7.12.14 - 38. Internationaler Panama City MarathonExotischer Marathon unter tropischer Sonne "Oh, wie schön ist Panama" Wo noch nie ein deutscher Läufer startete |
von Michael Schardt |
Es mögen zwei Dinge sein, die man gemeinhin mit dem südlichsten Staat der zentralamerikanischen Landbrücke in Verbindung bringt, zum einen den Panamakanal, der an der schmalsten Stelle des Isthmus die beiden Weltmeere Atlantik und Pazifik verbindet und schon zu Bauzeiten als das achte Weltwunder apostrophiert wurde, und zum zweiten der helle Panamahut, aus feinem Stroh gefertigt und mit dunkler Schleife versehen, den heutzutage höchstens noch ein paar Touristen aufsetzen, aber kein Einheimischer mehr. Deutschen Lesern wird vielleicht noch eine dritte Assoziation kommen, nämlich jenes preisgekrönte Kinderbuch von Janosch mit dem Entzücken ausdrückenden Titel "Oh, wie schön ist Panama".
In dieser Geschichte machen sich die beiden Freunde Tiger und Bär auf die Suche nach dem Land der Verheißung, erreichen es aber nie, weil sie falschen Hinweisen folgen. Als sie am Ende ihrer Reise - Kolumbus gleich - glauben, in Panama angekommen zu sein, weil sie ihr selbst gebasteltes Schild "Panama" entdecken, das sie vor lauter Abenteuerlust in der langen Zeit ganz aus dem Blick verloren hatten, sind sie in Wirklichkeit wieder zu Hause angekommen. Doch weil alles ganz verwildert und verwittert ist, erkennen sie ihr Heim nicht wieder und leben fortan in der Annahme, in Panama zu sein.
|
Ähnlich wie die putzigen Helden im Kinderbuch finden kaum mitteleuropäische Reisende den Weg ins wunderschöne Panama oder dessen Hauptstadt Panama City. Im Gegensatz etwa zum viel kleineren nördlichen Nachbarn Costa Rica, das jährlich von vielen zehntausend Touristen besucht wird, ist Panama hierzulande nahezu unbekannt geblieben. Nur einige wenige Individualreisende kommen hierher, und wenn, dann nur für wenige Tage, quasi als Durchgangsstation auf dem Weg nach Südamerika. Da wundert es nicht, dass der Internationale Panama City Marathon, der immerhin schon zum 38. Mal ununterbrochen durchgeführt wurde und damit älter als jeder deutsche Stadtmarathon ist, für westliche Läufer auf der weltumspannenden Marathonlandkarte nahezu ein weißer Fleck geblieben ist. Nur vereinzelt "verirren" sich US-amerikanische oder kanadische Läufer hierher, noch seltener sind asiatische oder europäische Athleten in der Starterliste zu finden. Mal ein Engländer, mal eine Schwedin oder ein Italiener wurden hier ab und an gesichtet. Noch am ehesten sind es Spanier, die die europäische Fahnenstange hochhalten, was wohl auf die gemeinsame Sprache zurückzuführen ist.
Und Deutsche? Nada! Komplette Fehlanzeige, wenn man an der Aussage des Mitorganisators Victor Lizarraga vom veranstaltenden Verein "Runnersclub corredores del Istmo" nicht zweifeln will. Und dazu besteht keinerlei Anlass. Da sich der Chronist als erster deutscher Starter überhaupt mit der Teilnahme am Halbmarathon begnügte, bleibt die Königsdistanz für deutsche Läufer weiterhin jungfräulich. Warum das so ist, ist schwer nachvollziehbar, denn an der weiten Reise kann es nicht liegen. Für den Havanna Marathon, einen Marathon in Mexiko oder Florida, wo immer zahlreiche Europäer teilnehmen, ist der Weg nicht kürzer und sind die Kosten nicht geringer. Allerdings gibt es Terminüberschneidungen mit vielen anderen Marathonläufen in der Region. Am gleichen Wochenende wie Panama finden auf Jamaika, Barbados und auf den Cayman Inseln Marathons statt, dann in San José (Costa Rica), Cancun (Mexiko) und Palm Beach.
Wer erstmals Panama City zu sehen bekommt, der wundert sich über das moderne, westlich geprägte Stadtbild. Ungezählte Wolkenkratzer, eine Skyline aus Firmenzentralen, international tätigen Banken, Türme mit kaum bezahlbaren Eigentumswohnungen und Luxushotels dominieren die Perspektive an der lang gezogenen Uferpromenade am Stillen Ozean. Und genau dort, wo die Tempel der Finanzinstitute und Multikonzerne stehen, ist der Start- und Zielbereich der Marathonveranstaltung angesiedelt, auf der Prachtstraße Avenida Balboa, in Sichtweite der beiden Luxusherbergen Hilton Hotel und Hardrock Hotel. Kaum zehn Gehminuten entfernt ist, gleichfalls in einem Fünf-Sterne-Hotel, aber in einer im Vergleich zum Hilton eher bescheideneren Variante, das Startbüro untergebracht. Das Hotel Paitilla Inn hat den Vorteil, im Wolkenkratzer-Dschungel durch seine runde Form von Ferne schon gut erkannt werden zu können. Hier nun bekommt der Läufer im ersten Stock seine gut gefüllt Läufertüte mit Getränken, Riegeln, Müsliverpflegung, diversen Kleinigkeiten sowie einem Funktionsshirt ausgehändigt, das farblich (schweinchenrosa) eher bei einem reinen Frauenlauf zur allgemeinen Freunde Anlass geben würde. Da zum Starterpaket auch noch eine schöne, große Medaille als Sonderedition (100 Jahre Kanal) gehört und der Obolus für die Anmeldung sehr moderat gestaltet ist, kann man von einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sprechen.
Überhaupt scheint der Marathon dank zahlungskräftiger Partner finanziell sehr gut ausgestattet zu sein. Das Preisgeld ist für die kleine Anzahl der Teilnehmer (250 Marathonfinisher, davon 20 % Frauen, knapp 600 HM-Läufer, 100 Marathonstaffeln) mit 55.000 Dollar äußerst üppig. Ausschüttungen gibt es in zwei Kategorien, für inländische und ausländische Läufer, dann für die je ersten drei der Gesamtwertung sowie die ersten sechs bis acht für die Altersklassen, wobei es nur drei Altersklassen im Erwachsenenbereich gibt (18-49 J., 50-59 J., 60-99 J.). Auch die Halbmarathonis und Staffeln kommen in den Genuss der Prämien. Im Marathon sorgen die Sonderprämien von 5000 Dollar für eine Zeit von unter 2:30 h bei den Männern dafür, dass sich auch einige Ostafrikaner einfinden.
Hauptsponsoren des Laufs sind Asics und der brasilianische Multi Odebrecht, der in über dreißig Ländern im Energiesektor, im Bauwesen und zwei Dutzend anderen Sparten aktiv ist, sich aber auch sehr für karitative, kulturelle und sportliche Belange stark macht. Bemerkenswert ist das vor allem deshalb, weil der Firmengründer ein deutscher Einwanderer aus Mecklenburg-Vorpommern, genauer aus Greifswald, war: Emil Odebrecht, der im 19. Jahrhundert in Brasilien ganz klein anfing. Heute ist die Odebrechtgruppe eines der größten und reichsten familiengeführten Unternehmen ganz Lateinamerikas. Da schmerzte es die Betreiber wohl kaum, dass der Staat Ekuador den dort angesiedelten Teil der Firma (Wert knapp eine Milliarde Dollar) seinerzeit schlichtweg enteignete.
Wer das Land Panama besucht, findet auf engem Raum alles, was Naturfreunde fasziniert: üppige Vegetation, ursprüngliche Wasserläufe, eine vielfältige Tier- und Vogelwelt, herrliche Seen, viele kleine und größere Inseln, geschützte Nationalparks, unzugänglichen Dschungel, Berge vulkanischen Ursprungs und natürlich viele herrliche Strände, die sich kilometerlang an beiden Meerseiten entlang ziehen. Und an vielen Orten stößt er auf architektonische Zeugnisse der kolonialen Vergangenheit, schließlich wurde seit der Besitznahme des Landes durch die Spanier die schmalste Stelle Mittelamerikas dazu genutzt, die Reichtümer der Inka aus Peru und später die aus dem asiatischen Raum mit Mauleseln von der Pazifikküste zum Atlantik und von dort mit Schiffen weiter nach Europa zu transportieren. So gründeten die Spanier nicht nur zahlreiche Städte und Siedlungen, sondern auch mächtige Festungsanlagen und Lagerstätten, die teilweise die Zeit überdauerten. All das und natürlich den berühmten Kanal sowie eine aufstrebende, quirlige Hauptstadt gibt es zu bewundern, die in wirtschaftlicher Hinsicht längst den Status einer Weltstadt erreicht hat.
In Panama Stadt sind über einhundert internationale Banken angesiedelt, so viele wie nirgends sonst in ganz Lateinamerika; zudem gibt es hier die weltweit zweitgrößte Freihandelszone, die den Boom zusätzlich mächtig ankurbelte. Die City verfügt über fünf riesige Shoppingcenter, im größten davon arbeiten über 10.000 Menschen. Geldanleger aus Kolumbien und Venezuela, Bodenspekulanten aus den USA, sie alle wurden angezogen durch die lockere Steuerpolitik und investieren fleißig weiter. Zusätzliches Geld kommt ins Land, weil man sich als ausländischer Privatmann eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung und später auch Einbürgerung verschaffen kann, wenn man mindestens 300.000 Dollar langfristig nach Panama bringt. Das würde natürlich nur gehen, wenn die Herkunft des Geldes einwandfrei nachgewiesen werden könne und legal sei, wie von behördlicher Seite betont wird. Geschätzt achtzig Prozent des Bankenviertels ist in jüdischer Hand, heißt es.
Die große Anzahl der riesigen Glastürme als sichtbares Symbol des ökonomischen Erfolgs ist aber nur die eine Seite der Stadt Panama, die andere liegt gegenüber, in der schönen kolonialen Altstadt mit vielen prächtigen Herrenhäusern und Kathedralen, die Casco Viejo genannt wird und auf einer Halbinsel liegt. Ein anderes Panama City findet man auch in den ärmlichen Randgebieten oder draußen vor der Stadt, wo es nur noch Ruinen des frühesten Panama, La Viejo genannt, zu sehen gibt, das Mitte des 17. Jahrhunderts von britischen Seeräubern angezündet und vollständig zerstört wurde.
Der schönste Teil von Panama ist freilich die Casco, deren Besichtigung man sich nicht entgehen lassen sollte. Jedoch wohnen hier die ärmeren Leute der Stadt, und leider haben hier auch viele Gauner ihr Revier, die es auf das Hab und Gut der gutsituierten Touristen abgesehen haben. Deshalb warnen Reiseführer und Broschüren eindringlich davor, die gut frequentierten Hauptwege der Altstadt zu verlassen, denn in den Nebenstraßen schlagen die Diebe und Trickbetrüger recht unbeaufsichtigt schneller zu. Am besten schließe man sich einer geführten Tour an, wird immer wieder betont, die in allen gängigen Sprachen angeboten würden. Hinzu kommt, dass in der Altstadt die Prostitution allgegenwärtig ist und viele der Unterkünfte nur mehr oder weniger heruntergekommene Stundenhotels sind. Für männliche "Kunden" liege hier ein weiteres Gefahrenpotential, über Gebühr erleichtert zu werden, warnen beispielsweise Hotelbroschüren und Touristeninformationen.
Jedoch ist das Thema "käufliche Liebe" nicht auf die Altstadt beschränkt. Denn auch im Bankenviertel ist das Angebot an schönen Damen des horizontalen Gewerbes groß und unübersehbar, nur das hier die Freier betuchte Geschäftsleute und gutsituierte Reisende vornehmlich aus den USA sind, wo in manchen Bundesstaaten schon das Ansprechen einer Prostituierten bekanntlich strafrelevant ist. Wie auch immer: das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich ist nicht nur in diesem Punkt, sondern überhaupt für die Hauptstadt Panama City ein (wenig charmantes) "Markenzeichen". Wie in vielen anderen Orten dieser Welt auch, sollte man gerechtigkeitshalber nicht vergessen zu erwähnen.
Wenden wir uns also lieber wieder anderen schöneren Dingen von Panama und der City zu. Dazu gehört zweifelsfrei das architektonische und farblich beeindruckende Biomuseum des amerikanischen Architekten Frank Gehry, das am Rande der Kanaleinfahrt ein echter Hingucker ist und viele interessante Informationen für den Besucher bereithält. Wer Ruhe sucht, wird sie in dem wunderschönen und großen Park Metropolitano finden, der mittels dreier kurzer Wanderwege erschlossen werden kann. Auch dem Yachthafen an der Avenida Balboa einen Besuch abzustatten, lohnt sich, oder eine der vorgelagerten Inseln zu besuchen, die teils durch Seebrücken untereinander und mit der Landseite verbunden sind und zu Fuß, mit Auto oder Fahrrad erreicht werden können. Nicht zu vergessen, die zahlreichen Museen, Plätze, Theater und Musikshows.
Der wichtigste Anziehungspunkt für Reisende stellt nach wie vor der Panamakanal dar, dessen Bau den Welthandel so immens beschleunigte und doch erst im zweiten Anlauf fertig gestellt werden konnte, weil die technischen Probleme fast unüberwindlich schienen und dem erstbeauftragten französischen Architekten Ferdinand de Lesseps, der schon den Suezkanal gebaut hatte, schlichtweg das Geld und die Leute ausgingen. Etwa 22.000 Arbeiter waren in der ersten Bauphase an Malaria, Gelbfieber oder Erschöpfung verstorben. Erst 1914 konnte der Durchbruch dank amerikanischer Initiative vollzogen werden, wofür den USA bis Ende 1999 Rechte an Teilstücken des Kanals erteilt wurden. Seit dem 1.1.2000 gehört der Kanal vollständig dem Volk Panamas und bringt jährlich rund zwei Milliarden Dollar ein, ein Achtel des Bruttosozialprodukts.
Als kurios mag es erscheinen, dass einerseits in Panama die wichtigste künstliche Wasserstraße der Erde geschaffen wurde, die zwei große Weltmeere verbindet und zwei große Kontinente trennt - lange Zeit gab es nur eine Brücke über den Kanal, die den Übergang von Nord- und Südamerika auf dem Landwege ermöglichte -, dass andererseits das längste Straßensystem der Welt, die in der größten Ausdehnung rund 27.000 Kilometer lange Panamerikana, die vom äußersten Alaska ununterbrochen bis in die Südspitze Feuerlands führen sollte, genau in Panama, unweit vom Kanal, eine Lücke hat von knapp 100 Kilometern. Denn es gibt kein Grenzübergang oder eine Straße zwischen dem großen Kolumbien und dem kleinen Panama, das früher eine Provinz seines südlichen Nachbars war und sich die Unabhängigkeit hart erstreiten musste.
Wer also auf die andere Seite will, muss von Colón am Atlantik eine inzwischen eingerichtete Fähre nehmen, um nach Kolumbien und auf den südlichen Teil der Panamerikana zurückzukommen. Vor der Benutzung eines engen Trampelpfades im Grenzgebiet Darién wird von den Behörden ausdrücklich gewarnt, selbst wenn man den besten einheimischen Führer angeheuert habe. Nicht nur, dass der Weg durch nahezu undurchdringlichen Dschungel und in Sümpfe führe, sondern auch Revier von Banden, Schmugglern und Guerilleros sei. "In dem Gebiet operieren kriminelle Organisationen", so das deutsche Auswärtige Amt auf seiner Homepage, "die auch vor Waffengebrauch nicht zurückschrecken." Damit endet die Panamerikana, aus dem Norden kommend, ausgerechnet am Panamakanal, konkret in der Kleinstadt Yaviza.
![]() |
|
![]() |
![]() |
Gedränge ließen die breiten Avenidas und Calles nicht aufkommen |
Wer am Panama City Marathon teilnehmen will, sollte Hitzeresistent sein und hohe Luftfeuchtigkeit gut vertragen können, gegebenenfalls auch unempfindlich gegen ergiebigen Tropenregen sein, wie er etwa am Vortag des Rennens auf die Stadt am Stillen Ozean herniederging. Und er sollte Frühaufsteher sein, denn der Startschuss fällt schon um fünf Uhr am Morgen, zu einer Zeit also, da noch vollkommene Dunkelheit herrscht. Auch die Staffeln sehen noch kein Tageslicht, wenn sie dreißig Minuten später ins Rennen geschickt werden. Nur die Halbmarathonis laufen um 6:40 Uhr in die Morgendämmerung hinein.
Zur Startzeit hatte der Wettergott diesmal mit den Läufern ein Einsehen. Um fünf Uhr waren die Temperaturen mit 22 Grad noch recht niedrig und die Witterung trocken. Nur wenige Wolken zeigten sich im Laufe des Rennens am Himmel, so dass es ab sieben Uhr sehr heiß und feucht wurde. Eine schwierige Situation für westliche Läufer, da es auch kaum irgendwo Schatten gibt. Während die flotten Marathonis trockenen Fußes ins Ziel kamen, erwischte die hinteren Aktiven dann doch noch der Regen, der nach fünf Stunden Laufzeit einsetzte. Insgesamt braucht sich aber niemand zu beeilen, denn es stehen acht Zeitstunden zur Verfügung, erst dann wird das Ziel geschlossen. Aber so lange brauchte heuer niemand. Nach knapp sieben Stunden, also um zwölf Uhr, war der letzte Finisher im Ziel. Schon zehn Minuten später standen die vorläufigen Ergebnisse im Netz.
Der Panama Marathon bietet zwei Wettbewerbe an, den Marathon und den Halbmarathon. Teilnehmen können an beiden Rennen Rollis, Läufer und Walker, am Marathon zusätzlich noch Staffeln. Die Marathonstrecke ist ein einmal zu durchlaufender Rundkurs, der auf den ersten 13 und letzten 8 Kilometern identisch ist mit dem Halbmarathon. Zwischen km 13 und 33 handelt es sich um eine Gegenlaufpassage in der Nähe des Kanals, die bei km 23 einen Wendepunkt hat. Zurück geht es während dieses Teilstücks auf dem gleichem Weg wie hin. Auch zwischen km 10 und 13 gibt es eine Gegenlaufpassage, die auch die Halbmarathonis "mitnehmen". Außer einigen Brücken handelt es sich um eine weitgehend flache, vollkommen asphaltierte Strecke. Die einzige nennenswerte Steigung gibt es bei km 36 (bzw. km 15 für HM), die vom Meeresniveau innerhalb eines knappen halben Kilometers auf die Höhe von 100 Metern führt, die aber sofort wieder hinuntergelaufen wird.
Der Streckenverlauf ist äußerst attraktiv. Zunächst läuft man fünf Kilometer auf der breiten Uferstraße Avenida Balboa, dann biegt man auf die neue Seestraße ein, die im Halbkreis - weit draußen auf dem Meer - um die Altstadt führt. Dabei werden einige Sehenswürdigkeiten passiert, allerdings in weitem Abstand. Danach wird das Meer verlassen und hin zum Bahnhof und zum Kanal eingeschwenkt, bevor es auf der anderen Seite der Altstadt wieder zur Straße Balboa und zum Ziel geht. Etwa die Hälfte der Strecke hat Meerblick, die andere bietet zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Als Verpflegung wird alle drei Kilometer (am Ende sogar alle 1,5 km) gekühltes Wasser in kleinen, praktischen Beuteln gereicht, und vereinzelt gibt es auch Stände mit Isogetränken. Die auf der Streckenbeschreibung eingezeichneten drei Versorgungspunkte mit Obst gab es dann doch nicht oder wurden vom Laufreporter nicht bemerkt. Feste Nahrung bei südlichen Marathonläufen ist ohnehin die Ausnahme, weshalb sich der Aktive vorher um eine Eigenversorgung kümmern sollte.
Die vielen Helfer waren freundlich und bemüht, die Strecke gut abgesperrt, auch und vor allem dort, wo vielbefahrene Straßen gequert werden mussten. Ein Manko war sicher, dass der Lauf keinerlei Zuschauerinteresse weckte, was allerdings bei der nächtlichen Startzeit und der späten Ausgehfreudigkeit der Latinos an Samstagabenden nicht verwundern kann. Ein größeres Menschenaufkommen war nur an den Wechselpunkten der Staffeln zu verzeichnen, oder an den wenigen Stellen, wo südliche Rhythmen aus aufgestellten Boxen tönten. Richtig was los war nur im Zielbereich, wo ein eloquenter Moderator mächtig einheizte, allerdings nur auf Spanisch. Etwas schade war, dass es unterwegs keine Kilometerangaben gab. So fehlte den Läufern die Orientierung. Nur an wenigen Kontrollpunkten, so etwa bei km 15 und 30, waren Kilometerschilder aufgestellt.
Freilich mag es für einen deutschen Leser nicht so interessant sein, über den Ausgang eines Marathons informiert zu werden, an dem fast nur ihm unbekannte Läufer aus Süd- und Mittelamerika teilnehmen, die zudem nicht in der Lage sind, international achtbare Zeiten zu laufen. Dennoch scheint es mehr als Chronistenpflicht zu sein, wenigstens ein Minimum an Daten dazu bereitzustellen:
Das Männerrennen wurde von zwei Ostafrikanern dominiert, die durch die Extraprämie von 5000 US-Dollar, dem offiziellen und einzigen Zahlungsmittel Panamas, für eine Zeit von unter 2:30h angelockt wurden. Der Kenianer Philemon Kirchilat eroberte schließlich nach längerem gemeinsamem Lauf mit dem Äthiopier Mesfin Hailu den Sieg in für diese Verhältnisse ordentlichen 2:24:28 h. Er kassierte insgesamt 8000 Dollar. Mit 1500 Dollar weniger musste sich Vizemeister Hailu zufrieden geben, der 2:26:47 h benötigte. Erst danach folgte mit Jorge Castelblanco der erste einheimische Athlet (2:41:56h). Er war zu Bronzeehren gekommen, weil der eigentliche kenianische Favorit Joel Kiptanui disqualifizierte wurde, da er die Strecke verlassen hatte.
Das bedeutend schwächer besetzte Frauenrennen gewann die Ekuadorianerin Nancy Mercedes Osario in der Hobbyläuferinnenzeit von 3:09:58 h vor Williana Rojas aus Venezuela (3:11:48h) und der Kolumbianerin Viviana Urrego Villada (3:15:12h). Der panamasche Landesrekord bei den Frauen wurde 1995 in Los Angeles von Gilda Mendez in 3:04:58 h aufgestellt. Eine erste Zeit einer Panama-Läuferin von unter drei Stunden steht also noch aus. Bei den Männern hält Juan Solis den Rekord in 2:22:51 h, den er beim Panama City Marathon 1985 aufgestellt hatte.
![]() |
|
![]() |
![]() |
Nach 35 km haben die Läufer keinen Blick mehr für architektonische Schönheiten | Mit Blick aufs Meer und einige Schlepperschiffe kullern die Läufer bei km 38 den letzten Abhang hinunter |
Panama ist bisher kaum als Sportnation hervorgetreten, wenn man von zwei, drei Weltklasseboxern absieht. Sternstunde des dortigen Sportgeschehens dürfte die bisher überhaupt erste olympische Goldmedaille gewesen sein, die auf das Konto eines Leichtathleten geht. Der Weitspringer Irving Saladino (Bestleistung 8,73m) gelang in Peking diese Großtat, nachdem er schon ein Jahr zuvor Weltmeister in Osaka geworden war. Nur noch zwei weitere Bronzemedaillen konnten Sportler aus Panama bei Olympia gewinnen, und diese gehen beide auch auf das Konto der Leichtathletik, konkret des Sprinters Lloyd LaBeach, der 1948 in London über 100 und 200m jeweils 3. wurde.
Im Halbmarathon schrammte Saturnino Camacho (PAN) nicht nur am Sieg, sondern auch am Landesrekord vorbei, der von Augustin Morán 2001 in Montevideo mit 1:11:05 h aufgestellt wurde. Camacho benötigte für seine Silbermedaille 1:12:02 h. Der Sieg ging an den Venezuelaner Pedro Mora in sehr guten 1:07:03 h. Bronze gewann Jonathan Cerrud (PAN) in 1:13:26 h. Wie im Marathon, so war auch im HM eine Läuferin aus Ekuador erfolgreich. Jessica Paguay siegte in 1:20:40 h vor den beiden Kolumbianerinnen Riccy Contreras (1:36:32h) und Frida Falk (1:37:57h).
|
Der Panama City Marathon zeigte sich gut organisiert und kann weiterempfohlen werden. Die international üblichen Standards für große Stadtmarathonläufe wurden weitgehend erfüllt. Da die Homepage nicht nur in spanischer, sondern auch englischer Sprache dargeboten wird, ist die Kommunikation und Informationsbeschaffung kein Problem. Sympathisch ist auch, dass der Lauf nicht von einer Agentur mit maximalem Gewinnstreben durchgeführt wird, sondern von Anfang an von einem Laufverein, dessen Name sich sinngemäß mit "Durchläufer der panamaschen Landenge" übersetzen ließe. Zur Freude aller Finisher gab es im Ziel noch eine einmalige Medaille, eine Sonderedition mit Prägung zum hundertsten Jubiläum des Panamakanals.
Man kann also ein rundherum positives Fazit ziehen und darauf hoffen, dass bald der erste Deutsche den Panama Marathon bestehen wird. Ziehen wir also den Hut vor den privaten Organisatoren, in diesem Fall freilich stilgerecht: einen Panamahut.
![]() |
Bericht und Fotos von Michael
Schardt
Zurück zu REISEN + LAUFEN aktuell im LaufReport HIER |
![]() |
© copyright
Die Verwertung von Texten und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung
oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de
Redaktion (Adresse im IMPRESSUM)
unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes
ergibt.