Laufen & Reisen ist gar eine Rubrik im LaufReport. Es gibt z.B. auch Fußball-Reisende. Wobei ich hier an die Anhänger denke, die ihrem Verein ständig bis in den letzten Winkel dieser Erde folgen. Klar, diese Herumfliegerei ist klimaschädlich, doch sie führt uns auch zusammen. Dr.-Ing. Marcus Heidl zieht Grenzen, und die werden vielen missfallen..

Walter Wagner, 3.9.2021

Auch der Marathon
muss sich wandeln

von Markus Heidl 

Wer es jetzt noch nicht verstanden hat, der will es nicht verstehen: die Klimakatastrophe naht, die Lage ist ernst. Fest steht außerdem, dass der Wandel des Klimas menschengemacht ist. Das belegt der sechste Klimabericht des IPCC, in dem über 14.000 von Fachleuten überprüfte Studien zusammengetragen wurden.

Dass die einzige Konstante im Universum die Veränderung ist, schrieb einst schon Heraklit und meinte damit nicht nur den Wandel durch die eigene Entwicklung, durch die wir zu neuen An- und Einsichten gelangen, sondern außerdem den Wandel der Umwelt. Dass dieser Wandel des Klimas nun so schnell und folgenschwer daherkommt passt in gewisser Weise sogar zu unserer schnelllebigen, modernen Welt.

Natürlich können wir die Fakten leugnen und uns Scheinargumenten hingeben, die viele derzeit hadern lassen. Stehen wir wirklich persönlich in der Verantwortung, wenn sogar der politische Wille Deutschlands nur die viel diskutierten 2 % der weltweiten Emissionen einsparen würde? Doch zum einen verbraucht jede und jeder einzelne von uns weit mehr Ressourcen als der Durchschnittsmensch. Weiterhin entstehen die durch unseren Konsum resultierenden Emissionen vor allem in anderen Ländern, wodurch wir sowohl direkt als auch indirekt großen Einfluss auf den weltweiten Ausstoß von Klimagasen haben. Und zum anderen hilft jedes eingesparte Gramm Treibhausgas, ein etwas besseres Zukunftsszenario zu erreichen.

Was hat das Ganze nun mit unserem Sport zu tun? Laufen hält bekanntlich jung und fit, gerade weil dabei kein Verbrennungsmotor von Nöten ist. Viel mehr als um die reine Ausübung des Laufsports an sich soll es an dieser Stelle um das mit unserem Sport verbundene Reisen gehen. Das Konstrukt Marathon als Massenveranstaltung muss aktuell nicht nur aufgrund der Verbreitung von Viren hinterfragt werden, sondern außerdem bezüglich der Klimaverträglichkeit.

Vor allem die sogenannten World Marathon Majors mit den Austragungsorten in Berlin, London, Boston, Chicago, New York und Tokio setzen für die Komplettierung aller sechs Läufe mindestens drei Langstreckenflüge (jeweils natürlich Hin- und Rückflug) voraus. In Anbetracht dessen, dass Flüge zu Marathons im Grunde vollkommen unnötig sind, stehen sie sinnbildlich für ein sinnloses Verprassen endlicher Ressourcen: schnelle Strecken gibt es daheim, gute Stimmung gibt es daheim und schöne Gegenden gibt es ebenso daheim!

Die besondere Problematik beim Fliegen ist die Höhe, in der das CO2 ausgestoßen wird. Auf Flughöhe emittiert sind die Treibhausgase bis zu zehn Mal schädlicher als auf Meeresniveau. In Anbetracht der aktuellen Lage und für eine lebenswerte Zukunft können wir uns die einhergehenden Auswirkungen nicht leisten, wenn es nur darum geht, eine internationale Sammlung von Marathons zu vervollständigen.

Dagegen abgewogen werden muss natürlich der Aspekt der Völkerverständigung. Reisen erweitert im wahrsten Sinne des Wortes unseren Horizont. Wer in ferne Länder reist, um andere Kulturen kennenzulernen, Vorurteile abzubauen und die Schönheit der Natur kennenzulernen, um sie dadurch umso leidenschaftlicher zu schützen, hat sicher gute Argumente für die Flugreise. Eine weltweit gemeinsame Lösung muss für uns alle Priorität haben. Auch mit dem richtigen monetären Ausgleich für den Klimaschutz kann man trotz Flug Gutes bewirken. Fest steht allerdings, so leid es mir für alle Faulenzer tut: Nur am Strand liegen zählt nicht. Denn - man ahnt es bereits - schöne Strände gibt es ebenso daheim. Zumindest in einer Entfernung, die sich deutlich klimafreundlicher zurücklegen lässt als mit einem Langstreckenflug.

In diesem Sinne sind die World Marathon Majors ein Konstrukt der Vergangenheit, das Überarbeitung bedarf. Im jetzigen Modus setzt es die falschen Anreize. Wer für einen Marathon trainiert hat allein dadurch schon so viel von unserer wunderbaren Umwelt gesehen, dass bewusst sein muss, was sich zu schützen lohnt. Auch der Marathon muss sich also wandeln.

Beitrag von Markus Heidl
Foto © LaufReport

leserbriefe@laufreport.de

Aktuelles im LaufReport HIER

© copyright
Die Verwertung von Texten und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de Redaktion (Adresse im IMPRESSUM) unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.

Datenschutzerklärung