Udos Welt

Folge 22: Patrick und ich

 

Dear Patrick Makau,

congratulations for your new marathon worldrecord and many thanks for your help with our Volkscross this year. See you 2012 in Wilsdorf? Okay, just a little joke.

Sincerely yours,

Udo Pönzgen.

Ehrlich, ich bin ein Fan von diesem Kenianer. Als sie im Radio das Ergebnis von Berlin bekannt gaben, dachte ich erst, jetzt sprechen sie Hailes Namen aber völlig falsch aus. Makau klang komisch. Klang im ersten Moment nach einem neuen DLV-Star, einem von Salamander Kornwestheim oder Quelle Fürth. Mach et, Patrick! Dabei hat seit den langen Kerls vom Alten Fritz kein Deutscher mehr in Berlin was gerissen. Makau … Okay, es hätte sich natürlich um einen chinesischen Wunderläufer mit kolonialer Vergangenheit handeln können. Was den Holländern ihr Surinam, ist den Deutschen ihr Macao. Aber chinesisch sah der Junge dann doch nicht aus. Wie einer aus Kornwestheim auch nicht.

Egal, seit Sonntag ist Patrick mein Held. Nicht wegen der Zweistundenquälerei, die sie Marathon nennen. Sondern wegen seiner Anschubhilfe für den Wilsdorfer Volkscross. Das glaubt ihr nicht? Hier sind die Zahlen: Vor dem Berlin-Spektakel hatten wir 16 Anmeldungen, am Abend danach 43. Und noch immer springen sie online auf den Volkscross-Zug auf, die Marathoninfizierten und Weltrekordglotzer. So was will ich auch, wird gesabbert, und schon hechten sie zum PC. Wo ist die nächste Bühne für meinen Auftritt? Wer kitzelt die Endorphine aus mir raus? Volkscross in Wilsdorf? Her damit! Mein Navi wird das Kaff schon finden. Und dann bitte das volle Programm: Lorbeerkranz! Finisher-Medaille! Live-Bericht im Dritten!

Nur gut, dass unser Teilnehmershirt in Patrick-Makau-Grün gehalten ist.

An mir selbst wäre der ganze Weltrekord-Hype ja glatt vorbeigegangen. Nicht einmal Arno ließ von sich hören. Nur der rasante Anstieg der Volkscross-Voranmeldungen wunderte mich. Aber dann klingelte das Telefon, und ein gewisser Carlo aus dem Sauerland meldete sich.

"Ich komme zu euch", sagte er. "Nach Wilsdorf."

 

"Aha."

"Hab Berlin verpasst. Die Achillessehne. Aber jetzt hält mich nichts mehr. Zwei Stunden und dreieinhalb Minuten - Kollege! Da muss man doch was tun!"

"Stimmt."

"Der Arzt sagt, Pause bis November. Ich: welcher November? 2017 oder was? Wenn der Rekord längst bei unter zwei Stunden steht? Kollege!"

"Genau."

"Schmerzt natürlich, das scheiß Ding. Bei jedem Schritt. Auch im Liegen. Egal, da muss sie jetzt durch. Morgen fange ich wieder an mit Laufen. Aber ganz vorsichtig! Intervalltraining erst übermorgen."
"Logisch."

"Die Kenianer scheinen so was nicht zu kennen: Achillessehnen. Kommt ja auch aus dem alten Griechenland, stimmt's, Kollege?"

"Wie der Marathon."

"Wie der Marathon. Schade, dass euer Cross so kurz ist. Andererseits: für meine Sehne genau das Richtige. Bis die die Anstrengung spürt, bin ich längst im Ziel."

"Wie war der Name noch mal?"

"Carlo von der LG Attendorn. Und für Berlin 2012 bin ich auch schon gemeldet. Soll das Schlabberteil da unten ruhig meckern. Ist doch kein Zustand, Kollege!"

 

Ich legte auf. Erst Wilsdorf, dann Berlin - so musste es sein. Die gesamte Welt des Sports in einem Atemzug, Gänsehaut pur. Vor meinem inneren Auge wuchs ein Tor in die Höhe, von zwölf Säulen getragen und einer Quadriga gekrönt. Ein Tor am Rande des Wilsdorfer Forsts, durch das die Teilnehmer des Volkscross ins Ziel schwebten. An ihrer Spitze natürlich Julia.

Erst Wilsdorf, dann Berlin. So ein Finisher-Tor würde schon nicht die Welt kosten. Na, nächstes Jahr vielleicht. Wenn Kollege Patrick Makau bei uns vorbeischaute.

© copyright
Die Verwertung von Texten und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de Redaktion (Adresse im IMPRESSUM) unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.