Marion Gollnick

"Die Lady" - bei Wind und Wetter auf dem Rad

Die 47-Jährige von der ASG Tria Hockenheim ist deutsche Spitze im Duathlon

von Birgit Schillinger im Juli 2016 

"Ich bin schon sportlich geboren", gibt Marion Gollnick zu. Der Vater war in vielen Sportarten aktiv, das kleine Mädchen spielte gerne Fußball, kam zur Leichtathletik und wurde dann "aufgespürt": "Ich sollte zur Dresdener Sportschule - im Schwimmen." Aber Atemprobleme durch das Chlorwasser verhinderten die Aufnahme.

 

Die großgewachsene Schülerin probierte daraufhin das Rudern aus und wurde überraschend mit 14 Jahren DDR-Meisterin im Einer. "Das war meine Lieblingsdisziplin: Ich alleine mit meinem Boot." Nach einer Sichtung wurde sie auf die Sportschule aufgenommen. "Jeden Tag musste ich um 5 Uhr aufstehen, um dann eineinhalb Stunden mit Bus und Bahn quer durch Dresden zur Sportschule zu kommen." Mit 1,80 Meter Körpergröße war sie für eine Ruderin "relativ klein". Aber gut: Genau an ihrem 18. Geburtstag am 3. August 1986 wurde sie Junioren-Weltmeisterin.

Marion Gollnick bei der Duathlon-EM in Kalkar - Foto © Ingo Kutsche

Vor den Olympischen Spielen in Seoul 1988 stand sie kurz vor dem Nationalteam der DDR. Eine Lungenentzündung warf sie zurück und die 20jährige Sportlerin verpasste knapp die Nominierung. "1989 bin ich dann durchs Sieb gefallen, weil ich mich gegen das Doping ausgesprochen hatte." Sie wollte nicht mehr mitmachen: "Wir wurden gespritzt, aber wir wussten nicht, was wir bekamen. Später gab es Tabletten." In ihrer Akte, die penibel geführt wurde, ist alles nachzulesen. Sie liegt heute bei der Staatsanwaltschaft. "Es war systematisches Doping unter ärztlicher Aufsicht. Nur wer vor dem Wettkampf in einem Test "sauber" war, durfte starten." Eine spätere Entschädigung hat sie nicht bekommen. "Ich habe heute Probleme mit der Leber. Das merke ich an meiner Haut, wenn die Leber die Abfallprodukte nicht mehr ganz abbauen kann."

Die Wende 1989 war auch das Ende des Leistungssports. Nach drei Semestern Sportwissenschaft in Leipzig und dem Zusammenbruch der DDR war ihr klar, dass es genug arbeitslose Trainer geben wird. 1991 kam Gollnick für ein BA-Studium zur Diplom-Betriebswirtin Industrie nach Heidelberg. Im 18. Jahr arbeitet sie nun bei Bopp&Reuther Sicherheits- und Regeltechnik in Mannheim-Waldhof, inzwischen wegen ihrer Kinder halbtags.

 

Das Rudern auf dem Neckar wurde ihr "zu anstrengend, weil man immer auf die Boote und Schwimmer aufpassen muss." Sie schloss sich der ASG Triathlon Hockenheim an. Zunächst im Radsport. "Als ich dann mehr gelaufen bin, bin ich auf den Geschmack Duathlon gekommen." Obwohl das Radfahren ihre Paradedisziplin ist, sind auch ihr Laufleistungen stark: Marathon in 3:25 Stunden, 10km in 41:30 Minuten. Nun startet sie erfolgreich bei Duathlons und Triathlons. Ihren Deutschen Duathlon-Meistertitel in der W45 konnte die Reilingerin dieses Jahr verteidigen. Bei den Europameisterschaften wurde sie Vierte über die Langdistanz (10km Lauf, 60km Rad, 10km Lauf) und Fünfte (Kurzdistanz: 10km, 40km, 5km). Im Triathlon war sie mit minimalem Schwimmtraining EM-Sechste. "Meine Familie hat einen großen Anteil an meinem Erfolg."

Zwei Söhne (15 und acht Jahre alt) und der Beruf erfordern eine gute Zeiteinteilung: Zehn bis zwölf Wochenstunden investiert die 47jährige Athletin ins Training. Bei den Rennradfahrern der Region, die sie nur vom Sehen kennen, wird sie ehrfurchtsvoll "die Lady" genannt, weil sie bei Wind und Wetter alleine auf ihrem Rad unterwegs ist. "Früher war Training ein Muss. Jetzt bin ich mein eigener Coach, kenne meinen Körper und kann effektiv trainieren." Zielstrebig ist sie schon, aber das Wichtigste am Sport ist der Spaß: "Ich bin jetzt ein Funsportler geworden."

Das Porträt "Marion Gollnick" erstellte Birgit Schillinger
Fotos © Ingo Kutsche und privat

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