Für die Älteren unter uns Läuferinnen und Läufern ein schon oft aufgegriffenes Thema. Was wäre gewesen, hätte man den Laufsport damals als die ersten Volksläufe ins Leben gerufen wurden, als man auf der Verbandsebene Frauen noch ganz ausgrenzen wollte, in einem eigens dafür gegründeten Verband untergebracht? Von Unmut begleitet ist die Zugehörigkeit zum DLV und wird immer wieder hinterfragt. Eine Verbundenheit zu den Ausdauersportlern, z.B. den Radrennfahrern, den Triathleten, den Langstreckenschwimmern, sehen nicht wenige mehr, als zu den Werfern, Springern und selbst den Sprintern. Doch was spricht für den DLV? Markus Heidl macht sich auf die Suche im folgenden 'Pro & Kontra'.

Walter Wagner, 22. Oktober 2016

Die Ausgliederung des Laufsports

von Markus Heidl

Wieder geben Gerüchte den Anstoß zu Überlegungen bezüglich der Vor- und Nachteile. Denn mehr als Hörensagen ist die Idee bisher nicht. Dennoch sorgt allein der Gedanke für teils hitzige Diskussionen: was wäre, wenn das Laufen aus der Leichtathletik ausgegliedert werden würde? Denn auf der einen Seite ist die Leichtathletik im Stadion, mit ihren Sprintern, Springern und Werfern. Mit Wettkämpfen, die akribisch darauf ausgelegt sind, Leistung zu zeigen und objektiv zu messen. Und nur ein ausgewähltes Publikum ansprechen. Auf der anderen Seite ist der (Straßen)Laufsport mit einer bunten Mischung aus Breiten- und Spitzensportlern, bei dem es häufig "nur" um das Ankommen geht und die Volksfeststimmung im Vordergrund steht. Und wo sich teils Massen auf und neben der Strecke tummeln. Aber ist die Trennung wirklich so einfach?

Ein Anstoß für die Debatte könnte die Einführung der Laufmaut gewesen sein. Weil die Veranstalter von Laufveranstaltungen mittlerweile für jeden Teilnehmer 0,50 € an den DLV abgeben müssen, kam Unmut auf. Und dieser Beitrag, bei dem über das Jahr ein hübsches Sümmchen zusammenkommt, wird für die gesamte Leichtathletik verwendet, nicht bloß für die Förderung des Laufsports. Der ein oder andere Volksläufer mag sich darüber beschwert haben.

Dennoch ist jeder Läufer ein Leichtathlet. War es früher und ist es noch heute. Nach der Ausgliederung des Laufsports wäre er bzw. sie aber nur noch Läufer. Wer ist er aber nun, wenn beispielsweise 5000 m bei einem Stadionsportfest gelaufen werden? Und vor allem: wo ist die Grenze? Sind Bahnläufer Leichtathleten, dann aber wiederum doch keine Läufer, weil Läufer ja ausgegliedert wurden? Wo endet der Gedankengang: Sind Sprinter Läufer?

Man könnte auf die Idee kommen, ‚stadionnahe' von ‚stadionfernen' Veranstaltungen zu trennen. Demnach wären Bahnläufer Leichtathleten und nur Straßenläufer "richtige" Läufer. Auch dieser Gedanke stößt aber schnell auf. Denn die meisten richtig guten Straßenläufer kommen von der Leichtathletik, verbessern nach und nach ihre Grundschnelligkeit auf immer längeren Distanzen, um schließlich zum Straßenlauf zu wechseln. So zumindest das Lehrbuch, was sich im deutschen Rekordbuch vor Jahresfrist bestätigte. Eine Trennung könnte also dazu führen, dass die absolute Spitze noch dünner wird, als sie sowieso schon ist, weil die guten "Leichtathletikläufer" entweder die Disziplin nicht wechseln oder aber die "Läufer" das Niveau gar nicht erst erreichen, weil die Grundschnelligkeit der Bahneinheiten fehlt.

Im Grunde ist es doch eine Entwicklung: der Marathon als Krönung der kürzeren Strecken. Eine Krönung, die besonders von spätberufenen vorweggenommen wird bzw. vorweggenommen werden muss. Dennoch sind auch diese puren Straßenläufer, denen nun also eine eigene Sparte zugedacht werden soll, leichtathletikaffin. Wer selbst läuft, schaut sich auch gerne die Stadionleichtathletik an. Im Bewusstsein, dass die Spitzenleistungen der vielfältigen Disziplinen außer jeder Reichweite liegen. Dennoch vermittelt die Perfektion eine Schönheit, die jeder zu schätzen weiß, der im Training auf ein großes (Lauf)Ziel an seine persönlichen Grenzen geht und diese verschiebt. Auch für die Medien ist es dieselbe Zielgruppe.

Werfer, Springer, Sprinter und Läufer sind sehr unterschiedliche Typen. Wie auch das Läuferfeld eines großen Städtemarathons kunterbunt gemischt ist. Im Grunde sind aber dennoch alle auf einer Wellenlänge. Wir sind und bleiben eine bunte Mischung, die zusammengehört. Die Leichtathletik braucht den Straßenlauf und der Straßenlauf braucht die Leichtathletik. Eine Ausgliederung macht keinen Sinn, schlicht und einfach, weil Läufer Leichtathleten sind!

Beitrag von Markus Heidl
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