Run Iceland - Island (2.9. bis 7.9.13)110 km in 5 Tagesetappen - Run Iceland |
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von Stefan Schlett
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heißt simpel und schnörkellos ein erst seit 3 Jahren existierender Abenteuerlauf auf Island. 110 km in 5 Tagesetappen, dabei auch ein ausgewachsener Marathon, sind zu bewältigen. Die Distanzen mögen in Zeiten von Super- und Mega-Ultraläufen nicht erschrecken, sind aber bedingt durch das raue Klima der Insel dennoch äußerst anspruchsvoll. Die Läufe führen durch einige der spektakulärsten Gegenden des Landes, die Teilnehmer erwarten wilde, archaische und windumtoste Landschaften, gebildet aus Feuer und Eis, in denen auch im Hochsommer die Temperaturen nur selten zweistellige Werte erreichen. Das Wetter erfordert sehr viel Toleranz.
Dennoch: "Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung". Diese altbekannte Weisheit gilt hier mehr als anderswo! Dafür sind die wenigen Tage mit gutem Wetter umso intensiver. Das Licht, die Farben, die Luft brillieren dann mit einer Klarheit, Reinheit und Intensität, wie man sie nur noch von Neuseeland auf der Südhalbkugel kennt. Island ist nicht nur eine Destination für Hard-core-Touristen, das Land begeistert vor allem auch Naturliebhaber und Landschaftsgourmets.
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Grandiose Isländische Landschaften entlang der Laufstrecken |
Technisch ist die Tour für jeden gut trainierten Volksläufer mit Marathonerfahrung machbar. Ein abwechslungsreicher Mix aus Wettkampf und dem Besuch touristischer Highlights ermöglicht es dem Läufer, dieses spannende Land näher kennen zu lernen und dabei auch im Urlaub seinen Leidenschaften zu frönen. Für Begleitpersonen gibt es noch eine Serie von drei ausgewählten 10 km-Läufen mit eigener Wertung. Mit maximal 40 Teilnehmern wird eine äußerst familiäre Atmosphäre garantiert. In der Tourismusbranche generiert dieses ganz spezielle "Läuferprodukt" in den verschiedensten Varianten seit Jahren große Zuwachsraten.
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Sara Nustad Mauland/NOR, die Damensiegerin auf der 1. Etappe | Mariluz Vinas/DOM auf der ersten Etappe |
Organisator ist die italienische Eventagentur Run The World, die weltweit noch ein Dutzend Ultra- und Etappenrennen im Portfolio hat. Zum Team gehört der italienische Reiseführer Giorgio Codias, der jedes Jahr mehrere Monate in Island verbringt. Er ist ein intimer Kenner des Landes, spricht (neben 6 weiteren Sprachen) perfekt isländisch und weiß mehr über die Vulkaninsel im Nordatlantik als die meisten Einheimischen. Eine interessante Kombination bietet sich übrigens mit dem Reykjavik-Marathon an, der nur eine Woche vor dem Run Iceland stattfindet.
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Zweite Etappe |
Mit einem 32 Jahre alten Geländebus geht es von Reykjavik, der nördlichsten Hauptstadt der Welt, erstmal 500 Kilometer Richtung Osten nach Skaftafell. Hier, am Fuße des Vatnajökull, dem größten Gletscher Europas, findet die spektakuläre Auftaktetappe über 18 km mit 750 Höhenmetern statt. Beim steilen Aufstieg zum Berg Skaftafellsfjöll rücken die Eisautobahnen des Skaftafellgletschers, einer der vielen Ausläufer des Vatnajökull, ins Blickfeld. Am Fuße des Gletschers eine kleine Lagune mit Eisbergen und gleich daneben, allerdings im Nebel, der Hvannadalshnjúkur, höchste Erhebung des Landes mit 2119 Metern.
Die gewaltige Berglandschaft mit ihrem wilden und einsamen Ambiente betört die Sinne! Sturmwind in den höheren Abschnitten des Rundkurses sorgt für Ernüchterung. Beim Abstieg, vorbei am Svartifoss-Wasserfall mit seinen Basaltsäulen, wird es wieder lebhafter. Slalomlaufen zwischen Touristen - am nahen Parkplatz wurde eine Busladung Japaner abgesetzt - trainiert zum Schluss noch einmal die koordinativen Fähigkeiten
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Entlang der Laufstrecken |
Unter den Teilnehmern aus insgesamt 10 Ländern hatte Linda Sanders aus Los Angeles die weiteste Anreise in Kauf genommen. Das lebhafte und temperamentvolle Ex-Playboy-Model entdeckte nach ihrer Karriere Laufen und Triathlon als neue Leidenschaft. Mit ihren Geschichten aus der kalifornischen High Society unterhielt sie die gesamte Truppe und war ein echter Farbtupfer in dem exotischen Läuferfeld, dem auch Marco aus Dubai und Mariluz von der Dominikanischen Republik angehörten.
Ein Besuch des Gletschersees Jökulsárlón bildet den abschließenden Höhepunkt des ersten Lauftages. Die eisbergbestückte Lagune, in die die Gletscherzunge des Breidamerkurjökull kalbt, ist weltberühmt. Hier wurde 2002 eine Szene für den James Bond Film "Stirb an einem anderen Tag" gedreht. In der Filmindustrie sind die rauen Endzeitwelten von Island äußerst beliebt. Anderntags begegnet uns ein amerikanisches Produktionsteam, dass die für Mitte September beginnenden Dreharbeiten für den Science Fiction Film "Interstellar" mit Matt Damon vorbereitet.
Dyrhólaey (Türlochfelsen) nennt sich die südlichste Spitze von Island, was sich auf die dramatische Felsenküste mit ihren Klippen, Bögen, Türmen und Felsnadeln bezieht. Start und Ziel des 10 km-Laufs sind vor dem Leuchtturm auf den Felsklippen. Dazwischen ein Mix aus Asphalt, Trail, schwarzem Lavasand, 140 Höhenmetern, untermalt mit den satten Farben eines Regenbogens.
Die 20 Kilometer am darauf folgenden Tag sind eine Flachetappe. Vom Start vor dem Skógafoss-Wasserfall im Regen geht es durch eine einsame Lavawüste. Unter den Wolkenbänken sind gerade noch die Eismassen des Eijafjallajökull zu erkennen. Ja, genau der, welcher im Frühjahr 2010 das weltweite Chaos im Luftverkehr ausgelöst hat.
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Für die Isländer war die Eruption des Eijafjallajökull eher eine Routineangelegenheit. Ein paar hundert Menschen mussten evakuiert werden und die gesamte Region litt unter dem enormen Ascheausstoß des Vulkans. Doch schon ein paar Monate später waren alle Folgeschäden beseitigt und es sah aus, als wäre nichts gewesen. Heute erinnert ein rege besuchtes Informationszentrum am Fuße des Vulkans an dieses Ereignis. Auf der größten Vulkaninsel der Erde ist man an Eruptionen in ganz anderen Dimensionen gewöhnt. Der Zieleinlauf findet vor spektakulärer Kulisse an einer Gletscherlagune zu Füßen des Mýrdalsjökull statt, dem viertgrößten Gletscher auf Island. Der Autor nutzt die Gelegenheit gleich zu einem erfrischenden Eisbad
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Streckenabschnitt vor dem Mýrdalsjökull Gletscher auf der 3. Etappe |
Einer sternenklaren Nacht - leider ließen sich die Polarlichter nicht blicken, die ab September zu beobachten sind - folgt ein windstiller (!) klarer Morgen mit stahlblauem Himmel. Solche Tage kann man hier an 10 Fingern abzählen. Marathontag! Die Trolle hatten sich verkrochen, die Götter Islands schienen uns wohl gesonnen zu sein. Auf der Hochlandpiste F225 wird nach eineinhalbstündiger Anfahrt bei +7°C die Etappe gestartet. Über der Laufstrecke thront majestätisch der eisbedeckte Hekla (1491 m), einer der aktivsten und gefährlichsten Vulkane Islands.
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Marathonstrecke vor dem eisbedeckten Vulkan Hekla |
Der gewaltige Bergrücken bildet über der tiefschwarzen Lavawüste und vor dem blauen Firmament einen starken Kontrast. Was für ein Tag! Für die Königsetappe legt das raue isländische Klima eine Pause ein, zeigt sich von seiner schönsten Seite und die Natur liest uns dazu die Krönungsmesse. Im Ziel in Landmannalaugar locken heiße Quellen. Eine Wohltat für die strapazierten Laufwerkzeuge und ein Festtag für die Sinne - Halleluja! Landmannalaugar liegt inmitten einer großartigen, wilden Berglandschaft und ist Ausgangspunkt bzw. Endpunkt der populärsten Trekkingtour auf Island, die in 3-4 Tagesetappen über 55 km nach Torsmörk führt. Es geht aber auch schneller: Mitte Juli startet hier alljährlich der Laugavegur Ultramarathon, bei dem die Topläufer weniger als fünf Stunden unterwegs sind.
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Marathonstrecke |
Am verdienten Ruhetag geht es zurück in die "Zivilisation" nach Reykjavik. Von den 323.000 Einwohnern des Landes leben zwei Drittel in der Hauptstadt und deren Einzugsgebiet. Dabei kommen wir auch am einzigen Knast der Republik vorbei, der in dem kleinen Küstenort Stokkseyri steht. Island hat weltweit eine der niedrigsten Kriminalitätsraten. Im Moment sind hier 147 "Gäste", die am Wochenende sogar nachhause dürfen! Mit einer Ausnahme: der einzige inhaftierte Mörder hat Hausarrest
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Jean Cristophe Conton/FRA (# 1) und Edwin Res/NED (# 2) auf der Marathonstrecke | Linda Sanders/USA auf der Marathonstrecke |
Die letzte Etappe findet im Hochland der Bláskógaheidi, eine Fahrstunde nordöstlich von Reykjavik, statt. Auf einem Halbmarathon dürfen wir bei 5°C und eiskaltem Sturmwind, umgeben von Tausend Meter hohen Bergen und Gletschern, ein letztes Mal die raue, aber grandiose Einsamkeit und Weite Islands erleben. Nach 110 Kilometern darf sich der Franzose Jean Cristophe Conton als Sieger feiern lassen (9:07:04 h). Bei den Damen siegt die zierliche Norwegerin Sara Nustad Mauland (10:21:32 h). Danach steht die 6. Etappe auf dem Programm: ein "Ultralauf" durch das rege Nachtleben und die lebhaften Bars von Reykjavik. Für manchen wird es der schwierigste Abschnitt des einwöchigen Abenteuerlaufes
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Nicola Maciariello/SUI auf der Marathonstrecke | Der Autor für LaufReport im Einsatz, hier auf der 2. Etappe |
Fakten
Infos über Island
Mit 103.000 Quadratkilometern ist Island nach dem Vereinigten Königreich der flächenmäßig zweitgrößte Inselstaat Europas. Die Hälfte davon entfällt auf Wüsten, 11% des Landes sind mit Gletschern bedeckt, inklusive dem Vatnajökull, der mit 8410 Quadratkilometern der größte Gletscher Europas ist. Althing, Islands Parlament, wurde im Jahre 930 gegründet und ist eine der ältesten Nationalversammlungen der Welt. Nach norwegischer und dänischer Herrschaft wurde das Land 1918 unabhängig, verblieb aber in Personalunion mit Dänemark. Erst am 17. Juni 1944 wurde die Demokratische Republik Island ausgerufen. Bei der Lebenserwartung ist Island mit 83,3 Jahren bei Frauen und 80,2 Jahren bei Männern Europameister, und das umfassende staatliche Gesundheitswesen hat zum Ziel, das dies auch so bleibt. Mit dazu bei trägt die saubere Luft - es gibt keine Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen - und das reine Quellwasser. Das isländische Trinkwasser, welches unbehandelt und unsterilisiert ins Netz eingespeist wird, gehört zu dem reinsten in der ganzen Welt.
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Islands Lage auf dem mittelatlantischen Rücken, der die nordamerikanische von der eurasischen Platte trennt und die jährlich ca. 2 cm auseinanderdriften, macht es zu einem Hot Spot vulkanischer und geothermischer Aktivitäten. Es gibt mehr als 200 Vulkane, von denen in den letzten beiden Jahrhunderten 30 ausgebrochen sind. Die aus geothermaler Erdwärme und Wasserkraft gewonnene Energie gehört zu den größten Ressourcen des Landes. Island ist somit energietechnisch völlig unabhängig. Das natürliche heiße Wasser versorgt die Bevölkerung mit günstiger, umweltfreundlicher Heizenergie. Vielerorts werden sogar Wasserleitungen unter Gehsteige und Parkplätze verlegt, um die Schneemassen des nordischen Winters in Schach zu halten. Die 170 öffentlichen Schwimmbäder des Landes, die meisten davon Freibäder, haben das ganze Jahr hindurch geöffnet. Es ist eines der wenigen Länder, wo sich Freibäder wirklich lohnen! Island reduzierte seine Treibhausgas-Emissionen bereits vor Jahrzehnten dramatisch, bevor die internationale Gemeinschaft derartige Aktionen überhaupt bedachte.
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Von Deutschland aus erreicht man Kevlavik, den internationalen Flughafen von Reykjavik, mit Lufthansa, WOW air, Air Berlin, germanwings und Icelandair in drei bis vier Stunden. Und per Schiff einmal pro Woche von Hirtshals in Dänemark, mit der Smyril Line.
Dank des Golfstroms hat Island ein ozeanisches Klima. Die Durchschnittstemperatur in Reykjavik liegt im Sommer zwischen 10-12° Celsius. Das Wetter ist rau - nicht umsonst haben die berühmten Islandtiefs, die uns das Leben in Europa oft so schwer machen, hier ihren Ursprung.
Aber da es sich ständig ändert, erwischt man fast täglich ein paar sonnige Abschnitte. Außerdem hat Reykjavik mit 14,9 Stunden im Jahresdurchschnitt mehr Tageslicht als die meisten Städte in der Welt (das sonnige Miami hat z. B. nur 13 Stunden!). Die amtliche Zeit in Island ist UTC, also die Greenwich-Zeit. Das heißt, dass der Zeitunterschied zu Deutschland im Sommer -2 Stunden und im Winter -1 Stunde beträgt.
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Infos zum Rennen
Der 5. Run Iceland findet vom 31.08. - 07.09.2014 statt. Adressen: www.runiceland.org
info@runiceland.org. Die Teilnehmer
werden während der Veranstaltung in Hotels und Gasthäusern untergebracht.
Bei der Auswahl der Laufutensilien sollte man sehr sorgfältig vorgehen
und das raue Klima Islands berücksichtigen. Der fast immer präsente
Wind kann den Körper extrem auskühlen! Das Preisniveau ist auch nach
dem Bankencrash von 2008, in dessen Verlaufe sich der Wert der Isländischen
Krone nahezu halbierte, noch immer sehr hoch, weshalb die "Kriegskasse"
gut gefüllt sein sollte.
Informationen über die auf 4 Kontinente verteilten Veranstaltungen der italienischen Eventagentur Run The World erhält man auf: www.runtheworld.it
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Bericht Stefan Schlett - Fotos
Dino Bonelli Informationen: www.runiceland.org Zurück zu REISEN
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