21.10.18 - 19. Toronto Waterfront Marathon (Kanada)

Kein Big Five Marathon - aber ein Big event!

Mimi Belete mit neuem Streckenrekord bei den Frauen

von Axel Künkeler 

Eine Woche nach dem 35. Niagara Falls Marathon, fand in 65 Kilometer Luftlinie entfernt auf der nördlichen Seite des Lake Ontario, der 19. Toronto Waterfront Marathon statt. Eine gute Gelegenheit für die 20-köpfige Gruppe von Laufreisen.de, ihre Tour durch Kanadas Osten mit einem weiteren Highlight abzuschließen. Die Zeit zwischen den beiden Laufevents hatten die Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und Italien genutzt, um unter der Reiseleitung von Nils Krekenbaum, Geschäftsführer der Dortmunder Agentur, die Thousand Islands, Montreal, Quebec und Ottawa zu besichtigen (LaufReport.de berichtete).

Torontos City Hall by night Die deutsche Laufreisen-Gruppe mit Geschäftsführer Nils Krekenbaum (vorne) vor der Marathon-Messe
Ausführliche und einladend präsentierte Laufankündigungen im LaufReport HIER

Natürlich standen in der größten Stadt Kanadas zunächst ebenfalls eine Stadtrundfahrt und der anschließende Besuch der Marathon-Messe auf dem Programm. Toronto hat mit fast drei Millionen Einwohnern in der Stadt und doppelt so vielen in der Metropolregion zuletzt sogar Chicago überholt, ist damit zur viertgrößten Stadt in ganz Nordamerika aufgestiegen (nach Mexiko-City, New York und Los Angeles). Ein "big event" ist der Toronto Waterfront Marathon sicherlich, auch wenn er nicht zu den Big Five, der World Marathon Majors-Serie in Berlin, Boston, Chicago, London und New York gehört. Seit 2012 zählt Tokio als sechster Marathon dazu, vielleicht schafft es irgendwann auch noch Toronto, da die WMM offen ist für weitere Großveranstaltungen. Doch bis dahin dürfte es ein weiter Weg sein.

Toronto, die viertgrößte Stadt Nordamerikas, ist Austragungsort des Waterfront Marathons

Mit über 20.000 Finishern gehört der Waterfront Marathon zwar sicher dazu, wenn auch die vom Veranstalter genannten Zahlen ("more than 25.000") in den Ergebnislisten sehr deutlich (20.241) unterboten werden. Ein Drittel davon (6.693) finisht den Fünf-Kilometer-Lauf, der bereits um acht Uhr gestartet wird. Mit dabei Susanna Jung aus Ludwigshafen (LG Muli), die am Sonntag zuvor noch den Niagara Marathon gefinisht hat. Einen zweiten Marathon in acht Tagen will sie jedoch nicht laufen, wird dafür mit einem hervorragenden Ergebnis belohnt: in 25:48 Minuten über fünf Kilometer wird Jung 3. W60 und 156. Gesamt von 4171 Frauen.

Vorfreude auf den Start hatte auch die Gruppe aus Mexiko. Insgesamt waren 70 Nationen vertreten Ein riesiges Starterfeld zwischen den Wolkenkratzern von Toronto

Der Lauf führte von der Küstenstraße am Lake Ontario zur City Hall, wo gleich nebenan um 8.45 Uhr Marathon und Halbmarathon gestartet werden. Viele 5-km-Läufer, die schon das Ziel erreicht haben, säumen mit ein paar tausend weiteren Zuschauern die breite University Avenue. Bei Temperaturen nur knapp über der Null-Grad-Grenze versuchen sich hier die fast 14.000 Läufer für den Marathon und den Halbmarathon warmzuhalten. Ein riesiges Feld füllt die Straße zwischen den Hochhaustürmen; Läufer aus allen kanadischen Provinzen, aus 40 US-Staaten und insgesamt 70 Nationen sind dabei.

Seid alle vorsichtig, das Leben ist wertvoll - oder ist das eher für die Autofahrer gedacht, die sonst den Lakeshore Boulevard nutzen? Mit den 2.00h-Pacemakern bei KM 6 über die Eisenbahnbrücke Richtung Waterfront

Am Ende des Tages weisen die offiziellen Ergebnislisten 10.006 Finisher im Halbmarathon und dann doch "nur" relativ bescheidene 3.542 auf der klassischen 42,2 Kilometer Distanz auf. Das ist zwar eine sehr positive Entwicklung seit der Premiere des Waterfront Marathons im Jahr 2000 (471 Marathon-Finisher), seit 2005 liegen die Zahlen zwischen 2000 bis 4000. Doch im internationalen Marathon-Vergleich hat der Klassiker weiterhin nur eine mittlere Größe (allein in Deutschland weisen fünf Marathons höhere Finisherzahlen auf).

Bei KM 17 geriet die Skyline mit dem alles überragenden CN Tower wieder in den Blick Im Tunnel unter dem Highway bei KM 20 trennte sich die Spreu vom Weizen: Marathon (links weiter) oder doch schnell nach rechts ins Halbmarathon-Ziel Bei KM 40 liefen die Marathonis auf das historische "Flatiron" vor den modernen Hochhäusern zu

Lediglich die Gesamtzahlen der Veranstaltung machen daraus ein big event. Der bereits seit 1990 ausgetragene Halbmarathon hat sich seit 2000 (2741) fast vervierfacht, die Fünf-Kilometer-Zahlen sind seitdem (667) sogar um das Zehnfache gestiegen. Nur so erklärt sich der rasante Anstieg von 3.880 (2000) über alles auf mehr als 20.000 in den letzten 18 Jahren. Rein von den Teilnehmerzahlen des Marathons ist Toronto also weit entfernt von der WMM-Serie. Doch die Qualität stimmt nicht nur seitens der professionellen Organisation mit Messe und Startnummernausgabe am Vortag, mit Verpflegungsstellen alle zwei, drei Kilometer und der Ausschilderung jedes Strecken-Kilometers (Kanada hat seit den 1970ern das metrische System; eine lästige Meilen-Zeit-Umrechnung entfällt) sowie guter Logistik in der Start-Ziel-Area. Wie schon bei den Niagara Falls ist auch hier die Strecke "flat like a pancake", also bestens geeignet für einen schnellen Lauf. Zumal Toronto als Qualifikationsrennen für den Boston-Marathon ausgeschrieben ist.

Von Cheerleadern angefeuert bei KM 4 durch die Bathurst Street Die Medaillen zur Erinnerung an den Toronto Waterfront (Half)Marathon warteten schon

Die Qualifikation für den nächsten Boston-Marathon schafft Hilka-Ulrike Hoeveler-Klebsch aus Münster. In 4:15:27 Stunden wird sie 534. Frau (von 1.153) und 13. W60 (von 30). Sie ist überglücklich ("Boston bin ich noch nicht gelaufen, das muss ich dann 2019 wohl machen"), nachdem sie ihre Zeit des Niagara Falls Marathon eine Woche zuvor (4:31:38) sogar deutlich verbessert hat. Wie die Münsteranerin laufen vier weitere Laufreisen-Teilnehmer in Toronto ihren zweiten Marathon in acht Tagen: Karsten Pippig (3:51:34), Nils Krekenbaum (4:21:25), Peter Ostoja-Zagorski (4:24:54) und Viola Ullrich (5:02:34).

Und der Österreicher Michael Buchbauer, der eigens für den Waterfront Marathon aus Graz nach Toronto angereist kam, finisht in 3:29:09 Stunden als 45. M50 (von 222) und 705. Mann (von 2389). Noch deutlich schneller geht es natürlich an der Spitze des Feldes zu. Seit Beginn des Toronto Waterfront Marathons verzeichnen die Ergebnislisten immer wieder vor allem Sieger aus Schwarzafrika, mit Siegzeiten die seit zehn Jahren bei den Männern unter 2:10h und bei den Frauen unter 2:30h liegen.

Der Österreicher Michael Buchbauer aus Graz beendet den Marathon in 3:39:09h im vorderen Drittel des Feldes als 705. der 2.389 Männer und 45. M50 In der Gruppe der 1.30h-Halbmarathon-Pacemaker läuft auch die Schwedin Karima Makrof (in Gelb), die den Marathon in 3:07:28h als 4. W40 finisht Die Führungsgruppe der Marathon-Frauen nach etwa einem Drittel der Strecke

Bei den Frauen gibt es diesmal einen neuen Streckenrekord: die 30-jährige Mimi Belete, die aus Äthiopien stammend für Bahrain startet und in Deutschland schon mit dem Sieg beim Trierer Silvesterlauf 2008 und Platz drei beim Hamburg-Marathon 2018 auf sich aufmerksam gemacht hat, gewinnt in 2:22:29h; unterbietet damit den bisherigen Rekord der Äthiopierin Koren Jelela (2:22:42/2011) um 13 Sekunden. Ebenfalls noch unter dem alten Rekord bleibt Vorjahressiegerin Marta Megra, die zwar ihre Zeit aus 2017 (2:28:20) um fast sechs Minuten verbessert, aber als Zweite sechs Sekunden nach Belete völlig erschöpft auf den Boden sinkt. Eine Minute später hat sie sich wieder weitgehend erholt, als die Kenianerin Ruth Chebitok (2:23:29) als Dritte die Ziellinie passiert.

Als erste weiße Läuferin folgt bereits auf Platz vier die Australierin Jessica Tengrove (2:25:59) vor zwei weiteren Afrikanerinnen. Als siebte Frau kommt die erste Kanadierin ins Ziel: Kinsey Middleton gewinnt damit bei ihrem Marathon-Debut in 2:32:09h den Titel der kanadischen Marathon-Meisterin 2018 vor der Titelverteidigerin Leslie Sexton (2:36:03). Lange liefen die beiden Kanadierinnen zusammen, bis sich Middleton zehn Kilometer vor dem Ziel von ihrer Konkurrentin absetzen konnte.

Marathon-Siegerin Mimi Belete aus Bahrain wird im Ziel gebührend gefeiert Die Australierin Jessica Trengrove erreicht das Ziel als vierte Marathon-Frau Als Siegerin der W18 folgt die Kenianerin Celestine Chepchirchir bereits als 5. Frau Als 7. Frau holt sich Kinsey Middleton den Titel der kanadischen Marathon-Meisterin

Auch bei den kanadischen Männern gelingt einem Debütanten auf Anhieb der Triumph. In 2:09:22 holt sich Cameron Levins nicht nur den Titel, er stellt sogar einen neuen Kanada-Rekord auf. Er unterbietet damit den 43 Jahre alten Rekord (2:10:09), den Jerome Drayton 1975 im japanischen Fukuoka aufgestellt hatte. Bis etwa Kilometer 30 konnte sich Levins sogar in der Spitzengruppe behaupten, musste erst dann abreißen lassen und sicherte sich Platz vier im Männer-Klassement.

Das Podest war aber auch hier schwarz-afrikanisch geprägt. Der Kenianer Benson Kipruto gewann in 2:07:25 Stunden vor Augustino Sulle aus Tansania in 2:07:45h und dem zweiten Kenianer, Felix Kandie in 2:08:29. Die beiden Top-Favoriten Philemon Rono aus Kenia, der nach 2016 und 2017 zum dritten Mal in Folge in Toronto gewinnen wollte sowie Stephen Kiprotich, der Olympia- und WM-Marathon-Champion aus Uganda, hatten dagegen mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun. Kiprotich (2:11:06) wurde Siebter, Rono (2:13:36) kam als Neunter ins Ziel, weit entfernt von seinem Streckenrekord aus dem Vorjahr (2:06:52), der also weiterhin Bestand hat.

Elvira Weiss finisht den Halbmarathon nach 2:06:08h als 44. W55 und 2037. von 4.999 Frauen Wolfgang Klebsch aus Münster wird im Halbmarathon 100. M60 und 3.690. der 5007 Männer in 2:13:08h Hans-Werner Tietgen aus der Nähe von Hamburg läuft den Halbmarathon in 2:13:02, wird damit 35. M65 und 3.686. Mann

Sehr gute Zeiten gab es auch im Halbmarathon. Den gewann der US-Amerikaner Will Norris in 1:05:30h vor acht Kanadiern, die alle unter 1:10h blieben. Bei den Frauen waren dagegen die Kanadierinnen erfolgreich: Allie Kieffer (1:12:43h) vor Reneta Plis (1:13:57) und Claire Sumner (1:14:23). Auch vier Frauen sowie sechs Männer aus der Laufreisen-Gruppe waren beim Halbmarathon am Start. Die meisten von ihnen getreu der Devise: "Zweimal einen halben ergibt einen ganzen Marathon." Acht Tage nach Niagara Falls konnten sie angesichts der deutlich größeren Teilnehmerfelder in Toronto, anders als noch in der Vorwoche, aber keine Podestplätze in den jeweiligen Altersklassen erreichen. Relativ am besten schnitt noch Stefan Thurner in 1:50:08h als 8. M65 (von 77) ab.

Auf die Halbmarathonis wartet nur noch die Eisenbahnunterführung vor der Zielgeraden Auf die Old City Hall zu in Richtung Finish-Line führte die Zielgerade in der Bay Street Das Ziel am neuen Rathaus vor Augen

Und Wolfgang Klebsch aus Münster, der in der Vorwoche "nur" die zehn Kilometer gelaufen war, freute sich ebenfalls über seine Zeit von 2:13:08h als 100. M60 (von 169): "Seit vielen Jahren bin ich erstmals überhaupt wieder einen Halbmarathon gelaufen." Wenige Sekunden zuvor (2:13:02) kam Hans-Werner Tietgen aus Henstedt-Ulzburg als 35. M65 ins Ziel. Der 67-Jährige aus der Nähe von Hamburg läuft überhaupt erst seit wenigen Jahren Halbmarathon und Marathon. Durch seine Lebenspartnerin Petra Carstensen (15. W60/2:02:33) ist er erst spät zum Läufer geworden, hat mit ihr die beiden Halbmarathons in Kanada absolviert und ist das beste Beispiel, dass mann/frau auch noch im Alter aktiv sein/werden kann.

Im Ziel ist der Jubel der Finisher groß

Für sie wie die übrigen Laufreisen-Teilnehmer war "Run' hike in Kanada" ein kleiner Traum, der zwei Marathon-Highlights mit den touristischen Sehenswürdigkeiten von Kanadas Osten verband. Die größte Stadt des Landes war gleichzeitig Abschluss der großartigen Reise durch dieses große Land. Toronto mit seinen glitzernden Wolkenkratzern aus Stahl und Glas, mit den Bank-Hochhäusern und dem alles überragenden CN Tower bot vor allem das Feeling einer Großstadt, die wirtschaftliches Zentrum und gleichzeitig Stadt der Kultur ist. Von den Shopping Malls des Eaton Center bis zum historischen St. Lawrence Market, vom Royal Ontario Museum bis zur Hockey Hall of Fame, von Nationalballett und Sinfonie-Orchester bis hin zu etlichen Musical-Theatern (im Prince-of-Wales-Theatre feierte just das neue Musical über die Soul-Formation "The Temptations" erfolgreiche Premiere) bot Toronto viele "temptations" (Versuchungen).

Einen wunderschönen Blick auf die Skyline hat man von den Toronto Islands im Ontario See Auf all die Wolkenkratzer runterblicken kann man von der 340m hohen Aussichtsplattform des CN Tower
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Wer dagegen etwas Ruhe suchte, der brauchte nur mit der Fähre in zehn Minuten zu den Toronto Islands übersetzen. Die im Ontario See vorgelagerten Inseln sind "grüne Lunge" und Naherholungsgebiet zugleich, bieten zudem einen tollen Blick auf die Skyline der Stadt. Den spektakulärsten Blick auf Toronto genießt man jedoch vom CN Tower, von der Freiluft-Terrasse mit Glasboden in 342 Meter Höhe oder dem Drehrestaurant eine Etage höher. Mit rund 553 Meter Gesamthöhe war der 1975 erbaute Turm über 30 Jahre lang der höchste in der Welt. Also wahrlich eine Laufreise voller High-lights!

Bericht und Fotos von Axel Künkeler

Ergebnisse www.torontowaterfrontmarathon.com

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