Einleitung

Über den Crosslauf teilen sich die Ansichten. Unstrittig sind die Vorteile für die läuferische Entwicklung und unvergessen bleiben Eindrücke von im Ziel in Ohnmacht fallender Jugendlicher nach völliger Verausgabung im Cross-Parcours. Kurze giftige Steigungen und von Runde zu Runde schwerere Schuhe oder gar den Verlust der Schuhbekleidung im Schlamm. Crosslauf-Erinnerung eben. Die braucht´s gar nicht, meinen manche. Markus Heidl sieht dagegen einen Wandel zum echten Event. Geht der Weg zum Crosslauf durch Filmkulissen mit einem Hauch Spiel ohne Grenzen?

Walter Wagner, 20.12.2023

Brüsseler Schlammpackung
von Markus Heidl 

Was gibt es Besseres als so eine richtig schöne Schlammpackung? Dadurch, dass die warme Schlammsuppe auf den Körper aufgetragen und anschließend mit Folie abgedeckt wird, sollen Wärme und Feuchtigkeit das Gewebe besser durchbluten lassen.

Nun, in Brüssel sah die Schlammpackung etwas anders aus. Die Durchblutung wurde dabei aber definitiv ebenso angeregt. Wie bei den deutschen Meisterschaften in Perl zeichneten sich auch die Cross-Europameisterschaften in der belgischen Hauptstadt durch tiefes Geläuf aus. In Brüssel war es vielleicht nicht ganz so extrem wie im Saarland, aber dennoch sehr einseitig. Einseitig matschig - bzw. zweiseitig: von vorne und hinten.

So war die Qualifikation der Athletinnen und Athleten bei den deutschen Meisterschaften zwar gut gewählt, nach zwei für den Zuschauer sehr ähnlich anmutenden Strecken stellte sich jedoch die Frage, was Crosslauf eigentlich ist? Die Definition in der Wikipedia lautet: "Crosslauf, kurz Cross, auch Querfeldeinlauf oder Geländelauf, ist eine Variante des Laufsports, bei der das schnelle Durchlaufen von profiliertem Gelände abseits befestigter Wege im Vordergrund steht. Crosslauf ist gegenüber dem Straßenlauf oder dem Laufen auf der Bahn koordinativ anspruchsvoller."

Das trifft auf Brüssel wie auch auf Perl zu. Die Strecken durch den tiefen Schlamm verliefen abseits der befestigten Wege und waren koordinativ anspruchsvoll. Dennoch fehlte mir etwas: die Abwechslung. Die Fernseh-Bilder - ein großes Lob an dieser Stelle, dass die Rennen live übertragen wurden! - wirkten recht monoton, wie die Laufenden auf der immer gleichen Wiese nach und nach dreckiger wurden.

Wie war die Außenwirkung dieser Events? Man musste zu dem Schluss kommen, dass Crosslauf anstrengend und dreckig ist. Das mag zutreffen, gleichwohl unsere Leichtathletik damit wirbt, als würde man zwar im Sommer gut aussehen, müsse sich dafür aber im Winter die Lunge aus dem Leib rennen und so richtig einsauen.

Für mich ist Crosslauf mehr als eine schnaufend durchlaufende Schlammpackung. Crosslauf ist Abwechslung im Geläuf, das nicht nur koordinativ fordert, sondern auch taktische Herausforderungen birgt. Schließlich zählt abseits der befestigten Wege nicht die Zeit, sondern nur die Platzierung. Wie wäre es mit verschiedenen Optionen bei der Routenwahl? Links über eine steile Kuppe oder rechts durch tiefes, schlammiges Geläuf. Links durch einen Bach oder rechts über dicke Baumstämme. So würde schlaues Laufen belohnt und der mentale Aspekt mehr in den Vordergrund gestellt. Dem einen liegt die eine Variante besser, der anderen die zweite Wahl. Vielleicht entscheidet man sich je nach Ermüdungsgrad im Verlauf des Rennens gar für unterschiedliche Optionen.

Abgesehen von dieser werbewirksamen Spielerei sehe ich Vorteile in deutlich abwechslungsreicheren Strecken: ein Crosslauf sollte über festgetretene Erde, über Waldboden mit Blättern, die sich in den Spikes verfangen, über gepflegten Rasen, über Rindenmulch, durch Sand und evtl. über Hindernisse verlaufen und dabei mit Spitzkehren und giftigen Anstiegen gespickt sein, die sich mit flachen Passagen abwechseln. Eindrucksvolle Hintergründe, wie wenn der Lauf durch einen Burggraben verläuft, können für die Außenwirkung eingebaut werden. Dadurch haben die unterschiedlichen Läufer*innen-Typen (kraftvoll, leicht, federnd, etc.) Vorteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Rennens, was die Taktik noch wichtiger macht.

Doch wer weiß, die Meisterschaften mögen bereits im kommenden Jahr komplett anders sein. Die Frage bleibt, wohin es mit dieser schönen Sparte des Laufsports gehen soll. Schließlich birgt der Crosslauf etwas ganz Besonderes, dass ihn von Stadtläufen und Trails abhebt. Und das ist nicht die kostenlose Schlammpackung!

Beitrag von Markus Heidl
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