Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Einbruch beim Spitzenreiter - Stabilisierung in der Breite
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 5: Die Frauenquote: HIER Teil 6: Halb- kontra Marathon: HIER
Statistiken & Auswertungen von Ralf Klink und Christian Werth
Grafiken & Foto: Constanze Wagner

Die große Marathon-Analyse

Teil 1: Die Marathons mit den meisten Finishern

Die Balken geben die Gesamtfinisher wieder. Die roten Punkte deuten den darin enthaltenen Frauenanteil an. Die Plus- bzw. Minuszeichen geben an, welcher Marathon Finisher hinzu gewinnen konnte bzw. mit weniger Teilnehmern im Ziel als 2013 abgeschnitten hat. Marathons, die 2013 nicht stattfanden, haben kein Zeichen.
 
Die Grafik umfasst die 46 Marathons, die mindestens 300 Finisher hatten. Diese Hürde schaffte der Mittelrhein-Marathon nicht mehr. Erstmals übersprangen Bad Füssing und Spreewald diese Hürde, auch die Premiere in Remstal. Der MDW (Marathon Deutsche Weinstrasse) findet im 2-Jahresrhythmus statt. Die Verlgeichszahlen sind hier aus 2012. Aus der Erfahrung rechnen wir damit, dass der Siebengebirgsmarathon noch nachrückt.

Ganz langsam kommt ein runder Geburtstag in greifbare Nähe. Denn nun bereits zum neunten Mal versucht LaufReport, die deutschen Marathonveranstaltungen in einem Jahresrückblick aus verschiedenen Richtungen zu beleuchten. Zwar wäre es vermutlich etwas vermessen, dafür die Bezeichnung "wissenschaftliche Untersuchung" zu wählen. Aber auch diesmal orientiert sich die Analyse einzig und allein an messbaren und für alle nachvollziehbare Größen.

Ranglisten, die weniger auf statistischen Daten als auf subjektiven Eindrücken beruhen, werden dagegen wie üblich nicht geboten. Den "schönsten", "stimmungsvollsten" oder "beliebtesten" Marathon können und sollen andere gerne küren. Dass die Ergebnisse dabei unabhängig von der Methode immer irgendwie willkürlich ausfallen dürften, ist klar. Denn saubere Definitionen und eindeutige Bewertungsmaßstäbe wird es im Hinblick auf solche Kategorien nie geben.

Doch selbst wo nackte Zahlen als Grundlage dienen, kann man diese nach unterschiedlichsten Kriterien betrachten, die dann gelegentlich zu im ersten Moment durchaus widersprüchlichen Ergebnissen führen können. Je mehr Aspekte man beleuchtet, umso komplexer, aber eben auch vollständiger wird das Bild. Denn obwohl es eine weitverbreitete menschliche Neigung dazu gibt, einen klaren Sieger - halt "den Besten" - zu suchen, ist die Realität schon bei einem eigentlich simplen Thema wie Marathon viel komplizierter.

Jedenfalls ist im Laufe einer Dekade eine ziemliche Menge an Daten zusammen gekommen. So sind nicht nur kurzfristige Auswertungen möglich, bei denen natürlich auch zufällige Einflüsse - das Wetter ist ein einfaches, aber einsichtiges Beispiel - eine Rolle spielen. Es lässt sich längst eine Langzeitentwicklung erkennen. Und diese zeigt sowohl für die einzelnen Veranstaltungen als auch für die gesamte Marathon-Szene mindestens genauso interessante Effekte.

Wie es sich für ein sauberes statistisches Arbeiten gehört, müssen dazu erst einmal die Rahmenbedingungen festgelegt werden. Und diese haben sich für die LaufReport-Jahresanalyse von Beginn an praktisch nicht geändert. Berücksichtigt werden nämlich nur Marathons, die sowohl größtenteils auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland stattfinden als auch von einem deutschen Ausrichter organisiert werden.

Damit fällt der Bodensee-Dreiländermarathon weiterhin gleich aus zwei Gründen durchs Raster. Denn zum einen bleiben nach dem Start in Lindau nur wenige Kilometer bis zum Überschreiten der Grenze. Und zum anderen sitzt der Veranstalter in Vorarlberg, nämlich im Zielort Bregenz. Genau das Gleiche gilt auch für das in diesem Jahr zum dritten Mal ausgetragene Rennen von Straßburg, bei dem der Rhein zweimal überquert wird und etwa ein Drittel der Strecke durch die badische Ortenau führt.

Umgekehrt gehört der Usedom-Marathon jedes Jahr zu den Veranstaltungen, die bei der Datenermittlung berücksichtigt werden, obwohl seine ersten Kilometer im polnischen Teil der Ostseeinsel absolviert werden. Dass dieser zwar in die Datenbasis einfließt, aber in der Folge trotzdem nicht näher betrachtet wird und eigentlich von Anfang an nur selten überhaupt einmal in den graphischen Darstellungen zur Analyse aufgetaucht ist, hat mit seiner Größe zu tun.

Denn natürlich kann man sich anhand einer dreistelligen Zahl von Marathonveranstaltungen, die sich alleine hierzulande in den Kalendern entdecken lassen, ziemlich verzetteln. Deswegen gilt im Allgemeinen das Übertreffen von dreihundert Teilnehmern als zusätzliche Einstiegshürde. Bei besonders auffälligen und erwähnenswerten Effekten werden allerdings von dieser eher grob definierten Regel auch Ausnahmen gemacht.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Teil 2: Das Ranking
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Text und Analyse von Ralf Klink

Platzierung 2014 2013 2012
Berlin
1
1
1
Hamburg
2
2
3
Frankfurt
3
3
2
München
4
4
4
Köln
5
5
5
Rennsteiglauf
6
7
6
Düsseldorf
7
6
7
Münster
8
8
8
Hannover
9
9
9
Dresden Stadt
10
10
12
Bremen
11
19
16
Mainz
12
15
14
Dresden Oberelbe
13
14
17
Freiburg
14
12
13
Bonn
15
17
15
Karlsruhe
16
13
10
Essen
17
18
11
Gelsenkirchen
18
11
-
Ulm
19
23
22
Mannheim
20
20
19
Deutsche Weinstraße
21
-
20
Duisburg
22
16
18
Leipzig
23
24
23
Brocken
24
22
21
Heilbronn
25
26
26
Remstal
26
-
-
Würzburg
27
25
24
Regensburg
28
28
-
Füssen
29
27
27
Kandel
30
29
25
Monschau
31
30
27
Fürth
32
35
33
Siebengebirge
33
34
42
Rursee
34
39
36
Kassel
35
31
29
Heidelberg
36
21
-
Magdeburg
37
32
32
Weiltalweg
38
33
31
Allgäu-Panorama
39
38
44
Schwarzwald
40
40
34
Bottwartal
41
36
37
Lübeck
42
37
39
Remscheid
43
43
54
Kevelaer
44
42
43
Bad Füssing
45
49
49
Spreewald
46
47
35

Im Jahr 2014 hatten 46 Marathons 300 und mehr Finisher

Die angegebenen Werte beziehen sich dabei stets auf die in den öffentlich zugänglichen Ergebnislisten verzeichneten Zieleinläufe. Diese sind - selbst wenn es gelegentlich zu kleineren nachträglichen Änderungen kommen kann - absolut nachvollziehbar und weitaus zuverlässiger als die im Vorfeld in Pressemitteilungen verbreiteten Meldezahlen. Für diese werden ja ohnehin von den Marketingbeauftragten meist alle angebotenen Wettbewerbe zusammen gerechnet, um Sponsoren und lokalen Medien möglichst hohe Summen bieten zu können.

Abgesehen vom üblichen Zahlenvergleich mit dem bei den meisten Veranstaltungen ebenfalls angebotenen Halbmarathon, soll es im LaufReport-Rückblick allerdings wie gewohnt nahezu ausschließlich um jene Rennen über zweiundvierzig Kilometer gehen. Dass diese oft kaum noch mehr als ein Randereignis sind und vor allem den gut zu vermarktenden Namen für ein ganzes Sammelsurium weiterer Läufe liefern, soll dabei dennoch nicht unerwähnt bleiben.

Jedenfalls bewegt sich der Marathon von Usedom meist in einem Bereich zwischen zwei- und dreihundert Teilnehmern - und damit in jener Grauzone, zu der zwar die kompletten Daten vorliegen, die aber dennoch meist nur für die Gesamtbetrachtung berücksichtigt wird. Etliche weitere noch kleinere Rennen sind zu diesem Zweck ebenfalls erfasst. Siebzig bis achtzig Wettbewerbe landen so jedes Jahr in der Datenbank.

Allerdings gibt es selbstverständlich keine Garantie auf Vollständigkeit, denn die Übergänge zu privaten Einladungsläufen oder langen Trainingseinheiten werden im hinteren Bereich schnell ziemlich fließend. Deswegen sollte man die Angaben über die Anzahl der Marathons, die immer wieder einmal durch die - in der Regel eher fachfremde - Presse geistern, mit einer gewissen Vorsicht genießen. Solange es keine allgemeingültige Definition gibt, was ein "Marathon" denn eigentlich ist, sind nämlich alle gleich falsch oder richtig.

Und genauso schwer wie die Zahl der Läufe lässt sich aus diesem Grund natürlich auch die exakte Zahl der Marathonläufer bestimmen. Wirkliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben die Kleinveranstaltungen mit hundert oder noch weniger Startern ohnehin nicht. Man kann sie eigentlich problemlos mit dem Daumen abschätzen, ohne sich dabei einen echten statistischen Fehler einzuhandeln. Denn die Platzhirsche bewegen sich angesichts von Teilnehmerzahlen, die gleich zwei Dezimalstellen größer sind, in vollkommen anderen Dimensionen.

Zudem lässt sich ein gutes Dutzend noch nicht ausgetragener Marathons bis zum Jahresende in den Kalendern entdecken. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit dürften aber vermutlich nur zwei oder drei in den für die Auswertung überhaupt interessanten Bereich von einigen hundert Läufern vorstoßen. Und für einen Platz unter den ersten zwanzig oder dreißig der Größenrangliste kommt eigentlich keiner von ihnen mehr in Betracht.

So lassen sich die etwas mehr als einhunderttausend Zieleinläufe, die mit den für das Jahr 2014 bisher erfassten Rennen zusammen kommen, auch für den Rest hochrechnen. Und selbst mit einer wahrlich großzügigen Schätzung der noch offenen Posten reicht diese Kalkulation nicht im Entferntesten für hundertzehntausend Marathonis. Niedriger war der Wert seit über einem Jahrzehnt nicht mehr.

Zwölf Monate zuvor ließen sich noch etwa sieben- bis achttausend weitere Ergebnislisteneinträge finden. Und im Jahr 2005, bis zu dem die Aufzeichnungen der LaufReport-Datenbank zurück reichen, wurden die zweiundvierzig Kilometer in deutschen Rennen sogar von rund vierzigtausend Menschen mehr bewältigt. Über ein Viertel der damaligen Felder ist also inzwischen irgendwo abhanden gekommen.

Bevor auch nur im Entferntesten der Vorwurf aufkommen kann, der Marathon solle mit den sich nun fast jährlich wiederholenden schlechten Meldungen in den Keller geschrieben werden, sei allerdings auch erwähnt, dass dieser Ausgangswert durch das Anfang des neuen Jahrtausends hierzulande ausgebrochene Marathon-Fieber bestimmt ist und vermutlich auch den bisherigen Höchststand darstellt. Geht man fünf weitere Jahre zurück, bekäme man nämlich kaum die Hälfte dieser Summe zusammen.

In jenen Boom-Jahren war der deutsche "Marathonmarkt" hinter dem eindeutig dominierenden amerikanischen - dort registriert man aktuell mehr als eine halbe Million Zieleinläufe - jedenfalls der zweitgrößte weltweit. Inzwischen ist diese Position jedoch an Japan verloren gegangen. Dort hatte man lange Zeit nur auf Eliterennen mit extrem hohen Qualifikationsnormen gesetzt. Aber nun schießt im fernen Ostasien plötzlich ein Megamarathon nach dem anderen aus dem Boden.

Bei fast einem Dutzend Rennen im Inselstaat können die Organisatoren inzwischen eine fünfstellige Teilnehmerzahl vermelden. Und insgesamt überquert ungefähr eine Viertelmillion Menschen die Ziellinie eines japanischen Marathons. Es scheint als habe man in diesem eigentlich schon immer ziemlich marathonverrückten Land nur auf solche Angebote für die breite Masse der Läufer gewartet.

Dahinter behaupten die deutschen Marathons noch immer Rang drei. Allerdings ist in letzter Zeit sowohl die französische als auch insbesondere die britische Szene ziemlich in Bewegung gekommen. Mit etwa einem Jahrzehnt Verzögerung wachsen dort ebenfalls die Läuferfelder. Zudem werden ständig neue Rennen ins Leben gerufen. Sollten sich die gegenläufigen Trends weiter fortsetzen, könnte es deswegen schon bald zu weiteren Positionsveränderungen kommen. Ohnehin ist die rückläufige Entwicklung in Deutschland ziemlich untypisch.

Denn auch in den meisten anderen Ländern Europas zeigt die Kurve eher nach oben. Die Teilnehmerzahlen mancherorts explodieren regelrecht. Jene Zeiten, in denen von den größten zehn Marathons des Kontinents fünf aus Deutschland kamen, sind schon lange vorbei. Und auch die Zahl der Veranstaltungen ringsherum wächst und wächst. Hierzulande ist die Phase mit mehreren großen Marathonpremieren pro Jahr und vielen Rennen, die bei ihrer ersten Auflage etliche hundert oder gar einige tausend Starter anlocken, dagegen vorbei.

Den bemerkenswertesten Neueinstieg legt 2014 noch der Remstal-Marathon von Waiblingen nach Schwäbisch Gmünd hin, bei dem immerhin 556 Läufer im Ziel erfasst werden. Ein Wert, der inzwischen locker für einen Platz unter den größten dreißig Veranstaltungen ausreicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schwaben im nächsten Jahr ähnlich weit vorne landen, ist allerdings nicht allzu hoch. Denn immer wieder lässt sich ein Premierenbonus beobachten, der bei der zweiten Austragung für fast eine Halbierung der Teilnehmerzahlen sorgt.

Die andere Veranstaltung, die sich 2014 im vorderen Mittelfeld platzieren kann, ohne schon ein Jahr zuvor aufzutauchen, ist dagegen nicht wirklich als Neuling zu werten. Der Weinstraßen-Marathon zählt vielmehr bereits seine neunte Auflage. Doch haben die Organisatoren des Laufes durch die Vorderpfalz als Einzige einen Zweijahresrhythmus gewählt, was ihn für statistische Vergleiche jedes Mal zu einem Sonderfall macht.

Ansonsten hat sich ziemlich wenig verändert. Und diese Aussage gilt nicht nur für Zugänge. Kein einziger der beinahe sechzig im Vorjahr existierenden Marathons mit mehr als zweihundert Teilnehmern hat aufgegeben, obwohl die Gerüchteküche immer wieder einmal den einen oder anderen Wackelkandidaten ausmacht. Dass die Zahl der Veranstaltungen, die im Jahr 2014 in dieser Kategorie landen können, dennoch etwas kleiner ausfällt, liegt daran, dass einige Läufe knapp unter diese Grenze gerutscht sind.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Teil 3: Die Gewinner und Verlierer
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Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 5: Die Frauenquote: HIER Teil 6: Halb- kontra Marathon: HIER
Text und Analyse von Ralf Klink

Absolut

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 25 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den *Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 46 Finisher. Auf der Minusseite alle ab 64 Finisher weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: Brocken (+41), Monschau (+36), Kandel (+30), Spreewald (+29), Heilbronn (+28), Remscheid (+18), Siebengebirge (+16), Essen (+13), Kevelaer (+4), Regensburg (-2), Mainz (-13), Füssen (-14), Schwarzwald (-20), Allgäu Panorama (-26), Münster (-30), Mannheim (-41), Dresden Oberelbe (-43), Lübeck (-49), Bottwartal (-52), Würzburg (-57)

*Remstal Marathon fehlt da als Neuling noch ohne Vorjahresvergleichszahl
*Marathon Deutsche Weinstraße = Vergleich mit 2012, da dieser nur alle 2 Jahre stattfindet

Relativ

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 25 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den *Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 6,13 Prozent. Auf der Minusseite alle ab 12,85 Prozent weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: Rennsteiglauf (+5,94%), Remscheid (+5,92%), Brocken (+5,80%), Heilbronn (+4,90%), Siebengebirge (+3,90%), Dresden Stadt (+3,59%), Essen (+1,43%), Kevelaer (+1,31%), Frankfurt (+1,06%), Regensburg (-0,37%), Mainz (-1,16%), Münster (-1,38%), Füssen (-2,56%), München (-3,76%), Dresden Oberelbe (-3,79%), Mannheim (-4,65%), Schwarzwald (-5,80%), Allgäu Panorama (-7,32%), Düsseldorf (-8,96%), Würzburg (-9,31%)

*Remstal Marathon fehlt da als Neuling noch ohne Vorjahresvergleichszahl
*Marathon Deutsche Weinstraße = Vergleich mit 2012, da dieser nur alle 2 Jahre stattfindet

Mehr Verlust als Gewinn

Insgesamt präsentiert sich die deutsche Marathonszene trotz der fast unvermeidbaren leichten Verschiebungen zwischen den einzelnen Rennen erstaunlich stabil. Und diese Behauptung bekommt noch viel mehr Gewicht, wenn man ein wenig tiefer ins Detail geht. Denn es gibt zwar auch diesmal im Hinblick auf die Teilnehmerentwicklung mehr Verlierer als Gewinner. Allerdings kann man trotzdem den Großteil des Gesamtschwundes auf das Konto eines einzigen Marathons verbuchen.

Ausgerechnet beim absoluten Platzhirsch in Berlin kamen nämlich siebeneinhalbtausend Läufer weniger als im Vorjahr ins Ziel. Und zum ersten Mal seit einem vollen Jahrzehnt blieb man mit 28997 Sportlern auch wieder klar unterhalb der Marke von dreißigtausend. Hatte man bei der letzten Auflage noch einen neuen Rekordwert vermelden können, fällt das Feld zwölf Monate später über zwanzig Prozent kleiner aus.

Dass das Interesse für den zuletzt stets in kürzester Zeit restlos ausgebuchten Hauptstadtlauf so heftig eingebrochen sein könnte, ist kaum vorstellbar. Und tatsächlich haben die Organisatoren nach eigenen Angaben auch diesmal die üblichen vierzigtausend Startnummern unter die Leute gebracht. Andererseits ist die Abweichung jedoch viel zu groß, um noch als normale statistische Unschärfe durchgehen zu können. Der Teilnehmerschwund kann eigentlich nur eine systematische Ursache haben. Es müssen andere Gründe existieren.

Und tatsächlich haben die Berliner ihr Meldeverfahren, das sich bisher nur an der Reihenfolge des Eingangs orientierte, nun auf eine Verlosung umgestellt, wie sie die noch populäreren Läufe in New York und London schon ziemlich lange praktizieren. Auch in Chicago - wie die anderen drei Mitglied des exklusiven Clubs der World Marathon Majors - wendet man dieses System inzwischen an.

Den Vogel schießt diesbezüglich allerdings das 2013 neu hinzu gestoßene Rennen von Tokio ab, dessen Lotterie - als weiterer Beleg für die japanische Marathonbegeisterung - fast zehnfach überbucht ist. Der klassischste aller Marathons in Boston hat als einziger Bestandteil der Serie übrigens eine andere Lösung. Denn dort muss man bei der Anmeldung auch weiterhin eine Qualifikationsleistung vorlegen.

Jedenfalls scheint die Änderung in Berlin einen viel größeren Effekt zu haben als ursprünglich erwartet. Fast wirkt es, als ob es so mancher Spielernatur hauptsächlich um einen "Gewinn" gegangen ist und weniger um eine tatsächliche Teilnahme. Dass man als "Einsatz" dabei immerhin knapp hundert Euro berappen musste, macht die Sache noch viel seltsamer. Dennoch haben sich Tausende wohl erst einmal auf Verdacht angemeldet, um sich irgendwann später mit dem Thema Training zu beschäftigen - oder eben auch nicht.

Vielleicht noch größer ist der Schwund aber bei den Startnummern, die nach angelsächsischem Vorbild gegen eine Spende für eine gemeinnützige Organisation - man verwendet dafür auch in Berlin den englischen Begriff "Charity" - vergeben werden. Denn einmal ganz abgesehen von der ungeklärten Frage, weshalb man überhaupt unbedingt "für" irgendetwas laufen muss, könnte man das Geld natürlich genauso gut auch ohne Marathon sammeln und hätte trotzdem das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Und viele haben wohl genau diese Überlegung angestellt.

Eine Nichtantrittsquote von über einem Viertel, wie sie sich nun beim auch weiterhin größten deutschen Marathon ergibt, geht auf alle Fälle weit über das hinaus, was früher in der Szene als "normal" angesehen wurde. Lange Zeit galt nämlich ein Unterschied von ungefähr zehn Prozent zwischen Melde- und Ergebnislisten als Vorgabe bei den logistischen Kalkulationen von Lauf-Organisatoren.

Bis zum vergangen Jahr ließen sich solche Werte für den Hauptstadtlauf sogar noch errechnen. Angesichts des immer weiter nach vorne gerückten Annahmeschlusses - inzwischen endet die Frist elf Monate vor dem Startschuss -.war dies eigentlich erstaunlich genug. Denn natürlich steigt mit einem größeren Abstand zum Start auch die Wahrscheinlichkeit von Absagen. Nun ist das Pendel allerdings in die genau entgegengesetzte Richtung ausgeschlagen.

Aus rein wirtschaftlicher Sicht ließe sich eventuell argumentieren, dass die Veranstalter doch eigentlich froh sein könnten, wenn so viele Teilnehmer zwar eifrig bezahlen, aber dann am Ende trotzdem keine Leistungen in Anspruch nehmen. Aber zum einen dürften die Berliner angesichts der Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit im Vorfeld Verpflegung und Material für mindestens fünfunddreißigtausend Läufer geordert haben, so dass die Kosten keineswegs niedriger als zuvor ausgefallen sein dürften.

Zum anderen hat man mit den abgestürzten Teilnehmerzahlen irgendwie doch einen gewissen Kratzer am Image bekommen. Denn neben herausragenden Zeiten, bei denen die deutsche Hauptstadt aufgrund der dort inzwischen fast schon regelmäßig gelaufenen neuen Rekorde weit vorne liegt, spielt eben für die vermeintliche Bedeutung eines Marathons im internationalen Vergleich stets auch die Größe eine gewisse Rolle.

Und nachdem der Boston Marathon bei seiner 118. Auflage im Jahr 2014 durch den Jetzt-erst-recht-Effekt nach dem Bombenattentat deutlich zugelegt und ebenfalls die Dreißigtausender-Grenze überschritten hat, ist Berlin nun der eindeutig kleinste aller sechs Majors Marathons. Beim nicht zum "Club" gehörenden Paris Marathon treten ebenfalls deutlich mehr Läufer an. So findet sich Berlin statt auf Platz drei oder vier wie gewohnt urplötzlich als Nummer sieben der Größenrangliste wieder.

Auch dass weltweit keine fünfzig und in Deutschland gerade einmal zwei Marathons mehr Teilnehmer zählen, als man in der Hauptstadt von einem Jahr zum anderen verloren hat, zeigt deutlich, wie groß der Einbruch ist. Und natürlich wird damit erstmals seit längerer Zeit auch der Anteil, den der Hauptstadtlauf für die Gesamtzahl aller Marathonzieleinläufe in Deutschland beisteuert, wieder geringer.

Dieser war während des letzten Jahrzehnts nämlich von ungefähr einem Fünftel auf ein rundes Drittel angestiegen, weil die Zahlen sowohl in Berlin weiter gewachsen als auch bei vielen anderen Veranstaltungen spürbar geschrumpft waren. Nun liegt man an der Spree wieder deutlich unter dreißig Prozent, was zwar immer noch ziemlich viel, aber bei Weitem nicht mehr so dominant und erdrückend wie zuvor ist.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 4000 bis 13.000 Finisher 2014

Ein wenig näher ist die nationale Konkurrenz schon gekommen. Doch von echten "Verfolgern" lässt sich bei einem genauen Blick auf die Daten kaum sprechen. Denn noch immer ist Berlin mehr als doppelt so groß wie die Nummer zwei im Land. Diesen Platz belegt wie im Vorjahr der Hamburg Marathon. Und selbst, wenn der Lauf an Elbe und Alster den Vize-Rang in den Jahren 2011 und 2012 zwischenzeitlich einmal an Frankfurt abgeben musste, handelt es sich dabei um dessen angestammte Position.

Seit sie 1986 die große Marathon-Bühne betrat, kennt die Hansestadt die Rolle des Kronprinzen nur allzu gut. Schließlich besetzt man sie bei neunundzwanzig Austragungen nun immerhin schon zum sechsundzwanzigsten Mal. Und es gab in der Vergangenheit durchaus Jahre, in denen Berlin weit weniger klar dominierte und Hamburg zumindest zwei Drittel der Teilnehmer des Marktführers verzeichnen konnte. Bei immerhin rund achtzehntausend Läufern liegt der Melderekord in der norddeutschen Metropole.

Eine Reihe - vorsichtig ausgedrückt - ziemlich unglücklicher Entscheidungen sorgte dann aber für einen fast konstanten Abwärtstrend. Daran, dass zu diesen nicht wirklich optimalen Beschlüssen, die den in Läuferkreisen zuvor absolut makellosen Ruf des Rennens am Ende spürbar in Mitleidenschaft zogen, unter anderem auch der völlig missglückte Versuch der Einführung einer Startnummernlotterie gehörte, sollte man in Berlin eventuell auch einmal denken.

Die Talsohle scheint in der Hansestadt nun allerdings durchschritten zu sein. Selbst wenn sich der Zusammenhang natürlich absolut nicht belegen lässt, seit man 2013 zur alten Heimat am Messegelände zurück gekehrt ist, geht es wieder spürbar bergauf. Innerhalb von zwei Jahren legte das Rennen mehr als zweieinhalbtausend Teilnehmer zu. Und alleine diesmal wuchs man um stolze vierzehnhundert Läufer. Wenn Berlin der große Verlierer des Jahres ist, dann ist Hamburg eindeutig der große Gewinner.

Auch Frankfurt auf Platz drei kann eine leichte Steigerung der Teilnehmer vermelden. Doch fällt diese am Main eben sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen eine volle Zehnerpotenz niedriger als an der Alster aus. Der Abstand zwischen den beiden Konkurrenten, die sich zuletzt im Wettbewerb um die Position hinter den seit drei Jahrzehnten unangefochtenen Berlinern praktisch auf Augenhöhe bewegt hatten, ist deswegen jetzt wieder erkennbar größer geworden.

Auch in Hessen klagt man über eine extrem hohe Nichtantrittsquote. Laut Veranstalter blieben weit mehr als dreitausend Nummern unabgeholt liegen. Also trat genau wie in der Hauptstadt mehr als ein Viertel aller angemeldeten Läufer nicht an. Zwar sind Teilnehmerlimit und Anmeldeschluss am Main längst nicht so früh erreicht wie an der Spree. Allerdings sorgen die gestaffelten Gebühren für eine immer frühere Einschreibung, womit dann als Folge wieder höhere Ausfallraten wahrscheinlich werden.

Man sollte aber zusätzlich vielleicht auch noch daran erinnern, dass Ende Oktober - also genau zu jener Zeit, in der Frankfurt als letzter der deutschen Stadtmarathons traditionell gestartet wird - mit schöner Regelmäßigkeit die erste große Erkältungswelle durch Land wandert. Viele der Gemeldeten und Nicht-Angetretenen könnten also eine ziemlich gute medizinische Begründung dafür haben, dass sie nicht an der Startlinie erschienen sind.

Langfristig gesehen hat die Bankenmetropole ohnehin einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Denn nimmt man den Wert von 2005 als Ausgangsmarke ist es nur ganz wenigen deutschen Marathons überhaupt gelungen, dauerhaft zu wachsen. Frankfurt gehört allerdings eindeutig dazu. Über zweitausend Läufer mehr als vor einem Jahrzehnt kommen inzwischen im Ziel in der Festhalle an. Nach dem diesjährigen Einbruch von Berlin kann diesbezüglich niemand auch nur entfernt mithalten.

Und längst scheint es, als ob sich der Lauf durch die Hochhaustürme von "Mainhattan" als dritter deutscher Marathon dauerhaft oberhalb der Marke von zehntausend Teilnehmern festsetzen könnte. Was hierzulande nun zum Standard zu werden scheint, hat bisher noch kein anderes europäisches Land jemals geschafft, was man durchaus als Beleg für die weiterhin vorhandene Vitalität der deutschen Szene werten darf.

Am dichtesten dran war im Vorjahr Spanien, wo die Marathonszene im Moment einen geradezu gigantischen Wachstumsschub erlebt. Die Rennen in den beiden Metropolen Barcelona und Madrid haben sich inzwischen fest in der Fünfstelligkeit etabliert. Insbesondere die Katalanen, die der ungeliebten Hauptstadt zuletzt deutlich den Rang abgelaufen haben, konnten die Größe ihres Feldes dabei innerhalb eines Jahrzehntes glatt verdreifachen.

Dahinter stehen Valencia und Sevilla mit knapp zehn- und achttausend Läufern in Warteposition. Und da in Valencia erst Ende November gelaufen wird, könnten die Iberer bei einem weiteren kleinen Wachstum dort, eventuell in diesem Jahr ebenfalls drei Großmarathons besitzen. Dahinter fehlt Spanien allerdings dann doch noch ein wenig die Breite, die sich hierzulande durch die vielen Veranstaltungen mittlerer Größenordnung ergibt.

Überraschend ist der andere Staat in Europa, der in diesem Jahr zwei Marathons mit mehr als zehntausend Läufern vermelden kann, weder Großbritannien noch Frankreich. Vielmehr klettern in den Niederlanden sowohl Amsterdam als auch erstmals Rotterdam über diese Marke. Bei Briten und Franzosen haben dagegen - genau wie in Politik, Kultur, Wirtschaft und Verwaltung - auch auf dem Feld des Marathons die jeweiligen Hauptstädte eine noch dominantere Position als Berlin in Deutschland.

Trotz des gewachsenen Abstandes zwischen Hamburg und Frankfurt, gibt es hinter den beiden einen viel klareren Bruch. Denn München als Nummer vier der nationalen Rangliste hat fast fünftausend Zieleinläufe weniger als die Bankenstadt. Und da man auf den Messmatten im Olympiastadion über zweihundert Teilnehmer weniger als im Vorjahr registrierte, ist die Kluft sogar noch ein bisschen größer geworden.

Dennoch präsentiert sich auch der Lauf in der bayerischen Metropole erneut relativ stabil. Eine Änderungsrate unter fünf Prozent lässt sich aus statistischer Sicht durchaus noch als zufällige Abweichung ohne echte Signifikanz kategorisieren. Und zum dritten Mal in Folge bleibt man damit nun wieder über der Sechstausender-Marke. Wie viel die in genau den gleichen drei Jahren an der Isar ausgetragenen deutschen Marathonmeisterschaften zu dieser Konsolidierung beigetragen haben, wird man 2015 sehen, wenn die Titelkämpfe nach Frankfurt umziehen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Läufen, bei denen trotz leichter Schwankungen meist eine deutliche Tendenz zu erkennen ist, hatte München davor eine regelrechte Achterbahnfahrt hinter sich, während der in kurzen Wechseln von einem Jahr zum anderen einmal ein Viertel der Teilnehmer abhanden und dann wieder fünfundzwanzig Prozent hinzu kamen. Nimmt man die Höchststände aus den Anfangsjahren des neuen Jahrtausends als Orientierungspunkt hat zwar auch München etwa im Rahmen der Gesamtentwicklung eingebüßt.

Doch andere Läufe hat es deutlich härter getroffen. Neben einigen mittelgroßen Marathons, die über die Jahre einen Gesamtverlust von insgesamt fünfzig, sechzig oder gar siebzig Prozent quittierten, gehört dazu auch eine Veranstaltung, die vielleicht sogar noch bis zum Vorjahr als fester Bestandteil der "großen Fünf" gelten musste. Nach dem Ergebnis von 2014 sind allerdings erste Überlegung, ob man den Köln Marathon nicht doch besser in die zweite Reihe einordnen und mit Rennen einer anderen Größenordnung vergleichen sollte, durchaus legitim.

Für sich alleine genommen, ist ein Verlust von beinahe zwölfhundert Läufern auf nun weniger als viertausend Marathonis schon heftig genug. In absoluten Zahlen ist es schließlich nach Berlin der zweithöchste Einbruch. Und auch relativ landet man damit ziemlich weit vorne - oder besser hinten. Noch viel deutlicher wird der Absturz der Domstadt, wenn man dem aktuellen Ergebnis den Höchstwert aus dem Jahr 2002 dagegen hält. Denn damals standen nach dem Rennen mehr als vierzehntausend Namen in der Liste.

Noch sieben weitere Male übertraf man vor und nach der Jahrtausendwende am Rhein die Zehntausendermarke. Es war die erste Phase mit drei deutschen Marathons in diesem Bereich, den damals weltweit nur wenig mehr als ein Dutzend Rennen erreichten. Und einmal - nämlich bei der Premiere 1997 - konnte sich Köln sogar vor Hamburg platzieren. Es war zu jener Zeit der bisher größte Neueinsteiger überhaupt.

Bald nach dem Teilnehmerrekord setze ein spürbarer Abschwung ein. Durch die dann folgenden mehrfachen Änderungen von Termin und Strecke, mit denen er eigentlich gestoppt werden sollten, wurde er vermutlich sogar eher verstärkt. Und der von den Organisatoren in genau dieser Phase zusätzlich eingeführte Halbmarathon trieb zwar die Gesamtzahlen - und damit auch die Einnahmen - erst einmal wieder nach oben, dürfte aber trotzdem auf lange Sicht eher ein Katalysator für den weiteren Niedergang gewesen sein.

Dass von Anfang an die Stimmung am Straßenrand als Hauptattraktion des Laufes durch die Karnevalshochburg galt, machte vielen den Wechsel auf die kürzere Distanz nicht allzu schwer. Denn die halb so lange Alternative nahm alle Brennpunkte des Zuschauerinteresses im Zentrum mit, ließ jedoch einige eher publikumsarme Abschnitte in den Außenbereichen aus. Ausgiebig feiern und sich feiern lassen konnte man auch auf einundzwanzig Kilometern.

Inzwischen hört man aber auch längst nicht mehr so viel von der früher so hochgelobten Party-Atmosphäre neben der Strecke. Stark zurück gehende Teilnehmerfelder - die Halbdistanz ist ebenfalls längst kein Selbstläufer mehr - ziehen auf Dauer irgendwann auch weniger Schaulustige nach sich. Und noch haben die Kölner das richtige Mittel, mit dem man den Teufelskreis endlich durchbrechen könnte, nicht wirklich gefunden.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 1700 bis 3000 Finisher 2014

Nur noch etwas über neunhundert Teilnehmer beträgt der Abstand zum Rennsteiglauf, den man am Rhein vor einem Jahrzehnt sicher noch nicht als direkten Verfolger erwartet hätte. Die Thüringer sind in vielerlei Hinsicht der absolute Exot in den vorderen Rängen. Das fängt schon mit dem Wettkampfprogramm an. Und dabei geht es weniger darum, dass dieses mit einem halben Dutzend verschiedener Lauf- und Wanderstrecken sowie vier Start- und zwei Zielorten nicht unbedingt übersichtlich ausfällt.

Im Gegensatz zu fast allen anderen Veranstaltungen, die den Marathon von unten her mit kürzeren Läufen ergänzen, stellen die zweiundvierzig Kilometer bei ihnen nämlich nur einen weiteren "Rahmenwettbewerb" für ein noch längeres Rennen dar, auf dem die wichtigsten Sieger des Tages gekürt werden. Der gut zweiundsiebzig Kilometer lange Ultra gilt zumindest außerhalb des Thüringer Waldes in der öffentlichen Wahrnehmung als der "eigentliche" Rennsteiglauf.

Zwar gibt es zum Beispiel beim Röntgenlauf, der von Remscheid durch die wellige Landschaft des Bergischen Landes führt, eine durchaus vergleichbare Konstellation. Und auch bei dem Nordeifel-Marathonklassiker von Monschau hat man vor nicht allzu langer Zeit einen Ultra als zusätzliche Option eingeführt. Doch mit dem Supermarathon auf dem Rennsteig können diese natürlich nicht im Entferntesten mithalten.

Mit über zweitausend Teilnehmern ist dieser nicht nur der eindeutig größte Ultralauf im Land. Inzwischen können ihn diesbezüglich auch gerade einmal noch acht Marathons übertreffen. Und einer davon ist zudem auch noch der kleine Bruder, der am gleichen Tag im gleichen Ort endet. Da es bei der LaufReport-Analyse aber nur um die "richtigen" Marathons gehen soll, taucht der "lange Kanten" in den grafischen Darstellungen traditionell nirgendwo auf. Eine Erwähnung ist er allerdings dennoch wert.

Doch auch beim Rennsteigmarathon selbst könnte man eventuell darüber diskutieren, ob man ihn wirklich in die Liste aufnehmen darf. Denn dessen Wettkampfstrecke ist etwa neunhundert Meter länger als die offiziell festgeschriebene und weltweit etablierte Distanz, deren Ziffernfolge jeder Interessierte beinahe im Schlaf aufsagen kann. Da die Abweichung aber gerade einmal zwei Prozent beträgt und eigentlich fast noch in die Kategorie "Messungenauigkeit" fällt, wird er mit betrachtet.

Ohnehin ist bei einem zum Teil wirklich im wortwörtlichen Sinne über Stock und Stein führenden Naturlauf eine exakte Vermessung nach den Richtlinien der nationalen und internationalen Verbände eigentlich nicht möglich. Denn auch dies ist eine Besonderheit des Rennens über den berühmten Thüringer Wanderweg. Von den führenden Marathons des Landes ist er nämlich der einzige der größtenteils abseits der Straße ausgetragen wird.

Mit etwas Wohlwollen ließen sich über Land und durchs Grüne führende Läufe wie der Oberelbe-Marathon, der Marathon Deutsche Weinstrasse oder der Essener Marathon rund um den Baldeneysee, die einige Plätze weiter hinten in der nationalen Größenrangliste verzeichnet sind, noch mit dem Begriff "Landschaftsläufe" bezeichnen. Doch bleiben eben auch diese weitgehend auf dem Asphalt von Straßen und Radwegen.

Bevor man wirklich ein Rennen entdeckt, das vom Charakter her vergleichbar ist, muss man schon bis zum vierundzwanzigsten Eintrag nach hinten blättern. Dort findet sich nämlich der Brocken-Marathon von Wernigerode. Und vermutlich ist es nicht einmal zufällig, dass es sich beim Lauf über den höchsten Berg des Harzes ebenfalls um eine Traditionsveranstaltung aus dem östlichen Teil des Landes handelt.

Trotz all dieser Besonderheiten ist das vielleicht Bemerkenswerteste am Rennsteiglauf allerdings wohl doch das konstante Interesse der Läuferschaft. Denn der Abstand zwischen der niedrigsten und der höchsten Teilnehmerzahl im letzten Jahrzehnt beträgt gerade einmal etwas über sechshundert. Mal etwas über, mal etwas unter der Marke von dreitausend Startern bewegt man sich in Thüringen, was in den meisten Fällen zu Platz sechs reicht.

Größter Konkurrent um diese Position war während der gesamten Periode der Stadtmarathon in Düsseldorf. Doch selbst wenn es gelegentlich - unter anderem im Vorjahr - tatsächlich einmal für eine Ablösung reichte, blieb für die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens in diesem oft recht engen Duell meist nur der zweite Platz. Und seltener als beim Rennsteiglauf schafft man im Rheinland eine drei als erste Ziffer.

Doch auch Düsseldorf zeigt über die Jahre eine ziemliche Konstanz. Gegenüber der Premiere 2003 hat man zwar inzwischen rund zweitausend Läufer verloren. Doch die meisten von ihnen kamen gleich in der Anfangsphase abhanden, in der zum einen der in den LaufReport-Analysen schon häufiger erwähnte Einsteigerbonus verpuffte und zum anderen die allgemeine Marathoneuphorie in Deutschland schon nach wenigen Jahren wieder endete. Seitdem verläuft die Entwicklungskurve eigentlich extrem geradlinig.

Man wird eine solche Aussage zwar nicht unbedingt offiziell bestätigt bekommen, aber wenn man die Rivalität zwischen den beiden rheinischen Karnevalshochburgen kennt, dürfte es in der Landeshauptstadt vermutlich kaum jemandem stören, dass es Köln im Vergleich viel heftiger gebeutelt hat und die ziemlich genau die Distanz eines Marathons flussaufwärts sitzende Konkurrenz hinsichtlich der Teilnehmerzahlen so nahe heran gekommen ist wie nie zuvor.

Sieht man einmal vom Klassenprimus in der Hauptstadt ab, der zuletzt Mitte der Achtziger einmal nicht ganz vorne war, hat kein anderer Lauf im letzten halben Jahrzehnt seinen Rang ähnlich fest abonniert wie Münster. Denn nun schon zum sechsten Mal in Folge belegen die Westfalen in der Liste Platz acht. Obwohl sie einwohnermäßig weit weniger vorne zu finden ist, konnte die Stadt am Aasee zuvor sogar einige Jahre bei den eifrigen Positionswechseln der "zweiten Liga" der deutschen Marathons mitmischen.

Und trotz des etwas verloren gegangenen Anschlusses an die beiden direkten Konkurrenten muss man die Veranstaltung dieser Kategorie aufgrund von beständigen Ergebnissen oberhalb der Zweitausenderlinie auch weiterhin zuordnen. Dass sich die Zahlenwerte dabei zuletzt gleich zweimal hintereinander nur in den letzten beiden Stellen änderten, ist beim Blick auf die manchmal doch eher sprunghafte Entwicklung anderer Läufe fast schon ein Kunststück.

Während von oben Köln langsam immer mehr in Sichtweite kommt nähert sich von unten mit Hannover ein weiterer Marathon dem viele Jahre in sich abgeschlossenen Dreiergrüppchen. Und das hängt nicht nur daran, dass die Niedersachsen mit knapp zweihundert zusätzlichen Läufern 2014 in absoluten Zahlen das drittgrößte Plus vermelden konnten. Vielmehr zeigt die Entwicklung am Maschsee entgegen des allgemeinen Trends auch langfristig eher nach oben.

Ohne dabei allerdings wirklich gigantische Zuwachsraten zu haben, ist man durch die Schwäche der anderen Rennen dieser Größenordnung so über die Jahre von Platzierungen im Bereich von zwanzig zur sicheren Nummer neun aufgestiegen. In der niedersächsischen Hauptstadt dürfte deswegen im Moment auch praktisch niemand über einen Rückzug von der Marathonstrecke nachdenken oder gar die Veranstaltung insgesamt in Frage stellen. Ein Sponsorenwechsel für das nächste Jahr verlief deswegen weitgehend geräuschlos.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 1000 bis 1400 Finisher 2014

Auch Dresden auf Platz zehn verzeichnet ein leichtes Wachstum im laufenden Jahr und langfristig eine relativ gleichmäßige Entwicklung, die ähnlich wie bei Hannover zu einem kontinuierlichen Aufstieg in der Rangliste geführt hat. Angesichts von etwas mehr als vierzehnhundert Teilnehmern scheint das enorme touristische Potential der einstigen sächsischen Residenzstadt allerdings längst noch nicht vollständig ausgeschöpft zu sein.

Das mag vielleicht aber auch daran liegen, dass Dresden als einzige Stadt gleich zwei Marathons mit mehr als tausend Teilnehmern hat. Zum Stadtmarathon im Herbst kommt nämlich noch der bereits erwähnte Oberelbe-Marathon, der in Königstein startet und von dort dem Fluss bis zur Landeshauptstadt folgt. Selbst wenn man diesmal wieder einige Läufer weniger im Ziel begrüßen konnte als im Vorjahr, geht auch dort die Tendenz in der Langzeitbetrachtung eher nach oben.

Von Platz sechsundzwanzig bei der ersten LaufReport-Datenerhebung im Jahr 2005 ist der Lauf entlang der Elbe inzwischen auf Rang dreizehn aufgestiegen. Überhaupt lässt sich sagen, dass die ganz großen Einbrüche hauptsächlich im Westen des Landes zu beobachten sind, während sich mehrere ostdeutsche Marathons mit gleichbleibenden oder sogar steigenden Zahlen weiter nach vorne schieben.

Leipzig gehört zum Beispiel ebenfalls zu jenem halben Dutzend Veranstaltungen, das in diesem Jahr mit einem dreistelligen Zuwachs aufwarten kann. Und ähnlich wie die beiden Dresdner Rennen hat man in den letzten zehn Jahren leicht zugelegt. Dass die Ausgangsbasis wesentlich kleiner war, ist dabei sicher von Vorteil. Doch die übergroße Euphorie, die bei einer ganzen Reihe von Neueinstiegen Anfang dieses Millenniums zu beobachten war, trägt eben im Umkehrschluss auch das Risiko eines tiefen Falles in sich.

So hat sich der Gutenberg-Marathon in Mainz zwar erneut in die Vierstelligkeit gerettet. Doch sind die elfhundert Marathonis, die nun ins Ziel kommen, nur noch etwa ein Drittel des Wertes, den man vor einem Jahrzehnt registrierte. Längst ist die einstige Königsstrecke von einem übermächtigen Halbmarathon zum reinen Nebenwettbewerb degradiert geworden. Und die übriggebliebenen Langstreckler wirken nach dem Abbiegen der Läufer der kurzen Distanz auf den breiten und beim ersten Durchlauf so vollen Straßen eher verloren.

Nicht nur wegen des Karnevals - echte "Meenzer" sagen dazu natürlich "Fassenacht" - ist der Vergleich mit Köln also absolut zulässig. Auch am Zusammenfluss von Rhein und Main hat man die entscheidende Idee, mit der man den zweiundvierzig Kilometern wieder etwas mehr Zulauf verschaffen könnte, noch nicht gehabt. Einige kleinere Streckenänderungen bei der diesjährigen Auflage haben die Wende jedenfalls nicht ausgelöst.

Sogar noch knapper schrammt Freiburg am Unterbieten der psychologisch bedeutenden Eintausender-Grenze vorbei. Fast parallel verlaufen die Kurven der beiden letztgenannten Marathons. Auch im Breisgau hat man nämlich innerhalb eines Jahrzehnts einen Schwund von rund zwei Drittel des Ausgangswertes zu verzeichnen. Ohnehin scheint die Szene gerade im Südwesten zuletzt merklich auszutrocknen. Denn mit Karlsruhe ist diesmal ein weiterer Traditionsmarathon in die Dreistelligkeit abgerutscht.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 870 bis 1000 Finisher 2014

In den Jahren zuvor hatten mit Duisburg und dem mit nun zweiundfünfzig Austragungen ältesten deutschen Marathon in Essen bereits zwei weitere Urgesteine der Szene diesen Schlag zu verkraften. Weitere Beispiele für die beim Blick auf die Liniengrafiken wirklich erstaunlich ähnliche Entwicklung sind Bonn, Mannheim, Würzburg oder Regensburg. Wo einmal zweitausend oder mehr Starter an der Linie standen, bewegt man sich nun im Bereich zwischen fünfhundert und tausend, was durchaus Fragen über die Zukunft der Veranstaltung entstehen lässt.

Auch Ulm gehört eigentlich in dieser Reihe, selbst wenn sich dort diesmal eine klare Steigerung um beinahe zweihundert Läufer erkennen lässt. Doch muss man dabei auch die Integration des jährlich in einem anderen Ort ausgetragenen Sparkassenmarathons berücksichtigen, die sich positiv bemerkbar macht. Die Vermutung, dass man ohne diese Meisterschaft der Sparkassen- und Landesbankmitarbeiter im nächsten Jahr, die Zahlen wieder niedriger ausfallen dürften, ist nicht allzu verwegen.

Sieht man einmal vom mit seinen mehrfachen Ein- und Ausstiegen sowie unterschiedlichsten Konzepten statistisch nur schwer zu greifenden Gelsenkirchener Ruhrmarathon ab, hat den wohl brutalsten Absturz des letzten Jahrzehnts allerdings der Mittelrhein-Marathon von Koblenz hingelegt. Denn von den weit über dreitausend Marathonis der Premiere im Jahr 2005 sind keine dreihundert mehr übrig. Damit ist die Veranstaltung nun also sogar aus der in der LaufReport-Analyse betrachteten Gruppe heraus gefallen.

Mit vierzehn Veranstaltungen schaffen jedenfalls so wenige Läufe wie lange nicht mehr den Sprung über die markante Hürde von tausend Zieleinläufen. Neun Jahre zuvor waren es noch stolze vierundzwanzig. Dass Bremen, das zuletzt ebenfalls mehrfach an ihr gescheitert war, diesmal mit dem zweitgrößten absoluten Zuwachs wieder darüber lag, hängt vermutlich mit der nun zehnten Austragung zusammen. Neben Premieren haben schließlich auch Jubiläen eine merklich höhere Anziehung.

Eigentlich ließe sich in der Hansestadt auch eine andere Ordnungszahl wählen. Denn zwischen 1983 und 1991 - also zu einer Zeit, in der trainierende Läufer noch in schöner Regelmäßigkeit von Passanten mit spöttischen Rufen wie "hopp, hopp, hopp" oder "eins, zwei, eins zwei" bedacht wurden - gab es dort schon einmal einen Marathon. Um den Jubiläumseffekt gleich noch einmal auszukosten und damit die gerade gewonnene Position zu halten, könnte man also nach dem zehnten eigentlich sofort den zwanzigsten Marathon begehen.

Schaut man sich die gesamte Zeitreihe an, muss man allerdings Bremen trotz des kurzeitigen Aufschwunges in diesem Jahr ebenfalls eher auf die Seite der Verlierer einordnen. Denn ursprünglich startete die zweite Folge der jährlich an der Weser veranstalteten Marathons mit mehr als doppelt so hohen Werten. Und die Kurve zeigt auch für die Hansestadt den so typischen Verlauf mit einem extrem deutlichen Schwund am Anfang und anschließendem Abflachen.

Während - abgesehen vom Sonderfall Köln - fast alle Veranstaltungen im obersten Teil der Rangliste relativ stabile oder sogar positive Entwicklungen haben und die Gesamtzahlen für Deutschland nach dem großen Einbruch deswegen zuletzt beinahe gleich blieben, ist es im mittleren Bereich bisher noch keinem einzigen Lauf gelungen, das Ruder wirklich herum zu reißen und aus der Abwärtsspirale dauerhaft heraus zu kommen. Keine der Trendlinien zeigt einen sowohl gewünschten als auch wünschenswerten markanten Knick nach oben.

Für einige der ältesten Rennen des Landes wird die Lage langsam dann auch wirklich bedrohlich. Der Schwarzwaldmarathon, der in den Siebzigern etliche Jahre der weltweit größte Lauf über diese Distanz war und manchmal mehr als zweitausend Teilnehmer anlockte, steht kurz vor seiner fünfzigsten Austragung inzwischen bei kaum mehr als dreihundert Läufern über den Marathon. Bis zum Jubiläum 2017 wird man in Bräunlingen durchhalten, doch das Läuten der Alarmglocken lässt sich kaum überhören.

Beim nur wenige Jahre jüngeren Hornisgrinde-Marathon in Bühlertal auf der anderen, der nordwestlichen Seite des Gebirges sind es nun sogar weit weniger als zweihundert Sportler im Ziel. Ein Rückgang von zwanzig oder dreißig Marathonis, der bei den ganz Großen kaum bemerkt und unter "Abweichung im Nachkommabereich" abgelegt wird, kann kleinere Veranstaltungen durchaus schon einmal in Existenznöte bringen.

Immerhin erreichen zwei andere Klassiker wieder ein leichtes Plus. Sowohl der Kandeler Bienwald-Marathon bei seiner neununddreißigsten Austragung als auch der Monschau-Marathon mit der achtunddreißigsten Auflage schaffen es nun wieder knapp über die im Vorjahr gerissene Hürde von fünfhundert Zieleinläufen. Zumindest hinsichtlich dieser Grenze ist die Zahl der sie übertreffenden Marathons deswegen auch gewachsen - und zwar von achtundzwanzig auf einunddreißig.

Langzeitentwicklung der Marathons bis 1000 Finisher 2014

Nicht mehr dabei ist der größte Neueinstieg des vergangenen Jahres. Denn dieser hat als weitere Bestätigung für die Regel vom Einbruch nach der Premiere den drittgrößten absoluten und sogar den höchsten relativen Verlust zu verzeichnen. Fast genau auf die Hälfte des Vorjahreswertes schrumpft das Feld nämlich beim Heidelberger Trail-Marathon. Dass die Kurpfälzer damit auch die mit Abstand meisten Plätze in der ansonsten diesbezüglich eher trägen Rangliste verloren haben, erstaunt nicht mehr unbedingt.

Das Gegenstück dazu bildet Bremen, wo man sich um acht Positionen nach vorne arbeitet. Dass Duisburg mit hundertzwanzig Läufern weniger im Ziel gleich sechs Plätze verliert, zeigt wie dichtgedrängt es im Mittelfeld zugeht. Wenn ein gutes Dutzend Teilnehmer mehr oder weniger schon eine Verschiebung um zwei Plätze bedeuten kann, sind die übrigen Veränderungen in der dortigen Reihenfolge kaum der Rede wert.

So gesehen könnte man für 2014 zu vielen Aspekten der Marathonentwicklung also beinahe die Formulierung "alles wie gehabt" wählen. Doch gibt es eben auch immer wieder neue, zum Teil ziemlich überraschende Tendenzen, die vermeintlich festgefügte Strukturen durcheinander wirbeln. Bewegung gibt es in der Marathonszene deswegen stets gleich in doppelter Hinsicht. Und nicht nur die Beobachtung des Wettbewerbes zwischen den einzelnen Sportlern kann ziemlich interessant und spannend sein.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Teil 4: Die Schnellsten & die Besten
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 5: Die Frauenquote: HIER Teil 6: Halb- kontra Marathon: HIER
Text und Analyse von Christian Werth

Schnellste deutsche Marathons - relativ zum Weltrekord

Es gäbe selbstverständlich andere Ansätze den schnellsten Marathon zu ermitteln. Allein die schnellste Zeit zu nehmen, wäre eine Möglichkeit, doch gewinnt die schnellste Frauenzeit dankenswerter Weise an Gewicht. Wir nehmen den schnellsten Mann und die schnellste Frau als Grundlage der Bewertung. Die reine Addition beider Zeiten wäre eine Möglichkeit, doch haben wir mit der Verhältnismäßigkeit zum jeweiligen Weltrekord eine Lösung gefunden, einen aus unserer Sicht besonders interessanten Vergleich anzustellen. Bei den Männern ist die neue Marke von Dennis Kimetto 2:02:57 die Messgröße. Bei den Frauen ist es die Weltrekordmarke von Paula Radcliffe - 2:15:25. Zuerst wird für jeden Marathon und jede der beiden Siegerzeiten die prozentuale Abweichung zur jeweiligen Bestmarke errechnet. Anschließend werden die so ermittelten Werte zu einem Gesamtergebnis für die Veranstaltung addiert. Der relativ schnellste Marathon hat nach dieser Methode dann die niedrigste Summe.

In der Betrachtung sind alle Marathone mit mindestens 300 Teilnehmern. Die Grafik endet beim Gesamtfaktor 59,67 (26 Stück), weiter geht die folgende Tabelle:
Ort Männersieger Zeit
Fakt.
Frauensiegerin Zeit
Fakt.
Su.
Berlin Kimetto, Dennis
2:02:57
0,00
Tsegaye, Tirfi
2:20:18
3,61
3,61
Frankfurt/M Kiptoo, Mark Kosgei
2:06:49
3,14
Kebede, Aberu
2:22:21
5,12
8,26
Hamburg Dechasa, Shumi
2:06:43
3,06
Rono, Georgina
2:26:47
8,39
11,46
Düsseldorf Yegon, Gilbert
2:08:07
4,20
Bersagel, Annie
2:28:59
10,02
14,22
Köln Maritim, Anthony
2:10:26
6,09
Mumbi, Julia
2:28:00
9,29
15,38
Hannover Chirchir, Henry Kipsigei
2:11:30
6,95
Salem, Souad Ait
2:33:09
13,10
20,05
Mainz Too, Lazarus
2:12:36
7,85
Vilisova, Tatiana
2:37:18
16,16
24,01
Münster Kiprono, Josphat
2:10:42
6,30
Bule, Yenealem Ayano
2:40:40
18,65
24,95
Kassel Kirui, Kiprotich
2:14:10
9,12
Kwambai, Caroline
2:43:59
21,10
30,22
Mannheim Aboye, Werkuneh Sey.
2:18:52
12,95
Restle-Apel, Simret
2:42:28
19,98
32,92
Dresden Stadt Kiptoo, Hillary
2:18:39
12,77
Kibor, Alice
2:44:30
21,48
34,25
Bonn Bonsa, Gonfa
2:18:44
12,84
Mamo, Adanech
2:45:10
21,97
34,81
München Schreindl, Tobias
2:21:50
15,36
Volke, Steffi
2:44:40
21,60
36,96
Ulm Kosmac, Anton
2:20:07
13,96
Ricotta, Giovanna
2:50:39
26,02
39,98
Essen Schmidt, Daniel
2:24:28
17,50
Dörschel, Christl
2:47:34
23,74
41,24
Deutsche Weinstr. Kinde, Yonas
2:23:47
16,94
Kiprono, Prisca
2:50:24
25,83
42,78
Duisburg Bröring, Christian
2:34:30
25,66
Klein, Sandra
2:48:12
24,21
49,87
Würzburg Shbro, Amin
2:29:13
21,36
Illeditsch, Elena
2:58:02
31,47
52,83
Fürth Dedov, Roman
2:23:26
16,66
Kirillova, Marina
3:04:57
36,58
53,24
Dresden Oberelbe Starodubtsev, Viktor
2:25:58
18,72
Hempel, Kristin
3:02:16
34,60
53,32
Gelsenkirchen Miereczko, Maciek
2:29:08
21,30
Vielhaber, Felicitas
2:59:06
32,26
53,55
Kandel Schneble, Gerhard
2:36:02
26,91
Grüber, Almuth
2:54:14
28,66
55,57
Leipzig Heil, Benedikt
2:32:47
24,26
Jakob, Anja
2:58:57
32,15
56,41
Regensburg Merwerth, Frank
2:34:16
25,47
Brenner, Elke
2:57:39
31,19
56,66
Freiburg Naegele, Lukas
2:32:51
24,32
Mann, Svenja
3:01:05
33,72
58,04
Bad Füssing Müller, Jan
2:30:46
22,62
Kühnlein, Angela
3:05:35
37,05
59,67
Heilbronn Toroitich, Geoffrey
2:29:24
21,51
Hailer, Nadine
3:09:49
40,17
61,69
Bremen Sebrantke, Oliver
2:33:01
24,45
Andres, Sabine
3:14:16
43,46
67,91
Karlsruhe Kabede, Dawit
2:27:09
19,68
Bischoff, Natascha
3:21:28
48,78
68,46
Remstal Schumacher, Richard
2:44:12
33,55
Kern, Karin
3:04:37
36,33
69,88
Rennsteiglauf Ludewig, Heiko
2:42:15
31,96
Kruhme, Nicole
3:07:27
38,42
70,39
Kevelaer Ockl, Alexander
2:44:10
33,52
Offermann, Eva
3:05:38
37,08
70,61
Schwarzwald Verschoren, Bart
2:37:05
27,76
Ott, Gerdi
3:16:27
45,07
72,83
Monschau Collet, Andre
2:39:09
29,44
Smitiukh, Svitlana
3:15:06
44,07
73,52
Magdeburg Santruschek, Jens
2:44:05
33,46
Zimmermann, Silke
3:11:20
41,29
74,75
Lübeck Mey, Markus
2:50:04
38,32
Giesen, Britta
3:05:31
37,00
75,32
Bottwartal Keller, Andreas
2:52:11
40,04
Englisch, Bettina
3:03:43
35,67
75,71
Rursee Gedin, Mats
2:48:51
37,33
Esefeld, Kathrin
3:09:09
39,68
77,01
Weiltalweg Hans, Jan-Hendrik
2:42:45
32,37
Krause, Antje
3:18:04
46,26
78,64
Spreewald Diedering, Samuel
2:39:13
29,50
Hotzkow, Kristin
3:22:47
49,75
79,24
Füssen Diehl, Marco
2:48:40
37,18
Marquardt, Doris
3:15:11
44,14
81,32
Siebengebirge Weiser, Daniel
2:49:31
37,87
Möller, Antje
3:21:48
49,03
86,90
Remscheid Schmidt, Daniel
2:41:53
31,67
Radix, Ina
3:32:53
57,21
88,87
Brocken Bruns, Malte
2:53:55
41,45
Giesen, Britta
3:28:51
54,23
95,68
Allgäu-Panorama Kowalczyk, Janosch
3:15:12
58,76
Faulser, Birgit
3:54:38
73,27
132,03
Heidelberg Trail Eisel, Philipp
3:32:59
73,23
Grüber, Almuth 3:42:50 64,55
137,78

Berlin, Bad Füssing und Würzburg besonders schnell

Berlin bleibt weiterhin auch in Sachen Siegerzeiten das Maß aller Dinge. Nicht nur der erneute Weltrekord von 2:02:57 h durch den Kenianer Dennis Kimetto sondern auch die 2:20:18 h der Äthiopierin Tirfi Tsegaye stellten die besten deutschen Marathonzeiten des Jahres dar. Mit insgesamt 4:23:15 h und einem Weltrekord-Malus von insgesamt nur 3,61 belegte man auch im internationalen Vergleich klar Platz 1 vor London, das auf eine Gesamtzeit von 4:24:50 h kommt. Dahinter folgen Paris mit 4:27:44 h und Chicago mit 4:28:46 h. Der Frankfurt-Marathon positioniert sich hier als weltweit Fünfter mit insgesamt 4:29:10 h. Die Berliner Zeitaddition bedeutet zugleich einen neuen Gesamt-Weltrekord, indem man seine eigene Bestmarke aus dem Jahr 2008 um 3 Sekunden toppte. Bislang waren 4:23:18 h das Maß aller Dinge, als Haile Gebrselassie 2:03:59 h lief und Irina Mikitenko 2:19:19 h erzielte. Weitere 3 Sekunden dahinter folgt mit 4:23:21 h das glorreiche Londoner Rennen von 2003, als Paula Radcliffe mit 2:15:25 h ihr Meisterstück ablieferte, aber die Männer zu langsam waren.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Männer

In der Grafik sind alle Marathons mit mehr als 300 Finishern berücksichtigt, mit Männersiegern unter 2:35 Stunden - 28 Stück.
Berlin Kimetto, Dennis
2:02:57
Hamburg Dechasa, Shumi
2:06:43
Frankfurt/M
Kiptoo, Mark Kosgei
2:06:49
Düsseldorf Yegon, Gilbert
2:08:07
Köln Maritim, Anthony
2:10:26
Münster
Kiprono, Josphat
2:10:42
Hannover Chirchir, Henry Kipsigei
2:11:30
Mainz
Too, Lazarus
2:12:36
Kassel Kirui, Kiprotich
2:14:10
Dresden Stadt
Kiptoo, Hillary
2:18:39
Bonn Bonsa, Gonfa
2:18:44
Mannheim Aboye, Werkuneh Seyoum
2:18:52
Ulm Kosmac, Anton
2:20:07
München Schreindl, Tobias
2:21:50
Fürth Dedov, Roman
2:23:26
Deutsche Weinstraße Kinde, Yonas
2:23:47
Essen Schmidt, Daniel
2:24:28
Dresden Oberelbe Starodubtsev, Viktor
2:25:58
Karlsruhe Kabede, Dawit
2:27:09
Gelsenkirchen Miereczko, Maciek
2:29:08
Würzburg Shbro, Amin
2:29:13
Heilbronn Toroitich, Geoffrey
2:29:24
Bad Füssing Müller, Jan
2:30:46
Leipzig Heil, Benedikt
2:32:47
Freiburg Naegele, Lukas
2:32:51
Bremen Sebrantke, Oliver
2:33:01
Regensburg Merwerth, Frank
2:34:16
Duisburg Bröring, Christian
2:34:30
Marathons mit weniger als 300 TN aber Männerzeiten bis 2:35
St.Wendel / 193 TN Terer, Dickson
2:13:28
Kiel / 233 TN Anfält, Erik
2:28:19
Rostock / 242 TN
Schmidt, Paul
2:30:34
Fränkische-Schweiz / 193 TN
Endisu, Getachew
2:31:22
Mittelrhein / 252 TN Sauter, Tobias
2:32:51
Oldenburg / 196 TN Meyer, Manuel
2:33:50

Doch zurück zum nationalen Vergleich: Die Frankfurter, die den Hauptstädtern bislang nur 2010 den Rang ablaufen konnten, behaupteten sich hinsichtlich der Gesamtzeiten mit einem Malus von 8,26 auf Position 2. Doch mussten sie sich bezüglich der Männer-Siegerzeit mit "nur" 2:06:49 h durch Mark Kiptoo allerdings erneut Hamburg geschlagen geben, wo der Äthiopier Shumi Dechasa bei seinem Marathon-Debüt mit 2:06:43 h glänzte. Allerdings kamen die Hanseaten bei den Damen nur auf 2:26:47 durch die Kenianerin Georgina Rono, während Aberu Kebede aus Äthiopien am Main 2:22:21 h auf den Asphalt legte. Hinter den drei Großen entschied erneut Düsseldorf das rheinische Kräftemessen gegen Dauerkonkurrent Köln für sich und verfehlte seinen Streckenrekord mit 2:08:07 h nur knapp. Die Kölner Streckenoptimierung vermochte indes den "Rückschritt" auf 2:10:26 h nicht verhindern. Auch Hannover scheiterte mit 2:11:30 h diesmal an der prestigereichen 2:10-Marke. Ebenso Münster, das mit 2:10:42 h seinen Streckenrekord jedoch nur knapp verfehlte. Während im Vorjahr noch sechs Marathons eine Zeit unter 2:10 h erzielten, war dies heuer nur vier Veranstaltungen vorbehalten. Wie schon 2013 gelang acht Läufen eine Zeit zwischen 2:10 und 2:20 h. Bei 34 Marathons lag die Siegerzeit unter 2:35 h. Der mit Abstand schnellste Klein-Marathon mit unter 300 Teilnehmern ist erneut St. Wendel mit herausragender Siegerzeit von 2:13:28 h, wo trotz geringer Beteiligung nach wie vor Prämien ausgezahlt werden und afrikanische Topläufer anziehen. Auch in Kiel ist eine ähnlich geringe Teilnehmerzahl kein Hinderungsgrund für eine Siegerzeit unter 2:30 h und brachte es auf 2:28:19 h. Der langsamste Groß-Marathon ist profilgeschuldet der Rennsteiglauf mit 2:42:15 h für den Sieger. In der Kategorie der Läufe zwischen 1.000 und 2.000 Finishern ist Hannover mit 2:11:30 h am schnellsten und Bremen mit 2:33:01 h am langsamsten. Insgesamt gesehen am langsamsten waren bei den Männern der Heidelberger Trail-Marathon mit einer Siegerzeit von 3:32:59 h und bei den Frauen der Sonthofener Allgäu-Panorama-Marathon mit 3:54:38 h. Den größten Zeitverlust musste Karlsruhe hinnehmen, das mit 2:27:09 h rund 15 Minuten langsamer gegenüber dem Vorjahr geworden ist. Die größte Verbesserung gegenüber 2013 vermeldet Münster mit einer Steigerung von mehr als fünf Minuten.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Frauen

In der Grafik sind alle Marathons mit mehr als 300 Finishern berücksichtigt, mit Frauensiegerinnen unter 3 Stunden - 22 Stück.
Berlin Tsegaye, Tirfi
2:20:18
Frankfurt/M Kebede, Aberu
2:22:21
Hamburg Rono, Georgina
2:26:47
Köln Mumbi, Julia
2:28:00
Düsseldorf Bersagel, Annie
2:28:59
Hannover Salem, Souad Ait
2:33:09
Mainz Vilisova, Tatiana
2:37:18
Münster Bule, Yenealem Ayano
2:40:40
Mannheim Restle-Apel, Simret
2:42:28
Kassel Kwambai, Caroline
2:43:59
Dresden Stadt Kibor, Alice
2:44:30
München Volke, Steffi
2:44:40
Bonn Mamo, Adanech
2:45:10
Essen Dörschel, Christl
2:47:34
Duisburg Klein, Sandra
2:48:12
Deutsche Weinstraße Kiprono, Prisca
2:50:24
Ulm Ricotta, Giovanna
2:50:39
Kandel Grüber, Almuth
2:54:14
Regensburg Brenner, Elke
2:57:39
Würzburg Illeditsch, Elena
2:58:02
Leipzig Jakob, Anja
2:58:57
Gelsenkirchen Vielhaber, Felicitas
2:59:06
Marathons mit weniger als 300 TN aber Frauenzeiten bis 3:00 h
St.Wendel / 193 TN Schedler, Michaela
2:49:00
Kiel / 233 TN Sundberg, Sophia
2:53:16

Den schnellsten deutschen Sieger brachten standesgemäß die deutschen Meisterschaften in München hervor, wo der Passauer Überraschungsmeister Tobias Schreindl bei afrikanischer Abstinenz 2:21:50 h benötigte. Sämtliche Siegerzeiten unter 2:20 h wurden von Afrikanern erzielt. Eine ähnliche Monokultur muss bei den Frauen-Rennen konstatiert werden. Hier gab es 2014 fünf Siegerzeiten unter 2:30 h, allesamt durch afrikanische Läuferinnen. Im Bereich zwischen 2:30 und 2:40 h tut sich erneut ein Loch auf, das grade mal von zwei Siegerinnen besetzt wird. Insgesamt konstatierte die Marathonszene nur noch 24 weibliche Siegerzeiten unter 3 h. Bei den Frauen kann Mannheim die schnellste deutsche Siegerzeit für sich beanspruchen. Hier gewann Rückkehrerin Simret Restle-Apel in 2:42:28 h. München folgt mit der neuen deutschen Titelträgerin Steffi Volke mit 2:44:40 h als zweitschnellste Siegerzeit. Der Remscheider Daniel Schmidt mit Essen-Triumph und Heimsieg beim Röntgenlauf sowie die Mannheimer Triathletin Almut Grüber mit Siegen in Kandel und Heidelberg sind die beiden einzigen Athleten, die gleich zwei Marathons für sich entscheiden konnten.

Leistungsdichte Männer unter 3:00 h

Wo fanden Bestzeitenjäger 2014 in Deutschland starke Gruppen

Der Marathon mit den schnellsten Siegerzeiten muss nicht zwangsläufig zur persönlichen Bestzeit führen. So gelingt es den besten Eliteläufern mit nur wenigen Sekunden Verlust Streckenschwierigkeiten zu meistern. Für einen Spitzenplatz im Ranking reicht es, einen Mann und eine Frau gut durchzubringen. Dafür wird von Veranstalterseite mitunter auch ein Service geleistet, der weit bessere Bedingungen liefert, etwa mit persönlichen Tempomachern, als sie "Otto Normalverbraucher" vorfindet.

Bei welchem Marathon die Chancen auch für schnellere Teilnehmer gut sind, eine Gruppe zu finden, ist anhand der Grafiken leicht abzulesen.

Unberücksichtigt bleibt hier, dass sich bei Marathons etwa mit zeitgleich startendem Halbmarathonfeld und bei sich auf der Strecke tummelnden frisch eingewechselten Staffelläufern zusätzlich Gruppen bilden, die der Einsamkeit des Langstreckenläufers entgegen wirken.

In der Grafik sind alle Marathons ab 300 TN mit mehr als 25 Männern unter 3:00 h. (20 Veranstaltungen)

Die beiden deutschen München-Sieger nehmen in der nationalen Jahresbestenliste nur die Plätze 6 und 7 ein. Die mit Abstand schnellste Zeit erzielte der 33-jährige Tübinger Arne Gabius dank seines Sensations-Debüts von Frankfurt mit 2:09:32 h als Gesamt-Neunter. Dies bedeutet die beste Marathonzeit seit 24 Jahren und die viertschnellste Zeit eines Deutschen überhaupt. Dahinter folgt der Wahl-Düsseldorfer Andre Pollmächer als Elfter von Düsseldorf mit 2:13:58 h. Der 31-Jährige hatte im Vorjahr mit 2:13:05 h, der damals schnellsten Zeit eines Deutschen seit 14 Jahren, für die deutsche Bestmarke gesorgt. Hinter Gabius und Pollmächer folgt der Regensburger Julian Flügel mit 2:14:20 h durch seinen starken Lauf von Frankfurt nach seinem gelungenen Debüt im Frühjahr in Hamburg (2:15:39). Hinter den drei Marathon-Überfliegern des Jahres erreichten auch die drei Ostdeutschen Falk Cierpinski, Marcel Bräutigam und Christian König Zeiten unter 2:20 h. Somit gab es 2014 sechs deutsche Läufer unter 2:20 h. Im Vorjahr waren es fünf gewesen. 14 deutsche Athleten knackten die 2:25er-Marke, während das 2013 noch 19 und 2012 sogar 24 gelang.

Leistungsdichte Frauen unter 3:20 h

Wo fanden Bestzeitenjägerinnen 2014 in Deutschland starke Gruppen

Da es in Deutschland keine reinen Frauenläufe gibt, ist die Aufzeichnung für Marathonläuferinnen unter 3:20 h im Ziel, mehr ein Hinweis, wo es evtl. was zu verdienen gibt. Es kann unterstellt werden, dass bei Marathons mit vielen männlichen Teilnehmern, die unter 3 Stunden bleiben, auch im Bereich bis 3:20 h eine höhere Teilnehmerdichte zu erwarten ist.

Dass wir nicht auch Grafiken für längere Laufzeiten erstellt haben, hat nur den Grund, dass sich die Einsamkeit des Langstreckenläufers erst wieder am Ende des Feldes einstellt. Mitunter wäre im Mittelfeld eine umgedrehte Betrachtung interessant: Wo kann ich z.B. bei einer Laufzeit von 4 Stunden mit ausreichender Bewegungsfreiheit rechnen. Dies ist aber etwa aufgrund zeitversetzer Startgruppen statistisch kaum anhand reiner Zahlen zu ermitteln.

In der Grafik sind alle Marathons ab 300 TN mit mehr als 5 Frauen unter 3:20 h. (20 Veranstaltungen)

Für die beste deutsche Frauenleistung sorgte erstmals Anna Hahner. Die 25 Jahre alte Hessin kam in Berlin als Gesamtsiebte auf starke 2:26:44 h. Hinter der Überfliegerin kommt in Abwesenheit der Rücktreterinnen Irina Mikitenko und Susanne Hahn, den beiden Marathon-Aussteigerinnen Sabrina Mockenhaupt und Lisa Hahner und der verletzten Eleni Gebrehiwot lange nichts. Mit 2:33:50 h war die Hamburger Quereinsteigerin Mona Stockhecke als zweitbeste Deutsche mehr als 7 Minuten langsamer als Anna Hahner. Die drittbeste Leistung des Jahres erzielte die junge Frankfurterin Katharina Heinig mit 2:33:56 h. Es folgen Nina Stöcker, Simret Restle-Apel und Steffi Volke mit Zeiten zwischen 2:40 und 2:45 h. Nachdem im Vorjahr gleich vier deutsche Marathonias unter 2:30 h liefen, blieben diesmal grade mal Drei unter 2:40 h. Nur noch zwölf Athletinnen gelang eine Zeit unter 2:50 h; im letzten Jahr hatten dies noch 16 geschafft.

Anteil der Finisher unter 3 Stunden

Von allen 46 Veranstaltungen mit mehr als 300 TN haben nur die schwierigen Landschaftsmarathons Heidelberg Trail-Marathon sowie der Allgäuer Panoramamarathon keine Zeit unter 3 h aufzuweisen

Natürlich beansprucht Berlin weiterhin auch die höchste Zahl an Zeiten unter 3 h für sich. Mit 1.267 Zieleinläufen unter der begehrten Marke blieb man allerdings gut 200 Läufer unter dem letztjährigen Rekordwert von 1.483. Mit dieser Zahl ist die deutsche Hauptstadt auch weltweit unangefochten. Während diesmal 1.215 Männer schneller als 180 min waren, gelang 208 Frauen eine Zeit unter 3:20 h. Auch wenn die Zahlen absolut gesunken sind, konnten die Hauptstädter ihren Anteil an Sub-3-Läufern von 4,1 auf 4,4 Prozent steigern. Dies stellt allerdings die einzige Kategorie unserer Jahresendstatistik dar, in der Berlin nicht vorne liegt. Um diesen Vergleich auch noch zu beherrschen und die riesige Masse an Berliner Spaß- und Erlebnisläufern aufzuwiegen, bräuchte man schließlich eine solch große Menge an ambitionierten Läufern, die in Deutschland wohl kaum vorhanden ist. Hier rangiert Berlin also daher nur an Position 13. Der Titel für den höchsten Anteil an Finishern unter 3 h geht diesmal nach Bad Füssing. Mit 8,7 Prozent übertrumpfte der dortige Thermen-Marathon sogar die Hochgeschwindigkeitsstrecken von Kandel und Fürth und lässt einen ob dieses Rekordwerts fast schon an einstige Teilnehmerverhältnisse der 70er und 80er Jahre erinnern. Bei guten Witterungsbedingungen konnten hier bei insgesamt 310 Finishern 27 Zeiten unter 180 Minuten erzielt werden, darunter allerdings keine Frau. Im Vorjahr waren die Bad Füssinger nur auf 3,4 Prozent gekommen. Während die Franken mit 8,5 Prozent nur knapp geschlagen auf Platz 2 rangieren, kam Vorjahressieger Kandel als Drittplatzierter diesmal auf 7,9 Prozent. Der Bienwald-Marathon hatte die Statistik im Vorjahr mit 8,4 Prozent gewinnen können. Kassel und Frankfurt stellten ebenfalls ihr schnelles Pflaster unter Beweis und verzeichneten mehr als 6 Prozent an Sub-3-Läufer. Auch in Leipzig und Düsseldorf wird mit mehr als 5 Prozent besonders schnell gelaufen. Den größten Temposchwund erlitt Würzburg mit nur noch 4,5 gegenüber 7,5 Prozent im Vorjahr. Schlusslichter der Tempotabelle sind Heidelberg und Sonthofen, wo es streckenbedingt niemandem gelang, unter 3 h zu bleiben. Langsamster "Flach-Marathon" ist Lübeck mit nur 0,9 Prozent. Die gemächlichste Großveranstaltung ist nach wie vor Köln mit grade mal 1,6 Prozent unter 180 Minuten.

Anteil der Finisher unter 4 Stunden

Alle 46 Veranstalter mit mehr als 300 TN

In der Kategorie des Anteils an Finishern unter 4 h liegen erstaunlicherweise ganz andere Veranstalter vorn als in der vorgenannten Bilanz. Hier kommt Würzburg auf den höchsten Anteil und konnte satte 67 Prozent seiner Teilnehmer vor 4 h im Ziel begrüßen. Die Positionen 2 und 3 dicht gefolgt mit jeweils rund 66 Prozent belegen Regensburg und Leipzig. Im letzten Jahr hatte Ulm, diesmal nur Achter, mit 68 Prozent den höchsten Sub-4-Anteil erzielt. In Berlin ist das Zeitfenster zwischen 3 und 4 h besonders schwach ausgeprägt, sodass der Anteil an Sub-4-Läufern dadurch bei nur rund 48 Prozent liegt. Das gleiche Phänomen weist auch Frankfurt auf, das trotz Platz 5 in der Sub-3-Statistik in der Sup-4-Bilanz plötzlich nur noch 15. ist. Diese Betrachtung wird jedoch von unterschiedlichen Zielschlusszeiten stark relativiert, die in der Hauptstadt beispielsweise höher liegt als bei allen anderen Veranstaltungen und aufgrund der großen, erlebnisorientierten Teilnehmermassen den Finisherschwerpunkt nach hinten verlagert. Bei nur noch 25 der 45 größten Marathons haben mehr als die Hälfte aller Teilnehmer nach 4 h das Ziel erreicht. Damit sind die deutschen Marathons deutlich langsamer geworden als im Vorjahr, als dies noch 32 Veranstaltungen gelang. Während der Anteil an Finishern unter 240 Minuten 2013 nur in Magdeburg und Mannheim unter 50 Prozent lag, bezieht sich das in diesem Jahr auf gleich sieben Stadt-Marathons. Den insgesamt klaren Tiefstwert liefert Heidelberg mit einem Sub-4-Anteil von nur 4 Prozent. Bei den Stadt-Veranstaltungen ist Gelsenkirchen mit 39 Prozent Schlusslicht.)

Text: Christian Werth

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Teil 5: Frauen
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 5: Die Frauenquote: HIER Teil 6: Halb- kontra Marathon: HIER
Text und Analyse von Christian Werth

Berlin sorgt für Zwischentief der Frauenquote

Die deutsche Laufszene wird zunehmend weiblicher. Der Gesamttrend der letzten Jahre fand auch 2014 seine Fortsetzung, auch wenn er diesmal vor der Marathon-Distanz halt macht. So konnte die Frauenquote auf der Königsdisziplin erstmals seit vielen Jahren nicht weiter gesteigert werden. Nachdem im Vorjahr mit 20,56 Prozent die historische 20-Prozent-Marke gefallen war und somit erstmals mehr als jeder fünfte Marathon-Finisher weiblich war, sind es in diesem Jahr plötzlich nur noch 20,3 Prozent. Dieser leichte Rückgang um 0,26 Prozent ist wohl auch der außergewöhnlich hohen Vorjahressteigerung von 1,3 Prozent geschuldet, die deutlich über dem durchschnittlichen Jahreszuwachs lag.

 

19,3 Prozent Frauenanteil 2012, 19,0 Prozent 2011, 18,7 Prozent 2010 und 18,0 Prozent 2009 zeigen die Entwicklung der letzten fünf Jahre auf und verdeutlichen dass es sich bei dem Vorjahreswert um einen Ausreißer nach oben handelt. So hatte man noch im Vorjahr vermelden können, dass es "schon" im Jahr 2035 genauso viele Marathon-Läuferinnen wie -Läufer gäbe, wenn sich die letztjährige Steigerung im gleichen Maße fortgesetzt hätte.

Mit Betrachtung der diesjährigen Entwicklung wird diese Prognose jedoch komplett über den Haufen geworfen und lässt nun ernsthafte Zweifel aufkommen, ob es überhaupt irgendwann 30 Prozent sein werden. Zudem ist somit auch der Nachholbedarf des Marathons gegenüber kürzeren Distanzen, die erneut noch weiblicher geworden sind, weiter angewachsen.

Allerdings lässt einen der Blick auf die Entwicklung der einzelnen Läufe zu der Erkenntnis kommen, dass der allgemeine Frauentrend doch auch in diesem Jahr seine Fortsetzung gefunden hat. Schließlich macht Berlin diese Statistik aufgrund seiner riesigen Teilnehmermasse kaputt. In der Hauptstadt fiel man auf eine Frauenquote von 23,4 Prozent zurück, nachdem man hier im Vorjahr mit einem Quantensprung auf satte 24,6 Prozent bzw. absolut 8.990 Frauen neue deutsche Bestmarken aufstellen konnte. Auf der anderen Seite konnten sechs der sieben übrigen Großveranstaltungen, also mit mehr als 2.000 Teilnehmern, eine neuerliche Erhöhung ihres Frauenanteils verzeichnen. So kommt Hamburg auf 21,8 gegenüber 21,3 Prozent im Vorjahr, München auf 20,5 zu 19,5 Prozent, der Rennsteiglauf auf 19,8 zu 18,8 Prozent, Frankfurt auf 19,6 zu 19,4 Prozent, Düsseldorf auf 19,6 zu 16,9 Prozent und Münster auf 19,5 zu 17,8 Prozent. Lediglich Köln konnte in diesem Jahr mit 19,6 zu 19,8 Prozent weniger Frauen begrüßen. Die großen Sieben hinter Berlin konnten sich also durchschnittlich um satte 1,2 Prozent steigern. Den größten Frauenschub verbuchte Düsseldorf mit einer Steigerung um beachtliche 2,7 Prozent. Dank München gibt es neben Berlin und Hamburg erstmals einen dritten großen Marathon mit mehr als 20 Prozent Frauen, wobei dies angesichts der jüngsten Steigerungsraten schon im kommenden Jahr sämtliche Großevents betreffen könnte. Während der Damenanteil der mittelgroßen Marathons mit rund 16 Prozent in etwa gleich geblieben ist, konnten auch die kleinen Veranstaltungen mit nunmehr gut 17 gegenüber knapp 16 Prozent im Vorjahr eine deutliche Steigerung verzeichnen. Wenn man sich auch diese Zahlen vor Augen führt, wird die "Statistik-Macht" Berlins umso deutlicher. So ist die Abhängigkeit der allgemeinen Frauenquote von der Hauptstadt wie auch bei der Betrachtung der Gesamtteilnehmerzahlen immens groß.

Trotz des Damenverlusts ist Berlin mit seinen 23,4 Prozent seinen deutschen Verfolgern immer noch um Jahre voraus. Den weltweit höchsten Frauenanteil weisen die USA mit rund 40 Prozent an weiblichen Marathon-Teilnehmern auf. Den Höchstwert erreichte im Vorjahr Honolulu mit 46,6 Prozent. Zurück nach Deutschland: Dass mehr als jede fünfter Marathoni weiblich ist, ist nach wie vor den Massenevents zu verdanken. So ist die Entwicklung der größten Acht keinesfalls auf die Gesamtheit der Marathon-Events zu übertragen. Schließlich bevorzugen Marathon-Läuferinnen nach wie vor große Veranstaltungen. Insgesamt gesehen gilt weiterhin, je kleiner der Marathon ist, desto weniger Frauen sind am Start. Bei den mittelgroßen und kleineren Marathons liegt der Frauenanteil nicht nur deutlich niedriger, sondern sind hier über die Jahre gesehen auch die Steigerungsraten niedriger. Während die acht größten Marathons auf einen Frauenanteil von durchschnittlich 21,8 Prozent kommen, bringen es alle kleineren Veranstaltungen auf grade mal 16,8 Prozent. Die Ausnahme dieser Betrachtung bilden jedoch die mittelgroßen Läufe ab 1.000 Teilnehmer, an denen durchschnittlich ein Prozent weniger Frauen teilnehmen als bei den noch kleineren Veranstaltungen.

Dem Trend der unterrepräsentierten Kleinmarathons widersprechen die Läufe von Aegidienburg, Bräunlingen, Füssen, Remscheid und Sonthofen mit außergewöhnlich hohen Damenquoten von mehr als 19 Prozent. Spitzenreiter und damit überhaupt deutschlandweit vorn ist der Röntgenlauf mit sogar 24,9 Prozent. Bei diesen Läufen wird der Größennachteil offensichtlich durch die Streckenvorzüge wettgemacht. Schließlich handelt es sich bei allen genannten Veranstaltungen um Landschaftsläufe. Somit kann man nach wie vor festhalten, dass das schwächere Geschlecht offensichtlich durch die beiden Faktoren Größe und Natur angezogen wird. Könnte man daraus etwa den Schluss ziehen, dass der Berlin-Marathon schon jetzt ein Drittel an weiblichen Teilnehmern hätte, wenn er noch wie bis 1980 durch den Grunewald führen würde?

Text: Christian Werth

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2014

Teil 6: Halbmarathon kontra Marathon
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 5: Die Frauenquote: HIER Teil 6: Halb- kontra Marathon: HIER
Text und Analyse von Christian Werth

Halbmarathonias erstmals über 30 Prozent

Der deutsche Halbmarathon-Boom fand auch 2014 seine Fortsetzung. Der neuerliche Wachstumsschub war in diesem Jahr besonders ausgeprägt und verhilft den deutschen Halbdistanzen abermals zu einem Allzeithoch. In diesem Jahr finishten bei den 30 größten Veranstaltungen 151.602 Halbmarathonis und damit 2,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Im vergangenen Jahr hatte die Steigerungsrate nur 1,7 Prozent betragen. Wie schon 2013 wiesen in diesem Jahr 33 Läufe eine Finisherzahl von mehr als 2.000 auf. Einziger Neuling ist hierbei der Halbmarathon des alle zwei Jahre stattfindenden Marathon Deutsche Weinstraße, der mit 2.087 Zieleinläufen erstmals den Sprung über 2.000 Teilnehmer schaffte. Stattdessen fiel der ebenfalls im Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragene Bamberger Weltkulturerbelauf raus, der im Vorjahr mit knapp 3.000 Finishern an Position 20 rangierte. Der Wachstums-Boom betraf in diesem Jahr erstaunlich viele Läufe. 25 der 33 Topläufe konnten eine Steigerung verzeichnen, während dies im Vorjahr nur exakt der Hälfte der Veranstaltungen gelungen war.

Viele der größten Halbmarathons sind in eine Marathonveranstaltung integriert. Von den 33 Halbmarathons mit über 2.000 Finishern, sind 20 an einen Marathon angedockt (rote Balken). In die Top-ten kamen 4 Läufe ohne Marathon (blaue Balken). Die y-Achse zeigt die jeweiligen Halbmarathonfinisher an.

Halbmarathon-Primus bleibt Berlin, das sich knapp auf 22.305 Finisher steigerte und damit seine zweitbeste Bilanz nach dem Rekordjahr 2012 verzeichnete. Deutliche Verluste von 16 bzw. 11 Prozent mussten hingegen Köln und Stuttgart hinnehmen, die jedoch die Plätze 2 und 3 behaupteten. In der oberen Tabellenhälfte musste ansonsten nur Karlsruhe Federn lassen. Ein dickes Minus haben auch Dresden und Duisburg hinzunehmen. Wachstumskönig ist Frankfurt, das sich um beeindruckende 23 Prozent steigerte. Besonders große Zugewinne von mehr als 500 Teilnehmern weisen auch Freiburg, das dank des DM-Bonus das Podium nur knapp verfehlte, sowie Bonn, Hannover, Ulm und Heilbronn auf. In der unteren Tabellenhälfte überraschen Ingolstadt und Leipzig mit einem Plus von rund 300 Läufern. Hinter den Top33 folgen Leverkusen mit stagnierenden 1.807 Finishern sowie das aufstrebende Würzburg mit sattem Zugewinn auf 1.716 Halbmarathonis. Die Klassiker Paderborn und Altötting mussten mit nur noch 1.381 bzw. 898 Zieleinläufen abermals eine Klatsche hinnehmen.

Von den Top15 der deutschen Halbmarathons sind nur fünf eigenständig, nämlich Berlin, Stuttgart, Sport-Scheck-München, Hamburg und Frankfurt. Alle anderen sind in eine Marathon-Veranstaltung eingegliedert. In der zweiten Tabellenhälfte sind es hingegen etwa die Hälfte, sodass insgesamt 20 der 33 größten Halbmarathons "angedockt" sind. Den größten Teilnehmerunterschied der insgesamt 35 Doppelevents weist Heilbronn auf. Hier ist der Halbmarathon fast 8-mal so teilnehmerstark wie der Marathonwettbewerb. Auch in Kassel, Freiburg und Bonn ist der Stellenwert der Halbmarathondistanz mit mehr als 600 Prozent außerordentlich groß. Den Fall, dass der Marathon entgegen des allgemeinen Trends größer besetzt ist als die halbe Distanz, gibt es nur viermal, nämlich in Wernigerode, München, Aegidienburg und Füssen. Die "Königschlösser" sind "Statistik-Schlusslicht" mit einem Halbmarathonanteil von nur 60 Prozent.

Die deutschen Halbmarathonläufe werden nicht nur immer größer, sondern auch zunehmend weiblicher. Der jährliche Frauenzuwachs erfuhr 2014 seine Fortsetzung und knackte mit einem Anteil von 30,5 Prozent erstmals die 30-Prozent-Marke.

Dies bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von rund einem Prozent, wobei der Trend bei innerstädtischen Veranstaltungen besonders ausgeprägt ist. Zudem fällt auf, dass der Frauenanteil bei geringerer Teilnehmerzahl abfällt. Am männlichsten geht es nach wie vor in Ingolstadt zu, wo die Frauenquote nur 21,1 Prozent betrug.

Weit unterrepräsentiert sind die Damen auch in Nürnberg, Heidelberg und Tübingen mit jeweils unter 25 Prozent. Diesem scheinbaren Südgefälle widerspricht München, das mit satten 37,7 Prozent auftrumpft und damit einen neuen Rekord aufstellt. Auch Bockenheim (Marathon Deutsche Weinstraße), Köln, Hamburg und Berlin sind mit einem Anteil von über 35 Prozent beim schwächeren Geschlecht besonders beliebt.

Das Halbmarathon-Jahr war nicht nur teilnehmerstärker und weiblicher, sondern auch deutlich schneller als im Vorjahr. Die Top30 verzeichnet insgesamt 6.157 Zeiten unter 1:30 h und damit satte 8 Prozent mehr als 2013. Klarer Gewinner dieser Statistik ist Freiburg mit satten 9,8 Prozent unter 90 min, was einen neuen Allzeitrekord bedeutet. Sein schnelles Pflaster stellte einmal mehr auch Frankfurt unter Beweis, wo 7,5 Prozent unter 1:30 h blieben. Außerordentlich gemächlich ging es hingegen an der Weinstraße zu, wo nicht zuletzt auch durch das wellige Streckenprofil nur 2 Prozent der Teilnehmer die 90-min-Marke knackten. Auch in Gelsenkirchen, Heilbronn, am Tegernsee und am Rennsteig ging es besonders langsam zu.

35 Marathonveranstaltungen mit mehr als 300 Finishern haben zudem einen Halbmarathon im Programm. Die y-Achse zeigt das Verhältnis der Halbmarathonfinisher zu den Marathonfinishern an. Die x-Achse zeigt die Marathons in der Reihenfolge der Abweichungen.

Die schnellsten Halbmarathon-Zeiten wurden standesgemäß erneut in der Hauptstadt erzielt. Hierfür zeichnete der Kenianer Leonard Komon mit 59:14 min verantwortlich. Es folgen Hamburg mit 61:41 min und Paderborn mit 62:16 min. Für die beste Frauenleistung sorgte Paderborn mit 1:09:45 h durch die Äthiopierin Letebrhan Haylay, wobei Shalane Flanagan aus den USA mit ihrer Halbmarathon-Durchgangszeit vom Berlin Marathon in 1:09:38 h einen Tick schneller unterwegs war. Als schwächste Zeiten, um einen großen Halbmarathon zu gewinnen, reichten bei den Herren 1:17:12 h am Tegernsee sowie bei den Damen 1:30:32 h im Rahmen des Rennsteiglaufs. Mit Melaku Belachew, Yohannes Atey, Nils Bubel und Christl Dörschel gibt es vier Athleten, die gleich zwei Halbmarathons für sich entscheiden konnten.

Text: Christian Werth

Statistiken & Auswertungen von Ralf Klink und Christian Werth
Grafiken/Foto Constanze Wagner
Die deutsche Marathonszene wird seit 2006 mit Akribie ausgewertet. Siehe Inhaltsverzeichnis unter Unterhaltung im LaufReport HIER
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