7./8.10.23 - 55. Int. Schwarzwald-Marathon2263 Teilnehmer insgesamt - fast wie in alten Zeiten Lennart Nies und Stefanie Doll überlegene Sieger Von Elfriede Rapp zu Tigist Assefa |
von Günter Krehl |
Fast wie in alten Zeiten: Der Bräunlinger Marathon lebt. 2263 Teilnehmer insgesamt, eine Steigerung von 56% = 815 Sportler gegenüber 2022 lassen die Augen der Organisatoren leuchten. Was allerdings in den Anfängen nur auf der langen Strecke - dem damals teilnehmerstärksten Marathon der Welt - stattfand, verteilt sich heuer auf die lange Distanz (347), den Halbmarathon (883), den Staffelmarathon (30 x 4 = 120), 10 Kilometer (419), 10 km Walking (79), 5 km (76) und 2 Schülerläufe (218 und 121).
![]() |
|
![]() |
![]() |
Fernab vom Trubel der Großstadt ist der Schwarzwald-Marathon seit 1968 eine beliebte Alternative zu den City-Marathons |
![]() |
Ausführliche und einladend präsentierte
Laufankündigungen im LaufReport HIER
|
---|
![]() |
Am 29. Mai 1971 war ich beim 2. Strohgäu Volkslauf in Münchingen durchs Ziel gelaufen. Danach machten mich Sportkameraden auf Elfriede Rapp (TG Dietlingen) aufmerksam, die sei in Bräunlingen beim Marathon gelaufen. Ungläubig vernehme ich, dass eben jene Elfriede Rapp die 2. und 3. Auflage in 4:05 und 3:51 für sich entscheiden konnte und dass mehr als 50 Frauen diese "mörderische Distanz" bewältigt hatten. Dass es im "hintersten Zipfel" des Landes eine so große Veranstaltung gibt, lässt mich nicht los. |
|
---|---|---|
Banner anklicken - informieren LaufReport Info zum Mein Freiburg Marathon HIER |
Knapp viereinhalb Monate später stehe ich am 10. Oktober in Bräunlingen am Start. Fast untrainiert schleiche ich mit 3:35:08 durchs Ziel, hinter mir braust Beifall auf. Elfriede Rapp vollendet ihren Hattrick und stellt mit 3:35:18 einen neuen Streckenrekord auf. Schon wenige Sekunden danach erreicht die dreiundfünfzigjährige Eva-Maria Westphal das Ziel. - Ohne Roland Mall, den Begründer des ersten Marathonlaufes für Frauen in Deutschland, hätte die sportliche Gleichberechtigung in dieser Disziplin nicht so einen rasanten Aufschwung genommen. Wer mir damals gesagt hätte, dass Frauen einmal unter 2:12 laufen würden, den hätte ich für geisteskrank erklärt. Von Elfriede Rapp zu Tigist Assefa hat es genau 52 Jahre gebraucht.
![]() |
![]() |
Die Weiche - hier wird getrennt nach Marathon- und Halbmarathonläufern und hier findet der erste Staffelwechsel statt |
![]() |
Mein Bericht 2011 war eine Auto-Lauf-Reportage, 2017 eine Radreportage, 2018 eine richtige Laufreportage und heuer wurde es eine Rad/Laufreportage. Mit 32 Minuten Vorsprung startete ich bei herrlicher Kühle und wunderbarem Sonnenschein. Ich wollte fahrend und Rad schiebend bis Kilometer 10 kommen, bevor mich die ersten Marathonläufer einholen sollten. Die Streckenführung war vorbildlich mit gelber Farbe dezent markiert, so dass die Runde auch für einen langen Trainingslauf jederzeit zu finden ist. Etwa bei Kilometer 4 stutzte ich, ging es doch nicht wie üblich nach links, sondern in die entgegengesetzte Richtung. |
|
---|---|---|
Banner anklicken - informieren LR-Info Marathon Deutsche Weinstraße HIER |
Ein kurzes Stück mit "Knochensteinen" fühlte sich unangenehm an. Wohl war die Änderung durch Waldarbeiten nötig geworden. Danach machten mir kilometerlang grobe Schottersteine zu schaffen, auf dem Rad sicher noch unangenehmer, aber auch für Läuferbeine nicht erfreulich. Dem Veranstalter soll keine Schuld gegeben werden, hat er doch keinen Einfluss auf das Herrichten der Waldwege nach einem Holzeinschlag. 2018 konnte ich noch schreiben: "Der Waldboden war dieses Jahr griffig, fest und fast immer in tadellosem Zustand."
![]() |
Kurz vor der Abwärtspassage auf Asphalt parkte ich erstmals mein Rad und lief den Läufern entgegen. Unterwegs traf ich einen ehemaligen Marathonläufer, der nun im Alter von 86 Jahren den Halben außer Konkurrenz marschierte und der auf der gesamten Strecke mein Begleiter wurde, den ich immer wieder überholte, ihm entgegenlief und dies bis zum Ortsanfang von Bräunlingen. |
|
---|---|---|
Banner anklicken - informieren LaufReport-Info zum Gornergrat Zermatt Marathon HIER |
Mit deutlichem Vorsprung lief der Startläufer der Viererstaffel der "SWB-HopeFäller", Tim Assman den Einzelläufern voraus. Vor 5 Jahren war ihm das damals für den TV Villingen (2:47:30) noch nicht ganz gelungen. Heuer waren die vier schnellen Jungs mit Alex Kessler, dem nationalen Ass Christoph Kessler und Adrian Engstler mit 2:25:43 nicht nur den 29 anderen Mannschaften sondern auch allen Einzelläufern weit überlegen.
Lukas Borghardt (TV Bad Säckingen) hatte auf dem ersten Viertel einen
deutlichen Vorsprung vor Lennart Nies (TV Maikammer) und Veit Hönle (Running
Team Ortenau) herausgelaufen. Der Pfälzer war das Rennen kontrolliert angegangen,
konnte sich dann nach vorn orientieren und mit für die Bodenbeschaffenheit
sehr starken 2:34:07 noch deutlich siegen. Auch Borghardt konnte mit 2:38:10
sicher die 2:40er Marke unterbieten. Höhnle verlor auf den letzten 30 Kilometern
zwar 15 Minuten gegenüber dem Sieger, konnte aber mit 2:49:17 seinen dritten
Platz souverän nach Hause laufen. Immer auf Position vier beendete Samuel
Rössler (ASC Konstanz) nach 2:53:16 seinen Wettkampf. Als Fünfter
und Sieger der M50 lief der vielfache Deutsche Seniorenmeister Markus Mey (Milers
Colonia 2020) nach 2:54:52 ins Ziel.
2022 hatte Stefanie Doll (SV Kirchzarten) zwei sensationelle Marken gesetzt. Mit 2:45:26 verbesserte sie den 47 Jahre alten Streckenrekord der ehemaligen Weltrekordlerin Christa Vahlensiek um 17 Sekunden. Ihr Gesamtsieg vor allen Männern ist nicht nur einmalig für den Schwarzwaldmarathon, es ist ein weltweit sicher sehr seltenes Ereignis. Dass sie dieses Jahr den Coup nicht wiederholen konnte lag nicht nur an der starken Männerkonkurrenz. Schon bei Kilometer 11 war zu sehen, dass es dieses Mal nur um den Sieg bei den Frauen ging. Mit 2:57:10 gelang dieses Vorhaben auch unangefochten. Platz zwei belegte Franziska Gerster (LT VfB Bösingen) in 3:14:20. Teamkameradin Janine Bantle kam mit 3:21:35 hinter Sarah Napiwotzki (3:17:10) auf Platz vier. Jeannine-Michelle Pi Azzalunga benötigte als nächste 3:28:49.
![]() |
||
![]() |
![]() |
![]() |
Siegerin Stefanie Doll, seit 2022 Streckenrekordhalterin, kurz vor der Marathonweiche | Franziska Gerster wird 2. Marathonläuferin | Sarah Napiwotzki als dritte Marathonläuferin kurz vor dem Ziel |
Inzwischen war es rasch wärmer geworden und am Ende wurde es für die 4 Stunden Marathonläufer mit 24° doch recht strapaziös. Obwohl der kluge Streckensprecher mehrfach gewarnt hatte: "Zieht euch nicht zu warm an und friert lieber etwas am Start", sah man doch wieder relativ viele "Lang-Läufer".
Wie immer ist es vor der Weiche recht schwierig, die Führenden im Halbmarathon zu erkennen. Friedrich Horn (LAV Stadtwerke Tübingen) und mit einigem Abstand Patrick Hartmann (LT Unterkirnach) flogen durch das Feld der hinteren Marathonläufer. Da hieß es schnell das Rad schnappen, auf der Fahrstraße hinunter nach Unterbränd rauschen, das Rad positionieren, den Foto herausholen und schon waren die Spitzenläufer herangebraust. Der Unterkirnacher hatte den Abstand bereits etwas verringert und konnte auf dem letzten Drittel nach 1:16:31 zu 1:17:20 noch einen sicheren Vorsprung vor dem Tübinger herauslaufen. Hannes Bossung mit 1:17:50 und Tobias Herrmann (LG Hohenfels) mit 1:18:01 lagen dicht dahinter.
Auf den Positionen fünf und sechs liefen Laurin Wehrle (1:19:46) und Stefan Walz (1. FC Egenhausen/1:20:30). In der Mitte des Rennens fanden sich einige langsamere Läufer weit vorne, sie hatten sich wohl mit den Marathonläufern eine halbe Stunde früher auf den Weg gemacht, fanden sich aber dank der Chipzeit am Ende an richtiger Position.
In den letzten Jahren ist es leider zur Gewohnheit geworden, dass sehr viele
Sportler keinem Verein angehören oder mit Phantasieangaben in den Listen
stehen. So verzichten auch die ersten vier Damen auf eine Eintragung in den
offiziellen Bestenlisten. Sandra Schmid überzeugte mit kraftvollen Lauf
und einem überzeugenden Sieg in 1:28:27. Auf den Plätzen folgten Alexandra
Bauer (1:31:09), Selina Rau (1:34:10) und Selina Roth (1:34:57). Als Fünfte
lief Nicole Gensch (AHS Freiburg/1:38:15) vor Melina Bendek (LG Hohenfels/1:38:29)
und Emily Weiss (SV Kirchzarten/1:38:52) ins Ziel.
![]() |
|
![]() |
![]() |
Sandra Schmid, die Halbmarathonsiegerin, eilt mit kraftvollem Schritt dem Kirnbergsee entgegen | Alexandra Bauer belegt im Halbmarathon Platz zwei |
Neben den üblich starken Altersklassenzeiten möchte ich eine Leistung besonders hervorheben. Die kleinwüchsige Katharina Zwosta lief, begleitet wohl von Vater (?) Martin 2:47:33. Als vierte Jugendliche ließ sie immerhin 12 Teilnehmer hinter sich. Ihr würde ich den Sonderpokal des Tages überreichen, Inklusion im besten Sinne des Wortes.
Am Samstag starteten 419 Läufer und 79 Walker auf der landschaftlich schönen, aber anspruchsvollen Runde über 10 Kilometer. Das Rennen war fest in der Hand der LG Hohenfels, die sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern einen Doppelsieg landete. Allessa Rainer (41:33) und Eva Polito (41:50) lagen weit vor Nathalie Fischbach, die 47:06 benötigte. Leon Ebner (37:51) und Hardy Flum (38:23/1. M55) distanzierten Marc Metzger (40:00) nicht so deutlich.
![]() |
![]() |
Passage am Kirnbergsee |
Auch die beiden Schülerläufe waren wieder gut besetzt. Im Wettbewerb der Jüngsten über 1,05 Kilometer waren Jan Foki (3:59/MU10) und Raik Merz (4:30/MU8) bei den Jungs sowie Magdalena Niemann (3:59/WU10) und Juna Hofacker (4:28/WU8) bei den Mädchen die Schnellsten. In diesen Altersklassen sind die beiden Geschlechter oft noch ebenbürtig. Über die längere Strecke von 1,75 Kilometer sieht das schon ein bisschen anders aus: Die Sieger heißen Miguel Müller Cerqueira (5:49/MU16), Oliver Dunkel (6:26/MU14), Jonathan Klaucke (6:50/MU12), Ann-Sophie Lipp (6:45/WU16), Paula Schafbuch (6:43/WU14) und Noelia Reuter (7:31/WU12). Vor 5 Jahren lief übrigens Lukas Ehrle mit 5:37 dem Feld weit voraus, heute ist er sogar international absolute Spitzenklasse in seiner Altersklasse. So viel schlechter sind die Zeiten der diesjährigen Sieger wirklich nicht. Lukas Schwester Julia lief 2018 phantastische 6:13 als U12 Läuferin, auch sie ist bereits in der deutschen Frauenspitze als Noch-Jugendliche angekommen. Eine schöne Begebenheit am Rande. Einige Mädels feuerten selbst die letzten Läufer noch lautstark an und bestätigten mir, dass sie am Vortag selbst aktiv gewesen waren. Ich sehe potentielle Marathonteilnehmer der späten Zwanziger Jahre.
![]() |
![]() |
![]() |
Ausführliche und einladend präsentierte
Laufankündigungen im LaufReport HIER
|
---|
Zum Schluss kann ich nur mein Fazit von 2018 annähernd wiederholen: "Im Ziel herrschte am Sonntagmittag eine gelöste Stimmung: Vollbesetzte Bänke bei goldenem Oktoberwetter, ein nimmermüder Kommentator und viele fröhliche Sportler beim Zieleinlauf. Der Bräunlinger Marathon lebt und ist bei seiner 55sten Austragung lebendiger denn je. In der heutigen Zeit, in der viele Veranstalter traditioneller Läufe das Handtuch werfen, sind die Stammteilnehmer und immer wieder neugierige "Erstlinge" froh, weiterhin eine solche Großveranstaltung mit familiärem Charakter, fairen Startgeldern, liebevoller Organisation und begeisterungsfähigen, freundlichen Helfern vorzufinden."
![]() |
Bericht und Fotos von Günter Krehl |
![]() |
|
|
|||
Foto-Impressionen im LaufReport HIER | |||
Ergebnisse my.raceresult.com
& Infos www.schwarzwaldmarathon.de
Zu aktuellen Inhalten im LaufReport HIER |
© copyright
Die Verwertung von Texten und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung
oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de
Redaktion (Adresse im IMPRESSUM)
unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes
ergibt.