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30.8.09 - Ultra Marathon Bornholm (Dänemark)Im Laufschritt um die Insel |
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von Antje Krause
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40 - 30 - 141,4: Das sind die Maße einer Schönheit in der Ostsee, der Insel Bornholm. Die beliebte Urlaubsinsel ist auch als die Sonneninsel Dänemarks bekannt, denn statistisch gesehen gibt es dort die meisten Sonnentage im Königreich. Etwa 40 Kilometer lang ist die Insel mit der Form eines Parallelogramms, an ihrer breitesten Stelle misst sie etwa 30 Kilometer und im ganzen kommt sie auf 141,4 Kilometer Küstenlinie. Abzüglich der Buchten und Vorsprünge reduziert sich der Umfang der Insel freilich etwas, umrundet man die Insel auf der Straße, dann sind es etwas über 100 Kilometer, die zurückgelegt werden.
Geographisch gesehen passt Bornholm eher zu Schweden, die schwedische Küste ist wesentlich näher gelegen als Dänemark. Auch landschaftlich erinnert die Insel eher an Südschweden mit den von der Eiszeit flachgeschliffenen Granitfelsen, auf denen an manchen Stellen noch bronzezeitliche Felszeichnungen erhalten sind, ähnliche sind auch in der Nähe von Göteborg zu finden. Die Insel ist vielseitig, im Norden eine urwüchsige Fels- und Heidelandschaft mit Klippen und kleinen Seen, im Süden kilometerlange Sandstrände mit weißem Sand, der so fein ist, dass er sich als Sand für Eieruhren eignet. Im Inselinneren gibt es neben weiten Feldern auch ein großes Waldgebiet.
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Eine Besonderheit Bornholms sind die mittelalterlichen Rundkirchen, von denen keiner weiß, warum sie so aussehen, wie sie aussehen |
Neben malerischen Ortschaften mit winzigen Häfen gibt es viele weitere Sehenswürdigkeiten. Die typischen Bornholmer Rundkirchen, alte holländische und dänische Mühlen, einige Museen und der höchste Wasserfall Dänemarks sind nur einige Beispiele. Die Insel eignet sich außerdem hervorragend zum Radfahren und Wandern, doch man kann auch gut laufen. Das tun auf Bornholm einige, und nicht nur das, es gibt auch jede Menge Laufveranstaltungen. Eine davon ist der Bornholmer Ultramarathon, bei dem die Insel einmal umrundet wird. Die Strecke folgt größtenteils der Küstenstraße, nur im Süden sind mehrere Kilometer Zickzackkurs über Nebenstraßen eingebaut, um auf exakt vermessene und bestenlistenfähige 100 Kilometer zu kommen.
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Für jeden Besucher der erste Blick auf die Insel: Rønne vom Hafen aus gesehen | Idylle in Svaneke, der östlichsten Stadt Dänemarks, die komplett unter Denkmalschutz steht |
Der Lauf ist klein, 50 Teilnehmer würden schon ein richtig großes Feld bedeuten. Doch das macht hier niemanden etwas aus. Befürchtungen, den Lauf könnte es aufgrund der geringen Beteiligung nicht mehr lange geben, braucht man dagegen nicht zu haben. Auf Bornholm gibt es einige "Laufverrückte", wie es ein Läufer aus Tejn benennt. Einer der Organisatoren ist ein gestandener Ultraläufer: Kim Rasmussen ist in Deutschland kein Unbekannter, auch den Spartathlon oder den Badwater Ultramarathon im Death Valley ist er bereits gelaufen. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass die Anfahrt zu anderen Laufveranstaltungen inklusive Fähre und Autofahrt oft einen ganzen Tag in Anspruch nimmt, sorgt man eben auch auf der eigenen Insel für Wettkämpfe. Natürlich freuen sich die Bornholmer auch über andere Läufer, doch in erster Linie machen sie die Veranstaltung für sich selbst. Und da ein Lauf im Jahr zuwenig ist, gibt es noch jede Menge andere Veranstaltungen, darunter auch einige kuriose, wie einen Marathon auf dem Deck einer vor der Inselhauptstadt Rønne ankernden Fähre oder ein Marathon auf der winzigen, auf der Ostseite vorgelagerten Insel Christiansø, die dabei 27mal umrundet wird.
In diesem Jahr sind es 22 Ultraläufer, die morgens 7 Uhr an der Startlinie in Tejn am Hafen stehen. Es ist das zweite Mal, dass im an der Ostküste gelegenen Tejn gestartet wird, vorher war der Start in Nexø. Doch mit der Ausrichtung durch den Leichtathletikverein in Tejn verlagerte sich Start und Ziel. Auch die Laufrichtung wurde geändert, nun geht es nicht links, sondern rechts herum um die Insel. Das Feld wurde etwas aufgefüllt von vier Männer- und fünf gemischten Staffeln, deren Läufer jeweils 25 Kilometer zurücklegen. Es war bereits vor dem Lauf klar, dass es unterwegs sehr einsam werden würde.
Das geringe Teilnehmerfeld vermittelte eine gewisse Gemütlichkeit, viele kannten sich. Zusammen ging man die paar Schritte zur Startlinie, wo noch eine kurze Einweisung zur Strecke erfolgte: Immer den Pfeilen folgen, wo keiner ist, geht es geradeaus. Und wenn kein Radweg an der Straße ist, dann wird auf dem schmalen Randstreifen der linken Straßenseite gelaufen. Kurz auftauchende Befürchtungen, dass mit den Pfeilen eventuell gegeizt worden sein könnte und man sich verlaufen könnte, lösen sich schon vor Halbzeit in Luft auf, denn die Strecke ist gut markiert. An einigen Stellen wurde noch nachgepinselt, da in der Nacht schwere Gewitter über die Insel weggezogen waren und die frisch gestrichenen Markierungen schon etwas verwaschen waren. Das Starterfeld hatte den Hafen noch nicht verlassen, da hatte der Startläufer der Staffel "Sekunda" bereits einige Meter Vorsprung. Ein Bild, das sich nicht mehr ändern sollte. Am Ende gewann die Männerstaffel in 6:48:36 Stunden deutlich vor den Läufern der "Lynkineserne.dk", die 7:38:13 liefen. Schnellste gemischte Staffel waren wieder Sekundaner in 7:36:11.
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In Dueodde gibt es einen schier unendlichen Sandstrand mit feinstem weißem Sand | Die Klippen von Bornholm |
Die Männerspitze schlug ebenfalls ein verhältnismäßig hohes Tempo an. Schnell übernahm der Norweger Kjetil Havstein, der für den Tejner IF startete, die Führung. Er war im Vorjahr Zweiter geworden in 8:37 Stunden und machte deutlich, dass er sich dieses Mal mehr vorgenommen hatte. Ihm folgte Ole Therkelsen, doch für beide sollte sich das Tempo später als zu hoch erweisen.
Das Profil des Ultramarathons ist wellig mit ständig wechselnden Steigungen und Gefällen. Die Bedingungen waren nicht die schlechtesten. Es war nicht zu warm und der Himmel versprach einen durchwachsenen Sommertag. Doch der anfangs leichte Nieselregen machte schon nach zwei Stunden einem Gewitter Platz, binnen weniger Minuten waren die Läufer bis auf die Haut durchnässt. Kaum waren sie wieder angetrocknet, öffnete der Himmel seine Schleusen für einen Hagelschauer. Hier hatte die Autorin genug und suchte für wenige Minuten Schutz. So schnell wie gekommen, waren die Gewitter auch wieder vorbei. Der größte Gegner der Läufer war an diesem Tag jedoch der Wind, der in Richtung Süden stetig zunahm. Pünktlich alle 5 Kilometer waren gut bestückte Verpflegungsstationen eingerichtet, die von den Helfern liebevoll betreut wurden.
Nach etwa 10 Kilometern passierten die Läufer das Städtchen Gudhjem, das vor allem für das Bornholmer Nationalgericht bekannt ist: "Sol over Gudhjem" ist ein geräucherter Hering, der auf Schwarzbrot mit Radieschen, Zwiebeln und einem Eigelb serviert wird. Weiter ging es Richtung Süden, durch das malerische Svaneke, wo sich auch der erste Staffelwechsel befand. Die nächste größere Stadt war schon Nexø nach 35 Kilometern, danach querten die Läufer die Südspitze der Insel.
Auf den nächsten 35 Kilometern wurde der Gegenwind besonders unerträglich. Kjetil Havstein bekam bereits nach der Hälfte der Strecke Probleme und musste seine Verfolger passieren lassen, Ole Therkelsen ebenso, der das Rennen später sogar aufgab. Der ebenfalls für den Tejner IF laufende Peter Paldan Sørensen und Ole Karlsen (Holbæk LMK) hatten sich die Kräfte besser eingeteilt. Lange liefen beide zusammen, bis sich Sørensen schließlich auf der kräftezehrenden Strecke entlang der Südwestküste durch eine Tempoverschärfung entscheidend absetzen konnte.
Für Sørensen war es der erste Versuch über 100 Kilometer, den er nach 8:02:19 erfolgreich als Sieger im Hafen in Tejn beendete. Diese Zeit bedeutete einen neuen Inselrekord, noch nie war ein Bornholmer Läufer schneller gewesen. Ole Karlsen ließ ebenfalls nichts mehr anbrennen und lief in 8:13:40 sicher auf den zweiten Platz. Den dritten Platz im Gesamtklassement und damit die letzte Prämie sicherte sich mit aller Not Kjetil Havstein in 8:45:44. Für ihn war es richtig schwer geworden, musste er sich doch zuletzt noch der ersten Frau erwehren, die ihm zwischenzeitlich bis auf 2 Minuten nähergekommen war. Es bedurfte schon der geballten Unterstützung seiner Familie, die auf den letzten 30 Kilometern ständig über Abstände und Zustand der Konkurrenz informierte, um die Konkurrentin um die Prämie in Schach zu halten.
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Poul Garner auf welligem Profil | Bo Bengtsen scheint über Bornholms Asphalt zu fliegen |
Die lief genau sechs Minuten später, nach 8:51:44 im Ziel ein: LaufReporterin Antje Krause, die für den Ultra Sport Club Marburg startet, hatte diesen Lauf schon seit zwei Jahren im Visier. Dieses Mal hatte es geklappt und der Lauf wurde mit einem Urlaub verbunden. Bei ihrem dritten Lauf über 100 Kilometer verbesserte sie ihre bisherige Bestzeit um eine halbe Stunde und verbesserte gleichzeitig den Streckenrekord um eine Viertelstunde. Anfangs hatte sie noch zwei-drei Mitläufer gefunden, doch nach 15 Kilometern war es damit vorbei und sie war wie die anderen für den Rest der Strecke allein auf weiter Flur unterwegs. In der Frauenkonkurrenz hätte man sich schon sehr anstrengen müssen, um nicht aufs Podium zu kommen. Die beiden einzigen weiteren Starterinnen waren Tina Kristiansen (Team High end Sport/10:14:14) und Gurli Hansen (SÅN/12:42:55), die die Plätze zwei und drei belegten.
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Beste Verpflegung beim Lauf wie im Cafe oder Restaurant |
Neben dem Ultramarathon gab es noch zwei weitere Wettbewerbe: Marathon und Halbmarathon. Die Startpunkte liegen bei Km 58 bzw. 79 der großen Runde und folgen der Ultramarathonstrecke. Für 29 Marathonläufer ertönte 13 Uhr der Startschuss im gut 10 Kilometer vor Rønne gelegenen Sose. Auch sie kamen noch in den Genuss des Gegenwindes und liefen später durch den Hafen von Rønne.
Ab Rønne spürten die Läufer endlich Rückenwind, aber auch den Verkehr auf der dicht befahrenen Hauptstraße Richtung Norden. Der letzte Staffelwechsel erfolgte in Mulleby, wenig später wurde das kleine Städtchen Hasle durchquert. Der Duft von geräuchertem Hering begleitete die Läufer, denn die Straße führte direkt an einer der Räuchereien vorbei, in der nicht nur gekauft, sondern auch zugeschaut werden kann. Hart wurde es noch einmal auf den folgenden 10 Kilometern. Die Streckenkarte wies noch ein paar längere Steigungen auf, die sich ins Endlose zu ziehen schienen.
Bei Kilometer 90 verlässt die Strecke die Hauptstraße und biegt ab in ein Naturschutzgebiet entlang der Nordküste. Die mehrere Quadratkilometer umfassende Wald und Heidelandschaft ist durchzogen mit einem dichten Netz aus Wanderwegen, auf denen sich auch schöne Laufrunden drehen lassen. Eine schmale Straße führt nach Sandvig, dem nördlichsten Ort der Insel. Vorher gibt der Wald aber den Blick auf die größte Touristenattraktion der Insel frei, die Ruine der Burg Hammershus.
Für Touristen strahlt dieser Ort eine besondere Faszination aus. An der Klippenküste im Nordwesten der Insel erhebt sich über dem Meer die Ruine der ehemaligen Burg Hammershus. Umgeben von Wald, Wiesen, Felsen und tosender Brandung lässt sich hier nicht nur der fast 800-jährigen Geschichte der Befestigung nachspüren, sondern auch fantastische Sonnenuntergänge im Meer beobachten. Die Ruine gilt als die größte Burgruine Nordeuropas und sieht von der Straße schon mächtig aus, doch erst die eingehendere Besichtigung der weitläufigen Anlage vermittelt dem Besucher einen Eindruck der ursprünglichen Größe.
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Martin G. Madsen wurde vom Fahrrad und dem dänischen Fernsehen begleitet | Ole Therkelsen kämpft gegen den Wind |
Die Bornholmer allerdings haben ein etwas gespaltenes Verhältnis zu dieser Anlage. Die Insel geriet in ihrer Geschichte oft zum Spielball anderer. Einige Fremdherrschaften hatten die Bornholmer in ihrer langen Geschichte zu ertragen. Lange Zeit war Burg Hammershus in Lübecker Hand, im Besitz dänischer Lehnsherren, aber auch einige Jahre im Besitz der Schweden. Mit den letzten schwedischen Besatzern machten sie allerdings kurzen Prozess und jagten sie selbst zum Teufel: 1658 probten die Bornholmer nach einer mehrjährigen Besetzung durch die Schweden erfolgreich den Aufstand, erschossen den schwedischen Kommandanten und übergaben dem dänischen König Bornholm als freie Insel. Die Burg verfiel, und die Bornholmer trugen fleißig dazu bei, schließlich gaben die Granitsteine und die roten Ziegel ein hervorragendes Baumaterial ab. Erst 1822 wurden die Reste unter Denkmalschutz gestellt und inzwischen werden einzelne Bereiche wieder hergestellt.
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Der 3. Kjetil Havstein musste mächtig kämpfen, um noch vor der ersten Frau zu bleiben | Siegerin Antje Krause freut sich überschwänglich über ihre Bestzeit und den Streckenrekord |
Von Sandvig geht es fast übergangslos nach Allinge, wo der letzte größere Anstieg wartet. Vom Hafen sind noch einmal ein paar Höhenmeter hinauf zur Hauptstraße zu überwinden, die zurück nach Tejn führt. Die letzten Kilometer sind markiert, das Profil ist weiterhin wellig und der Wind kommt auch wieder etwas von vorn. Ein gut zu laufendes Gefälle auf dem letzten Kilometer sorgt dafür, dass die Läufer ihren Zieleinlauf im Hafen auch genießen können. Jeder einzelne wird von der Moderatorin angesagt und von den Zuschauern beklatscht.
Kurz vor 17 Uhr war es soweit, dass der erste Marathonläufer im Ziel erwartet wurde. Der Bornholmer Martin Gravesen (Viking) freute sich nach 2:56:50 über seinen unerwarteten Sieg. Platz 2 ging an Torben Steenberg Nielsen aus Rønne nach 3:08:58 und auch auf den dritten Platz lief ein Bornholmer. Allerdings hatte sich Henrik Mortensen (SÅN), der 2005 Sieger über die große Runde gewesen war, etwas mehr vorgenommen als 3:13:00. Als einzige Frau bewältigte Kirsten Kyndesen (Nyvest) die Marathondistanz in 4:31:59.
Am größten war das Feld der Halbmarathonläufer. 28 Männer und 26 Frauen starteten 15 Uhr in Hasle. Fast hätte es auch im Halbmarathon einen deutschen Sieg gegeben, im Ziel lag Werner Lauber (Hochrhein Runners) nur sechs Sekunden hinter dem Sieger Sune Jans, der nach 1:24:55 ins Ziel lief. Das Frauenrennen gewann Ditte Toudal (Viking) in 1:33:27 vor Malene Lund Sørensen (1:46:52) und Kristine Bøtter-Jensen (1:47:03) aus Rønne.
Im Zielbereich im Hafen ging es auch nach dem Lauf gemütlich zu. In zwei aufgestellten Zelten gab es Massagen, Pasta, Kuchen und Getränke für alle. Acht Uhr war allerdings Schluss, der Bornholmer Ultra hat Zielschluss von 13 Stunden. Für Läufer, die einmal etwas anderes sehen wollen, ist dieser Lauf sehr empfehlenswert. Familiäre Atmosphäre, gute Organisation und eine perfekte Versorgung der Läufer sind garantiert. Man sollte sich allerdings schon ein paar Tage Zeit nehmen und den Lauf mit einem Urlaub verbinden.
Wie bereits oben erwähnt hat die Insel einiges zu bieten. Unterkünfte und die Fährfahrt können bequem über "Team Bornholm" gebucht werden, dieses Jahr gab es dabei einen Rabatt von 10 Prozent für Teilnehmer am Lauf. Die günstigste Verbindung ist immer noch über Rügen und von dort ab Sassnitz mit der Fähre nach Rønne, die Fährfahrt dauert etwa dreieinhalb Stunden.
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Bericht von Antje Krause - Fotos von Heiko Krause Ergebnisse und Infos unter www.bornholm-marathon.dk Zurück zu REISEN + LAUFEN aktuell im LaufReport HIER |
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