Lisa Oed

Mit Lust und Freude Läuferin

erstellt von Thomas Guthmann im November 2018  

In der deutschen Laufszene ist ein neuer Stern am Aufgehen: Lisa Oed macht seit ein paar Jahren immer öfter von sich reden und läuft von Erfolg zu Erfolg. So erkämpfte sie sich bei der diesjährigen Berglaufweltmeisterschaft in Canillo (Andorra) im September die Silbermedaille in der weiblichen Jugend U20 über 7,3 Kilometer und 576 Höhenmeter in 41:54 min. Dieser Triumph war für sie besonders emotional, nicht nur weil ihre Eltern zum ersten Mal im Ziel auf sie warteten, sondern auch, weil es ihre erste WM-Einzel-Medaille war.

 

Dieser bislang größte Erfolg ihrer Laufkarriere hat seinen Ursprung im kleinen und beschaulichen Rodgau des Rhein-Main-Gebiets, in dem Lisa seit ihrer Geburt 1999 aufgewachsen ist. Ihre sportlich aktiven Eltern nahmen als Hobbysportler an Lauf- und Triathlonwettkämpfen teil und legten Lisa die Freude an Bewegung sozusagen mit in die Wiege: Schon als Kleinkind hatte sie großes Vergnügen daran, mit anderen Kindern Sport zu treiben. Dabei spielte es keine Rolle, ob es Ballett, Turnen, Fußball, etc. war. Den meisten Spaß bereitete ihr jedoch die Leichtathletik, weshalb sie bereits im Alter von drei Jahren der LG Rodgau beitrat und im Herbst 2002 beim Hexenlauf in Rodgau Weiskirchen an ihrem ersten Wettkampf über 1 km teilnahm.

Der Ehrgeiz, sich mit anderen zu messen, war geweckt, sodass weitere Wettkampfteilnahmen in der Region - vor allem in Seligenstadt - folgten.

Lisa beim Hexenlauf in Rodgau Weiskirchen im Jahr 2007

Trainierte sie als Kind anfangs noch vorwiegend in der LG Rodgau und nahm an Leichtathletikwettkämpfen mit allen dazugehörigen Disziplinen teil, wechselte sie 2007 zum VfL Münster und fokussierte sich verstärkt auf den Triathlon. Jedoch kristallisierte sich für sie die Leidenschaft und Freude am reinen Laufen immer mehr heraus und mit Eintritt in den SSC Hanau-Rodenbach (2008), der den dominierenden Laufverein für Kinder und Jugendliche in der Rhein-Main-Region darstellt, wurde der Fokus immer weiter auf das Laufen gelegt. Ganz zu schweigen davon, dass dies ihr noch deutlich mehr Spaß bereitete als Mehrkampfwettbewerbe.

 

Der Teamgeist und die gegenseitige Unterstützung innerhalb des SSC Hanau-Rodenbach und das strukturierte, völlig auf das Laufen ausgelegte Training sorgten dafür, dass sich das Leistungsvermögen der jugendlichen Lisa weiter steigerte. Im Jahr 2010 nahm Lisa an ihren ersten Hessischen Meisterschaften im Crosslauf teil und belegte sowohl im Einzel, als auch mit der Mannschaft Platz 1. Seitdem folgten zahlreiche Hessische und Deutsche Meistertitel über verschiedene Distanzen. Nach und nach wurde das Training unter Anleitung von Sascha Arndt immer professioneller und im Jahr 2014 war es dann soweit: Lisa erlief sich bei den Deutschen Meisterschaften über 3.000 m in der für ihr Alter sehr starken Zeit von 10:06 min die Bronzemedaille.

Lisa mit ihrem Trainer Sascha Arndt

Im Jahre 2017 gelang ihr dann der internationale Durchbruch: Bei der Berglauf-Europameisterschaft im Juli in Kamnik (Slowenien) gewann sie in der weiblichen Jugend U20 über 4,4 Kilometer und 430 Höhenmeter in 23:16 min die Goldmedaille. Bereits zwei Wochen später erlief sich Lisa - völlig unerwartet - bei der U20-Europameisterschaft in Grosseto (Italien) über 3.000 m Hindernis in 10:00,79 min ihre zweite Goldmedaille und machte damit ihr Sommermärchen perfekt.

 

Bei der langen Laufnacht in Karlsruhe im Mai 2018 lief sie in einem sehr schnellen 5.000 m Rennen mit der Zeit von 16:09,34 min Hessischen Rekord und im Juli 2018 belegte sie bei der U20-Weltmeisterschaft in Tampere (Finnland) im Rennen über 3.000 m Hindernis als beste Europäerin Platz acht in neuer persönlicher Bestzeit von 9:57,45 min. Diese Zeit ist auch deshalb so bemerkenswert, da es noch keine weitere deutsche U20-Athletin außer Gesa Felicitas Krause (im Jahr 2011) geschafft hat, unter der 10-Minuten-Marke im 3.000 m Hindernislauf zu bleiben.

Lisa Oed holte Gold über 3.000 m Hindernis bei den U20-Europameisterschaften in Grosseto

Somit kommt es nicht von ungefähr, dass Lisa bereits als Nachwuchshoffnung von Gesa gefeiert wird, die das deutsche Aushängeschild im Hindernislaufen ist.

 

Das für Lisa bereits sehr erfolgreiche Jahr komplettierte sie noch durch die Teilnahme am New York Marathon, wo sie bei ihrem Marathondebüt als 32. Frau und als schnellste Deutsche das Ziel in 2:52:16 Std. erreichte. Dem nicht genug: so qualifizierte sie sich bereits eine Wochen später im Rahmen des Crosslaufs in Pforzheim für die Cross EM in Tilburg (Niederlande). Zu Recht wurde Lisa Mitte November für ihre außerordentlichen Leistungen und nationalen sowie internationalen Erfolge als beste Nachwuchsläuferin des Jahres 2018 bei der Jahrestagung der German Road Races ausgezeichnet.

Darmstadt-Cross OK-Chef Wilfried Raatz ist auch im Vorstand der GGR und freute sich mit Lisa über die gelungene EM-Generalprobe in Darmstadt

Um auf diesem hohen Niveau laufen und nationale sowie internationale Erfolge feiern zu können ist vor allem Zeitmanagement und Disziplin gefragt, denn Training und Studium unter einen Hut zu bringen ist nicht immer einfach. Ihr Medizin-Studium macht es Lisa nicht möglich, zwei Trainingseinheiten am Tag zu absolvieren. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass Qualität wichtiger als Quantität ist und so streut sie gerne auch eine Laufeinheit zwischen das Lernen ein. Vor ihrem Medizinstudium in Frankfurt war sie für ein Semester im Rahmen ihres Biochemie-Studiums in den USA an der Mississippi State University (Starkville) und hat dort Erfahrungen sammeln können wie es ist, wenn Sport und Studium besser vereinbar sind und mehr Unterstützung erfahren. Dort konnte sie auch in einer Gruppe mit gleichschnellen Läuferinnen trainieren, da es in den USA generell eine höhere Leistungsdichte gibt und sich dies auch in den amerikanischen Uni-Teams widerspiegelt. Doch trotz dieser sportlichen Vorteile wechselte Lisa nach einem Semester Biochemie auf Medizin und kehrte wegen der hierfür besseren Studienbedingungen zurück nach Deutschland.

Hier in Deutschland trainiert sie mit den schnellen Jungs des SSC Hanau-Rodenbach. Dieses Training in der Gruppe und die Tempoeinheiten machen ihr deutlich mehr Spaß als alleine zu laufen. Bei langen Läufen zu Hause wird sie oft von ihre Mutter begleitet. Überhaupt ist sie für die Unterstützung, die sie durch ihre Familie erfährt sehr dankbar, da Entscheidungen bzw. Planungen nicht selten zu Gunsten von Lisas Training und/oder Wettkämpfen ausgerichtet wurden und werden.

 
Lisa wird von ihrer Mutter beim Training begleitet Volksläuferin Lisa Oed: Schnellste Frau bei der Rodgauer Winterlaufserie

Momentan ist Lisa stark auf Hindernisrennen, Distanzen um 5.000 m sowie Cross- und Bergläufe fokussiert. Für die Zukunft schließt sie jedoch nichts aus und kann sich auch vorstellen, dass sich Pläne und somit die Wettkampfstrecken ändern. Wichtig ist ihr vor allen Dingen, dass die Zusammenarbeit mit ihrem Trainer Sascha Arndt weiterhin so harmonisch und erfolgreich verläuft und, dass sie die Lust und Freude nicht verliert.

Sportlich gesehen sieht die Rodgauer Läuferin in Konstanze Klosterhalfen ein Vorbild und gerne würde Lisa einmal mit den Weltklasseathleten Mo Farah und Usain Bolt eine Runde joggen und quatschen. Und natürlich ist da dieser eine Traum, den viele Sportlerinnen haben: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Die Zukunft wird zeigen, ob die noch junge Sportlerin weiterhin von sich reden machen und von einem Erfolg zum nächsten laufen wird, sodass in ein paar Jahren vielleicht die Medien titeln: "Lisa Oed ist nominiert für die Olympischen Spiele".

Bestzeiten:

Strecke Zeit Jahr

2.000 m Hindernis

6:38,48 min

2018

3.000 m Hindernis

9:57,45 min

2018

1.500 m

4:30,74 min

2017

3.000 m

9:35,09 min

2018

5.000 m

16:09,34 min

2018

10 km Straße

34:42 min

2018

Marathon

2:52:16 std

2018

Das Porträt "Lisa Oed" erstellte Thomas Guthmann
Fotos © Thomas Guthmann, René van Zee und LaufReport Archiv

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