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15./16.01.2011- 35. Pustertaler Ski-MarathonBeste Bedingungen für Wintersportler |
von Axel Künkeler
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Wenn der Winter mit Eis und Schnee, kalten Temperaturen und trübem Wetter Einzug hält, dann ist der Lauf-Terminkalender nur noch spärlich gefüllt. Hie und da trifft man Unverzagte bei den diversen Winterlaufserien, doch selbst die Silvesterläufe zum Jahreswechsel 2010/11 fielen teilweise den schwierigen Witterungsbedingungen in Deutschland zum Opfer. Für die Ausdauersportler stellt sich in diesen Wochen die Frage, ob das Wetter zur willkommenen Regenerationspause genutzt oder der innere Schweinehund überwunden werden soll. Denn im Winter werden schließlich auch die Grundlagen für die Form im Sommer geschaffen.
Nach einer kurzen Regeneration suchen daher viele Ausdauersportler schon wieder sinnvolle Trainingsmöglichkeiten. Lockere Läufe in einer reizvollen Schnee-Landschaft halten Körper und Geist in Schwung, aber auch der Umstieg auf Wintersportarten macht durchaus Sinn. So war zuletzt in den deutschen Mittelgebirgen und teilweise sogar im Flachland Skilanglauf als Trainingsalternative möglich. Beste Bedingungen zum Winterausdauersport bieten natürlich vor allem die Alpen. Im gesamten Alpenraum, speziell in den Südtiroler Dolomiten, finden in diesen Wochen eine Reihe hochkarätiger Veranstaltungen statt.
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Blick vom Langlauf-Stadion auf Toblach | Das Ortszentrum von Toblach mit der schmucken Barock-Kirche |
Bei der Tour de Ski, beim Biathlon-Weltcup in Antholz oder den Alpin-Skirennen in Cortina d’Ampezzo trifft sich die Weltelite, aber auch eine Reihe von Breitensportveranstaltungen lockt Wochenende für Wochenende in die Dolomiten-Region: der 41. Dolomitenlauf im benachbarten Ost-Tiroler Lienz am 21./22.1., der 34. Internationale Volkslanglauf Toblach-Cortina am 5./6. bzw. der 28. Gsieser Tal-Lauf am 19./20. Februar oder der 35. Pustertaler Skimarathon im Hochpustertal, der bereits am 15./16. Januar 2011 stattfand. Fast 1200 Teilnehmer hatten für diese Doppel-Veranstaltung mit 28 km Skating am Samstag (15.) und 42 km im klassischen Stil am Sonntag (16.) gemeldet. „Mit der Resonanz sind wir heuer sehr zufrieden“, meinte denn auch Kathrin Tschurtschenthaler vom Toblacher Tourismusverein. Erst seit der 30. Auflage im Jahr 2006 wird der Pustertaler Skimarathon in beiden Disziplinen ausgetragen.
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Ausreichend Ski für die Profis | Die Skater nehmen Fahrt auf |
Seit dem Beginn 1976 hat die Südtiroler Langlauf-Veranstaltung eine erfolgreiche, aber auch sehr wechselvolle Geschichte erlebt. In den ersten Jahren wurde eine 60km-Distanz gelaufen – natürlich im klassischen Stil, denn Skating entwickelte sich erst Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, wurde seit 1985 für internationale Wettbewerbe zugelassen. Zu den Premieren-Siegern im Pustertal gehörte 1977 der Deutsche Klaus Gehrke. Genau 10 Jahre später konnte sich auch ein Peter Angerer in die Siegerlisten eintragen. Mit Franz Schöbel (1988 und 1990), Thomas Freimuth (2006) sowie Christoph Schweiger (2008) gelang dies nur noch wenigen Deutschen.
Bauliche Veränderungen im Pustertal und wechselnde Schnee-Verhältnisse bedingten in den dreieinhalb Jahrzehnten immer wieder unterschiedliche Streckenverläufe und –längen. Die Start- bzw. Zielorte wechselten und mit dem Aufkommen der Skating-Technik auch die Stilart.
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Da zieht das Feld davon | Kein Wettkampf-Stop dank guter Pisten-Präparierung. Der Tunnel direkt nach dem Start führte aber zum langen Stau | Am Soldatenfriedhof an der Nasswand war der erste Wendepunkt |
In den letzten fünf Jahren wurden dann Skating (zunächst über 42km) und Classic (über 28 km) parallel ausgetragen. Und wie schon 2010 wurde auch heuer die Distanz gewechselt: die Skater liefen die 28km-Strecke von Toblach nach Prags und die Classic-Läufer die klassische 42km-Strecke von Toblach nach Sexten. Genau genommen waren beide Distanzen allerdings diesmal um knapp 2 km kürzer, denn der Wärmeeinbruch in der zweiten Januar-Woche war auch am ‚Alto Adige‘ nicht spurlos vorbeigegangen. Die Hochpustertaler Tourismus-Verantwortlichen hatten zwar alles Mögliche getan und die Langlaufloipen mit rund 12 LKW-Ladungen voll Schnee bestens präpariert, doch die Schleife im sonnenverwöhnten Toblacher Feld direkt nach dem Start konnte beim besten Willen nicht gelaufen werden.
Die Anstrengungen des Organisationskomitees unter der Leitung von Herbert Santer, dem (Schwieger-)Vater der Weltklasse-Biathleten Ole Einar Björndalen und Nathalie Santer, aber wurden belohnt: 550 Teilnehmer aus zehn verschiedenen Nationen kamen zum Skating und über 630 Athleten zum Classic-Wettbewerb, ein neuer Rekord seit der Wiedereinführung im klassischen Stil. Nach frostigen Temperaturen in der Nacht bot nicht nur die gut präparierte Loipe, sondern auch das Wetter mit Sonnenschein und Temperaturen leicht über Null beste Bedingungen. Sowohl Skater als auch Klassiker liefen vom Start in Toblach zunächst eine kurze Runde durch eine Bahnunterführung, hier kam es aufgrund der Streckenkürzung teils zu erheblichen Staus, zurück durch den Ort zum modernen Toblacher Langlauf-Stadion.
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Sexten-Moos, der Zielort des Classic Wettkampfes | Die Drei Zinnen - Wahrzeichen der Sextener Dolomiten |
Von dort ins Höhlensteintal hatte sich das Feld schon spürbar auseinandergezogen. Bei KM 8,5 war am Soldatenfriedhof an der Nasswand der erste Wendepunkt erreicht. Von 1915 bis 1918 sind während des 1. Weltkriegs in den Stellungskämpfen in den Dolomiten allein rund 15.000 Soldaten gefallen. 1259 von ihnen sind auf dem Friedhof begraben, an dem die Ski-Langläufer die ersten gut 100 Höhenmeter bewältigt hatten. Am Toblacher See vorbei ging es wieder zurück zum Stadion. Hier teilte sich die Strecke für die Skater und Klassiker. Die Skating-Strecke führte nun weiter Richtung Niederdorf, wo an den bekannten Komponisten Gustav Mahler erinnert wird, der die Sommermonate immer wieder im Pustertal verbrachte und hier die (unvollendete) Zehnte Symphonie schuf.
Danach folgte auf den letzten vier Kilometern ins Pragser Tal der Schlussanstieg zum Ziel in Prags. Erst hier konnten sich die vier Italiener Christian Zorzi, Florian Kostner, Pietro Piller-Cottrer und Dietmar Nöckler aus der 14-köpfigen Spitzengruppe um einige Sekunden lösen. Im Zielsprint gewann der 38-jährige Zorzi, Staffel-Olympia-Sieger 2006 in 1:04:15,3h nur hauchdünn vor Kostner (1:04:15,6h), dem Welt- und Europameister 2008 aus Gröden, und Piller-Cottrer (1:04:17,0h), dem Vize-Olympiasieger im freien Stil von Vancouver. Nur um eine Hundertstel Sekunde verpasste Nöckler das Podium, auf dem sieben Olympia-Medaillen vertreten waren. Thomas Freimuth, 2006 Skating-Sieger über 42km, lief auch diesmal in der Spitzengruppe mit, konnte aber dem Schluss-Spurt der Italiener nicht standhalten und kam knapp eine Minute später auf Rang 12 als bester Deutscher ins Ziel.
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Die moderne Nordic Arena Toblach ist Austragungsort vieler internationaler Wettkämpfe | Zahlreiche Verpflegungsstellen wie hier im Pragser Tal |
In dem nur 66 Teilnehmerinnen umfassenden Frauenfeld setzte sich die 35-jährige Antonella Confortola überlegen in ebenfalls sehr guten 1:08:32h durch. Mit den zehn Jahre jüngeren Sara Pellegrini (1:10:06h) und der Tour-de-Ski-Teilnehmerin Silvia Rupil (1:10:37h) folgten zwei weitere Italienerinnen aufs Treppchen. Erst mit einigen Minuten Abstand kamen die Verfolgerinnen ins Ziel, unter denen Helena Rejzkova aus Braunschweig in 1:20:36h als beste Deutsche auf Rang acht einlief. Nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite des Feldes dominierten die italienischen Teilnehmer das Geschehen: 1033 der 1167 Finisher in beiden Disziplinen, also fast 90 Prozent, stammten aus Italien. Dazu kamen nur 48 Deutsche (4,1%) und 35 Österreicher (3,0%); die restlichen 51 Teilnehmer aus zwölf weiteren Ländern. Das internationale Flair ist also vorhanden, aber der attraktive Pustertaler Skimarathon verdient zumindest in den Nachbarländern durchaus noch mehr Resonanz.
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Zwischen Toblach und Innichen geht es am Ursprung der Drau vorbei | Vorbei am Toblacher See |
Dabei ist der Marathon vor der eindrucksvollen Kulisse der Dolomiten nicht nur attraktiv, sondern auch anspruchsvoll. Der Startort Toblach liegt bereits auf 1200 Meter, das Ziel im Klassik-Rennen in Sexten auf rund 1350 Meter. Insgesamt sind auf der 42km-Distanz fast 600 Höhenmeter zu bewältigen. Zurück aus dem Höhlensteintal führt die Classic-Strecke nach dem Stadion von Toblach zunächst weiter nach Innichen, wo bei KM 24 die Skipiste des Haunold gequert wird. Danach beginnt der Anstieg ins Sextener Tal, bei KM 33 ist der Zielort zwar erreicht, doch nun geht es noch mal richtig in die Beine: während beim Lauf-Marathon zwischen KM 33-35 der „Mann mit dem Hammer“ wartet, kommt hier beim Pustertaler Ski-Marathon der Schlussanstieg zum über 1400 Meter hoch gelegenen Moosboden. Da gehen die meisten Teilnehmer nur noch mühsam im V-Schritt nach oben. Erst die letzten vier KM führen dann wieder mehr oder weniger stark abwärts ins Ziel. Das erreichten die Brüder Bruno und Ivan Debertolis aus Trient als Erste vor einem weiteren Italiener: Moreno Giacomelli aus Molina di Fiemme wurde in 1:42:22h Dritter.
Den Bruder-Kampf an der Spitze hatte der 32jährige Bruno (1:40:43h) allerdings schon früh vor dem zwei Jahre jüngeren Ivan (1:41:42h) entschieden. Nachdem Bruno bemerkte, wie gut die Loipen präpariert waren, zog er das Tempo an und konnte sich relativ schnell von einer kleinen Spitzengruppe absetzen. „Das Rennen und das Hochpustertal gefallen mir sehr gut“, freute er sich im Ziel. Sein Bruder Ivan konnte sich erst im letzten Anstieg zum Moosboden von den weiteren Verfolgern absetzen. Dazu gehörte auch der Schwangauer Christoph Schweiger, der 2008 den Classic-Wettbewerb über 28km gewann und diesmal als bester von 26 Läufern aus Deutschland in 1:43:26h ins Ziel kam.
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Die Skating-Spitze mit Piller Cottrer (1010) und Kostner (1075) am Soldatenfriedhof | Die Skater im letzten Anstieg nach Prags | Helena Rejzkova (1917) wird beste Deutsche im Skating |
Nur 45 Frauen hatten die 42km-Distanz in Angriff genommen, wobei auch hier vor allem an der Spitze sehr gute Leistungen geboten wurden. Mit der 35-jährigen Veronica De Martin-Pinter in 2:04:55h gewann eine weitere Italienerin auch diesen Wettbewerb. „Heute hatte ich einen sehr guten Tag erwischt und konnte das Rennen ohne große Strapazen zu Ende bringen“, meinte sie im Ziel, das sie mit drei Minuten Vorsprung vor ihrer ärgsten Verfolgerin erreichte. Die in Trient lebende 52-jährige Russin Eugenija Bichugova (2:07,58h) auf Rang 2 und die Norwegerin Anette Bomann-Larsen (2:14:17h) als Dritte sorgten zumindest dafür, dass dieses Podest kein rein italienisches blieb. Die Norwegerin war zum ersten Mal im Pustertal am Start („Das Rennen hat mir sehr gut gefallen.“) und will gern wieder kommen. Vielleicht sind dann auch wieder deutsche Starterinnen dabei, die diesmal leider nur durch Abwesenheit glänzten. Die Kombinationswertung aus Classic und Skating blieb angesichts der klaren Disziplinwertung ebenfalls in Italien: es gewannen Veronica De Martin-Pinter bei den Frauen und Bruno Debertolis bei den Männern jeweils mit klarem Vorsprung.
Bestens präparierte Pisten, fast schon ideale Wetterbedingungen, ein guter Service vor und nach den Wettkämpfen sowie an den gut bestückten Verpflegungsstellen unterwegs sowie hervorragende sportliche Leistungen sorgten für eine Langlauf-Veranstaltung auf hohem Niveau. Zudem zeigten sich die fünf Dörfer des Hochpustertals Innichen, wo der Skimarathon einst geboren wurde, Toblach, Niederdorf, Prags und Sexten als gute Gastgeber. Die Kulisse der Dolomiten, die als UNESCO-Weltnaturerbe anerkannt sind, bot ein fast schon grandioses Landschaftserlebnis. Eine Landschaft, die sommers wie winters nicht nur mit insgesamt 205 km Loipen für Skilanglauf sowie den Skigebieten der Sextener Dolomiten, sondern auch mit Wandern, Mountainbiken und Rennradtouren optimale Bedingungen für eine Vielzahl von Trainingsalternativen für Ausdauersportler vorhält. Da kann man sich dem Wunsch von OK-Chef Herbert Santer nur anschließen: „Lang lebe der (Langlauf)Sport!“
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Das gut gefüllte Sextener Haus zur Siegerehrung | Neben Pokalen gab es Südtiroler Speck und Bergkäse für die Sieger | Auch das Ballon-Festival zog Zuschauer ins Pustertal |
Dass speziell Skilanglaufen nicht nur für jüngere Ausdauersportler geeignet ist, sondern bis ins hohe Alter betrieben werden kann, das bewiesen die „Treuesten der Treuen“ wie der 56-jährige Karl Walder („Ich freue mich alle Jahre wieder auf dieses schöne Rennen.“) sowie der 73-jährige Konrad Renzler („Solange ich diesen Sport ausüben kann, werde ich gerne an dem Rennen teilnehmen“), die ebenso wie Giuliano Tinelli und Giorgio Peretti an allen 35 Ski-Marathons im Pustertal teilgenommen haben. Aus Bozen kamen heuer die beiden ältesten Teilnehmer: der 79-jährige Francesco Tomei und der nur ein Jahr jüngere Franz Hosp. Über 45 Prozent aller Teilnehmer gehörten der 50-Plus-Generation an!
Potenzial bietet dagegen die Beteiligung des weiblichen Geschlechtes. Während bei Lauf-Marathons in Deutschland wenigstens noch fast 20 Prozent Frauenquote erreicht werden, waren es beim 35. Pustertaler Skimarathon gerade mal rund 10 Prozent, was aber durchaus vergleichbar ist mit den Lauf-Marathons in Italien.
Wie auch immer: der attraktive und anspruchsvolle Pustertaler Skimarathon erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit, kann aber bei der internationalen Resonanz und der Frauenquote sicher noch zulegen. Angesichts dieser Reserven und der erfahrenen Organisation dürfte dem Pustertaler Skimarathon eine erfolgreiche Zukunft gewiss sein.
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Bericht und Fotos von Axel Künkeler Ergebnisse und Infos ski-marathon.com Zurück zu REISEN + LAUFEN aktuell im LaufReport HIER |
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