Willi Wagner

Der Wunderläufer aus der Pfalz

von Holger Czäczine im November 2020 

Seit über 50 Jahren hält er die Pfalzrekorde über 3000m Hindernis und 5000m

Willi Wagner wurde 1941 in Neustadt an der Weinstraße geboren und wuchs in Bad Dürkheim auf. Schon als Kind und Jugendlicher half er im Familienbetrieb seines Vaters, der Winzer war. Sportlich war Willi bis zum 14. Lebensjahr bei den Dürkheimer Fußballern aktiv. Als sein Vater plötzlich in jungen Jahren starb, war Willi mit seinem Bruder im Familien-Weinbaubetrieb absolut gefordert. Damit war seine Fußballer-Karriere abrupt beendet.

So wurde Willi Wagner Winzer und der Sport spielte nun eine Nebenrolle in seinem Leben. Aber mit knapp 20 Jahren juckte es ihm doch in den Beinen und er schnürte noch einmal für ein Spiel die Fußballschuhe. Dabei bemerkte er aber, dass ihm total die Kondition fehlte. Deshalb fing er nun mit dem Lauftraining an. Mit Gleichgesinnten traf er sich zum Intervall-Training im Bad Dürkheimer Kurpark an der Saline. Später stellten sie das Training auf Ausdauerläufe bis zu einer Stunde und länger um. Die schönen festen Waldwege oberhalb von Bad Dürkheim im Gebiet an der Weilach luden die Laufpioniere aus der Kurstadt förmlich dazu ein. Willi trainierte nun mit seinen Vereinskollegen beim TV Bad Dürkheim. In seinen jungen Läuferjahren lief Willi Wagner unter anderem die 1500 Meter in 4:12 Minuten.

Um sich sportlich weiterzuentwickeln wechselte Willi Wagner ab 1963 für 3 Jahre zum ABC Ludwigshafen. Danach kehrte er wieder in seinen Heimatverein nach Bad Dürkheim zurück. Willi bemerkte, dass die 1500 Meter für ihn zu kurz waren und die 5000 Meter etwas zu lang waren. So wechselte er folgerichtig auf die 3000m-Hindernisdistanz, seine gute Sprungkraft hatte er schon beim Weitsprung-Training unter Beweis gestellt. Seinen ersten ernsthaften 3000m Hindernislauf bestritt der Bad Dürkheimer im Jahre 1966 im Weinheimer Sepp-Herberger-Stadion. In 9:07 Minuten blieb er nur knapp über der 9 Minuten-Marke. Diese knackte er dann in 1967 als Vierter der Deutschen Meisterschaften in 8:51 Minuten.

Seinen ersten Länderkampf-Einsatz im deutschen Nationaltrikot mit dem roten Brustring hatte Willi Wagner 1967 gegen Norwegen in Lübeck. Insgesamt bestritt der laufende Winzer aus der Kurstadt 25 Länderkämpfe für das deutsche Nationalteam. Ab 1967 wurde er alle drei Wochen zum National-Kader-Training nach Darmstadt eingeladen. Oft trainierte Willi in Darmstadt auch mit den deutschen Marathonläufern und stellte dabei seine sehr gute Ausdauer unter Beweis.

Im März 1994 dominierte Willi Wagner bei den Deutschen Meisterschaften im Crosslauf seine Altersklasse
Foto © LaufReport Archiv

Im Jahre 1968 unterbot der laufende Winzer beim Leichtathletik-Sportfest in Wiesbaden die Olympia-Norm von 8:40 Minuten mit 8:34. So nahm Willi Wagner 1968 erstmals an den Olympischen Sommerspielen, die in Mexiko-City stattfanden, teil. Hier war er aber noch zu unerfahren um im "Konzert der Großen" mitzumischen. Anfang des Jahres 1970 wechselte der Pfälzer Hindernis-Spezialist zum TV Wattenscheid. Unter anderem lief er einmal für seinen neuen Verein aus dem Ruhrpott innerhalb von 2 Stunden die 1500m in 3:47 und die 5000m in 13:50 und sammelte so als Doppelsieger wichtige Punkte für die Deutsche Mannschaft-Meisterschaft.

Beim Leichtathletik-Meeting im Olympiastadion von Helsinki lief er im Sommer 1972 Deutschen Rekord über 3000m Hindernis in 8:26,4 Minuten. Damit war er auch für die Olympischen Spiele in diesem Jahr in München qualifiziert, seine zweite Olympiateilnahme. Das Jahr 1973 war sein letztes Jahr im blauen Trikot des TV Wattenscheid. In diesem Jahr lief Willi Wagner auch noch seine Bestzeiten über alle Strecken: die 1500 Meter in 3:45, die 3000 Meter in 7:56, die 3000 Meter Hindernis in 8:26,2 und die 5000 Meter in 13:46 Minuten. Seine 10000m Bestleistung datiert schon aus dem Jahr 1968 und steht bei 29:05 Minuten.

Willi kehrte 1974 zum TV Bad Dürkheim zurück und war weiterhin läuferisch aktiv. Im März 1982 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des LC Bad Dürkheim, der aus der Leichtathletikabteilung des TV Bad Dürkheim hervorging und nun als selbstständiger Laufclub noch mehr alle Laufdisziplinen in den Focus nahm. Als Sportwart war er viele Jahre beim LC Bad Dürkheim nicht nur läuferisch aktiv. Seine Marathonbestzeit lief Willi Wagner 1989 im Alter von 48 Jahren mit 2:24 Stunden in München, ein paar Jahre vorher lief er bei seinem Marathon-Debüt in Frankfurt bereits eine 2:30 Stunden.

 

Willi spürte Anfang der 90er Jahre aber, dass der Laufsport nicht alles für ihn ist. Mittlerweile genießt er sein Rentnerleben mit seiner Gattin Ellen in der Kurstadt und seinem großen Garten mit Wochenendhaus in Wachenheim. Rückblickend sagt Willi Wagner: "Durch den Sport habe ich viele Länder der Welt bereist und sehr viele interessante Menschen kennengelernt." Allein in Finnland war er sechzehn Mal bei Meisterschaften und Sportfesten am Start. Die finnischen Veranstalter luden ihn und seinen laufenden Mitstreiter Harald Norpoth von Ratio Münster sehr gerne ein.

Bei der Crosslauf-DM in Iffezheim am 8.3.1992 v.l.: Claus Waldmann, Willi Wagner, Kurt Kaiser - Foto © Dr. Henning Schneehage

Willi Wagner hält noch heute die Pfalzrekorde im 3000m Hindernislauf (8:36,4/ Wiesbaden 1968) und im 5000m Lauf (13:54,6/ Zürich 1968). Außerdem ist er noch westfälischer Rekordhalter der Altersklasse M30 über die Hindernisse in 8:26,2 Minuten (Helsinki, 1973).

Das LaufReport-Team wünscht Willi Wagner noch viele schöne Jahre bei bester Gesundheit!

Das Porträt "Wilhelm 'Willi' Wagner" erstellte Holger Czäczine
Fotos Privat und LaufReport-Archiv,

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