Stefanie Doll
 
Nach der Europameisterschaft in Zermatt nun zur Weltmeisterschaft nach Argentinien
 
Mit Bambiniläufen begann alles
Als Biathletin feierte sie erste Erfolge
Als Läuferin nun auch international erfolgreich
von Winfried Stinn im September 2019 

Post vom Deutschen Leichtathletikverband fand kürzlich Stefanie Doll, die seit Jahren durch ihre Erfolge für Schlagzeilen sorgt, vor. Der DLV teilte ihr mit, dass sie für die Berglauf-Weltmeisterschaft über die Langdistanz, die am 16. November in Argentinien ausgetragen wird, nominiert wurde. "Die Einladung kam nicht ganz überraschend. Der Berglaufchef des DLV Kurt König hatte mir bei der Europameisterschaft in Zermatt Hoffnung auf eine Nominierung gemacht. Aber das jetzt schwarz auf weiß zu lesen, ist doch nochmal etwas anderes. Ich freute mich riesig, als ich den Brief las, eine Weltmeisterschaft in Südamerika ist doch noch mal etwas ganz Besonderes", erzählt sie strahlend.

"Winter-Berglauf" am Kandel in Waldkirch X-Trail Run in Breitnau Halbmarathon DM-3. in Freiburg

Seit vielen Jahren läuft die erfolgreiche Ausdauersportlerin, die in Gundelfingen bei Freiburg lebt und für den SV Kirchzarten startet, von Sieg zu Sieg. Sie gewann in Südbaden alle bedeutende Läufe, wie den Schluchseelauf, den X-Trail-Run in Breitnau, den Freiburg Marathon, den Rosskopflauf, den Kandel-Berglauf, den Tote Mann Berglauf, um nur einige Klassiker zu nennen. Meistens wiederholte sie ihre Vorjahressiege und stellte neue Streckenrekorde auf. Im vergangenen Jahr schaffte sie den Sprung in die nationale und europäische Spitze. Sie wurde im Vorjahr deutsche Vizemeisterin im Berglauf und qualifizierte sich beim international stark besetzten Schlickeralmlauf in Telfes/Tirol als Vierte für die Berglauf-Weltmeisterschaft in Andorra. Dort belegte sie bei ihrem Debüt im Nationaltrikot als beste Deutsche Platz 14.

Zum Saisonende lief sie beim Frankfurt Marathon mit 2:37:59 Stunden persönliche Bestzeit (Foto rechts) und rangierte damit auf Platz fünf der deutschen Jahresbestenliste.

Mit dem dritten Platz bei der deutschen Halbmarathonmeisterschaft in Freiburg schloss sie schon zum Saisonbeginn nahtlos an die Erfolge der Vorjahressaison an. "Mit einem Podestplatz hatte ich nicht gerechnet", war da ihre erste Reaktion. Anfang Juli feierte sie mit einem sensationellen sechsten Platz (erneut als beste Deutsche) bei der Berglauf-Europameisterschaft in Zermatt am Fuße des Matterhorns den größten Erfolg ihrer Laufbahn.

 

Dabei hatte sie verletzungsbedingt eine Wettkampfpause einlegen müssen. Deshalb kam auch für Stefanie Doll der Erfolg überraschend. "Aufgrund der langen, verletzungsbedingten Wettkampfpause wusste ich gar nicht, wie ich mich einschätzen soll. Ich hatte mit einer Top-Ten Platzierung geliebäugelt. Dass ich sogar Platz sechs erreicht habe, hat mich natürlich sehr gefreut." Mit der Nationalmannschaft belegte sie noch Platz vier und schrammte so knapp an einer Medaille vorbei. Begeistert zeigte sich auch der Berglaufberater des Deutschen Leichtathletikverbandes Kurt König: "Stefanie Doll hat wie im Vorjahr bei der Weltmeisterschaft erneut eine starke Leistung gezeigt. Wäre sie nicht so lange verletzt gewesen, hätte sie Medaillenchancen gehabt. Sie ist für mich eine Kandidatin für die Berglauf-Weltmeisterschaft über die Langdistanz in Argentinien."

Doch die Erfolge hatten sich noch nicht überall herum gesprochen. So lief sie beim Engadiner Sommerlauf 2018 unbemerkt als Siegerin durchs Ziel. "Ich musste für die Medien nochmals durchs Ziel laufen", erzählt sie schmunzelnd.

Stefanie Doll 2014 beim Engadiner Sommerlauf, den sie 2018 gewann ... und auf dem Weg zum Sieg beim FRANKLIN Meilenlauf in Mannheim

Stefanie Doll stammt aus einer sportlichen Familie. Vater Charly, der Anfang des Jahres seinen 65.Geburtstag feierte, gehörte in den achtziger Jahren zu den besten Bergläufern der Welt und gewann bei den Berglauf-Weltmeisterschaften 1986 und 1987 Silber und Bronze. International für Schlagzeilen sorgte Charly Doll mit seinem sensationellen Sieg beim 90 km langen Comradeslauf in Südafrika. Bekannt wurde er auch als Olympiakoch (2002) für Sven Hannawald, Martin Schmid und Co, sowie als Buchautor. Stefanies Bruder Benedikt gehört im Biathlon zur Weltspitze (u.a. Sprint-Weltmeister 2017 und zweifacher Bronzemedaillengewinner 2018 bei den Olympischen Spielen in Südkorea) und auch die Mutter Friederike ist eine begeisterte Marathonläuferin. Da war die sportliche Laufbahn vorprogrammiert.

Ein "dolles" Quartett: Familie Doll 2005 als Staffel am Start v.l.: Stefanie, Friederike, Charly und Bennedikt

"Als wir Kinder waren haben uns unsere Eltern zu den Läufen mitgenommen und wir sind dann bei den Bambini gestartet. Das lief aber immer ohne Zwang ab. Es war immer unsere Entscheidung, ob wir mitmachen oder nicht", so Stefanie Doll. "Mein Vater war und ist Vorbild für mich. Wie er Beruf (Anmerkung Küchenmeister und Geschäftsführer eines Hotels) und Sport so vereinbart hat, dass er neben dem harten Job sein Training optimal gestalten konnte, um solche Erfolge zu verbuchen, fasziniert mich heute noch. Der Sieg beim Comrades Marathon war für mich als Kind damals wie ein Olympia-Sieg. Ich war so stolz, als wir daheim alle gefeiert haben und ich schaue heute noch oft die alten Videos an", schwärmt sie. Von seinen Erfahrungen und Erfolgen profitiere sie. "Er ist maßgeblich an meinen Erfolgen beteiligt. Er hat mir einen super Trainingsplan für den Frankfurt Marathon geschrieben. Außerdem habe ich viele Tipps für die Bergläufe bekommen, so auch, wie ich taktisch angehen soll. Mit der Motivation habe ich nie Probleme, er muss mich eher bremsen. Aber ich zweifle oft an mir und da gibt er mir immer wieder Mut und spricht mir positiv zu."

Die Dolls 2009 ohne Benni beim Schwarzwald Marathon

Als Schwarzwälderin, sie wurde in Titisee geboren und hat den größten Teil ihres Lebens in Hinterzarten verbracht, war es auch selbstverständlich, dass sie mit den Skiern groß wurde. Und auf den Skiern feierte sie, im Trikot des SZ Breitnau, einige große Erfolge. Bei deutschen Jugendmeisterschaften gewann sie Silber und Bronze und wurde, ebenfalls in der Jugendklasse, Gesamtsiegerin des Deutschland-Pokals. 2007 beendete die damals 19jährige ihre verheißungsvoll begonnene Karriere als Biathletin. "Ich konnte krankheitsbedingt nicht an der Deutschen Meisterschaft teilnehmen, auf die ich mich intensiv vorbereitet hatte. Die Enttäuschung war so groß, dass ich mit dem Biathlon aufhörte und mich fortan nur aufs Laufen konzentrierte."

Und die aufgeführten Erfolge gaben ihr Recht. Natürlich reichen für solche Top-Ergebnisse Talent und Gene nicht aus. Sechs bis acht Trainingseinheiten pro Wochen stehen auf ihrem Programm. "Ich versuche viel Abwechslung in mein Training einzubauen. Ich mache im Winter viel Grundlagenausdauer über Skilanglauf." In den übrigen Jahreszeiten ergänzt sie ihr Training auf Skiroller und Rennrad. "Das Lauftraining versuche ich ebenfalls abwechslungsreich zu gestalten mit Bahntraining und lange flache Läufe." Abwechslung im Training, das ist sicherlich ein Erfolgsrezept. "Ich kann im Training nicht nur Laufen. Das würde mir keinen Spaß machen, auch wenn ich, durch ein spezifischeres Lauftraining vielleicht noch erfolgreicher wäre." Das Lauftraining hilft ihr auch, berufliche Belastungen - sie arbeitet als Physiotherapeutin auf der Intensivstation der Universitätsklinik Freiburg - zu kompensieren. "Der Beruf ist für mich sehr wichtig. Eine Profikarriere kam und kommt für mich nicht in Frage."

Zuversichtlich in ihre sportliche Zukunft blickt auch DLV-Berglaufchef Kurt König, der sich bereits nach dem tollen Erfolg bei der Europameisterschaft begeistert äußerte. "Steffi ist eine sehr zuverlässige Athletin, die sich konzentriert auf Saisonhöhepunkte vorbereitet und sich von äußeren Einflüssen nicht beeindrucken lässt. Mit ihrem sechsten Platz bei der Europameisterschaft in Zermatt setzte sie sich in der Weltspitze fest. Ich denke, dass sie in den nächsten Jahren auch in die Medaillenränge vordringen kann."

Stefanie Doll wird 6. und beste Deutsche bei der Berglauf-Europameisterschaft in Zermatt 2019

Noch wichtiger als die Erfolge sind für sie, wie schon im Training, die Freude und der Spaß bei den Wettbewerben. "Die Landschaft in den Bergen ist etwas Einmaliges. Das Bergpanorama genießen, wenn ich bei Bergläufen oben fix und fertig ankomme, die Ruhe im Wald, beim Laufen den Kopf ausschalten und einfach mal für sich sein. Sich auspowern bei Tempoläufen, all das macht für mich den Reiz des Laufens aus. All das kann ich genießen. Wenn dann noch die Erfolge dazu kommen, sind das die Sahnehäubchen oben drauf. Aber auch die familiäre Atmosphäre gefällt mir bei den traditionellen Veranstaltungen", so beschreibt die erfolgreiche Läuferin ihre Leidenschaft. "Dann gibt es einfach Highlights, wie den New York Marathon, die man nie vergisst", führt sie weiter aus.

Da werden sicherlich für die 31jährige Läuferin weitere Highlights folgen. Beim Berlin-Marathon Ende September will sie eine neue Bestzeit laufen. Und im November bei der Berglauf-Weltmeisterschaft über die Langdistanz in Argentinien kann sie vielleicht den vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere feiern.

Neben dem Laufen interessiert sich Stefanie Doll für Fußball und ist ein begeisterter SC Freiburg-Fan: "Ich gehe immer wieder mal zu den Heimspielen des SC Freiburg. Ich hatte die letzten Jahre sogar eine Dauerkarte. Mich fasziniert vor allem die Stimmung im Stadion und ich finde es toll, dass die SC-Fans immer zu ihrem Verein stehen, auch wenn es mal nicht so gut läuft."

Stefanie Doll

 

geb.: 5.4.1988 in Titisee Neustadt
wohnhaft in Gundelfingen bei Freiburg
Vereine: SV Kirchzarten, SZ Breitnau
Beruf: Physiotherapeutin

 

Heimtrainer: Charly Doll
Bundestrainer: Berglaufwart Kurt König

 

Größte Erfolge:
Biathlon: 2 und 3. bei der Jugend-DM, Siegerin im Deutschlandpokal (Jugend)
Laufen: 6. Platz Berglauf Europameisterschaft 2019 (beste Deutsche)
14. Platz Berglauf Weltmeisterschaft 2018 Andorra (beste Deutsche)
2. Platz Deutsche Berglaufmeisterschaft 2018
3. Platz Deutsche Halbmarathonmeisterschaft 2019

 

Bestzeiten:
10.000 Meter: 35:13 (2018 Löffingen)
Halbmarathon: 1:15:38 Stunden (2018 Freiburg)
Marathon: 2:35:33 Stunden (2019 Berlin)

Das Portrait "Stefanie Doll" erstellte Winfried Stinn
Fotos © Winfried Stinn und LaufReport-Archiv

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