Udos Welt

Folge 38: Ich, Udo und Trainer

 

Freitag.

"Was ist nun?", will Moni wissen. "Wann trainierst du uns endlich, Udo?"

"Mal sehn. Bald."

Samstag.

"Was ist?", bohrt auch Arno. "Die Mädels wollen von dir trainiert werden!"

"Hör auf, Arno. Doch nicht von mir!"

Sonntag.

"Wann fängst du endlich an, uns zu trainieren?", bittet, nein: fleht Julia.

"Aber jederzeit! Schön, dass du fragst! Sollen wir gleich morgen …?"

Julia lächelt.

 

Montag. Da habe ich mir vielleicht was eingebrockt! Die ganze Nacht Trainingsbücher gewälzt, aber hinterher bin ich kein Deut schlauer. Eher verwirrter! GA1, GA2 - das ist doch GAGA! Rekom, Kraftausdauer, aerob-anaerob - verdammt, wozu braucht man eigentlich noch Füße? Unter Schwellentraining stellte ich mir zuerst etwas Ähnliches wie einen Treppenlauf vor. Einen Bergsprint im Eigenheim. Oder, wie der Engländer sagt: Indoor-Mountaineering.

Wie, das kennt ihr nicht, ihr Flaschen?

Ist ja auch von mir. Bringt voll den Trainingseffekt, besser als EPO. Egal.

Also, was tun? Die Mädels erwarten was von mir. Udo, das Laufwunder. Ich entscheide mich für ein Fahrtspiel. Dazu braucht man keine Uhr, sondern lässt die Delinquenten einfach immer wieder loshetzen. Und wenn die Zunge den Bauchnabel bedeckt, war's zu schnell.

Okay, Fahrtspiel. Alles Weitere dann nächste Woche.

 

Am frühen Abend treffen wir uns auf dem Oberstolzenbacher Leichtathletikplatz, dem einzigen weit und breit. Julia und Moni hängen erwartungsvoll an meinen Lippen, Arno wartet als stiller Beobachter im Hintergrund. Oberstes Trainerprinzip: Selbstbewusstsein zeigen! Ich werfe mich also in die Brust wie ein römischer Imperator, der im Triumphzug nach Rom zurückkehrt. Rom heißt in diesem Fall Oberstolzenbach, und zu meinen Füßen knirscht rote Asche.

Asche?

"Schönen Sandkasten habt ihr hier", dröhne ich, während ich das Gelände inspiziere. "Aber wo ist die Laufbahn?"

Julia wirft mir einen ihrer bewundernden Du-Tarzan-ich-Jane-Blicke zu. Auch Moni macht große Augen. Arno dagegen findet meine Bemerkung gar nicht witzig.

 

"Red kein Blech, Udo! Die Gemeinde muss sparen. Bevor sie hier eine Kunststoffbahn einbauen können, ist Griechenland schuldenfrei!"

 

"So?", mache ich nur. Trüge ich jetzt eine Toga, würde ich sie mir elegant über die Schulter werfen. Toga1 oder Toga2? Egal. Wo waren wir? Ah, ja: "So?", sage ich und blicke skeptisch auf die roten Krümel zu meinen Füßen. Asche, das muss man sich mal vorstellen! Selbst in den untersten Fußballligen kicken sie seit Menschengedenken auf Kunstrasen, und da sollen wir, die letzten wahren Sportskanonen, roten Staub schlucken!

"Ist dir die Bahn nicht gut genug?", fragt Julia, und auch Moni guckt regelrecht verängstigt. "Bläst du das Training jetzt ab?"

"Tja", mache ich und genieße die atemlose Stille um mich herum. "Tja … Na gut, wollen wir mal nicht so sein. Aber dann heute bitte nur ein stressfreies Fahrtspiel. Schnelle Einheiten auf dem Boden sind Gift für die Gelenke."

Dankbar nicken die beiden Damen. Das Wort des Experten! Nur das zählt. Ich lasse sie also fahrtspielen, bis die Gesichtszüge verrutschen. In meinem Rücken brummelt Arno Unverständliches. Bla1, Bla2, denke ich und fühle mich pudelwohl in meiner Rolle. Auch ein Arno Berschinski kocht halt nur mit Wasser.

Am Ende kriechen Julia und Moni mit leichenblassen Gesichtern über die Aschenbahn. Wollten ihrem neuen Trainer halt zeigen, wie trainingseifrig sie sind.

Und jetzt?

"Schön dehnen, lange duschen und hinterher ein lecker Bierchen", rufe ich. "Absolut geheimer Trainingstipp von mir."

Wie sich da ihre Miene aufhellt! Nur Arno hat natürlich noch was anzumerken.

"Und nächste Woche?", will er wissen.

 

"Wenn es friert", gebe ich kund, "können wir auch eine schnelle Einheit auf diesem Witz von Bahn machen. Einen Treppenlauf."

"Treppe?" Drei Augenpaare starren mich an.

 

"Sorry, Schwellenlauf meinte ich. Einen Schwellenlauf." Ich kichere. "Treppenlauf, so was Albernes."

Erleichtertes Grinsen.

Und wisst ihr was, Leute? Indoor Mountaineering ist gar nicht von mir. Das gibt's schon längst! Mit Meisterschaften und allem drum und dran.

Hätte mich auch gewundert.

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