Einleitung

Ungern widerspreche ich, doch erleben wir nicht in ungeahnter Geschwindigkeit Kriege, Katastrophen und Weltrekorde? Dabei ist letzteres ja etwas, das uns freut. Und die Leistungsentwicklung von Tigst Assefa und die von Kelvin Kiptum, sind Beleg, dass eine neue Generation im Marathon heranreift, die jeweils schon mit dem ersten Lauf über die Königsdistanz aufhorchen ließ. Wie viel mehr auf der Welt noch verrückt wird? Nichts ist in Stein gemeißelt. Und nichts scheint mehr sicher.

Walter Wagner, 10.10.2023

Noch verrückter
geht ja gar nicht

von Markus Heidl 

Was leben wir doch in verrückten Zeiten! Und hier sei sich nur auf die Verrücktheit der Laufsportszene bezogen: Zwei neue Marathonweltrekorde innerhalb von nur zwei Wochen, erst in Berlin durch Tigst Assefa (2:11:53 h), jetzt in Chicago durch Kelvin Kiptum (2:00:35 h). Dazu die zweitschnellste je von einer Frau gelaufenen Zeit von Sifan Hassan, die sechs Wochen nach der WM, wo sie über 1500 und 5000 - sowie ohne Sturz auf der Zielgeraden außerdem über die 10.000 Meter - Medaillen holte, auch über die Königsdistanz abliefert und mit Europarekord (2:13:44 h) gewinnt.

Mindestens genauso verrückt wie die Bandbreite der Alleskönnerin ist nicht nur das Leistungsvermögen des neuen Weltrekordhalters Kiptum, der bisher bei allen seinen drei Marathons (zwei Mal 2h01, jetzt WR) die zweite Hälfte schneller lief - zuletzt in unglaublichen 57:47 Minuten (!) - sondern vor allem auch dessen Aussage, er habe während dieser Marathons keinerlei Schmerzen gehabt. Das Statement klang so außergewöhnlich, dass seitens der Journalisten zwei Mal nachgehakt wurde. Mit etwas Quälerei sollte die zwei-Stunden-Marke also bald fallen.

Aber es wird noch verrückter. Oder auch nicht, denn noch verrückter geht es eigentlich nicht. Es wird anders verrückt: In einer Welt, die dringend nachhaltiger und weniger verschwenderisch werden muss, wird nicht nur um den Globus geflogen, um 42 Kilometer zu laufen, es wird auch ein Wettkampfschuh zum Wegwerfen entwickelt. Für den Kampf um jedes Gramm wird der Weltrekordschuh von Assefa - mit dem auch Amanal Petros neuen deutschen Rekord (2:04:58 h) lief - so ausgelegt, dass er nur für 50 km taugt. Einmal einlaufen, einen Marathon, dann weg damit. Verschwendung auf höchstem Niveau.

An Verrücktheit reicht das für zwei Wochen längst, dennoch wurde es beim München Marathon - mutmaßlich wegen der vielen Baustellen - noch chaotisch verrückt. Während die Männer-Spitze ca. 100 m zu viel lief, was wohl den schnellsten deutschen Sebastian Hendel daran hinderte, die 2:10 h zu knacken, wurde auch die Frauen-Spitze falsch geleitet. Allerdings anders, diese kürzten Strecke ab und mussten ganz am Ende noch eine Ehrenrunde im Stadion drehen. Nun, das ist auch schon in Düsseldorf oder gar in Tokio passiert, es passt aber doch sehr zum Zeitgeist. Was leben wir doch in verrückten Zeiten!

Beitrag von Markus Heidl
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