6.7.24 - 30. Reutlinger Solcom Altstadtlauf1992 gestartet und nicht mehr wegzudenken |
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Im Schatten der Achalm, dem 707 Meter hohen Hausberg Reutlingens, fand die 30. Austragung des Reutlinger Altstadtlaufs nicht statt, denn Petrus hatte kein Einsehen und steuerte dem runden Austragungsfest ein nassgraues Wetter bei. Dies freilich hielt die Aktiven nicht davon ab, sich in nie gekannter Stärke den jeweiligen Herausforderungen zu stellen. Von 2100 Gemeldeten wurden schließlich 1813 im Ziel erfasst und die Rekordzahlen aus dem Vorjahr erneut deutlich übertroffen. Erklären kann sich den Zulauf so mancher IGLer nicht, denn "wir haben kaum Werbung betrieben." Vielleicht liegt es einfach daran, dass sich die großartige Atmosphäre herumspricht, die beim Altstadtlauf selbst bei Regenwetter vorherrscht.
Mit ein paar Regenschauern und Rekordzahlen startete der 30. Reutlinger Solcom Altstadtlauf |
Ausführliche und einladend präsentierte
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Mehr als die Hälfte der Beteiligung geht auf die rege Teilnahme von Schulen aus Reutlingen und Umgebung zurück. Inklusive des ohne Wertung abgehaltenen Bambinilaufs über 700 Meter sind etwas über 1100 Kinder dabei und laufen altersbezogen Distanzen bis zu zweieinhalb Kilometern. Die Ergebnisse dokumentieren zuverlässig auch, dass mit zunehmendem Alter die Startfelder kleiner werden. Hier liegt das Betätigungsfeld der IGL InteressensGemeinschaft Laufen Reutlingen, des 1983 gegründeten Vereins "für Anfänger, aktive, ehemalige, ehrgeizige oder von jedem Ehrgeiz freie Läuferinnen und Läufer jeden Alters" mit dem Programm, sich für die Interessen von Läuferinnen und Läufern einzusetzen sowie für die Förderung des Laufsports in und um Reutlingen!
Nach der pandemischen Zwangspause ging es in Reutlingen nahtlos weiter. Das IGL-Team hatte nichts verlernt. Oberbürgermeister Thomas Keck, seit 2019 im Dienst, war wieder zur Stelle, genauso wie die Feuerwehr, der Rettungsdienst und alle erforderlichen sonstigen helfenden Hände. Nun hatte sogar der Titelsponsor aufgeschlossen, denn SOLCOM, ein Projektdienstleister der Unternehmen und Freiberufler zusammenbringt, feiert gleichfalls sein 30jähriges Bestehen.
Nach 277 Bambini folgten die Schülerläufe D, der Jahrgänge 2015 und 2016, die 1,5 km liefen. Wegen der großen Beteiligung von 434 Kindern wurde dieser Lauf in einen für Mädchen und einen für Jungen aufgeteilt. Der C-Lauf der Jahrgänge 2013/2014 ging mit 280 Zielerfassungen gemeinsam über die 1,5km-Strecke. Im weiteren Verlauf wurde die Distanz auf eine 2,5 km lange Originalrunde erweitert und der B-Schüler mit den A-Schülern zusammengelegt. 118 Finishs kamen aus den Jahrgängen 2009 bis 2012 zusammen, davon ginge nur noch 42 auf die Kappe der beiden älteren Jahrgänge.
Zu sehen gab es jede Menge Talente, die es verdient hätten, schon jetzt besonders herausgestellt zu werden. Doch belassen wir es bei der Siegerin und dem Sieger des A-Laufs. In einem packenden Spurtentscheid setzte sich Moritz Schwarzer vom VFL Pfullingen in 8:59 min um eine Sekunde gegen Ben Schwille TSG Münsingen durch. Dritter wurde Noah Fehrle vom Carlo Schmid Gymnasium Tübingen in 9:38 min. Der 15jährige Moritz aus dem Reutlinger Stadtteil Orschel-Hagen ist in seinem Pfullinger Verein Triathlet. Er war das erste Mal beim Altstadtlauf dabei und fand die Strecke gut.
Bei den Mädchen siegte Zoe Tröster vom TSV Holzelfingen in 9:47 min vor Naema Awale von der TSG Münsingen in 10:07 min und Marcia Metzger für FES Reutlingen in 11:23 min. Die 14jährige Zoe war bereits im Vorjahr Altersklassensiegerin in Reutlingen geworden, läuft im Verein Distanzen von 800 Meter bis 3000 Meter. Über 3000 m ist sie Ende Juni bei den Süddeutschen Meisterschaften im Stadion Oberwerth in Koblenz in 11:27,72 min 10. in der W15 geworden.
Im ziemlich gestrafften Zeitplan folgten nun die Hauptläufe über 5 und 10 Kilometer. Es geht Schlag auf Schlag beim Altstadtlauf, als erwarte man einen allgemeinen Aufbruch zum Public-Viewing. Nun, dass Deutschland nicht Europameister im Fußball werden würde, war schon bekannt, zogen zunehmend vereinzelt türkische Fußball-Fans über den Marktplatz, dem Epizentrum des Altstadtlaufs, zum gemeinsamen durchlebten der TV-Übertragung im Restaurant Alexandre.
Die schnellste Power-Race II Läuferin Hanna Lederer von der TSG Reutlingen Inklusiv im dichten Zuschauerspalier | Patric Steimle von der TSG Reutlingen Inklusiv gewinnt das Power-Race II Männerrennen |
So passten beide Sportarten bestens zusammen, und auch beim Altstadtlauf gibt es eine gelungene Synthese mit dem Power Race für beeinträchtigte Menschen. Diese liefen je nach Leistungsvermögen und ohne Altersklassenunterscheidung bei den C-Schülern über 1,5 km oder im Hauptlauf eine 2,5 km Runde mit. In die Organisation der emotionalen Power Races eingebunden ist die TSG Reutlingen inklusiv, wo der Inklusionsgedanke schon wichtig war, bevor es das Wort gab. Vorbildlich ist, dass die IGL Reutlingen das Miteinander möglich macht.
Noch waren selbst die Schnellsten auf ihrer ersten Runde durch Reutlingens Gassen, da begannen die Siegerehrungen auf der Eventbühne auf dem Marktplatz für die Schülerläufe. Dieser Ablauf sorgt dafür, dass Eltern, Großeltern und sonstige Verwandtschaft noch an der Strecke verweilen und vor allem in Marktplatznähe ein dichtes Zuschauerspalier garantieren. Dies ist in Anbetracht der äußeren Bedingungen nicht selbstverständlich. Wenngleich der Regen zeitweise pausierte und nicht übermäßig hernieder ging. Das Pflaster freilich war rutschig und ließ auf dem teils winkligen Kurs somit keine Rekorde zu. Die Feuerwehr ließ es sich zudem nicht nehmen mit einer Wasserfontäne für zusätzliche Kühlung zu sorgen, der meist gern mit einem Grinsen nicht ausgewichen wurde. Das mit den tiefen Pfützen ist eine andere Geschichte, dazu aber später.
Helfende Hände bei der Wasserversorgung auf jeder Runde | Und auch die Feuerwehr-Wasserfontäne an der Strecke wird freudig angenommen |
Als sich das Startfeld formierte, beantwortete sich die Frage, ob Lorenz Baum antreten würde. Der siebenfache Altstadtlaufsieger, Deutscher Marathonmeister 2023, im Trikot der LAV Stadtwerke Tübingen war wieder dabei und setzte sich sogleich an die Spitze des losrasenden Feldes. Doch dort war er nicht allein. Zwar fielen einige vermeintliche Kontrahenten zurück, aber eine vorzeitige Entscheidung war für die Zuschauer nicht erkennbar.
Gemeinsamer Start über 5- und 10 Kilometer beim Hauptlauf |
Am Ende der zweiten Runde bog Paul Mühleck, der sich geschickt an die Führenden 10km-Läufer gehängt hatte, in den Zielkanal und siegte in 16:58 min über 5 km. Der 20jährige stammt aus Nürtingen, wohnt in Bönnigheim und startet für die LG Neckar-Enz. 800 Meter ist seine Distanz, persönliche Bestzeit 1:55,67 min. Am darauffolgenden Wochenende startet er bei den Baden-Württembergischen Meisterschaften. Vorjahressieger Stefan Gackstatter war die erste Runde mitgegangen, ließ dann aber ein paar Sekunden liegen und wurde Zweiter und M35-Sieger in 17:41 min. Das Podium komplettierte Emanuel Hublea in 18:57 min. Ihm folgte der M40-Sieger Leylim Türkmen (FHG Betzingen) nach 19:14 min ins Ziel. Als Fünfter schaffte es auch Mathis Bernard in 19:20 min noch unter 20 Minuten zu bleiben.
Bei den Frauen wiederholte Anna Reder ihren Vorjahressieg in 19:28 min und lag damit über drei Minuten vorn. Lediglich den Verein hat die 18jährige gewechselt, vom SV Ohmenhausen ging sie zur LAV Stadtwerke Tübingen und begab sich dort in die Trainingsgruppe von Isabelle Baumann. Nach bestandenem Abitur schließt sie ein Studium der Bewegungswissenschaften in Stuttgart an. "In den Kurven musste man aufgrund der Nässe das Tempo rausnehmen", berichtete sie von der Besonderheit in diesem Jahr. Naema Awale vom TSG Münsingen, Schülerlaufzweite, wurde wiederum als Zweitplatzierte Siegerin in der WJ U18 in 22:47 min, direkt gefolgt von der ebenfalls in dieser Klasse laufenden Lena Knobelspies, die für den TSV Glems in 22:57 min den dritten Gesamtrang erringen konnte.
Anna Reder wiederholt ihren Vorjahressieg im 5km Rennen. Platz 2 geht an Naema Awale und 3 an Lena Knobelspies (re. Foto, li.) |
368 Läuferinnen und Läufer fanden Einzug in die 5km-Ergebnisliste und übertrafen geringfügig den Umfang über die doppelte Distanz, wo 319 erfolgreich teilnahmen.
Trotz seiner Erfolge ist Lorenz Baum ein Läufer ohne Allüren und entsprechend beliebt. Aufgrund seines Wohnortes war er obendrein erster Anwärter auf den Pokal des schnellsten Reutlingers. Nachdem er bereits sieben Siege beim Altstadtlauf auf der Habenseite hat, galt er zwangsläufig als Favorit. Es stellte sich aber bald heraus, dass ihm ein Unbekannter im Trikot der LG Osnabrück nicht von der Seite wich. Erst in der letzten Runde entschied sich das Rennen zugunsten des 34jährigen Lokalmatadors. Während Lorenz Baum eine Schippe drauflegte und die vierte Runde in 8:32 Minuten wieder schneller lief, hatte Linus Vennemann dem nichts mehr entgegenzusetzen.
Nach 34:00 min konnte Lorenz Baum seinen achten Sieg in die Chronik eintragen lassen. Dies freilich ist weit hinter seiner Vorjahreszeit, denn ganz so problemlos läuft die Saison nicht für den in der Uniklinik Tübingen arbeitenden Medizintechniker. Amtierender Deutscher Meister im Marathon (in PB 2:15:56) war er nur vom Oktober 2023 (Köln) bis April 2024. Titelnachfolger wurde in Hannover Amanal Petros. Er trat dort nicht an, zog die Teilnahme am 128. Boston Marathon vor. Unter den lange bergabführenden Passagen in der Hauptstadt des Bundesstaates Massachusetts litt die Muskulatur, wurde dennoch 23. in 2:16:51 h. So langsam kommt die alte Form wieder und er plant noch in diesem Jahr ein Marathonrennen, wahrscheinlich im Dezember in Valencia.
Linnus Vennemann, seit 1. Juli als Pre-Master für ein Jahr beruflich bei Bosch in Reutlingen, hatte nach 34:23 min den zweiten Platz unter Dach und Fach. Dem 23jährigen gefiel die gute Atmosphäre und ja, bei der 31. Auflage ist er noch in Reutlingen und könnte sich dann mit einem Sieg aus dem Württembergischen zum geplanten Masterstudium verabschieden. Auf seiner Distanz, dem 1500m-Lauf, ist der Elektrotechnik-Ingenieur vor einem Monat in Dortmund in 3:46:50 min persönliche Bestzeit gelaufen.
Das Rennen um den dritten Rang gewann Piotr Plewik für den polnischen MKS MOS Katowice in 35:41 min. Der U20-Sieger distanzierte Julian Maier um vier Sekunden, der für das Friedrich-List-Gymnasium Vierter wurde. Auf den fünften Rang kam M40-Sieger Michael Braun (FES Reutlingen) in 36:09 min. Simon Hanle folgte in 37:49 min auf Platz 6. Nach einem anfänglichen Versuch ganz vorne mitzulaufen, verlegte sich der 31jährige mit einer 10km-Bestzeit von 34:11 min auf die Begleitung seiner "kleinen" Schwester und Vereinskameradin.
Leah Hanle hatte für den TSV Holzelfingen auch die Siege in den beiden Vorjahren davon getragen und schaffte nun den Hattrick in 37:49 min deutlich. Beim Altstadtlauf hat man sie wie Lorenz Baum immer auf der Rechnung. Ihre persönlichen Bestzeiten über diese Distanz stehen bei 34:02 min auf der Straße und 33:43 min auf der Bahn. Nach einem Psychologiestudium in den USA arbeitet die 26jährige, die nun wieder in der Gemeinde Lichtenstein in Landkreis Reutlingen wohnt, jetzt im Bereich Human Research in Reutlingen, muss Training und Arbeit unter einen Hut bringen. Bei den Deutschen Leichtathletikmeisterschaften wurde sie vor einer Woche in Braunschweig über 5000 m in 16:27,33 min zufriedene Neunte.
Auf Rang zwei kam Lisa-Marie Oesterle für Heart&Sole Stuttgart. Ihren Startpass hat die 27jährige Public Management Studentin beim VfL Sindelfingen. Sie hatte sich spontan nachgemeldet und war nach 41:10 min im Ziel. Straßenläufe über 5 km, PB 18:21,46 über 5000m, und 10 km sind die sportliche Heimat der in Ehingen bei Böblingen ansässigen Läuferin. Dritte wurde die W35-Siegerin Viviana Volpe vom SV Ohmenhausen in 41:49 min. Sie erhielt zudem den Pokal für die schnellste Frau aus Reutlingen und wie vor zwei Jahren wieder zusammen mit Lorenz Baum. Am Altstadtlauf war sie schon mehrmals dabei gewesen, meist über 10 km, aber auch über 5 km. Die 35jährige bevorzugt Straßenläufe bis Halbmarathon. Liebt aber auch regionale Trails oder hat im Mai beim Rennsteiglauf am Halbmarathon teilgenommen. Triathlon macht sie ebenfalls, aber zum Spaß. Den Sieg in der W50 trug auf Einlaufplatz 4 Christine Geiger von der LAV Stadtwerke Tübingen in 42:35 min davon.
Zum eigenen Altstadtlauf berichteten IGL-Leute im Vorjahr "ein großartiges Schauspiel mit kleinen Tragödien und so manchem Lustspiel in einer sehenswerten und einladenden Stadt". Dies kann man unterschreiben. Die Altstadt überrascht im Wechselspiel moderner Gebäude mit mittelalterlichen Gebäuden, Stadtmauerreste mit Turm, verschiedenen Brunnen und Kirchen. In langjähriger Auseinandersetzung mit den Geschäftebetreibern in den Einkaufszeilen hat man sich arrangiert und seinen Frieden gemacht. Dass sich vereinzelt noch immer Passanten aufführen, als wäre das im Jahreskalender einmalige Ereignis eine unzumutbare Beeinträchtigung, wiederholt sich in vielen Städten und kann getrost übergangen werden.
Wasser sprudelt aus dem Reutlinger Pflaster - Wasserrohrbruch | Wasser aus dem Zunftbrunnen - Kulturplattform |
Einmalig war bei der 30. Austragung, dass auf einem Streckenabschnitt die Pfützen immer tiefer und größer wurden. Dies lag mitnichten am Niederschlag, sondern kam von unten. Leider konnten einige Teilnehmende im späteren Verlauf die vierte Runde wegen eines Wasserrohrbruchs nicht mehr in Gänze absolvieren. Etwa 400 Meter ersparte dieser Vorfall durch polizeiliche Streckensperrung einigen Altstadtläufern. Die waren davon aber nicht alle begeistert und es wurde geschimpft. Nun ja, die IGL hat mal wieder einen famosen Altstadtlauf auf die Beine gestellt, der im Herzen Reutlingens nur mit erheblichem Arbeitsaufwand durchgeführt werden kann. Und wer weiß, vielleicht gibt es für die nächsten Jahrzehnte auch Notfallprogramme für Unvorhersehbares. Hoffentlich aber weitere Reutlinger Solcom Altstadtläufe as usual.
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Bericht & Fotos von Constanze & Walter Wagner |
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