15.6.24 - 37. Gerolsteiner StadtlaufDer Eifel-Klassiker, aber eher Radweg- als Stadtlauf |
von Holger Teusch |
Der Gerolsteiner Stadtlauf ist die älteste Laufveranstaltung dieser Art in der Vulkaneifel. Bei der 37. Auflage gelang Michelle Trumm über 10 km der Hattrick, der dritte Sieg in Folge. Bei den Männern triumphierte erstmals Martin Müller.
Der Gerolsteiner Stadtlauf ist der Klassiker unter den Laufveranstaltungen in der Vulkaneifel: Seit 1986 wird im Sommer, jahrelang im Juli, Laufsport, teilweise auf hohem Niveau, geboten. Am schnellsten waren 1997 die Weißrussin Marina Belajewa mit 33:41 Minuten und drei Jahre später Thomas Omwenga aus Kenia mit 29:25 Minuten. Hohe Prämien lockten in den 90er Jahren nationale Spitzenkönner wie der mehrfache deutsche Meister und Marathon-WM-Zwölfte Kurt Stenzel (Sieger 1995) und ausländische Läufer an. So waren 1999 dank eines Sponsors bis zu 16.000 D-Mark für die drei schnellsten Frauen und Männer bei Zeiten unter 32:45 Minuten beziehungsweise 29:00 Minuten ausgelobt. Der Großteil der Prämien blieb damals in der Eifel. Atlanta-Olympiateilnehmerin Petra Wassiluk und der Kenianer Winfred Lenaula kamen bei großer Hitze nicht einmal in die Nähe der Streckenrekorde.
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Auch der in Gerolstein lebende frischgebackene EM-Bronzemedaillengewinner mit der deutschen Halbmarathon-Mannschaft, Samuel Fitwi, biss sich bei seinen beiden Siegen 2017 (30:22) und 2023 (30:10) an diesen Zeiten die Zähne aus. Oder besser: Nutzte sein Heimrennen für einen schnellen Trainingslauf. Denn wirkliche Konkurrenz hatte der mit 2:06:27 Stunden zweitschnellste deutsche Marathonläufer nach Amanal Petros bei seinen Auftritten nicht. Zwar war Fitwi kurz nach der erfolgreichen Europameisterschaft (in der Einzelwertung belegte er in 1:01:17 Stunden den fünften Platz) kurz in seiner Heimat und lief zusammen mit Freunden und Fans zugunsten der Hilfsorganisation Medical Volunteers International (kümmert sich um medizinische Versorgung in Flüchtlingscamps an den europäischen Außengrenzen), aber schon am Tag vor dem Gerolsteiner Stadtlauf musste Fitwi wieder ins Höhentrainingslager nach Addis Abeba.
Die Zeit der ganz schnellen Rennen endete in Gerolstein, als sich der spendable Geldgeber zu Beginn des Jahrtausends zurückzog. Der Ausrichterverein SV Gerolstein machte aber trotzdem unbeirrt weiter. Dabei sind die Herausforderungen in der Stadt, die vielen vor allem durch ihren Sprudel bekannt ist, immens.
Die Stadt liegt am Flüsschens Kyll. Durch das Tal führt seit 150 Jahren auch die Bahnlinie zwischen Köln und Trier. Im Kaiserreich war zudem die sogenannte "Eifelquerbahn" von strategischer Bedeutung. Es war die Zeit, in der Deutschland und Frankreich verfeindet, die Eifel Aufmarschgebiet und die Eisenbahnstrecken deshalb wichtig waren. In Gerolstein kreuzten sich die Nord-Süd- und die Ost-West-Linien. Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt deshalb ein bevorzugtes Ziel alliierter Luftangriffe und wurde zu 80 Prozent zerstört.
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Auf dem Radweg entlang der Kyll, über den seit 2022 der Gerolsteiner Stadtlauf führt, begegnen sich die Läufer | Unter der Eisenbahnbrücke durch lief auch der M45-Dritte Kai Müllers (OCR Munich) |
Die Eisenbahnlinie, eine Bundesstraße und die Kyll bedingen, dass die Streckenwahl für einen Stadtlauf und für einen schnellen Parcours nicht so einfach ist. Wenn Höhenmeter keine Rolle spielen, kann man sich läuferische oder als Wanderer nördlich des Stadtkerns in den Gerolsteiner Dolomiten rund um die Felskombinationen von Auberg und Munterley austoben. Das Wiesengelände zwischen Auberg und Feriendorf nutzt Samuel Fitwi im Winter beispielsweise für Tempoläufe. Dort bereitete er sich 2018 auch vor, bevor er bei der Crosslauf-EM U23-Vizeeuropameister wurde. Südlich von Gerolstein wiederum erstreckt sich ein im wahrsten Sinne weitläufiges Waldgebiet, durch das man stundenlang streifen kann, ohne auf eine Straße zu treffen.
Aber eine flache Straßenlaufstrecke findet sich in Gerolstein nur nahe der Kyll im Tal. Es wurde bereits unterhalb der Dolomiten, auf einer Wendepunktstrecke Richtung Pelm gelaufen. Es gab einen Citylauf-Parcours über vier Runden, die es allerdings höhenmetermäßig bereits schon in sich hatte. Außerdem musste die Bundesstraße mindestens halbseitig gesperrt werden. Durch die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 wurde diesmal zum dritten Mal auf einem komplett verkehrsfreien Kurs gelaufen. Auch im Kylltal und Gerolstein richteten die Fluten großen Schaden an. Weil die Wassermassen die Bahnstrecke durch die Eifel zerstört hatten, wurde auch elf Monate später der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB), auf dem sonst Start und Ziel aufgebaut waren, für den Schienenersatzverkehr gebraucht. Während der zwei Stunden des Stadtlauf-Hauptprogramms fuhren mehr als ein Dutzend Busse den ZOB an. Weil diese die entsprechenden Züge in Bitburg-Erdorf beziehungsweise Mechernich rechtzeitig erreicht werden müssen, war eine Umleitung nicht möglich. Also musste der Stadtlauf umziehen.
Allerdings nur um wenige Meter auf den nahegelegenen Brunnenplatz mit dem sich anschließenden Kyllpark. Von dort führen die Strecken seitdem entlang der Kyll und über den Radweg in Richtung des Stadtteils Lissingen. Im 10-km-Hauptlauf wird eine Kombination aus Rund- und Wendepunktstrecke gelaufen. Nicht potteben, für Eifel-Verhältnisse aber flach. Was wichtig ist, denn seit 2003 ist der "Zehner" eines der Wertungsrennen zum Bitburger 0,0%-Läufercup. In der Laufserie zählen die Zeiten, nicht die Platzierung in der Endabrechnung!
Auch wenn die neue Strecke eher ein Radweg- statt Stadtlauf ist, scheint er gut anzukommen. Nach der Corona-Pause gab es den dritten Teilnehmerzuwachs in Folge. 350 Läufer kamen in fünf Wettbewerben, vom Bambini-, über Kinder- und Jugendläufe, ein 5-km-Rennen und den 10-km-Hauptlauf ins Ziel. Wechselnde Laufstrecken hin oder her, einer Tradition wird in Gerolstein seit mehr als drei Jahrzehnten treu geblieben: In allen Rennen sind Teilnehmer mit Beeinträchtigung - unabhängig vom Alter - ausdrücklich erwünscht. Inklusion wird seit jeher groß geschrieben.
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Auch wenn es auf den ersten Blick nicht direkt ersichtlich war, die Gewinnerin des 10-km-Hauptlaufs stand zum dritten Mal in Folge ganz oben auf dem Siegerpodest. Doch die Urkunde wurde diesmal auf den Namen Michelle Trumm statt wie 2022 und 2023 auf Michelle Bauer ausgestellt. Der dritte Stadtlaufsieg in der Vulkaneifel war der erste nach ihrer Hochzeit für die 34-Jährige.
Und der schnellste! So flott wie Trumm war bisher noch keine Frau auf dem neuen Parcours: 38:45 Minuten. Komplettiert durch Simone Anell (42:25) und Bernadette Berens (44:48) feierte ihr Verein LT Schweich zudem einen Dreifacherfolg.
Bei den Männern gewann Martin Müller von der LG Meulenwald Föhren in 33:23 Minuten erstmals. Beeindruckend: Der 59-jährige (!) Italiener Giovanni Bivona belegte in 36:44 Minuten vor Dominik von Wirth (TG Konz/37:00) den zweiten Platz.
Über fünf Kilometer siegten die Luxemburgerin Tania Thies (20:04 Minuten) und Lokalmatador Finn Willars vom Tri Team SV Gerolstein (18:30).
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Bericht und Fotos von Holger Teusch Ergebnisse www.chiplauf.de & Info www.sv-gerolstein.de Zu aktuellen Inhalten im LaufReport HIER |
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