Ein Dauerthema ist sie, die Spitzensportförderung. Es muss sich was ändern, heißt es immer, keine Frage. Doch nun ist es tatsächlich so weit gekommen. Größeren Einfluss erhält die Wissenschaft. Das Budget wurde gekürzt und dennoch erwartet man vom Sport mehr Medaillen. PotAS, das Potenzialanalysesystem könnte errechnen, das z.B. Marathon gar keine gute Geldanlage ist, denn von Medaillenrängen können deutsche Athletinnen und Athleten nicht einmal träumen. Hoffentlich habe ich in Sachen Sportförderung einiges einfach nur falsch verstanden.

Markus Heidl widmet dieses 'Pro & Kontra' der Sportförderungsreform.

Walter Wagner, 12. November 2016

Reform der deutschen Sportförderung:

wir brauchen Medaillen!

von Markus Heidl

Anfang Oktober gab es Neuigkeiten von den Funktionären. Seit fast zwei Jahren wurde an einer Reform der Sportförderung gearbeitet, jetzt stellten Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), im Sportausschuss des Bundestages die Eckpunkte für die Reform des Hochleistungssportsystems vor:

Die Sportförderung aus Bundesmitteln soll zukünftig konsequenter an talentierte Athleten und deren Zukunftschancen orientiert sein. Im Klartext: für Verbände mit wenig Erfolgsaussichten gibt es in Zukunft harte Einschnitte, Kürzungen, vielleicht gar den kompletten Ausfall von Zuwendungen aus dem für Spitzensport zuständigen Bundesinnenministerium.

Das Herzstück des neuen Systems heißt Potentialanalysesystem, kurz Potas. Es basiert auf den Grundlagen vom emeritierten Mainzer Sportinformatikprofessor Jürgen Perl und ist eine Matrix mit 20 Attributen, die sich wiederum in 60 Unterattribute aufgliedern, an denen künftig die Sportförderung pro Sportverband und in insgesamt 130 Disziplingruppen bemessen werden soll.

Bisher wurden für die Zuwendungen im Grunde nur drei retrospektive Kriterien betrachtet: die Medaillenzahl bei Olympia, die Anzahl der Wettbewerbe sowie die Anzahl der Sportler.

Jetzt gibt es 20 Kriterien, wie beispielsweise Trainingskonzeptionen, Wissenschaftsmanagement in den Verbänden, die duale Karriere, einige Aspekte der Nachwuchsentwicklung. Es überwiegen diejenigen Kategorien, die eher der Verbandspolitik zugeordnet werden müssen. Damit wird in die Verbandsstrukturen eingegriffen, was teilweise sicher sinnvoll ist, wenn eingerostete Strukturen dadurch aufgebrochen werden, andererseits aber historisch gewachsene Anpassungen zunichtemacht. Dabei fehlt weiterhin ein übergreifendes Konzept zur Nachwuchsförderung.

Und noch viel wichtiger: der Kampf gegen Doping ist kein Parameter des Potas-Systems. Dabei hat unser Bundespräsident beim Empfang der Olympiamannschaft noch einmal klar gestellt, dass Deutschland - wie es sein sollte - den Erfolg nicht mit allen Mitteln will. Dass Anti-Doping nun in den Kriterien der Sportförderung fehlt, ist wieder ein großer Schritt in die falsche Richtung. Auch Aspekte wie Korruptionsbekämpfung und Transparenz in den Sportverbänden werden völlig außen vor gelassen.

Weiterhin wird der Kern des Sports, nämlich die Sportler selbst, nur in wenigen Kategorien berücksichtigt. Auch hier wünscht man sich einen anderen Fokus: dass sich die Förderung nämlich mehr auf die Sportlerinnen und Sportler sowie deren direktes Umfeld konzentrieren muss.

Andererseits: wer hat schon mehr als marginale Änderungen erwartet, wenn es um den Funktionärssport geht? Bei den Sportlern selbst kommt sicher nicht mehr an, wenn diejenigen Förderkonzepte ausarbeiten, die bei einer Änderung Geld verlieren würden. So kann kaum die Rede von einer Weiterentwicklung der SPORTförderung sein.

Vielleicht sollte die ganze Sportförderungsmaschinerie einfach abgeschafft werden, wenn sie nur eine Einnahmequelle für die Begleiterscheinungen um den Spitzensport sind, und nicht für die, die eigentlich gefördert werden sollen und am Ende gefordert werden? Gehören gar die Gelder ausschließlich in den Breitensport, der für gesunde Bewegung und soziale Kompetenzentwicklung steht?

Es gibt zwar ein paar nette Ansätze, das Potas ist aber schlicht ein großer Aufwand, um im Prinzip beim Alten zu bleiben. Die Gelder im Leistungssport in Deutschland beschränken sich auf die Monokultur Fußball. Schade! Die Sportlandschaft hat viel mehr zu bieten.

Kurz gesagt: die Reform der deutschen Sportförderung bedeutet für den richtigen Sport weniger Geld, aber eine Forderung nach mehr Medaillen (insbesondere bei den Olympischen Spielen)! Aber die Spiele sind wieder eine ganz andere Geschichte.

Beitrag von Markus Heidl
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