Oliver Hoffmann

Im Kenia-Trainingslager das Laufen richtig lernen

von Helmut Schaake im April 2009

3000-Meter-Hindernismeister Oliver Hoffmann (TSV Kirchhain) zog aus, um in Kenia das Laufen richtig zu lernen. Ruhe – Konzentration auf das Training über einen relativ langen Zeitraum - Essen – Schlafen – Trainieren waren angesagt. In der leistungsfördernden Höhenluft von 2.360 Metern, wo das Blut vermehrt rote Blutkörperchen bildet, wurde auf den Pfaden und Wegen trainiert, die auch die kenianischen Wunderläufer nutzen.

Oliver Hoffmann, Hessenmeister und Vierter der Süddeutschen Meisterschaften in 9:21,86 Minuten, steht in der deutschen Bestenliste auf Rang 26 und verbesserte sich im letzten Jahr auf allen Laufstrecken. Er wurde am 26.10.1984 in Marburg geboren und betreibt seit seinem 8. Lebensjahr Leichtathletik beim TSV Kirchhain.

Bestzeiten:
800m 1:58,02 3000m 8:55,09
800m Halle 1:58,68 3000m Halle 8:38,42 (2009)
1000m 2:35,69 5000m 15:29,33
1500m 4:02,44 10000m 31:30,30 (2009)
1500m Halle 4:03,39    

Aus keinem anderen Land der Welt kommen so viele gute Läufer wie aus Kenia. Bei fast allen Straßenläufen weltweit und auch in Deutschland rennen die Athleten aus dem ostafrikanischen Rift Valley vorneweg. Von einem interessanten sechswöchigen Trainingslager kann der Rostocker Oliver Hoffmann (TSV Kirchhain) berichten. Neu motiviert und gestärkt durch viele unvergessliche Eindrücke, geht der hessische 3000-Meter-Hindernismeister in die neue Saison.

Bei Leistungssportlern ist es seit langem bekannt und wird schon seit Jahren angewandt. "Ab einer Höhe von etwa 2.000 Metern über N.N. sind die Auswirkungen einer Hypoxie, einer Unterversorgung mit Sauerstoff zu spüren. Der Körper beginnt, mehr rote Blutkörperchen, die für den Sauerstoff-Transport im Körper und für die Energiegewinnung lebensnotwendig sind, zu produzieren. Für den Leistungssportler im Ausdauerbereich ist dies im Wettkampf von großer Bedeutung.

Oliver Hoffmann auf der Bahn ... ... beim Cross ... ... und beim Hindernislauf

Trainingslager Kenia, Iten

Wieso warst du zum Trainingslager in Kenia?

Ich wollte Land und Leute kennen lernen, sehen, wie die Kenianer trainieren und etwas Neues erleben.

Wo warst du in Kenia?

In Iten, einem Dorf mit ca. 5.000 Einwohnern, etwa 300 Kilometer westlich von Nairobi. Ich habe im Trainingscamp von Lornah Kiplagat gewohnt.

Auf welcher Höhe liegt der Ort?

Iten liegt auf 2400m.

Wie ist die Zeitverschiebung?

+ 2 Stunden.

Wie war die Anreise?

Ich bin von Frankfurt über Kairo nach Nairobi geflogen. Bedingt durch schlechtes Wetter sind wir in Frankfurt später gestartet. Dadurch habe ich meinen Inlandflug von Nairobi nach Eldoret verpasst und bin dann mit einem Kleinbus mit 12 Kenianern die ca. 300 Kilometer nach Eldoret gefahren. Die sechsstündige Fahrt hat 700 Schilling (ca. 7 €) gekostet, der Flug kostet 70 €.

Wie lange hat es gedauert, bis du dich an die Höhe und das andere Klima gewöhnt hattest?

Mit dem Klima gab es gar keine Probleme. Die Luftfeuchtigkeit ist die gleiche wie zu zuhause. Um diese Jahreszeit (Januar) sind es am Tag ca. 25°C . Auch mit der Höhe gab es im Alltag keine Probleme, nur im Training musste ich die ersten anderthalb Wochen etwas langsamer laufen als in Deutschland.

Fotos von Laufstrecken in Kenia (Oliver Hoffmann)

Wie war die Ernährung?

Das Essen im Camp war sehr gut. Ich hatte keine Probleme. Das Essen war auf Läufer abgestimmt, mit vielen Kohlenhydraten, wenig Fleisch, viel frischem Obst und Gemüse. Zu trinken gab es Tee, Kaffee, Saft, Wasser und frische Milch.

Wie sah ein normaler Trainingstag aus?

Meistens bin ich um 5.40 Uhr aufgestanden. Um kurz nach 6 Uhr war das erste Training. Gegen 8 Uhr war Frühstück angesagt. Danach war Zeit für Einkäufe, Wäsche waschen (mit der Hand), einen Ausflug nach Iten oder Eldoret (ca. 30 km von Iten - rund 200.000 Einwohner). Um 13 Uhr gab es Mittagessen, gefolgt von einem Mittagsschlaf. Gegen 16 Uhr zweites Training. 19 Uhr Abendessen. Gegen 21 Uhr bin ich zu Bett gegangen.

Wie hat sich die Höhe auf das Training ausgewirkt?

In den ersten 1,5 Wochen standen nur leichte Dauerläufe auf dem Programm. Ich habe mein ganzes Training mit der Pulsuhr kontrolliert. Am Anfang war mein Puls ca. 20 Schläge höher als in Deutschland, aber mit der Zeit konnte ich das selbe Tempo wie in Deutschland mit dem selben Puls laufen. Die Tempoläufe sind mir aber in dieser Höhe viel schwerer gefallen, obwohl das Tempo gar nicht so hoch war.

Was hast du außer dem Training noch unternommen?

Ich bin öfters nach Eldoret gefahren, um dort ins Internet-Cafe zu gehen oder nach Iten auf den Gemüse- und Obstmarkt. An einem Tag habe ich den Bruder einer Camp-Arbeiterin besucht. Er ist ein guter Marathon-Läufer mit einer Bestzeit von 2:09 h. Zwei seiner Brüder - der eine hat eine Marathon-Bestzeit von 2:06 h, der andere von 2:10 h - und er haben von den Preisgeldern, die sie bei Straßenläufe in der ganzen Welt erlaufen haben, eine Schule gebaut. Ich besuchte sein Camp und die Schule. Danach gab es noch ein leckeres Mittagessen bei ihm zuhause. Er lud mich für mein nächstes Trainingslager in sein Camp ein. Am 10. Januar waren wir auf der Farm von Kip Keino. Dort war ein Cross-Rennen mit vielen starken Läufern, z. B. Asbel Kiprop oder Saif Saaeed Shaheen.

Wen hast du getroffen?

Ich habe viele Weltklasse-Athleten, Weltmeister und Olympiasieger getroffen. Unter anderen Lornah Kiplagat (ihr gehört das Camp), mehrfache Halbmarathon-Weltmeisterin, Cross-Weltmeisterin und Weltrekordlerin und Mo Farah, der gerade beim Europa-Cup in 7:40,99 min einen neuen britischen Hallenrekord über 3000m aufstellte. Und noch viele mehr.

10.000 m Winterbahnlauf Wetter mit Nr. 105 läuft Oliver Hoffmann mit Bestzeit auf den zweiten Platz

Was war das schönste Erlebnis?

Es gab sehr viele schöne Erlebnisse. Ein sehr schönes war der Besuch einer Schule. Alle Kinder wollten den "Muzungu" (so nennen sie die Weißen) anfassen, und ich habe mit Ihnen gespielt. Da der Schulbus kaputt war, mussten sie die Kinder mit einem Pick-Up nach Hause fahren. Ich saß hinten auf dem Pick-Up, habe den Kinder herunter geholfen und sie, wenn nötig, über die Straße gebracht. Sie fragten mich nach Geschenken. Ich habe Ihnen versprochen, dass ich beim nächsten Mal Fußbälle mitbringen werde. Ich stehe mit dem Besitzer der Schule, einem sehr guten Marathon-Läufer, in Kontakt und werde im April wieder runter fliegen (ist schon da).

Wie hast du trainiert und mit wem bist du gelaufen?

Ich habe viel Grundlagentraining gemacht. Es bestand aus vielen Dauerläufen, aber auch Bahntraining wie 1000m-Intervalle oder Bergsprints. Zusätzlich bin ich noch zwei Mal pro Woche ins Studio, wo Krafttraining und Gymnastik angesagt waren. Meine Dauerläufe habe ich meistens mit einer Frau aus dem Camp gemacht, die sich auf 10 km Straßenläufe vorbereitet hat. Mit den Männern bin ich selten gelaufen - die Kenianer machen aus jedem Dauerlauf ein Rennen -, nur wenn sie einen lockern Dauerlauf auf dem Plan hatten. Ich habe im Schnitt ca. 100 Kilometer pro Woche trainiert. In der Spitzenwoche waren es etwa 120 km.

Was hat das Trainingslager gekostet und wie hast du es finanziert?

Der Flug kostet ab Frankfurt ca. 600 bis 700 € mit Egypt-Air. Das Camp an sich hat pro Tag 30 € gekostet, inkl. Vollpension, Gebühren fürs Studio, Pool und Sauna. Leider musste ich alle Kosten selbst tragen, da ich noch keinen Sponsor habe. Ich hatte vorher 6 Wochen bei der Firma Hoppe AG in Stadtallendorf im Schichtdienst gearbeitet.

Wie sieht Deine weitere Planung für das Jahr 2009 aus?

Nach meinen Frühjahrsrennen in der Halle 3000m, Straße 10 km und Crossläufen und einem Grundlagentraining mit vielen Wochenkilometern, fliege ich im April nochmals für 4 Wochen nach Kenia, um mich auf die Bahnsaison vorzubereiten. Hauptziel für dieses Jahr ist die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften im 3000m Hindernislauf (Qualifikation 9:05 min). Der Fokus liegt ganz auf der Bahnsaison.

Eine Trainingswoche in Iten

  Morgens Mittags
Montag 13km locker 2h Gym./Kraft/Stabi
Dienstag 14km crescendo 4,9km reg.
Mittwoch 12km crescendo Siehe Montag + 4,9km locker
Donnerstag 9km reg. 4,9km locker
Freitag frei 2h Gym./Kraft/Stabi
Samstag Bahn: 4x2000m ca. 6:50 mit 1600m TP 7km reg.
Sonntag 16km reg. frei

Die lockeren DL’s waren so um 5 Minuten, die Crescendo von 5:20 bis 4:10. Fast alle alleine, weil die Kenianer aus jedem DL ein Rennen machen.

Montags, mittwochs und freitags stand immer Krafttraining an. Ich habe nur die 2 Stunden lange "Kraftgymnastik" mitgemacht, die aus vielen Stabilitätsübungen bestand. Die meisten Kenianer haben vorher noch Krafttraining an den Geräten gemacht. Da ich neben dem Fitness-Studio gewohnt habe, konnte ich sehen, dass viele Läufer 2-3 mal pro Woche zum Krafttraining gegangen sind, was deutlich mehr ist, als ich es von Deutschland her kenne.

Oliver Hoffmann wird Hessicher Meister auf seiner Paradedisziplin 3000 m Hindernis

Der erste Erfolg stellte sich schon nach 10 Tagen in Deutschland mit Platz drei bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften ein, wo sich Oliver Hoffmann (Uni Giessen) über 3000 Meter um 27 Sekunden auf tolle 8:38,42 Minuten verbesserte. Auch beim Leistungstest über 10.000 Meter (Winterbahnlauf in Wetter) verbesserte er sich trotz Minustemperaturen auf bemerkenswerte 31:30,30 Minuten und lief eine Woche darauf bei den Cross-Kreismeisterschaften der Konkurrenz über 8460 Meter davon. Letzter Wettkampf des ersten Saisonblocks waren die Hessischen Crosslaufmeisterschaften, wo er Vierter auf der Mittelstrecke wurde.

Danach hieß es wieder Kilometer sammeln. Bis zu 150 Kilometer in der Woche sollten es da schon sein. Mit der nötigen Grundlage flog Oliver Hoffmann am 2. April wieder nach Kenia. Dort holt er sich im bis zum 4. Mai dauernden Trainingsaufenthalt den Feinschliff für die Sommersaison. Sein Ziel für den Sommer ist auch schon klar definiert: 3000m-Hindernis in 9:05 Minuten, die 5000 Meter deutlich unter 15 Minuten. Warten wir es ab.

Das Interview mit "Oliver Hoffmann" erstellte Helmut Schaake
Fotos © Helmut Schaake und 2x privat

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