Tahiti Moorea Marathon (13.2.2010)

Marathon im Paradies

von Stefan Schlett

Insel Moorea, Tahiti/Französisch Polynesien, 13. Februar 2010, 5:30 Morgens. Seit einer Stunde kämpft sich eine Hundertschaft Marathonläufer beim 22. Tahiti Moorea Marathon durch die Dunkelheit. Der Schweiß läuft aus allen Poren und die wenigen Kleidungsstücke kleben am Körper – kein Wunder, bei einer Durchschnittstemperatur von 28° C und fast 100% Luftfeuchtigkeit.

Als wenig später die Morgendämmerung anbricht und den faszinierenden Sternenhimmel mit dem Kreuz des Südens verdrängt sind zunächst einmal alle Strapazen vergessen. Linker Hand tauchen die Berge auf und rechts erscheint langsam die Lagune. Augen und Sinne werden geblendet von einer Landschaft, die gemeinhin als paradiesisch bezeichnet wird. Unvermittelt denkt man an Vangelis Hymne „Conquest of Paradise“.

Die flache Wendepunktstrecke auf dem Asphalt der Inselringstraße ist nicht unbedingt spektakulär, aber die Kulisse ist Weltklasse! Wild gezackt erscheint die Silhouette der 134 Quadratkilometer großen Insel bereits vom Meer aus. Schroffe, über Tausend Meter hohe Berge und Felsnadeln geben der erloschenen Vulkaninsel eine bizarre Schönheit. Sie ist von einem Saumriff umgeben. Der Korallenring bietet natürlichen Küstenschutz gegen die Meeresbrandung und formt eine Lagune, deren Wasser in einem fast unwirklichen, hellen Blau leuchtet.

Aus der ganzen Welt sind sie gekommen, um eine der schönsten Marathonstrecken auf diesem Planeten zu erleben. Und das, obwohl mit 100 Marathonläufern und 280 Teilnehmern beim 30 Minuten später gestarteten Halbmarathon die Veranstaltung nicht über Provinzniveau hinaus kommt. Das Rahmenprogramm mit weit über 1000 Teilnehmern bildet die eigentlichen Stimmungshöhepunkte: So richtig bunt und laut wird es erst beim 5 km Fenua Run und dem Familienlauf über 800 Meter. Nicht wenige sind dabei –wie übrigens auch viele Einheimische auf den langen Strecken- barfuss oder in Sandalen unterwegs.

Normalerweise findet zwei Tage vor dem Marathon noch ein Schülerlauf statt, der diesmal wegen eines Unwetters ausfallen musste. Nur wenige Tage vorher richtete ein Zyklon mit Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h teilweise erhebliche Schäden auf den Inseln an, so dass die erforderlichen Vorbereitungen für dieses eigentliche Highlight im Rahmenprogramm nicht getroffen werden konnten.

Das von Frankreich verwaltete Überseeterritorium (Territoire Outre Mer) bildet den Mittelpunkt des großen polynesischen Dreiecks, das von Hawaii im Norden, Neuseeland im Südwesten und der Osterinsel im Südosten begrenzt wird. Französisch-Polynesien genießt seit 1984 innere Selbstverwaltung und wird vom französischen Staat durch einen Hochkommissar vertreten. Die Region ist fast so groß wie Europa, besteht aber zu 99.9 % aus Meer. Die 118 Inseln verteilen sich auf 5 große Archipele, die zusammen eine Landfläche von 4165 Quadratkilometer einnehmen. Die Gesellschaftsinseln mit der Hauptstadt Papeete auf der größten Insel Tahiti sind das bekannteste Archipel. Moorea mit seinen 14.000 Einwohnern liegt 17 km nordwestlich der Hauptinsel, fernab von dem inzwischen europäisch geprägten und hektischen Papeete. Die Insel hat ihre Ursprünglichkeit erhalten und gilt als eine der Perlen der Südsee.

Die Perle offenbart ihre Strahlkraft in den beiden großen Buchten der Insel, der Cook Bay und der Opunohu Bay. Nacheinander werden diese weltbekannten Plätze, an denen bereits etliche Südsee-Filme gedreht wurden, umrundet und bilden den Höhepunkt des Marathons. Alle 2,5 km sind Verpflegungsstellen eingerichtet, die von sympathischen Helfern mit viel Engagement und Freude betrieben werden. Dafür wurden kleine Hütten zusammen gezimmert, die mit Blumen und Palmblättern dekoriert sind. Es gibt ein reichhaltiges Angebot an tropischen Früchten und einige Musik- und Trommlergruppen sorgen für regelrechte Stimmungshöhepunkte. Originell sind mit Folie ausgelegte und mit Wasser gefüllte Auslegerkanus, die als Waschwannen dienen. Reges Treiben herrscht auch zwischen den Versorgungsstellen, wo trotz der frühen Morgenstunden viele Anwohner die Läufer enthusiastisch anfeuern. Die letzten 700 Meter führen über eine holprige Sandpiste zum Ziel am Temae Strand. Nicht wenige Läufer stürzen sich sogleich mitsamt Kleidung ins Meer und genießen die berauschende Kulisse in dieser traumhaften Bucht.

Beim 22. Tahiti Moorea Marathon International gibt es nur 3 Teilnehmer unter 3 Stunden. Sieger wird der Polynesier Frédéric Burquier in 2:45:05 Std. Bereits auf dem vierten Gesamtplatz in 3:01:15 Std. befindet sich die Vorjahressiegerin Sophie Gardon. Beide kommen von der Hauptinsel Tahiti. Der Karlsruher Marc Rahmel erreicht auf dem 5. Platz in 3:02:41 Std. als erster Ausländer das Ziel. Für die Sieger gibt es Flugtickets des Sponsors Air Tahiti Nui und für alle Finisher eine Medaille die aus einer Muschel geschliffen ist – ein für die Region typisches Schmuckstück. Ebenso wie auf der langen Strecke kamen die Sieger im Halbmarathon von der Hauptinsel Tahiti: Nathalie Chretien siegte bei den Frauen in 1:34:56 Std. und Francky Maraetaata in 1:13:17 Std. – beides in Anbetracht der klimatischen Umstände respektable Zeiten.

Die Festivitäten rund um den Marathon erstreckten sich über den ganzen Tag, wurden in der Nacht mit dem chinesischen Neujahrsfest fortgesetzt (am 14. Februar begann das Jahr des Tigers, das aufgrund des hohen chinesischen Bevölkerungsanteils in französisch Polynesien alljährlich zelebriert wird) und endeten mit einem Musikfestival anlässlich des Valentinstages. Mit einem Mammutereignis wie dem von Klima und Jahreszeit ähnlichen Honolulu Marathon darf das Event nicht verglichen werden. Der Tahiti Moorea Marathon ist eher ein Geheimtipp in der Südsee und mit familiärem und erheblich ursprünglicherem Charakter durchaus eine reizvolle Alternative.

Fakten

Organisation

Der A.S. Te Moorea Club organisiert neben dem Marathon im Verlaufe des Jahres eine reihe weiterer Ausdauersportveranstaltungen auf der Insel, so auch Triathlon, Multisportevents und Bergläufe.

Website: www.mooreaevents.org
Email: info@mooreaevents.org
Tel./Fax: 00689-56 25 79

Anreise

Nahezu tägliche Flüge ab Paris via Los Angeles nach Papeete bietet die noch junge und erst seit 1998 operierende Flotte von Air Tahiti Nui. Bereits beim betreten des Fliegers erhält jeder Passagier eine Blume. Die Crew ist in polynesischer Tracht gekleidet, mit der traditionellen Blume im Haarkranz. So auf das Land eingestimmt lässt sich der 21-stündige Flug über 11 Zeitzonen und einer Distanz von 17.100 km schon erheblich besser ertragen.

Kontakt: www.airtahitinui.com

Touristische Informationen

Die Teilnahme an einem derart exotischen Lauf mit Anreise um die halbe Welt wird der Marathontourist in der Regel mit einem Urlaubsaufenthalt verbinden. Und da Ausdauersportler auch im Urlaub gerne aktiv sind, bieten sich neben Sonne, Sand und Surf einige ungewöhnliche Touren an, die der Autor selbst getestet hat und weiter empfehlen kann. Auf die drei höchsten Berge Mooreas (äußerst anspruchsvolle Besteigungen!) führt der Bergführer und Landeskenner Hiro Damide, der auch fantastische Wanderungen durch den Regenwald anbietet.

Email: hirohiking@mail.pf
Tel.: 00689-79 41 54

Die Vier Sterne Anlage Moorea Pearl Resort & Spa, nur 5 km von Start und Ziel des Marathons entfernt, ist die ideale Unterkunft für den Lauf. Das Hotel liegt in einer wunderschönen Bucht, es gibt verschiedene Unterkunftskategorien und für den perfekten Traumurlaub 28 Überwasserbungalows. Der stellvertretende Manager Serge Pont ist selbst erfahrener Marathon- und Ultraläufer und kennt die Bedürfnisse seiner Klientel. So gibt es am Marathontag bereits morgens um zwei Uhr ein läufergerechtes Frühstücksbüfett.

Informationen: www.spmhotels.com

Auf der Hauptinsel Tahiti bietet sich die Besteigung des Mont Aorai an, mit 2066 Metern der zweithöchste Berg des Landes. Ein anspruchsvoller Dschungeltrip, welcher auch ohne Führer zu bewältigen ist. Vom Start am Aussichtspunkt Belvedere in 600 m Höhe, zu dem eine Fahrstraße führt, schlängelt sich ein markierter Pfad bis zum Gipfel.

Das nur schwer zugängliche Inselinnere lässt sich auch mit einer Tagestour per Allradfahrzeug auf der einzigen Piste erkunden, die Tahiti von Nord nach Süd komplett durchquert.

Informationen dazu: www.tahiti-safari.com

Der Zeitunterschied in Französisch-Polynesien beträgt MEZ –11 Stunden. Die durchschnittlichen Jahrestemperaturen liegen bei 24 – 28° Celsius und die Wassertemperaturen bei 23 – 27° Celsius. Es gibt keine gefährlichen Tiere oder Tropenkrankheiten auf den Inseln. Das Preisniveau ist auf Grund der abgeschiedenen Lage mitten im Pazifik extrem hoch. Währung ist der CFP-Franc, der an den Euro gekoppelt ist (ein Euro = 119,33 CFP).

Touristische Informationen zu Französisch-Polynesien: www.tahiti-tourisme.de

Bericht und Fotos Stefan Schlett

Informationen: www.mooreaevents.org

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