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Portrait Jan Lukas Becker - der Dominator von Rheinzabern |
von Holger Czäczine im Feburar 2025
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Der Saarländer Jan Lukas Becker hat in beeindruckender Weise der 41. Rheinzaberner Winterlaufserie 2024/2025 seinen Stempel aufgesetzt. Schon nach seinem Marathondebüt im Oktober 2024 in Frankfurt kündigte er neue Streckenrekorde in der Südpfalz an. Jan Lukas war vor seinem Studium in den USA schon seit seiner Jugend Stammgast bei der traditionell immer stark besetzten Laufserie des TV Rheinzabern. Sein Versprechen die Bestleistungen auf allen Teilstrecken der Serie (10, 15 und 20km) zu knacken hielt er voll ein. Im Dezember 2024 lief Jan Lukas den 10er in 29:25 Minuten und ließ im Januar 2025 über die 15 Kilometer 44:08 Minuten folgen. Die Krönung seiner Erfolgsserie war dann der 20km-Streckenrekord von 59:42 Minuten am 9. Februar, der schon historisch anzusehen ist. Denn erstmals wurde in Rheinzabern auf der 20km-Distanz die Marke von einer Stunde unterboten. |
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Jan Lukas Becker (503) nach dem 15km-Lauf bei der 31. WLS 2012/2013 mit WL-Seriensieger Matthias Müller (672) und Jannik Arbogast. Jan Lukas wurde Serienzweiter und siegte bei der 32. WLS |
Persönliches und erste Sporterfahrungen, Training im Saarland, in Karlsruhe und in den USA und aktuell in Leverkusen |
Jan Lukas Becker wurde 1993 in Saarbrücken geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Sein Abitur machte er am Otto-Hahn-Gymnasium der saarländischen Landeshauptstadt. Danach folgte ein Freiwilliges Soziales Jahr bei seinem damaligen Verein LAZ Saarbrücken. Anschließend machte er an der Lamar University im US-Bundesstaat Texas erste Auslandserfahrungen. Zurück in Deutschland absolvierte Jan Lukas von 2017 bis 2020 in Karlsruhe eine Schreinerlehre und studierte von 2021 bis 2024 in den USA Interior Design. Seinen Bachelor-Abschluss machte er am Mississippi College mit einer Zwischenstation in Charlotte, North Carolina an der Queens University.
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Jan Lukas Becker (1383) dominierte die 41. Rheinzaberner Winterlaufserie |
Jan Lukas ist tatsächlich schon immer Leichtathlet. Fußball, Handball, oder Basketball hat er einige wenige Male im Verein ausprobiert, aber nie wirklich den Zugang gefunden. Fußball wurde aber auf dem Pausenhof zu Schulzeiten ausgiebig gespielt. Zur Leichtathletik ist er über seinen Vater Thomas Schmidt gekommen, der früher selbst ein sehr erfolgreicher Läufer war, und mit 3:44,73min immer noch den Familienrekord über 1.500m hält. Alle anderen Familien-Bestleistungen hat Jan Lukas ihm mittlerweile abgeluchst. Sein Vater hatte mit einem seiner alten Sport-Kumpels Kindertraining beim TB St. Johann, einem der Mitgliedsvereine der LSG Saarbrücken-Sulzbachtal, angeboten. Dort und auf dem Kinderrad, als Laufbegleitung bei Papas Dauerläufen, fing alles an. Bis etwa zum 15. Lebensjahr verlief es eher spielerisch und er war auch im Mehrkampf aktiv. Danach hat sich Jan Lukas leistungsorientiert dem Laufen verschrieben und wurde viele Jahre, bis 2014, von seinem Vater trainiert. Über die LSG Saarbrücken-Sulzbachtal kam er zunächst zum LAZ Saarbrücken und später zur LG Region Karlsruhe (2014 bis 2020). In Karlsruhe trainierte Jan Lukas in der Leistungsgruppe von Günther Scheefer. Danach startete Jan Lukas bis Dezember 2024 wieder für LSG Saarbrücken-Sulzbachtal und wurde von seinem ehemaligen Karlsruher Clubkameraden Jannik Arbogast trainiert und beraten.
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Siegertribüne der 41. Rheinzaberner Winterlaufserie |
Ab Januar 2025 wechselte er zur Leichtathletikabteilung des TSV Bayer Leverkusen. Dort trainiert er unter dem Leverkusener Lauf-Headcoach Tobias Kofferschläger. Geprägt haben Jan Lukas, wie er selber sagt, alle seine bisherigen Stationen, die doch allesamt sehr verschieden waren. Die Zeit in Karlsruhe war sehr anspruchsvoll. Neben der Ausbildung noch leistungsorientiert zu trainieren und Wettkämpfe zu bestreiten war ein Spagat, den nicht jeder ganz nachvollziehen und richtig einschätzen konnte. Die Trainingsgruppen in den USA waren dann wiederum eine ganz andere Hierarchie, fast schon ein Beruf. Auch dort musste der Saarländer die Vor- und Nachteile des Systems kennenlernen, hat aber seinen Weg und Freunde fürs Leben gefunden. Die letzten Jahre bei der LSG beschreibt er als wahnsinnig toll, auch wenn er selten im Saarland war. Trotzdem wurde er immer wieder warm und herzlich empfangen und es stand das gemeinsame Sport-Machen mehr im Fokus als sportliche Höchstleistungen. Ein großes Dankeschön für die uneingeschränkte Unterstützung spricht Jan Lukas deswegen seinem ehemaligen Vereinsvorsitzenden Manfred Kölzer aus. Der Entschluss nach Leverkusen zu wechseln ist ihm als bodenständigen Saarländer schlussendlich auch nicht leicht gefallen, war aber aus leistungssportlicher Sicht alternativlos.
Aktuelles Training |
Die aktuellen Wochenumfänge gehen bei Jan Lukas Becker in Richtung 140 bis 150km. Diese Zahlen aus der letztjährigen Marathonvorbereitung sollen nun die Basis für die Frühjahrs- und Sommersaison sein. Aufgeteilt sind diese Umfänge in 9 - 10 Trainingseinheiten in der Woche, davon zwei mittellange bis lange Läufe, 3 bis 4 wettkampfspezifische Einheiten, und 5 bis 6 normale Dauerläufe. Alternativ möchte er bei gutem Wetter öfters aufs Rennrad steigen. Gymnastik und Stabilisationsübungen gehören nicht zu seinen Lieblingseinheiten, aber sie sind als Verletzungsprophylaxe unerlässlich.
Wechsel zum TSV Bayer Leverkusen im Januar 2025 |
Der Kontakt zu Bayer Leverkusen besteht schon ca. 1,5 Jahre. Persönlich näher kennengelernt haben sich TSV-Athlet Jonathan Dahlke und Jan Lukas beim Europa-Cup über 10.000m in Pacé im Sommer 2023 - bei seinem ersten Einsatz im Nationaltrikot. Als sich dann abzeichnete, dass es im Saarland auf lange Sicht keine Perspektive für ihn geben wird, hat er Jonathan bei den letztjährigen Deutschen Meisterschaften über 10.000m konkret bezüglich eines Wechsels angesprochen. Dieser Wechsel ist dann zum neuen Jahr 2025 erfolgt.
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Mainova Frankfurt Marathon 2024 mit Jan Lukas Becker und Jonathan Dahlke (in Rot) |
Der Frankfurt-Marathon 2024 lief für Jonathan Dahlke leider nicht so gut. Dort wollten die beiden Freunde eigentlich gemeinsam in Richtung 2:12 Stunden laufen, was sie sich in jedem Fall zugetraut hatten. Für Jonathan war leider schon früh der Ofen aus, und den Marathon-Debütanten Jan Lukas hat dann bei km 37 der Mann mit dem Hammer erwischt. Trotzdem beschreibt Jan Lukas es als ein super tolles Erlebnis, in Frankfurt den Marathon zu laufen. (Anm.d.Red.: Auf Rang 17 war er in 2:15:20 h bestplatzierter Deutscher)
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Bestplazierte Deutsche beim Mainova Frankfurt Marathon 2024: Jan Lukas Becker und Christin Adler |
Ausblick auf die nächsten Starts in 2025 |
Als nächstes steht ein flotter 10er auf der Straße in Leverkusen bei "Rund um das Bayer Kreuz" am 9. März an. Der nächste Halbmarathon ist für den Neu-Leverkusener am 30. März beim "Venloop" im holländischen Venlo, direkt an der Grenze zu Deutschland westlich von Krefeld, geplant. Einen fixen Termin für einen Bahneinstieg gibt es noch nicht. Spätestens aber zur 10.000m-DM, die am 3. Mai in Hamburg stattfindet, wird Jan Lukas Becker erstmals das rote Bayer-Trikot auf der Bahn tragen. Einen Start bei der DM im Halbmarathon am 19. April im Rahmen des Paderborner Osterlaufes schließt Jan Lukas eher aus. Der langfristige Plan geht auf jeden Fall auf die Straße und in Richtung Marathon. Bahnrennen werden weniger werden, aber kategorisch ausschließen will er sie nicht. Aber kürzer als 5.000m werden seine Wettkampfdistanzen nicht mehr sein.
Erfahrungen während seines USA-Aufenthaltes |
In den USA durfte Jan Lukas Teil der Leichtathletik-Teams an drei verschiedenen Universitäten sein. Zuerst trainierte er an der Lamar University in Beaumont, Texas, dann an der Queens University of Charlotte in Charlotte, North Carolina und später am Mississippi College in Clinton, Mississippi. Aus eigener Erfahrung kann er sagen, dass sich Sport und Ausbildung (Studium) in den USA sehr viel besser miteinander verbinden lassen als das in Deutschland der Fall ist. Es mag einzelne Sportler geben, die für sich auch in Deutschland einen guten Weg finden, aber in den USA gibt es ein extrem gut organisiertes System, das beides parallel ermöglicht. Über die Qualität der akademischen Ausbildung im Vergleich zu einer deutschen Uni lässt sich vielleicht streiten, aber für den Saarländer war es eine Win-Win-Situation. In Bezug auf das Training in den USA kann er hier nur für sich sprechen und betont seine privilegierte Position, da er durch seine Leistung und seine Erfahrung den Coaches an den Unis eher auf Augenhöhe und mit einer eigenen Meinung begegnen konnte, als es ein junger Freshman (so heißen die Erstsemester in den USA) vielleicht kann.
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After-Race-Press-Conference beim Mainova Frankfurt Marathon 2024 (v.li.: Race Director Jo Schindler, Jan Lukas Becker und Christin Adler mit den Gesamtsiegern Benard Biwott und Hawi Feysa Gejia sowie der Sportliche Leiter Philipp Kopp |
Generell würde Jan Lukas es so beschreiben, dass das Trainer-Athleten-Verhältnis in den USA sehr viel strenger als in Deutschland ist. In Deutschland kommt man freiwillig zum Training bei einem ehrenamtlichen Trainer, in den USA ist es wie schon gesagt fast schon ein Beruf. Bezahlt wird mit einem Stipendium. Im Umkehrschluss ist der Coach dann auch gleichzeitig wie ein Chef, und der erwartet Leistung und Gehorsam. Dass man zu einem gewissen Grad dann auch nur ein "asset", also ein Gut bzw. eine Ware ist, und jederzeit austauschbar und ersetzbar ist, musste er leidlich am eigenen Leib erfahren.
Aber genug der Kritik, seine Leistungsentwicklung in den USA spricht für sich. Von 8:21 auf 7:58 (3.000m), von 14:11 auf 13:47 (5.000m), von 29:48 (Straße) auf 28:27 (Bahn, 10.000m). Das Training dafür reflektiert er als weniger individuell als in Deutschland, was am Ende vielleicht auch noch schnellere Zeiten verhindert hat. Dadurch aber, dass viele Athleten, die Jan Lukas "drüben" kennengelernt hat, eher zu hart für ihre Leistungsfähigkeit trainiert haben, hatte er fast immer gute Trainingspartner. Aber in den USA heißt es eben klotzen, nicht kleckern. Das alte Mantra vom Tellerwäscher zum Millionär gilt in gewisser Weise auch für den Sport. Von viel kommt viel. Und die Fülle an Athleten "erlaubt" es, dass viele auf der Strecke bleiben, zu Gunsten ein paar weniger Guter. Die dann aber richtig gut sind!
Die Leser des Online-Magazins LaufReport dürfen weiter gespannt die weitere Entwicklung von Jan Lukas Becker bei seinem neuen Verein TSV Bayer Leverkusen verfolgen.
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Das Porträt "Jan Lukas Becker" erstellte
Holger Czäczine
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