10. Int. Achenseelauf Österreich (6.9.09)

Zwei Highlight's in 6 Tagen

von Johann Till

Es passt nicht immer, seinen Urlaub in den Bergen an einem wunderschönen Alpensee zu verbringen und dazu noch die Möglichkeit zu haben, seinem Hobby, dem geliebten Laufsport, zu frönen. In Pertisau am Achensee passt's. Oder "s'passt scho", wie die Einheimischen dort zu sagen pflegen. Innerhalb 6 Tagen zwei beeindruckende Sportevents in einer gerade mal 600 Seelengemeinde, wo gibt's das sonst noch?

In Pertisau verbinden sich alle Vorzüge des größten Tiroler Sees mit der ihn umgebenden einmaligen Bergwelt. So ist Pertisau doch einer der besten Ausgangspunkte für Wanderungen und Bergtouren in Tirols größtem Naturpark, dem Alpenpark Karwendel. Aber auch für Mountainbiker ist das Tourenangebot nahezu grenzenlos. Schon Kaiser Maximilian fand in Pertisau eines seiner bevorzugten Jagdreviere. Viele Adelige und Künstler ließen sich von der idyllischen Sommerfrische inspirieren. 1934 wurde hier der erste Golfplatz Österreichs angelegt und er zählt noch heute mit zu den schönsten Tirols.

Der Achensee selbst umfasst 719 ha und sein herrlich smaragdgrünes Wasser hat sogar Trinkwasser-Qualität. Auch die Hauptanlegestelle der Achensee Schifffahrt befindet sich in Pertisau. Gegründet 1887, verbinden ihre Dampfer die Orte Achenkirch, Maurach und Pertisau. Die bunten Segel der Surfer und Segler setzen eindrucksvolle Akzente auf den Wellen des Sees. Doch auch viele andere Sportmöglichkeiten wie Fischen, Tennis, Laufen oder Nordic Walking zählen zum "Aktivprogramm" des Ferienorts. Ein "Achensee-Charakteristikum" der besonderen Art ist das Tiroler Steinöl, ein heilsames Naturprodukt, das nahe dem Achensee im Bächental/Karwendelgebirge aus Ölschiefer gewonnen und zu Pflege- und Gesundheitsprodukten verarbeitet wird. Mit dem "Steinöl Vitalberg" hat es eine eigene Museums- bzw. Erlebniswelt in Pertisau erhalten und ist sicher mit Grund, weshalb so viele Wellnesshotels in Pertisau zu finden sind.

Vorbei an Badestellen und Bootsliegeplätzen und die Bergwelt im Blick Sie dampf, faucht und zischt, die Achensee Dampf-Zahnradbahn

10. Internationaler Achenseelauf

Am 6. September 2009 machte die bereits 10. Auflage des Int. Achenseelaufs den kleinen Urlaubsort am Achensee einmal mehr für ca. 1300 Teilnehmer und unzählige begeisterte Zuschauer zum Laufsportmekka Tirols. Einer der schönsten Panoramaläufe Österreichs ging in die 10. Runde und konnte Jubiläum feiern. Nachdem es am Samstag und Freitag zuvor noch leicht geregnet hatte, zeigte sich der Wettergott am Sonntag gnädig und ließ die Teilnehmer des 23,2 Kilometer langen alpinen Panoramalaufs unter denkbar besten Bedingungen zurücklegen.

Der Start zum Jubiläumslauf erfolgte unweit der Karwendelseilbahn, mit der man in wenigen Minuten auf die 1500 m hoch gelegene Bergstation auf dem Zwölferkopf gelangen kann. Von hier aus, bieten sich diverse Rundwandermöglichkeiten oder ein Anstieg zum Stanserjoch, einem markanten 2102 m hohen Aussichtsgipfel über dem Inntal. Der versammelten Schar der Läuferinnen und Läufer ging es aber nicht ums Wandern, sie fieberte mehr dem auf 10 Uhr angesetzten Start entgegen, welcher dann auch punktgenau mit einem kräftigen Böllerschuss erfolgte. Nach einer kleinen Ortsrunde erreichte das Feld unter begeistertem Beifall der vielen Feriengäste nach ca. 1,5 Kilometern erstmals den Namensgeber.

Der Start Bei Kilometer 2 kurz nach verlassen von Pertisau

Auf dem Uferweg weiter, vorbei am Hubertushof, wo gerade eine Modell-Segelbootregatta ausgetragen wurde, erreichten die Teilnehmer bei Km 5 die Mauracher Schiffsanlegestelle "Seespitz". Pfeifend, fauchend und zischend arbeitet sich die Achensee Dampf-Zahnradbahn seit 1889 mit den ältesten Dampf-Zahnradlokomotiven der Welt, von Jenbach im Inntal den steilen Berg hoch zum Achensee. Die Konzession für den Bau der Zahnradbahn wurde noch von Kaiser Franz Josef erteilt und seit dieser Zeit befördert die Achenseebahn Sommerfrischler und Ausflugsgäste von Jenbach zur Dampferanlegestelle "Seespitz" am Südufer des Achensees. Der Bau der Bahn war damals eine Pionierleistung und nicht jedermann war anno dazu mal überzeugt von diesem "neumodischen Zug". Heute begeistern die 180 Pferdestärken mit ihrem altehrwürdigen Gründerzeit-Charme nicht nur eingefleischte Eisenbahnliebhaber, wenn sie sich stampfend und dampfend, bei einer Maximalsteigung von 16 Prozent in 45 Minuten die knapp 7 km lange Bergstrecke hocharbeiten.

Noch hat man die Wahl, Asphalt oder Naturweg Begegnung mit einem Dampfer der Achenseeflotte

Nicht weit hinter dem "Schiffsbahnhof" markiert ein Druckluft-Werbebogen die erste Labstation, wie die Verpflegungsstellen in Österreich genannt werden. Hier überquert man auch den Wankratzbach, ein von Süden kommender Zufluss zum See. Überhaupt ist Zu- und Abfluss des Achensees eine interessante Angelegenheit. Früher floss sein Wasser durch das Achental nach Norden in die Isar. Heute wird dem See im Süden Wasser für das Achensee-Wasserkraftwerk in Jenbach entzogen. Der See wurde dadurch einfach zu einem Stausee umfunktioniert. Seit dem Bau des Wasserkraftwerks im Jahr 1927 wird der Achensee durch riesige Fallröhren über den Inn abgeleitet, zu dem er eine Höhendifferenz von 380 m aufweist.

Erste Hügel kommen bei Kilometer 8 Laufen für die Galerie

Durch Campingplätze, vorbei an Badestellen und Bootsliegeplätzen, führt die Laufstrecke fast immer unmittelbar am See entlang weiter. Kurz nach dem Mauracher Ortsteil Buchau verengt sich das Tal zusehends. Kaum noch ist Platz für den Rad- und Wanderweg, auf dem sich das Feld nunmehr Richtung Norden bewegt und der bereits 1955 fertig gestellten Achenseestraße am Ostufer, welche vom Tegernsee kommend über den (nur) 941 m hoch gelegenen Achenpass, von den Piefkes gerne als mautfreies Einfallstor nach Österreich und ins nur 50 km entfernte Innsbruck genutzt wird. Die als Bundesstraße klassifizierte Asphaltpiste wurde zwischenzeitlich mehrfach modernisiert und verbreitert. Zahlreiche Tunnel und Galerien mit Durchblick zum See und zu den steil am Westufer in das Wasser abfallenden Hänge des Seekars und der Seebergspitze, beide knapp über 2000 m hoch, zieren die Strecke.

Letzte Labung vor dem Steig Ab jetzt wird es ernst! Im Gaisalmsteig

Bei Streckenkilometer 10,2 am Campingplatz Schwarzenau kommt dann die zweite Labstation des Achenseelaufes. Die Läufer befinden sich hier auch ziemlich exakt an der schmalsten Stelle des Gewässers. Gerade mal ca. 500 m ist der See hier breit. In seiner Längsausdehnung beträgt er dagegen immerhin ca. 9 Km. Zusammen mit dem Achental trennt er das Karwendelgebirge im Westen vom Rofan bzw. den Brandenberger Alpen im Osten. Landschaftlich äußerst reizvoll, füllt seine Wasserfläche diesen Übergang fjordartig aus.

Vorbei am Achenkirchener Ortsteil Scholastika mit Hotel gleichen Namens wird bei Km 14 das nördliche Ende des Achensees erreicht. Für die Staffelläuferinnen und -läufer des Achenseelaufs erfolgte vor dem altehrwürdigen Gasthof zum Fischerwirt bei Kilometer 15 die Stabübergabe.

Als besonderes Schmankerl können die Staffelteilnehmer auf dem Weg zur Übergabestelle kostenlos einen Dampfer der Achenseeschifffahrt benutzen, welche seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem See betrieben wird. Derzeit umfasst die Achenseeflotte zusammen mit ihrem jüngsten Schiff, der 450 Personen fassenden und 2007 in Dienst gestellten "Stadt Innsbruck", 4 Schiffe. Aber auch das älteste Schiff, der bereits 1887 auf Stapel gelegte Dampfer "St. Josef", ist nach seinem Umbau und Einbau eines Dieselmotors im Jahr 1951 noch immer im Dienst.

Im Gaisalmsteig

War bisher Tempobolzen angesagt, ist spätestens bei km 15,5 der Spaß vorbei. Die Schlüsselstelle des Achenseelaufs ist erreicht und auf dem nun beginnenden Gaisalmsteig wird von den sich messenden Teilnehmern jetzt echte Geländefähigkeit abverlangt. "Die Begehung des Steigs erfolgt auf eigene Gefahr", wie eine unübersehbare Warntafel zu Recht hinweist. Der schmale Steig hat nämlich echten hochalpinen Charakter, ist teilweise in den Felsen eingehauen sowie mit Drahtseilen und künstlichen Treppenstufen versehen.

Mehrere Kare sind zu überqueren. Wasserstellen sind jetzt nicht mehr erforderlich, da sich der dürstende Sportler an dem kühlenden Nass, welches an vielen Stellen der Felswände und Rinnen herabläuft, auf natürliche Weise erfrischen kann. Überall an den schwierigsten und sturzgefährdetsten Stellen sind Kräfte der Tiroler Bergwacht postiert. Dem Veranstalter gebührt an dieser Stelle ein ausdrückliches Lob für die Bereitstellung der vielen Helfer. Ob es schon zu Abstürzen in den See gekommen ist, ist dem Verfasser nicht bekannt. Der Organisator hat aber auch für diesen Fall der Fälle vorgesorgt und an den gefährlichsten Steilwänden zwei Rettungsboote der Wasserwacht postiert.

Gaisalmsteig über Kare Im Gaisalmsteig

Unterbrochen wird der Steig auf dem Gelände der Gaisalm bei Kilometer 17,5 - einer von den vielen Achensee-Besuchern gerne aufgesuchten Jausestation. Angeblich auf der Welt die einzige Almwirtschaft, welche nur zu Fuß oder mit dem Schiff erreicht werden kann. Die Quälerei hat für die Läuferinnen und Läufer hier aber noch lange kein Ende. Wenn auch nicht mehr ganz so wild und mit Treppen versehen, führt der Steig noch gut 3 km weiter und findet erst bei Kilometer 20,5 sein Ende. Hier unterhalb des früheren Seebergstollens, in dem bis zu seiner Zerstörung im Jahr 1917 Ölschiefer abgebaut und zu dem von der Kosmetikindustrie begehrten Steinöl verarbeitet wurde, beginnt oder endet, ganz wie man will, der breit angelegte Pertisauer Promenadenweg, welcher die Teilnehmer dann zum ersehnten Ziel auf der Wiese vor dem Fischergut führt.

Nur noch 2 km auf dem Promenadenweg Nach 23,2 Kilometern im Ziel

Zum Jubiläumslauf erreichte dies als Erster der Pole Bogdan Dziuba in 1:23:43 h vor dem Vorjahressieger Kris Moernaut aus Belgien in 1:25:27 h und dem Zillertaler Markus Kröll in 1:27:18 h. Dziuba war in Pertisau schon wiederholt am Start. Schon 2007 gewann er die Seeumrundung vor Jonathan Wyatt und auch zuvor in den Jahren 2006 und 2005 fand er sich auf einem Treppenplatz ein. Die Medaillen hätten aber auch schon bei Kilometer 15 vergeben werden können. An der späteren Einlaufreihenfolge hatte sich seit dort nichts mehr verändert, wenn auch der mehrfache österreichische Berglaufmeister Kröll den Steig als Schnellster durcheilte. Bis Kilometer 15 die Verfolgergruppe anführend, hatte sich Kröll zu spät auf ein energisches Nachsetzen der vor ihm liegenden Läufer gemacht. Die Bestzeit des Kenianers Sawe Elisha Kiprotich aus dem Jahr 2005 in 1:15:05 h blieb freilich unangetastet und scheint in Fels gehauen. Hatte Elisha Flügel?

In der Damenkonkurrenz entschied Alena Berasniova aus Weißrussland in einem Start Ziel Sieg und einer Zeit von 1:34:26 h das Rennen für sich. Zweite wurde Mikki Heiß (GER) aus Iffeldorf in 1:38:07 h vor der für die Spiridon Frankfurt startende Anke Holljesiefken in 1:42:55 h. Als schnellste Österreicherin erreichte Monika Hager vom SLCT Breitenbach als Fünfte in 1:44:58 h das Fischergut in Pertisau. Als besonderes Jubiläumsgeschenk erhielten alle Teilnehmer ein "Allround Belt" im Wert der Startgebühr von 28,00 €. Martin Tschoner, Geschäftsführer der Achensee Tourismus, zeigte sich hoch erfreut über den Erfolg und die Anziehungskraft des Achenseelaufs. In den 10 Jahren haben jetzt insgesamt mehr als 15.000 Läufer und Läuferinnen teilgenommen, was für sich spricht.

Bericht und Fotos von Johann Till

Ergebnisse und Infos unter laufen.achensee.info

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