Porträt Stefan Schmid

Der Überraschungs-Coup zum Mitteldistanzmeister

von Birgit Schillinger im März 2010

Stefan Schmid hatte letzten Sommer den perfekten Tag seiner bisherigen Laufbahn als Triathlet erwischt. Bei den Deutschen Meisterschaften über die Mitteldistanz in Immenstadt kam der jetzt 28-jährige zu seinem ersten DM-Titel. Nach dem Schwimmen (2km) rannte er als 38. zu seinem Rennrad und startete eine grandiose Aufholjagd. Als Sechster ging er auf die Laufstrecke. Hier arbeitete sich der ehemalige Mittelstreckler auf Rang zwei vor. Als er 400m vor dem Ziel merkte, dass der Führende schwächelt, nutzte er seine Laufschnelligkeit zu einem langen Endspurt, der ihn als Erster die Ziellinie überqueren ließ.

» » »

LaufReporterin Birgit Schillinger stellte dem erfolgreichen Newcomer einige Fragen.

Was war der Anlass, vom Mittelstreckler zum Triathleten zu „mutieren“?

Schon in meiner Zeit mit „reinem“ Lauftraining hab ich immer die Abwechslung im Training gesucht. Oft sind dadurch meine sogenannten langen Abenteuerläufe entstanden, bei dem ich einfach quer durch den Wald gerannt oder durch Flüsse gewatet bin (beliebt bei meinen Trainingskollegen). Die brachten mir die nötige Lockerheit und Motivation für das für mich doch eintönig gewordenen Lauftraining. Dann war ich 2007 durch einen Fersensporn lauftechnisch außer Gefecht und bin in dieser Zeit öfters mal geschwommen und Rad gefahren. Als ich dann wieder ein wenig laufen konnte, beschloss ich, beim Horaffen Triathlon in Crailsheim teilzunehmen, weil mir das Ausgleichstraining doch irgendwie gefallen hatte. Aber ganz von ungefähr kommt die Affinität zum Triathlon nicht, da ich schon als 14-Jähriger einmal beim Welzheimer Triathlon mitgemacht habe. Es war damals schon so eine kleine Leidenschaft, die ich aber aus irgendwelchen Gründen aus den Augen verlor. Aber zum Glück habe ich sie ja wieder gefunden.

Und so hab ich dann 2008 für den Post SV Tübingen meine erste Triathlonsaison gemacht und starte nun für den TSV Crailsheim in der ersten BaWü Liga.

Durch meine Läufervergangenheit profitiere ich jetzt noch bei der Abschlussdisziplin im Triathlon. Das ist natürlich eine schöne Nebensache.

Deutsche Meisterschaft in Immenstadt 2009

Das Schwimmen war sicher das größte Problem, wie hast du es gemeistert?

Ja, mit dem Schwimmen hatte oder bzw. habe ich am meisten Probleme, obwohl es mir tierisch viel Spaß macht, aber von Spaß alleine kommt eben auch keine Topleistung. Mit dem Radfahren kam ich dagegen gleich gut zurecht, obwohl ich bei rasanten Abfahrten immer noch ein Schisser bin und das wohl gegenüber den etablierten Triathleten immer ein kleiner Nachteil sein wird.

Das Schwimmen habe ich größten teils autodidaktisch gelernt. Mit Hilfe von TV-Ausschnitten von Schwimmmeisterschaften oder Olympischen Spielen und youtube-Videos habe ich versucht, mir die Technik und Tricks abzuschauen. Nun versuche ich eben durch Fleiß mein Defizit irgendwie zu verbessern und meinen Rückstand aufzuholen. Aber die Lücke zu den Top Athleten vollständig zu schließen, das wird mir wohl nicht mehr gelingen. Da muss ich eben dann doch noch mit dem Radfahren und Laufen die Kohlen aus dem Feuer holen.

Wie empfindest du das Triathlontraining im Vergleich zum Mittelstreckentraining?

Die Abwechslung macht mir am meisten Spaß. Und vor allem das Radtraining, bei dem ich bei längeren Ausfahrten im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb unterwegs bin. Das ist für mich dann immer wie ein kleiner Kurzurlaub.

70.3 in Wiesbaden 2009

Wirst du weiterhin zunächst bei Kurz- und Mitteldistanzen starten? Ist ein Ironman geplant?

Ja, in dieser Saison werde ich beim Ironman in Klagenfurt teilnehmen. Ob ich dann bei einer Qualifikation auch nach Hawaii fahren werde ist noch ungewiss, da es doch eine finanzielle Belastung darstellt und ich keinen finanziellen Sponsor habe.

Worin siehst du deine Stärke? Wie erklärt sich dein sensationeller Erfolg, nach zwei Jahren Triathlon bereits deutscher Meister zu werden?

Ich denke meine Stärke ist noch meine „Frischheit“ im Triathlonsport. Durch meine frühere Leistungssportzeit im Laufen, bringe ich eine gewisse Grundausdauer mit und kann diese dann durch die noch frische und andauernde Faszination für den Triathlon einsetzen. Somit ist das Laufen immer noch meine Paradedisziplin.

Schömberg 2009 WM IRONMAN 70.3 Clearwater 2009

Wie kam es zu dieser verrückten Geschichte, die Strecke Ulm-Budapest mit Laufanhänger zu absolvieren (passt ja nicht so zum Mittelstreckentraining, oder)?

Ich wollte eben meine Faszination für Extremes und Ausdauersport kombinieren mit einem Abenteuer und einem Urlaub. Irgendwie kam ich dann auf die Strecke Ulm-Budapest. An der Donau entlang gibt es faszinierende Landschaften wie den Donaudurchbruch und die Wachau. Die Strecke ist zudem extrem flach, was es praktisch macht, um mit einem Laufanhänger unterwegs zu sein. Es hat mir auch riesen Spaß gemacht diesen Anhänger quasi zu „entwickeln“ und in Testläufen zu optimieren. Im Baumarkt zusammengesuchte Teile (Achse und Räder für eine Sackkarre, eine Teleskop-Malerstange als Deichsel, für die perfekte Einstellung und ein Werkzeuggürtel an dem mit einem Karabiner und Gartenschlauch die Deichsel befestigt war) waren die Grundbausteine, auf denen ich dann meine zwei Rucksäcke, eine Isomatte und eine Plane für die Nächte im Freien aufschnallte.

Es war eine eindrucksvolle Zeit. Zum einem merkt man, zu was man eigentlich fähig ist. Denn rund 1000km in 20 Tagen sind dann doch ein Stück zu laufen…. Und zum anderen nimmt man die faszinierende Landschaft viel intensiver war und bekommt ganz andere Eindrücke, als wenn man „nur“ mit dem Rad durchfährt oder gar mit dem Auto.

Ja, so wirklich passt das nicht zu einem Mittelstreckler an sich. Aber in erster Form war ich begeisterter Läufer und nicht wirklich ein Spezialist, auch wenn ich einmal 2004 BaWü-Meister über 1500m wurde.

Zum Studium: Woran forschst du (kann man das Laien erklären)?

Ich habe Biologie auf Diplom studiert und mache nun meine Doktorarbeit an der Uni Klinik in Tübingen. Ich bin in der Parkinsonforschung involviert und untersuche die Einflüsse und funktionellen Veränderungen einer gewissen genetischen Mutation, die gehäuft bei Parkinsonpatienten auftritt.

Zur Internetseite von Stefan Schmid http://www.stefan-schmid.net

Das Portrait "Stefan Schmid" erstellte Birgit Schillinger
Fotos privat

Zu weiteren Portraits bei LaufReport klick HIER

Zu aktuellen LaufReport-Inhalten klick HIER

© copyright
Die Verwertung der Texte und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de Redaktion (Adresse siehe unter IMPRESSUM) unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.