Top-Platzierungen bei internationalen Bergläufen, wie auch 2011 mit dem Gewinn der Silbermedaille bei der Europameisterschaft.

Neben dem Grand Prix hat sich in den vergangenen Jahren der Marathon Mountain Cup etabliert. Zu der Cupserie gehören vier Gebirgs-Marathon-Klassiker. Der LGT Alpin Marathon in Liechtenstein, der Zermatt-Marathon, der Jungfrau-Marathon und der Kaisermarathon-Söll. Dabei trumpften, sowohl bei den Männern als auch Frauen die Berglauf-Asse aus der Schweiz auf. Patrick Wieser konnte seinen Vorjahressieg wiederholen und gewann vor Ralf Birchmeier und Martin Jost. Jasmin Nunige siegte vor Tanja Anmiet und Helene Ogi.

In Deutschland kam es zur 25. Auflage des Schwarzwald Berglauf Pokals. Cupsieger wurde der dreifache deutsche Vizemeister Markus Jenne (USC Freiburg) vor Holger Thoma (LT Furtwangen) und Dominik Ulrich (USC Freiburg). Die Frauenwertung gewann Sabine Kruse (Recklinger LC) vor Margarete Grieshaber und Sonja Lutz (SV Kirchzarten).

Den Pfälzer Berglauf Cup gewann der deutsche Seniorenmeister Stefan Hinze (LGU DUV) vor Jonas Lehmann (TuS Heltersberg) und Oliver Traut (TV Herxheim). Eva Katz (TV Hatzenbühl) setzte sich bei den Frauen vor Tanja Griesbaum (LG Rülzheim) und Dorothea Falkenstein (TV Maikammer) durch.

Gleich zwölf Wertungsläufe standen beim Salomon-Trail-Running-Cup auf dem Programm, dabei warben die Veranstalter mit dem Slogan "Salomon sucht den Trail-König". Der Salomon-Cup vereint Bergläufe aus ganz Deutschland, die nicht im Schwarzwald Pokal oder Pfälzer Cup vertreten sind. Gesamtsieger wurde Thomas Drechsler vor Manfred Berktold (TV Hindelang) und Bernhard Munz (TV Kempten). Bei den Frauen siegte Ulrike Maier-Tanic (LG Regensburg) vor Bärbel Lemme (Möllner SV) und Heike Wagner (Österreich).

Beim Hochfelln Berglauf in Bergen beendet Helmut Schießl seine Berglauf-Karriere. Hier mit OK-Chef Georg Anfang

Die Nummer Eins bei den deutschen Bergläufen war auch 2011 wieder der Hochfelln Berglauf in Bergen/Chiemgau. Strahlender Sonnenschein, fast wolkenloser blauer Himmel, sommerliche Temperaturen waren die äußeren Bedingungen bei der 38. Auflage. Es gewannen der Schweizer David Schneider und die erst 17jährige Österreicherin Susanne Mair. Die beiden Italiener Marco de Gasperi und Antonio Toninelli belegten die Plätze zwei und drei. Auf Platz vier kam Jonathan Waytt, in Anbetracht seines Verletzungspechs ein akzeptables Ergebnis. Fünfter wurde als bester Deutscher Helmut Schießl, der beim Hochfelln Berglauf seine erfolgreiche Karriere beendete und von Hochfelln Chef "Bibi" Anfang besonders geehrt wurde. Gold bei der Berglauf Weltmeisterschaft über die Langdistanz, Silber bei der Europameisterschaft und vier Siege bei deutschen Meisterschaften stehen auf der Haben-Seite. "Ich habe den Hochfelln-Berglauf bewusst als mein letztes Rennen ausgesucht. Es ist der bestbesetzte Berglauf. Natürlich hätte ich bei meinem letzten Rennen gerne einen Podestplatz erreicht, aber Platz fünf geht auch in Ordnung." Hinter der Österreicherin Susanne Mair kam die Skilanglauf-Olympiateilnehmerin von 2010 Eva Skalnikova (Tschechien) auf Platz zwei. Eine starke Leistung zeigte Barbara Häsch (SC Moosham), die überraschend als beste deutsche Läuferin Platz drei erreichte. Vierte wurde Ellen Clemens (LG Regensburg/ Team Salomon).

Beim 19. Jungfrau Marathon, der ebenfalls bei traumhaftem Bilderbuchwetter ausgetragen wurde und an dem sich wieder rund 4000 Läuferinnen und Läufer beteiligten, sorgte Markus Hohenwarter für den ersten österreichischen Sieg. Hinter Hohenwarter platzierte sich der Britte Huw Lobb auf den zweiten Platz. Dritter wurde der Tscheche Robert Krupicka vor den beiden Kenianern Hosea Tuei und Paul Maticha Michieka. Elias Sansar aus Detmold war als neunter, wie im Vorjahr, bester Deutscher. Bei den Frauen siegte Aline Camboulives aus Frankreich vor den beiden Schweizerinnen Daniela Gassmann-Bahr und Jasmin Nunige.

Bei dem Traumwetter sah man auf der Kleinen Scheidegg zwar viele erschöpfte Läuferinnen und Läufer, hatten doch mit den hohen Temperaturen viele zu kämpfen, aber die meisten strahlten doch eine Zufriedenheit aus und konnten das eindrucksvollen Alpenpanorama mit Eiger, Mönch und Jungfrau, bei wolkenlosen und blauen Himmel genießen. Selbst Heinz Schild, Initiator des Jungfrau Marathons und langjähriger OK-Präsident schwärmte:"So ein tolles Wetter hatten wir noch bei keiner Veranstaltung." Da fiel es den Verantwortlichen mit OK Präsidenten Christoph Seiler und Rennleiter Richi Umberger nicht schwer ein positives Fazit zu ziehen und der Blick ging dann auch schon ein Jahr weiter, denn 2012 findet beim 20. Jungfrau Marathon die Berglauf Weltmeisterschaft über die Langdistanz statt. "Das war eine gelungene Generalprobe für den Jubiläumslauf und die Berglauf Weltmeisterschaft", äußerte sich Seiler. Beim 20. Jungfrau Marathon wird es wieder, wie beim zehnten Jubiläumslauf, zwei Läufe geben. So können 8000 Startplätze verteilt werden.

Jungfrau Marathon Siegerin Aline Camboulives aus Frankreich Elias Sansar läuft als als bester Deutscher beim Jungfrau Marathon auf Rang 9

Fast 2000 Läuferinnen und Läufer starteten beim 10. Zermatt Marathon. Zum Jubiläum ging es erstmals nach 2002 und 2003 wieder auf das knapp über 3000 Meter hoch gelegene Ziel auf den Gornergrat. Beim sogenannten Ultra-Marathon galt es 45,557 km bei 2458 Meter Höhenunterschied zu laufen. Gleichzeitig wurde aber auch der nun schon traditionelle Zermatt-Marathon mit 42,195 km (1944 m HD) mit Ziel auf Ryffelberg angeboten. Den Ultra-Marathon gewann die Siegerin der beiden ersten Läufe von 2002 und 2003 Carolina Reiber (Schweiz) nach einem Start-Ziel-Sieg. Auf Platz zwei kam Jeanette Dalcolmo vor Alexandra Bürger, Brigitte Wolf und Sandra Dänzer (alle Schweiz). Bei den Männern gewann der Norweger Harald Aas vor den zwei Schweizern Rudi Bärtschi und dem lange Zeit Führenden Julien Salamun. Vierter und bester Deutscher wurde Alex Nitsche (Gerstetten). Den Marathonlauf, der seit 2004 ausgetragen wird, gewannen Patrick Wieser und Daniela Gassmann-Bahr (beide Schweiz). Zweiter wurde Jean-Christoph Dupon. Die beiden Briten Tim Short und Martin Cox, in Zermatt erst auf den Plätzen fünf und sieben, erkämpften sich dank einer starken zweiten Hälfte die Plätze drei und vier.

Daniela Gassmann-Bahr stellte mit ihrer Siegeszeit von 3:32:12 Stunden einen neuen Streckenrekord auf und verbesserte die alte Marke der Britin Lizzy Hawker, die 2007 3:32:48 Stunden lief, um rund eine halbe Minute. Vier Minuten später lief die mehrfache Swiss Alpine Marathon-Siegerin Jasmin Nunige (Schweiz) durchs Ziel. Bei der Pressekonferenz am Vorabend hatte sie sehr offen über ihre gesundheitlichen Probleme (die Ärzte hatten im Frühjahr Multiple Sklerose diagnostiziert) gesprochen. Schon beim LGT Marathon in Liechtenstein hatte sie, trotz dieser Diagnose, gegen die favorisierte Ungarin Simona Staicu überraschend gewonnen. Ihr wichtigstes Ziel heißt dennoch "nur einfach ankommen". Umso erfreuter war sie, als sie auf Riffelberg als zweite Frau durchs Ziel lief. "Ich bin überglücklich über den zweiten Platz", war dann auch ihre erste Reaktion nach dem Zieleinlauf. Dritte wurde Lizzy Hawker, die Siegerin der Jahre 2006 bis 2008 und bisherige Streckenrekordinhaberin. Der Zermatt Marathon wäre eine würdige Langstrecken Weltmeisterschaft gewesen. In der Spitze und Breite gut besetzt, toll organisiert, eine Werbung für den Berglauf. Hier hat sich der Berglauf-Weltverband um eine große Chance gebracht.

Patrick Wieser wiederholt seinen Vorjahressieg beim Zermatt Marathon Daniela Gassmann siegt mit neuer Streckenrekordzeit beim Zermatt Marathon Schon einen Monat nach dem Zermatt Marathon findet mit dem Matterhornlauf erneut ein Lauf unter der dominanten Bergspitze statt. Dieses Jahr kommt die Siegerin aus Großbritannien und heißt Sarah Tunstall Beste Deutsche beim Matterhornlauf wird Sylke Schmitz

Zwei Wochen vor dem Zermatt Marathon wurde im nahegelegenen Bettmeralp der Aletsch-Halbmarathon ausgetragen. Bei strahlendem Sonnenschein gewannen Cesar Costa (Portugal) und Karin Jaun (Schweiz). Costa benötigte für die 21,1 km lange Strecke, die einen Höhenunterschied von rund 1000 Meter aufweist, 1:32:40 Stunden und stellte damit einen neuen Streckenrekord auf. Hinter der Siegerin Karin Jaun belegte Lea Bäuscher (LG Eintracht Frankfurt) einen ausgezeichneten zweiten Platz. Mit 2016 Finsihern, einschließlich Kinderlauf und Nordic-Walking, gab es einen neuen Teilnehmerrekord. Beim Halbmarathon erreichten genau 1900 Läuferinnen und Läufer das Ziel.

Traumwetter auch beim Matterhornlauf. Nach dem Aletsch-Halbmarathon und dem Zermatt-Marathon, der dritten Klassiker im Oberwallis. Es gewann Tefay Felfele aus Eritrea und die Britin Sarah Tunstall. Silke Schmitz aus Rottenburg wurde Dritte. Und dass man im Gebirge immer wieder mit extremen Witterungsbedingungen zu tun hat, mussten auch 2011 einige Veranstalter und so auch die Läuferinnen und Läufer, zur Kenntnis nehmen. Besonders viel Pech hatten die Veranstalter vom Karwendellauf in Mittenwald. Nachdem bereits im Vorjahr auf einer Ersatzstrecke gelaufen wurde, musste der Lauf diesmal ganz ausfallen. "Der Wetterumsturz kam diesmal so überraschend, dass wir auch keine Ersatzstrecke anbieten konnten", so Kurt König.

Da hatten es die Veranstalter vom Kaisermarahon-Söll, der im Rahmen der dreitägigen Tour de Tirol ausgetragen wurde, etwas einfacher. Schon einige Tage zuvor wurde ein Wetterbumbruch mit Schneefall prognostiziert, so dass das Team von Jol-Sport mit Martin Kaindl und Dieter Aufinger an der Spitze Zeit hatten Alternativstrecken zu auszusuchen. Und die Vorhersagen stimmten. Starke Regen- und Schneefälle, kalte Temperaturen, dichter Nebel und rutschige Passagen sorgten für extreme Bedingungen. Die Witterungsverhältnisse wurden noch drastischer als erwartet, so dass man sich letztendlich für einen Dreirundenkurs von Söll, erstmals Standort aller drei Wettbewerbe, bis etwas oberhalb von Hexenwasser (Mittestation der Hohen-Salvenbahn) auf Hochsöll mit dem höchsten Punkt auf rund 1200 Meter, entschied. So wären auch 42,195 km mit bergauf und bergab und etwa 2000 Höhenmetern zustande gekommen. Doch nachdem die Schneefälle auch während des Rennens immer stärker wurden, und sich damit, vor allem für die Breitensportler, die Sturzgefahr auf den Abwärtspassagen, und die Gefahr der Unterkühlung vergrößerte, entschied OK-Chef Martin Kaindl, der auf einem Motocrossrad immer auf der Höhe des Geschehens war, die Strecke um eine Runde zu verkürzen, und die zweite Runde zu entschärfen.

Eine Entscheidung die von hohem Verantwortungsbewusstsein, ein hohes Maß an Flexibilität und Organisationstalent zeugte. Für diese mutige Entscheidung erhielt er bei der Siegerehrung starken Beifall. So wurde aus dem Marathon mit 2000 Höhenmetern, ein 28 km Lauf mit rund 1400 Höhenmetern. Nach spannendem Rennverlauf siegte auf der verkürzten Marathonstrecke Adám Kovács. Zweiter wurde der Dritte der Berglauf Weltmeisterschaft über die Langdistanz von 2009 Gerd Frick (Italien). Auf Platz drei kam Helmut Schießl. Der Weltmeister über die Berglauf-Langdistanz von 2005 hatte zwar kurz zuvor beim Hochfelln-Berglauf offiziell seine Karriere beendet, doch für den Kaisermarathon schnürte er sich nochmals die Wettkampfschuhe. Marco Sturm errang vor dem Führenden im Mountain Marathon Cup Patrick Wieser (Schweiz) den vierten Platz. Bei den Frauen feierte Jasmin Nunige (Schweiz) einen überlegenen Start-Ziel-Sieg. Veronika Ulrich (LG Neu-Isenburg) wurde in 2:20:27,3 Stunden vor den beiden Schweizerinnen Corinne Zeller und Andrea Huser zweite.

Den Schilthorn-Halbmarathon, der mit 21,1 km Länge und 2175 Meter Höhenunterschied zu den extremsten Bergläufen gehört, gewann Markus Jenne (USC Freiburg). Damit trug sich Jenne zum vierten Mal als Sieger in die Ergebnisliste ein. Michael Barz kam auf Platz zwei, so gab es am Schilthorn einen deutschen Doppelerfolg. Die Plätze drei und vier gingen an die beiden Schweizer Helmut Peretten und Urs Jenzer. Bei den Frauen waren die Schweizerinnen unter sich. Es siegte Daniela Gassmann-Bahr vor Angela Haldimann-Riedo und Karin Jaun.

Glück mit den Witterungsverhältnissen hatten diesmal die Teilnehmer am Zugspitz-Extremlauf. Endlich ging es wieder von Ehrwald/Tirol über die Ehrwalder Alm, Hochfeldern Alm, das Gatterl, die Knorrhütte und Sonnalpin zum Ziel auf 2944 m Höhe, knapp unterhalb des Gipfels. 17,9 km bei 2235 Meter Höhenunterschied galt es zu laufen. Den stark besetzten Lauf gewann der Brite Edwarts Orlando vor dem Vorjahressieger Michael Barz (Durach). Es folgten die beiden Österreicher Markus Kröll und Richard Obendorfer. Fünfter wurde der Italiener Hannes Rungger. Bei den Frauen siegte die Österreicherin Petra Summer. Es folgten mit Gerti Ott, Ann Johansson und Waltraud Berger drei deutsche Läuferinnen. Den Klassiker Sierre-Zinal (31 km/ +2000m, -1000m) gewannen Marco de Gasperi (Italien) und die Spanierin Aranzeta Kartazar Oiha.

Einen kenianischen Doppelerfolg durch Geoffrey Gikuni Ndungu und Isaak Toroitich Kosgei gab es beim Großglocknerlauf. Hinter den beiden Kenianern kam der Schweizer David Schneider auf Platz drei. Frauensiegerin wurde Antonella Confortola vor der Österreicherin Susanne Mair. Der Kenianer Geoffrey Gikuni Ndungu gewann auch den Schlickeralmlauf in Telfes/Tirol. Zweiter wurde sein Landsmann Toroitich Kosgei, so dass es auch in Telfes einen kenianischen Doppelsieg gab. Dritter wurde Jonathan Wyatt. Frauensiegerin wurde Sara Tunstall. Susanne Mair kam wie beim Großglocknerlauf auf Platz zwei.

Zum fünften Mal gewann der Schwede Jonas Budd die Königsdisziplin (K78) beim Swiss Alpine Marathon in Davos. Zweiter wurde der Brite Hub Lobb . Bei den Frauen siegte die 100 km Weltmeisterin Elisaberth Hawker.

Auch 2011 war wieder ein ereignisreiches Berglaufjahr. Viele Berglaufveranstalter konnten ihre Teilnehmerzahlen halten oder gar steigern. Aber es wäre falsch die Attraktivität des Berglaufes nur an Statistiken, sei es an den Teilnehmerzahlen oder sei es an der Anzahl der gewonnenen oder auch nicht gewonnenen Medaillen zu würdigen. Der Berglauf ist so attraktiv weil die Läufe in schönen Landschaften stattfinden und auch 2011 war wieder für jeden etwas dabei.

Ob leichte Bergläufe mit wenigen Höhenmeter, ob extreme Bergläufe, wo sich die Läufer an fixierten Seilen hochhangeln, ob rein bergauf, oder bergauf-bergab, ob in den Alpen, Schwarzwald, in der Pfalz, Thüringen oder im Erzgebirge. Jeder konnte sich die Läufe aussuchen, die ihm Spaß machten und niemand, ob Veranstalter oder Läufer, braucht sich ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen, dass "sein" Berglauf kein richtiger Berglauf war, nur weil er nicht den Alpen stattfand. Dort wo es Berge gibt, hat der Berglauf überall seine Berechtigung und das wird auch 2012 wieder so sein.

Anmerkung: Reportagen weiterer Bergläufe sind in der Rubrik "Berglauf Spezial" im LaufReport links alphatisch anwählbar, so etwa der neue Breitnau X-Trail-Run, mit veranstaltet vom früheren Weltklasse-Läufer und mehrmaligen Swiss-Alpine-Marathon Gewinner Charly Doll und ebenfalls neu der FrankensteinLauf bei der sagenumwobenen Burg Frankenstein in Darmstadt-Eberstadt. Oder das eindrucksvolle Poschiavo SkyRace von Valmalenco nach Valposchiova, der Glacier3000Run in Gstaad sowie ein Berglauf über die Ultradistanz von 50 km beim Alb-Marathon in Schwäbisch Gmünd. Und wen es mal nach Skandinavien zieht, dem sei zur Einstimmung die Beiträge über den Geiranger Halbmarathon in Norwegen empfohlen.

Berglauf-Saison 2011 im LaufReport
Rückblick von Winfried Stinn
Fotos von Winfried Stinn

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