"Ich brauche die nicht" - "Die sind doch austauschbar" … Einiges an Ablehnung zum Thema Berufsläufer wird unverhohlen geäußert, manches ist gar rassistisch. "Ein deutscher Eliteläufer kostet mich so viel wie ein Bus Polen", verlautete es früher aus Veranstaltermund. Diese Zeiten haben sich mit der Aufnahme der osteuropäischen Nachbarländer in die EU geändert. Dazu sind deutsche Spitzenläufer noch rarer geworden. Das alte Rezept, eine Handvoll afrikanischer Gazellen gegen regionale Laufasse antreten zu lassen, scheitert mangels ambitionierter Regiostars. Was tun? Markus Heidl überrascht mit seinem Gedanken - "Es geht um die Show!"

Walter Wagner, 9. Juli 2017

Brauchen wir Eliteläufe?

von Markus Heidl

Es war der 40. Darmstädter Stadtlauf, der nicht, wie all die Jahre zuvor, mit einem Eliterennen endete. Zum Jubiläum war der Plan ein anderer: im direkten Anschluss an das Männerrennen sollte auf dem Luisenplatz gefeiert werden. Schon so musste der Zeitplan weiter gestrafft werden - mit dem Elitelauf wäre keine Zeit mehr bis zur Sperrstunde geblieben.

Es war eine schöne Abwechslung mit Darmstädter Braukunst. Und doch fehlte etwas, mir zumindest. In gewisser Weise war das Verfolgungsrennen immer der krönende Abschluss des Stadtlaufs. Wenn die Frauen Vorsprung kriegen und die Männer die Verfolgung aufnehmen. Wenn viel zu schnell angegangen wird und sich immer wieder neue, packende Duelle entwickeln. Ein Spektakel im Sonnenuntergang und eine Werbung für unseren Sport, auch wenn die Namen der ersten fast niemandem ein Begriff sind.

Es mag respektlos erscheinen, aber das ist nicht schlimm. Es geht um die Show! Es geht um die Geschwindigkeit, die Sprintduelle, darum zu zeigen, was möglich ist. Für die Namen sind die Deutschen verantwortlich, denn durch die Regelung der Prämien gibt es auch Geld für die besten Deutschen. Timo Göhler war in Darmstadt, Joseph Katib kann man fast schon als Spezialisten auf dem Stadtrundkurs bezeichnen. Auch Julian Flügel war schon am Start - einen Olympioniken hautnah erleben, das ging beim Stadtlauf.

Gerade für die Deutschen, für UNS Deutsche, ging es aber um mehr. Der Elitelauf zeigt nicht nur, dass man sich, wenn man richtig schnell ist, einen Euro dazuverdienen kann, sondern wie nah wir Läufer einander sind, gleich welcher Leistungsklasse. Da stehen die besten des Landes ganz selbstverständlich in der Masse und freuen sich, wenn sie angesprochen werden. In anderen Sportarten undenkbar!

Nachdem es 2017 in Darmstadt also auch ohne Elitelauf ging, stellt sich die Frage, ob er im nächsten Jahr wieder ausgetragen wird. Und das hängt davon ab, ob der Lauf der Asse vermisst wird.

Klar ist, dass "Zuschauermagnet" der falsche Begriff für einen solchen Lauf ist. Als ich 2014 selbst einmal mitlaufen durfte, war ich ob der vergleichsweise geringen Begeisterung am Streckenrand enttäuscht - bei den 5 km Läufen sind noch mehr Zuschauer vor Ort. Wahrscheinlich harren Eltern und Angehörige der vorigen Läufe nicht bis zum Ende aus, die Zuschauer beim Elitelauf scheinen ein ausgewähltes Klientel zu sein, wenn man so will.

Aber es geht ja auch nicht darum, sich der Masse anzupassen. Wenn es darum ginge, müssten wir wohl Fußball spielen. Es geht vielmehr um uns Leichtathletikfans, die die Leistung einschätzen können und die Taktiken verstehen. Die sich auf die Duelle freuen, Spaß am hautnahen Erlebnis haben und aus der Darbietung Motivation für das eigene Training ziehen können. Und vielleicht, ab und zu, können wir noch den einen oder anderen Zufallsgast davon überzeugen, wie "geil" schnelles Laufen ist.

Natürlich kostet uns die Elite Geld, aber das sollte sie uns wert sein. Stadtläufe mit Eliterennen sind Werbung für unseren Sport. Werbung, die Spaß macht und die zeigt, wie gleich wir Läufer uns sind. Das sollten wir uns leisten. Finde ich.

Beitrag von Markus Heidl
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