Herbert Missalla

Geboren: 5. Juni 1935

Geburtsort: Kerkrade/Holland

Vereine: DLC Aachen, SV Bayer 04 Leverkusen
TSV Bayer Dormagen

Email: hmissalla@arcor.de

Vom schmalen Handtuch zum Athleten

"Das Sportstudium hat mich erst vom schmalen Handtuch zum Athleten gemacht," bekannte 800-m-Läufer Herbert Missalla 1963 in einem Interview mit dem Berliner Sportjournalisten Hans Beger, der ihm großen Fleiß, vorbildliche Lebensweise, Härte gegen sich selbst sowie eine große Begeisterung für die Leichtathletik bescheinigte. An der Deutschen Sporthochschule  studierte der heute 70jährige von 1960 bis 1964 und hat neben Leichtathletik das Sonderfach Hockey belegt. Auch Schwimmen, das er nicht besonders liebte, stand auf der Speisekarte. Bevor der gelernte Textilkaufmann, der in Niederbardenberg bei Aachen aufwuchs und bereits eine leitende Stellung in einer Aachener Tuchfabrik bekleidete, zum Studium nach Köln ging, hatte er schon als Gymnasiast Erfahrungen in mehreren Sportarten wie Fußball, Feldhandball und Tischtennis gesammelt, ehe er sich beim SV Bayer 04 Leverkusen in der Leichtathletik einen Namen machte. 

Im Jahre 1968 auf Asche
und mit Zielband

An seinen ersten Entdecker wurde er vor kurzem durch den Tod des Herzogenrathers Rolf von der Laage schmerzlich erinnert. Dem früheren Mitarbeiter in der Asienredaktion der Deutschen Welle und späteren Mitglied der Grand-Prix-Kommission, der mit seiner Frau Gladys Chai die erfolgreiche Kölner Presse- und Fotoagentur ASVOM aufbaute, ist Missalla heute noch zu grossem Dank verpflichtet: "Ohne ihn wäre ich vielleicht nie zum DLC Aachen und damit zur Leichtathletik gekommen." Ein Lehrbuch, das der angehende Mittelstreckler "wie einen Krimi" verschlang, war Toni Netts  "Training des Kurz-, Mittel- und Langstrecklers", das ihm einen weiteren Motivationsschub gab. 

In Leverkusen wurde Trainer Bert Sumser, wie für zahlreiche andere Bayer-Athleten, der väterliche Freund. Der Kontakt mit dem heute 92jährigen im Altmühltal ist bis auf den heutigen Tag nie abgerissen. Unter "Bertl", wie seine Freunde ihn nannten, begann die eigentliche sportliche Karriere des Diplomsportlehrers mit der Teilnahme an 20 Länderkämpfen, zumeist an der Seite seines ständigen Partners Paul Schmidt. 

Zu seinen wertvollsten Erinnerungen an seine aktive Zeit zählen neben internationalen Wettkämpfen, die ihn ins europäische Ausland sowie nach Afrika und Südamerika führten, der sechste Platz bei der EM von 1958 in Stockholm und die Bronzemedaille bei der Hallen-EM 1966 in Dortmund nach einer Nierenoperation im Jahre 1964, die ihm den angestrebten Start bei den Olympischen Spielen von Tokio kostete. In die Rekordliste trug er sich mit der Nationalstaffel über Viermal-800-Meter in London ein, sowie mehrfach mit der Bayer-Staffel über Viermal-800-Meter und Dreimal-1000-Meter.

Gerda Bollwerk als Sprinterin und Ehefrau entdeckt

Eine glückliche Hand bewies Bert Sumser, der seinen Schützling als Sportlehrer für die Azubis des Bayerwerkes nach Dormagen empfahl. Eine entscheidende Wende im Leben von Herbert Missalla, der in der Chemiestadt als Trainer und schliesslich als Hauptgeschäftsführer des TSV Bayer nicht nur seine zweite Heimat fand, sondern auch  seine spätere Frau Gerda Bollwerk kennenlernte, die als erfolgreiche Sprinterin das Aushängeschild der damals von Willi Esser, dem späteren Begründer des Korschenbroicher Citylaufs, geführten Abteilung war.  

In der Zeit von 1970 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1995 wuchs die Mitgliederzahl  unter Missallas Regie von 1500 auf 5.300, wurde das schöngelegene Bayer-Stadion auf dem Höhenberg mit Kunststoffanlagen, Sporthallen und Klubhaus geschaffen, fanden internationale Leichtathletik-Sportfeste, Länderkämpfe und Meisterschaften statt. Zweimal war der "Höhenberg" Schauplatz des Endkampfes in der Bundesliga, für die sich Dormagen und Uerdingen zur Startgemeinschaft LAV Bayer vereinigten. Neben der Leichtathletik blühten auch andere Abteilungen wie Fechten, Schwimmen und nicht zuletzt Handball auf, dessen erste Mannschaft den Aufstieg in die Bundesliga schaffte.

Herbert Missalla als Hauptgeschäftsführer
des TSV Bayer Dormagen

Die Arbeit am Schreibtisch genügte dem ehemaligen Spitzensportler nicht. Was er bei Bert Sumser gelernt hatte, setzte er als LA-Trainer an der neuen Wirkungsstätte  erfolgreich um. Rund 20 Deutsche Meistertitel brachten seine Athleten, die er von der Jugend- bis zur Männer- und Frauenklasse betreute, nach Hause. Mit der Olympiateilnehmerin Elke Barth und der EM-Teilnehmerin Elvira Springsguth knüpfte er an die Erfahrungen an, die er schon während seiner Studienzeit als Trainer von Rita Wilden, geb. Jahn bei Alemannia Aachen gesammelt hatte, als er sie 1968 zum DM-Titel über 200 m und zur Teilnahme an den Olympischen Spielen in Mexico City führte.

Neben seiner Tätigkeit als Vereinstrainer stellte er sich zehn Jahre lang dem DLV als Bundestrainer für die Sprintjuniorinnen zur Verfügung, die bei der EM etliche Medaillen erringen konnten. Noch heute wird sein Wirken für den Leistungsstützpunkt Bayer Dormagen an den Erfolgen der beiden Stabhochspringer Lars Börgeling und Björn Otto aus dem Dormagener Stadtteil Straberg sichtbar, wo sich auch Hochsprungtrainer Jörg Thomaskamp und seine Frau Sabine geb.Evers, die Olympiadritte im Siebenkampf von Los Angeles, ansiedelten.

Als erfolgreicher Trainer mit den Sprinterinnen Elke Barth
und Elvira Springsguth (links) bei der DJM 1972 in Bielefeld

Heute verfolgt Missalla das Leichtathletikgeschehen mit kritischen Blicken nur noch von weitem: "Das Thema Doping hat dieser schönen Sportart sehr geschadet. Viele Athleten früherer Jahre haben sich abgewandt. Als ich die DM in Wattenscheid besuchte, habe ich kaum einen bekannten Athleten aus meiner Zeit getroffen." 

Was macht so ein rastloser Geist im "Unruhestand"? Herbert Missalla hat auch hier ein probates Mittel für sich selbst gefunden um fit zu bleiben: Er setzte sich gemeinsam mit seinem inzwischen erwachsenen Sohn Lars, der ein begeisterter Downhill-MTB-Fahrer ist, aufs Rad. Allerdings nicht um ein paar Runden rund um den Höhenberg zu fahren. Wenn er nicht gerade sein harmonisches Familienleben in der mittelalterlichen Rheinfeste Zons, dem schönsten Dormagener Stadtteil, geniesst oder zusammen mit seiner Frau auf Reisen ist, findet man ihn auf Tour im Süden Europas von Spanien bis Griechenland. Inzwischen hat er über 200.000 Kilometer auf den Tachos seiner fünf Renn-, MTB- und Tourenräder. Auch in diesem Jahr ist wieder eine Tour vom 9. Mai bis 2. Juni über die Pyrenäen, den Jakobusweg bis nach Santiago de Compostela fällig. Die späte "Entdeckung" Radsport muss ihm wohl in den Genen stecken. Sein Vater, ein erfolgreicher Jugendfahrer, drängte ihn jedoch nie in seine Fußstapfen zu treten. "Wahrscheinlich wäre ich ein besserer Radrennfahrer als 800-m-Läufer geworden," denkt er jetzt manchmal über seine Entscheidung zugunsten der Leichtathletik nach.

Bestleistungen

100 m

11,0

 

1000 m

2:20,7

200 m

22,0

 

1500 m

3:45,3

400 m

47,8

 

3000 m

8:27,0

800 m

1:47,0

 

5000 m

15:02,0

Herbert Missalla vorgestellt und fotografiert von: Gustav Schröder

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