Herbert Steffny wird 70 Jahre alt

Gewinn der Bronzemedaille bei der Europameisterschaft '86
war Karriere-Höhepunkt

Als Veranstalter von Lauf-Seminaren, als Trainer, als Buchautor und jetzt als Vogel-Fotograf erfolgreich

von Winfried Stinn im September 2023 

Immer noch topfit. Kurz vor seinem 70. Geburtstag hat Steffny in Südtirol mit dem Rennrad (nicht E-Bike) das Stilfserjoch, mit einer Höhe von 2757 Meter der höchst gelegene asphaltierte Pass der Alpen, überquert. Für den bekannten Maler Thomas Zipfel war diese Leistung eine Karikatur wert - Karikatur © Thomas Zipfel

Herbert Steffny, einer der erfolgreichsten deutschen Marathonläufer, wird am 5. September 70 Jahre alt. Steffny wurde am 5. September 1953 in Trier als jüngstes von fünf Kindern geboren und lebt seit 1977 in Südbaden. Zunächst zog er nach Freiburg, wo er sein Studium als Diplom-Biologe absolvierte und seit 31 Jahren wohnt er in Titisee. Seinen größten Erfolg feierte er 1986 bei der Europameisterschaft in Stuttgart, mit dem Gewinn der Bronzemedaille über die Marathon-Strecke. Steffny, der sich drei Jahre zuvor dem PTSV Jahn Freiburg angeschlossen hatte, gewann damit als erster und einziger Läufer der damaligen Bundesrepublik eine Medaille bei einer internationalen Marathonmeisterschaft.

 

"Der Gewinn der Bronzemedaille ist schon etwas Besonderes. Aber das eigentliche Highlight war, dass die Europameisterschaft im eigenen Land stattfand. Unbeschreiblich war die Stimmung der rund 40.000 Zuschauer, als ich als Dritter ins Stuttgarter Stadion einlief. Die Zuschauer haben mich mit stehenden Ovationen gefeiert, als wäre ich Europameister geworden". Der Medaillengewinn war eine Sensation. "Top 10 war das Ziel, aber insgeheim habe ich mir gesagt, wenn alles gut läuft, dann behalte mal die Bronzemedaille im Auge" so Steffny. "Dieser internationale Erfolg hat nicht nur mir zum Durchbruch verholfen, sondern auch damals, neben meinen Siegen bei den deutschen Marathons, maßgeblich zur Anerkennung des Marathonlaufs in der deutschen Leichtathletik beigetragen", führt der erfolgreiche Langstreckenläufer weiter aus.

Auch nach 37 Jahren ist der Glanz der Marathon- EM-Bronzemedaille von 1986 nicht erloschen. Im Hintergrund der Titisee, hier lebt Steffny seit 30 Jahren

"Wenn auch die EM-Medaille mein größter Erfolg ist, der internationale Durchbruch gelang mir zwei Jahre früher, als ich beim New York Marathon, der weltweit berühmteste Marathon, den dritten Platz belegte". Sieben Wochen nach dem Gewinn der EM Bronzemedaille bestätigte er diese Leistung beim Chicago-Marathon, wo er als fünfter mit 2:11:17 Stunden seine persönliche Bestleistung aufstellte.

 

Seine Gesamtbilanz lässt sich sehen: EM-Bronze im Marathonlauf, 16 Deutsche Meisterschaften im Einzel und mit der Mannschaft über 10.000 m, 25 km, Marathon, Cross und Berg, Siege bei Marathon Klassikern wie Frankfurt (1985, 1989, 1991), München (1989), Pittsburgh (1991), ein dritter Platz beim New York Marathon 1984, sowie die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1988, an der Weltmeisterschaft 1987 und am Marathon Weltcup 1985. Auch als Senior konnte Steffny noch einige Erfolge erzielen. So gewann er beim 100. Boston Marathon die Masters-Wertung. "Die Masters Wertung wollte ich gewinnen. Mit dem Ziel bin ich beim Boston Marathon an den Start gegangen".

Herbert Steffny siegt beim Frankfurt Marathon 1985 in 2:12:12. In Frankfurt steht er drei Mal ganz oben auf dem Siegerpodest
Foto © Gustav E. Schröder

Mit 50 Jahren gewann er, nun im Trikot des SV Kirchzarten, in der Klasse M50 im Cross, 10.000 Meter und Marathonlauf nochmals drei deutsche Meistertitel.

Seine Karriere begann in seinem Geburtsort Trier. Schon als Schüler und Jugendlicher konnte er beim TVG Trier Erfolge erringen. Seinen ersten Wettbewerb bestritt Steffny als neunjähriger Junge. Weil dem TVG Trier zwei Läufer für die 4 mal 50 Meter Staffel fehlten, sprangen er und sein älterer Bruder ein. "Die Urkunde habe ich heute noch", erinnert sich Steffny, der aus einer sportbegeisterten Familie stammt, gerne an sein erstes Wettkampferlebnis. Sein Bruder Manfred, Herausgeber der Laufzeitschrift "Spiridon", war 1968 und 1972 Olympiateilnehmer im Marathonlauf. Als Schüler hatte Herbert Steffny auch Erfolge im Mehrkampf. Vor allem der Hochsprung, und der damals neu aufkommende "Fosbory-Flop", bereiteten ihm Freude. "Ich sprang als 15jähriger 1,68 Meter und konnte mich damit im Rheinland unter den besten zehn platzieren."

Sein Talent für die längeren Strecken kristallisierte sich erst nach einem Wachstumsschub heraus.

 

Siege bei regionalen Crossläufen, Siege bei Kreis- und Bezirksmeisterschaften sowie zweite Plätze bei den Rheinlandwaldlauf- und Deutschen Crosslaufmeisterschaften, deuteten auf eine verheißungsvolle Karriere hin. Doch 1972 unterbrach er zunächst seine erfolgsversprechende Laufbahn um sich ganz auf das Biologiestudium in Freiburg zu konzentrieren.

"Das Studium war und ist mir bis heute sehr hilfreich. Die Biologie ist die Grundlage von Trainingslehre, Sportmedizin oder Ernährungswissenschaft. Insofern war meine Uni-Karriere nicht umsonst, das fließt in Bücher oder Vorträge mit ein."

Die EM Bronzemedaille, seine erfolgreichste Buchveröffentlichung "Das grosse Laufbuch" und der Vogelkalender gehören neben den Laufseminaren zu Steffnys großen Erfolgen.

Nach elf Jahren "Abstinenz" vom Leistungssport begann Steffny 1983 seine zweite Karriere. Der "Wahl-Freiburger" schloss sich dem PTSV Jahn Freiburg an. Im gleichen Jahr wurde er Deutscher Hochschulmeister und Deutscher Seniorenmeister (M30). Beide Titel errang er über 10.000 Meter. Nur ein Jahr später gewann er in Waldniel die Deutsche Meisterschaft über 25 km. Den Marathontitel hatte er zuvor als Zweitplatzierter nur um sechs Sekunden verpasst. Erstmals trug er 1984 das Nationaltrikot.

Trotz der guten Leistungen und der Erfüllung der Olympianorm wurde Steffny vom DLV nicht für die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles nominiert. "Er sei zu alt", begründete der DLV gegenüber dem damals 31jährigen. Eine groteske Aussage, berücksichtigt man, dass gerade im Ausdauersport die Älteren ganz weit vorne zu finden sind. Mit Wut im Bauch schaffte er noch im Olympiajahr beim New York Marathon mit einem ausgezeichneten dritten Platz den internationalen Durchbruch. 1985, mittlerweile gehörte er zum B-Kader, verteidigte er seinen deutschen 25 km Titel und gewann die deutsche Marathonmeisterschaft.

1986 wurde Steffnys erfolgreichstes Jahr. Das Jahr 1986 stand ganz im Zeichen der Leichtathletik-Europameisterschaft in Stuttgart. Zusammen mit Ralf Salzmann lief er sein größtes Rennen. Vor heimischem Publikum gewann er als Dritter vor Salzmann die Bronzemedaille mit der Zeit von 2:11:30 Stunden. Es war der erste und es blieb auch der einzige Medaillengewinn bei einer internationalen Meisterschaft im Marathonlauf für einen Läufer aus der damaligen Bundesrepublik. Nur wenige Monate später bestätigte er diese Top-Leistung und lief in Chicago mit 2:11:17 Stunden seine persönliche Bestzeit, die dann auch als seine Karriere-Bestzeit Bestand haben sollte.

Ebenfalls 1986 verlieh ihm die Deutsche Olympische Gesellschaft die "Fairplay-Medaille". Für eine Überraschung sorgte er 1987, als er bei der deutschen Meisterschaft über 10.000 Meter die Spezialisten besiegte und sich damit seine erste deutsche Meisterschaft auf der Bahn holte.

 
Herbert Steffny auf dem Weg zu seinem dritten Sieg beim Frankfurt Marathon 1989 - Foto © LaufReport

Ein weiterer Karrierehöhepunkt sollten die Olympischen Spiele 1988 in Seoul werden. Auf Grund seiner guten Resultate war er vom DLV für Seoul vornominiert, sodass er sich intensiv auf die Spiele vorbereiten konnte. Doch das Olympia-Pech blieb ihm treu, die Mannschaftsärzte erteilten ihm wegen einer fiebrigen Grippe unmittelbar vor dem Rennen Startverbot. Auch diese Enttäuschung steckte er weg und stellte die nacholympische Saison unter das Motto "Rache für Seoul". Den großen Worten ließ er prompt Taten folgen. Er gewann die Deutsche Crosslauf-Meisterschaft, wurde mit der Mannschaft Vizemeister im Cross und Deutscher Meister im Bergauf.

1995 gelang dem zwischenzeitlich 42jährigen Ausnahmeläufer, nach einer längeren verletzungsbedingten Wettkampfpause, ein eindrucksvolles Comeback. Schon im Frühjahr lief er beim Boston Marathon 2:21:38 Stunden. Mit 2:18:35 Stunden blieb er im Herbst beim Twin City Marathon erstmals wieder unter der begehrten 2:20 Stunden Marke. Zuvor hatte er bereits im Halbmarathon mit 1:05:41 Stunden einen neuen deutschen Masters-Rekord aufgestellt. Ein Jahr später trumpfte Steffny nochmals ganz groß auf. Er gewann beim 100. Boston Marathon die Masterswertung. Trotz starker Schmerzen hielt er den Lauf durch, lief nochmals mit 2:19:33 Stunden eine akzeptable Zeit. Ein erneutes Comeback feierte Steffny mit 50 Jahren und wurde, nun im Trikot des SV Kirchzarten, Deutscher Seniorenmeister in der M50 im Cross- und Marathonlauf sowie über 10 Kilometer, wobei er mit 32:31 Minuten eine deutsche Seniorenbestleistung aufstellte.

Seinen letzten Marathon bestritt Steffny 2006 beim Medoc Marathon in Bordeaux "Das war aber ein nicht zu ernst zu nehmender Lauf. Unterwegs gab es Rotwein, Schinken, Kuchen und Austern. Das hat riesig Spaß gemacht und ich genoss ohne Leistungsdruck diesen Lauf als Gourmetläufer durch die Weinlandschaft. Nach 6:26 Stunden erreichte ich das Ziel", erzählt er schmunzelnd.

 

Für das sportliche Lebenswerk wurde er im Vorjahr, gemeinsam mit seinem Bruder Manfred, von German Road Races ausgezeichnet. Auch machte sich Steffny einen Namen als Trainer, u.a. vom ehemaligen Außenminister Joschka Fischer, als Co-Kommentator im Fernsehen bei City Marathons, als Journalist und Fotograf für Fachzeitschriften (auch für LaufReport) und als Leiter von Laufseminaren im In- und Ausland. Dabei sind so reizvolle Urlaubsziele wie Fuerteventura, Mallorca, Hawaii und Kenia die Highlights. Im Schwarzwald, konnte er u.a. mit dem Olympiasieger in der Nordischen Kombination von 1960 Georg Thoma und dem mehrfachen Deutschen Berglaufmeister und WM-Medaillengewinner Charly Doll namhafte Referenten gewinnen.

Herbert und Manfred Steffny wurden im Vorjahr von German Road Races für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Hier gemeinsam im Journalisteneinsatz beim Trierer Silvesterlauf 2017
Foto © LaufReport

Die beiden nächsten Laufseminare finden noch im September auf Borkum und Usedom statt.

Besonders erfolgreich ist er als Buchautor. Acht Bücher veröffentlichte er bislang, rund 1,5 Millionen wurden verkauft. Zum Standardwerk avancierte sein umfangreichstes Buch "Das große Laufbuch", das jetzt in der elften Auflage erschienen ist. Übersetzt wurden seine Bücher in viele Sprachen, u.a. auch in Chinesisch.

Neben dem Laufsport begeistert sich der Diplom Biologe Steffny für die Natur. "Auch bei meinen Dauerläufen beobachte ich die Natur, das ist gerade hier oben im Schwarzwald faszinierend. Seit Jahren interessiere ich mich für Vögel, die ich nun mit dem Teleobjektiv jage". Wegen der Corona-Pandemie konnte Steffny keine Seminare durchführen. "Ich hatte praktisch zwei Jahre Berufsverbot". Statt zu jammern nutzte Steffny die Zeit um sich als Biologe noch intensiver mit der Natur und der Vogelfotografie zu beschäftigen. Und mit Erfolg. Zurzeit stellt er für das Jahr 2025 seinen dritten 365 Tages-Vogelkalender zusammen. Wie beim Sport, sowohl als Aktiver oder Trainer, ist auch als Naturfotograf Geduld und Ausdauer gefragt. "Geplant ist ein Buch mit dem Titel "Vögel vor der Kamera".

Steffny engagiert sich auch beim Nabu-Hochschwarzwald. So war er maßgeblich beteiligt an der Erhaltung des Wiesler Moors, eine vom Biber geschaffene einzigartige kleine Seenlandschaft, an der sich bisher über 70 verschiedene Vogelarten angesiedelt haben. Wenige Wochen vor seinem 70. Geburtstag wurde dort ein Beobachtungsturm eingeweiht, wobei Steffny als Biologe über die Hintergründe des Moores und die Ansiedlung der Biber berichtete.

 
Mit 70 Jahren ist Herbert Steffny, statt auf der Jagd nach neuen Bestzeiten, nun ständig auf der Jagd mit der Kamera nach Vögeln Bibern usw.

So wird es Herbert Steffny, der zwei erwachsene Kinder hat, auch mit 70 Jahren bestimmt nicht langweilig werden. Er hat auch kein Problem damit, dass er nun 70 Jahre alt ist. "Wichtig ist, dass ich mich so fit fühle, dass ich weiterhin Laufseminare leiten kann, Kraft und Ausdauer für mein Engagement bei der Naturschutzorganisation NABU habe und meiner Leidenschaft der Vogel-Fotografie nachgehen kann". Und fit hält er sich durchs Laufen, Radfahren und im Winter mit Skilanglauf. Mit dem Rad fährt er auch regelmäßig von Titisee nach Zürich, wo seine Partnerin lebt. Kurz vor seinem Geburtstag hat er in Südtirol mit dem Rennrad (nicht E-Bike) das Stilfserjoch, mit einer Höhe von 2757 Meter der höchst gelegene asphaltierte Pass der Alpen, überquert und dort Bartgeier fotografiert.

So lassen sich die beiden Hobbys Sport und Natur, die Steffny zum Beruf machte, weiterhin optimal miteinander verbinden.

 

Herbert Steffny

geb. 5. September 1953 in Trier
Diplom-Biologe
wohnhaft seit 1992 in Titisee

Vereine: TVG Trier, PTSV Jahn Freiburg, SV Kirchzarten

Infos: www.herbertsteffny.de

 
Seine größten Erfolge:
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Bronzemedaille 1986 bei der Europameisterschaft in Stuttgart im Marathonlauf

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Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1988, am Weltcup 1985 und an der Weltmeisterschaft 1987

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16 Deutsche Meisterschaften im Einzel und Mannschaft

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Sieger verschiedener City Marathon, u.a. dreimal Frankfurt, München, Pittsburgh

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3. Platz beim New York City Marathon 1984

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1. Platz Masterswertung beim 100. Boston Marathon 1996

 

Bestzeiten

5.000 Meter

13:46,74 Minuten

1987

10.000 Meter

28:31,33 Minuten

1987

Halbmarathon

1:03:33 Stunden

1987

25 km

1:14:33 Stunden

1986

Marathon

2:11:17 Stunden

1986

Das Portrait "Herbert Steffny" erstellte Winfried Stinn
Fotos © Winfried Stinn, Gustav E. Schröder, Constanze Wagner, Thomas Zipfel

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