2.400 Siege auf Rollen und Sohlen

Der Haaner Werner Beecker

... ist auch in der M85 noch im Rekordrausch

von Christian Werth im Juli 2017 

Auch nach 65 Jahren Hochleistungssport und 2.400 Altersklassensiegen sind Titel- und Rekordhunger längst noch nicht gestillt. Dauerbrenner Werner Beecker feierte vor wenigen Tagen seinen 85. Geburtstag, steckt jedoch noch immer voller Tatendrang. In diesem Jahr feierte der Senior aus Haan bei Wuppertal bereits sechs Siege bei Deutschen Meisterschaften, gewann zuletzt in Zittau konkurrenzlos über 800 m, 1.500 m und 5.000 m, im Frühjahr bei der Hallen-DM in Erfurt über 800 und 3.000 m sowie auch den Crosslauf-Titel in Herten, sodass inzwischen sage und schreibe 63 Meistertitel auf der Habenseite stehen. "Die 70 will ich schon noch voll machen", hat der Läufer des LC Wuppertal jedoch auch zukünftig noch Ziele und verrät, dass ihn neben der Jagd nach weiteren Titeln nach wie vor neue Altersklassen-Rekorde reizen. Diese Vorhaben werden noch immer generalstabsmäßig geplant und bei Straßenläufen auf schnellen Volkslauf-Strecken wie Köln, Leverkusen oder Bertlich uhrwerkartig in die Tat umgesetzt.

 

So hat Beecker auch in diesem Jahr bereits sechs neue M85-Rekorde aufgestellt, verbesserte die Leistungen über 800 und 3.000 m in der Halle sowie sämtliche Freiluft-Rekorde über 1.500 m bis 10.000 m. Dabei knackte er im Rahmen der Ratinger Bahnlaufserie mit 52:27,15 min über 10.000 m, 25:14,91 min über 5.000 m und 14:54,81 min über 3.000 m sogar die 32 Jahre alten Uraltrekorde des Sankt Augustiner Josef Galia aus dem Jahr 1985. Getreu dem Motto "nach den deutschen ist vor den internationalen Rekorden" will Beecker in den nächsten Wochen nun auch diverse Welt- und Europarekorde knacken und scheut auch hier vor keiner noch so großen Streckenbandbreite zurück. Schließlich ist er am 29. Juni 85 Jahre alt geworden und seitdem auch international dazu berechtigt, neue M85-Rekorde aufzustellen.

Werner Beecker ist nun auch international auf Rekordjagd bei den 85-Jährigen

"Selbstverständlich habe ich mir das vorgenommen. Schließlich sind auch viele dieser Rekorde in Reichweite", kalkuliert der ehrgeizige Rekordläufer, der neben zwei Staffel-Weltrekorden zudem mit 11:48,83 min über 3.000 m den Hallen-Weltrekord der M75 hielt und in der M80 mit 6:06,59 min über 1.500 m, 13:02,67 min über 3.000 m und 22:04,79 min über 5.000 m nach wie vor drei Deutsche Rekorde inne hat. Dass ihm jüngere Kontrahenten wie Winfried Schmidt, Karl-Walter Trümper oder Klemens Wittig bei deren Eintritt in die nächsthöheren Klassen schon vielfach die Rekorde wieder abgeluchst haben, ärgert den Bergischen indes nicht. "Wir kennen uns alle und haben ein sehr gutes Verhältnis", hebt der allseits beliebte Senior auch die gesellige Seite seines Sports hervor.

 

Für Ende Juli steht mit den Senioren-Europameisterschaften im dänischen Aarhus der Saisonhöhepunkt auf dem Kalender, wo Beecker auf sämtlichen Bahn-Distanzen zwischen 800 und 10.000 m und zusätzlich auch im Crosslauf starten will. "Außerdem hat man mich gefragt, ob ich auch die Staffeln über 4x100 und 4x400 m laufen will", liebäugelt er damit, diesmal vielleicht sogar ungewohntes Sprintterrain zu betreten. (*)

Beecker blickt auf 25 Jahre als ambitionierter Radsportler für den RC Schwalbe Solingen zurück, in denen er es trotz im Jugendalter diagnostizierter Lungen-Tuberkulose sogar bis in die Weltspitze schaffte. Insgesamt 275 Erfolge, darunter ein DM-Sieg in der 4.000-m-Verfolgung, ein DM-Titel im Querfeldein sowie international Platz 4 bei den Rad-Weltmeisterschaften konnte er während seiner rollenden Karriere verbuchen. Hinzu kommen zwei weitere DM-Titel im Duathlon.

Mit 39 Jahren hatte sich der gelernte Weber und Maschinenbauer bei einem schweren Betriebsunfall einen Trümmerbruch der Hand zugezogen und war kurzerhand nahtlos vom Rad- zum Laufsport gewechselt. Auch in Diensten des LC Wuppertal sollte sich sein besonderes Ausdauertalent auf Anhieb in herausragenden Ergebnissen widerspiegeln, die ihn die Konkurrenz auch radlos unzählige Mal ratlos machen ließ und trotz des späten Einstiegs ab der M50 auch auf Sohlen zu nationalen und internationalen Titelehren führten. Seinen größten Erfolg feierte Beecker 1995 in England mit dem Weltmeister-Titel im 10-km-Straßenlauf der M60 mit 35:42 min, doch wartet er hier nach wie vor auf Anerkennung dieser Leistung. "Da bin ich betrogen worden", ärgert sich Beecker noch heute und berichtet, dass er damals in Führung liegend beim Zieleinlauf falsch geleitet und dadurch letztlich mit zwei Sekunden Rückstand zunächst nur Zweiter geworden war. Der Veranstalter habe sich damals dazu entschlossen, nachträglich auch ihn zum Sieger zu erklären, doch seien Beecker entsprechender Pokal und Urkunde bis heute vorenthalten geblieben. In den höheren Altersklassen folgten eine Vize-Weltmeisterschaft sowie drei Titel auf europäischer Ebene, jeweils über 10 km. Nun sollen in Dänemark die ersten internationalen Bahn-Titel hinzukommen.

* LCW-Langstreckler Werner Beecker wird nun doch nicht bei den Leichtathletik-Europameisterschaften teilnehmen. Der 85-Jährige hat sich wegen des zu hohen Pensums kurzfristig gegen einen Start in Dänemark entschieden. "Das wär mir dann doch alles zu viel gewesen, weil ich da 14 Tage hätte bleiben müssen", begründet Beecker und ergänzt, dass er neben den fünf Einzelwettbewerben auch in drei Staffeln hätte antreten sollen und sich hier vom Deutschen Leichtathletikverband in der Pflicht gefühlt hätte. Nun will sich der Rekordläufer voll und ganz auf die Deutschen Straßenlauf-Meisterschaften über zehn Kilometer Anfang September in Bad Liebenzell konzentrieren und dort seinen siebten DM-Sieg der Saison einfahren. (Stand 25.7.17)

Das Porträt "Werner Beecker" erstellte Christian Werth
Fotos © Christian Werth

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