Marathon und Ultramarathon danach

Hallo Laufreport-Team,

ich schmökere immer wieder mit Interesse auf eurer Homepage und eurem Internet-Laufmagazin. Echt toll gemacht und immer wieder interessant, vor allem eure Reportagen. Hie und da bin ich selbst dort gelaufen, von wo ihr berichtet habt, und konnte euch immer nur zustimmen in euren Aussagen. Nachdem ihr größtenteils Ultra-Läufer seid bzw. in diesem Bereich viel Erfahrung habt, hätte ich da eine Frage an Euch. Ich möchte Ende Mai den Trollinger-Marathon laufen und vielleicht 4 bis 6 Wochen danach einen (meinen ersten) Ultra-Lauf – entweder den Fidelitas-Nachtlauf in Karlsruhe oder den 60-km-Lauf in Euerbach. Ist dies möglich bzw. könnte es da Probleme geben? Ich hoffe auf euren erfahrenen Rat. Vielen Dank!

Peter Wiedemann

Hallo Peter,

konzentriere dich zunächst auf den Marathon vor deiner Haustür und erlaube Dir eine Woche Regeneration im Anschluss. Sollten sich bei Wiederaufnahme deines Trainings keine durch die Belastung des Marathons hervorgerufenen Verletzungen zeigen, wie etwa Beschwerden an Sehnen, Muskeln, Knie oder Hüfte, dann ist ein zeitnah liegender Ultramarathon durchaus machbar. Die Belastung ist aufgrund der geringen Geschwindigkeit, die man im Allgemeinen bei einer längeren Strecke unterstellen darf, eine andere als beim Marathon. Dass Gesundheitsaspekte dabei unberücksichtigt bleiben, sollte aber klar sein, zumal ein an der Belastungsgrenze gelaufener Marathon, alleine schon nicht gesund ist.

Gruß Walter Wagner

Rennsteig und Biel?

Hallo,
ich habe mir einige FAQ´s durchgelesen und bin unter anderem auf eine Antwort gestossen, wo ihr einem Läufer abratet, 4 Wochen vor Biel einen 75km Wettkampf zu laufen. Da ich dieses Jahr den Europacup der Ultramarathons laufen will, muss ich aber gerade dieses tun. Der Rennsteiglauf mit 72 km ist gerade mal 4 Wochen vor den 100 km in Biel. Beide Läufe zählen aber zum Europacup. Wie steht ihr dazu?

Ich laufe seit 12 Jahren Marathon (bis jetzt 20) mit Bestzeit 2:52 h und die letzten Jahre konstant von 3:04 bis 3:12 h. Ich trainiere allerdings nicht nach euren Plänen. Das Ziel sind so um die 9 Stunden in Biel bzw. erst mal ankommen und das vernünftig. Anstelle der langen Trainingseinheiten habe ich Marathon und Halbmarathonläufe eingebaut, die ich allerdings langsam absolvieren werde. Auch der Rennsteig ist eher ein Trainingslauf. Geplant habe ich 5 Marathonläufe und 3 Halbmarathonläufe, wobei ich schon einnen Lauf mit 44 km hinter mir habe (Endzeit 3:15 min). Mache ich da was falsch? Sollte ich die Wettkämpfe weglassen? Durch Wettkämpfe bin ich motivierter.

Herzliche Läufergrüße
Heribert

Hallo Heribert,
erst einmal will ich richtig stellen, dass nicht alle Läufe des Europacups bestritten werden müssen um in die Wertung zu kommen. Dennoch werden sich viele der Cupteilnehmer für Rennsteig und Biel entscheiden. Du hast viel Lauf-Erfahrung und machbar ist dieser Doppelstart. Dazu raten würde ich dennoch nicht. Ich selbst bin im Jahr 2000 auch beides gelaufen und eine Woche vor dem Rennsteig noch den Gutenberg-Marathon in Mainz. Alle drei Rennen für mich auf hohem Niveau. In Mainz Dritte, beim Rennsteig Zweite und in Biel Erstplatzierte. Die Folge solcher Wettkampfhäufigkeit war eigentlich immer ein starker Leistungsabfall. Daraus resultierend laufe ich mittlerweile weniger Rennen.

Der Rennsteig mit über 70 km und, je nach Jahr, etwa vier Wochen danach die 100km von Biel zu laufen sind also riskant. Deine Vorbereitung, mit den langen Läufen innerhalb von Wettkämpfen absolviert, birgt die Gefahr, dass Du zu schnell läufst. Von langsamen Läufen kann ja nicht die Rede sein, in Würzburg bist Du die 44 km in 3:15 h gelaufen. Dem Schnitt von 5 min/km bis 5:30 min/km, der Deinen Zielen bei den Ultramarathons entspräche, bist Du da aber ganz erheblich enteilt.

Allerdings gegen ein oder zwei schnellere Marathons in der Vorbereitung ist nichts einzuwenden. Du sprichst aber von 5.

Klar bist Du motivierter durch Wettkämpfe. Aber genau hier will ich einhaken. Für das Bestehen bei Ultramarathons wird oft der Kopf zum entscheidenden Faktor und nicht Fitness und Muskelkraft. Für die Schulung von Disziplin, Durchhaltevermögen und Psyche ist es deshalb besser, wenn das Training nicht leicht fällt. Trainingsläufe von drei bis vier Stunden, alleine oder zu zweit gelaufen bringen mir mehr für die Ultramarathonrennen, als ein langer Wettkampf, bei dem ich irgendwie doch ständig abgelenkt bin.
Constanze Wagner

Crescendo und Puls am Berg

Hallo Ihr Laufexperten,

habe eine kurze und knappe Frage an Euch, die mich brennend interessiert. Habe in meinem Marathonvorbereitungsplan einen Crescendolauf. Dieser ist 32 km lang. Nun meine Frage: Soll ich diesen Lauf nüchtern absolvieren (wie die anderen lange Läufe) oder muss man auf Grund der Tempowechsel etwas zu sich nehmen (wenn ja, was???)

Ich beginne gerade mit meiner Marathonvorbereitung (unter 3- Stunden- Plan). Nun tritt bei mir folgendes Problem auf. Da ich in der hügeligen (buckeligen) Eifel zu Hause bin und es immer steil Berg auf und Berg ab geht, schaffe ich es nicht, die Kilometerangaben (z. B. 5:30 min / km) zu laufen und gleichzeitig auch im vorgegebenen Herzfrequenzbereich zu bleiben. Soll ich mich nun an die Kilometerangabe halten, und mit höherem Puls laufen als "vorgeschrieben" - oder soll ich nur nach der Herzfrequenz laufen ???

Bitte um Antwort. Vielen Dank im voraus. Elmar M.

Hallo Elmar,
das Crescendo ist in einer fortgeschrittenen Trainingsphase ein Steigerungslauf, bei dem zunächst im normalen Dauerlauftempo begonnen wird. Stufenweise werden einzelne Abschnitte über Tempodauerlauf bis hin zur Wettkampfgeschwindigkeit gesteigert. Im Marathontraining kann z.B. der lange Lauf über 30 Kilometer als Crescendo durchgeführt werden, indem man alle fünf bis zehn Kilometer schneller wird. Danach sollte wenigstens zehn Minuten ausgelaufen werden. Bis hierher sollten wir übereinstimmen. Diese Erklärung stammt übrigens aus dem Buch Fit for Fun von Herbert Steffny und Ulrich Pramann. Crescendo ist Italienisch und bedeutet wachsen, zunehmen und passt schon mal begrifflich ganz gut.

Solltest Du das Laufen nüchtern gewohnt sein, dann würde ich versuchen, auch diese Trainingseinheiten ohne Nahrungsaufnahme zu absolvieren. Damit werden die Steigerungen wohl etwas dünn ausfallen, aber für das Fettstoffwechseltraining ist man doch zum Quälen bereit. Und beim Rennen kann man dann leichter was zulegen. Crescendo ist aber an sich schon eine ziemlich harte Belastung, also auf jeden Fall darauf achten, sich dies nur absolut fit zuzumuten und im Zweifel lieber doch zum Riegel oder Sportgetränk greifen. Ideal ist es, im Training die gleichen Getränke, Gels oder Energiestücke zu testen, die es dann im Rennen zu vertragen gilt.

Was hast Du da für einen auskunftsstarken Plan? Natürlich solltest Du Dich nicht an min/km halten im hügeligen Gelände. Ich selbst trainiere nicht mit einem Herzfrequenzmesser. In hügligem Terrain variiere ich zwischen Dauerlauf / flotter Dauerlauf / Tempodauerlauf / Tempo am Berg. Ich laufe auch fast nur Hügel, mangels flacher Alternativen. Es ist deshalb schon notwendig, gelegentlich auf flachen Strecken die Form zu prüfen und dort Einheiten streng nach min/km anzugehen. Schließlich ist das auf einer schnellen Marathonstrecke gefordert. Ideal für diese diszipliniert zu laufenden Einheiten sind Trainingswettkämpfe. Dort kann man sein Tempogefühl testen und gern auch den Pulsmesser zur Überprüfung der Belastung heranziehen. Keine Frage, wer es bevorzugt ständig kontrolliert zu laufen, der kann auch in den Hügeln Puls messen. Aber irgendwie kommt man dann halt nie die Berge hoch.

Ich hoffe, damit eine Hilfe gegeben zu haben. Weiterhin verletzungsfreie Vorbereitung

Constanze Wagner

Radrolle oder Laufen?

Eigentlich fahre ich seit Jahren Rennrad und habe hier auch schon bei einigen Radmarathons mitgemacht. Da jetzt wieder die dunkle Jahreszeit beginnt, ist das Fahren nach Feierabend im Freien nicht mehr ohne weiteres möglich. In der Vergangenheit bin ich stur auf der Rolle im heimischen Keller gefahren. Auf Dauer ist dies jedoch sehr monoton und öde. Für dieses Jahr möchte ich mal probieren die Vorbereitung auch auf das Laufen zu erstrecken.

Macht dies im Grundlagenbereich Sinn? Gibt es nur eine Art von Grundlagentraining? Oder ist ein fahrradspezifisches Training im Keller (wg. Schmuddelwetter, Regen usw.) doch besser, aufgrund der Tatsache, dass ja als Berufstätiger nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung steht, die dann auch fahrradspezifisch genutzt werden sollte.

Auf Ihre Antwort freue ich mich jetzt schon und verbleibe
mit freundlichen Grüßen Th. Frey

Radtraining ist für Radrennfahrer das A&O, daran gibt es wohl kaum was zu rütteln, auch wenn bekanntlich Traineransichten gern differieren bis hin zum Widerspruch. Die Dauer der Trainingseinheiten macht den großen Unterschied des Radrennfahrers zu anderen Ausdauersportlern. Im Sattel kommen leicht mehrere Stunden zusammen, während auf Füßen die 2-Stundenmarke schon eher selten überschritten wird. Dennoch führen Radrennfahrer, die auch laufen, ihre Rennerfolge mitunter gerade auf die gelaufenen Trainingseinheiten zurück.

Unabhängig von der Frage der Trainingsergebnisse, das möge hier einmal unbeachtet bleiben, kann ich nur dringend dazu raten, einen Teil des Trainings in freier Natur zu absolvieren. Ein Lauf selbst in der Nacht und noch dazu bei schlechtestem Wetter ist ein Erlebnis bis hin zum Abenteuer. Zur Belastung im Beruf ist ein Ausgleich wichtig. Beim Lauf draußen sammelt man viele Eindrücke, egal ob beim Lauftreff oder wenn man alleine durch Parkanlagen, Felder und Wälder streift. Radrollefahren ersetzt dieses Erleben nicht, da kann man die Musik noch so laut stellen.

In meiner aktiven Zeit als Geräteturner wurde ich alljährlich mit einer großen Nachwuchshoffnung des Radrennsports konfrontiert. Der Gute sollte in den Wintermonaten die Körperpartien schulen, die beim Radfahren unberührt bleiben, brach sich aber unabhängig vom Gerät immer gleich am ersten Abend irgendeinen Knochen. Nun ist das Laufen weniger gefährlich als Geräteturnen, aber es birgt gerade für trainierte Radrennfahrer nicht unerhebliche Risiken. Die mitgebrachte Fitness macht es möglich, anders als bei Untrainierten, gleich große Strecken zurückzulegen. Nun werden aber beim Laufen Sehnen, Bänder und Muskeln in Anspruch genommen, die beim Radtraining gar nicht ausgebildet wurden und hier liegt das unerwartete Verletzungsrisiko.

Mein Tipp: Vorsicht walten zu lassen. Nicht das Gefühl gibt die Grenzen vor, sondern stur die Uhr. Dreimal in der Woche eine halbe Stunde laufen, Einschränkungen beim Tempo können vernachlässigt werden, denn das Herzkreislaufsystem ist ja trainiert und 30 Minuten Stoff geben, ist kaum das Problem. Auch Fahrtspiele einbauen, ein Sprint zum nächsten Baum oder einen Anstieg als Steigerungslauf angehen. Laufen muss nicht langweilig sein. Daneben die Ausdauer auf der Rolle trainieren. Treten nach 14 Tagen noch überhaupt keine Zipperleins auf, dann kann auch mal 10 km gelaufen werden bis zu einer ganzen Stunde am Stück. Im Zweifel aber doch lieber nach 30 Minuten aufhören. Also auf kleinen Runden - etwa 5 Km - laufen, damit ein Trainingsabbruch schnell möglich ist. Hält der Bewegungsapparat, dann kann auch das Ausdauertraining mehr weg von der Rolle direkt auf die Füße verlagert werden.
Walter Wagner

Laufstilkorrektur und Vorfußlaufen

Hallo Conny, hallo Walter,
mit purem Neid ist erfüllt, wer Eure Seite aus dem fernen Berlin besucht: so etwas wäre auch hier schön zu haben. Übersichtlich, umfangreich, aber dank guter Navigatin dennoch leicht überschaubar. Alle wichtigen Nachrichten rund um den geliebten Sport. Wie war es dort, wo ich´s nicht schaffte hinzukommen, welche Termine erwarten mich in den nächsten Wochen, was gibt es Neues auf dem Trainings- und Materialmarkt, was macht die Konkurrenz? Fragen über Fragen, die ihr präzise zu beantworten wißt. Feine Sache!
Anbei aber noch eine Frage:
Vor einigen Tagen stieß ich in einem Tria-Mag auf einen Artikel über die "Vorfuß Lauftechnik". So mancher bekannte Triathlet - so die anpreisenden Klänge - hätte mit der Umstellung auf diese Technik seine lange stagnierenden Leistungen wieder in Gang gebracht. Ich hab zuerst nicht schlecht gestaunt, denn über Lauftechnik habe ich mir noch nie ernsthaft Gedanken gemacht. Rein in den Schuh, raus in den Wald - und jetzt soll ich auch noch meine Fusshaltung optimieren? Was meint Ihr denn, für wen ist so eine Technik geeignet, nur für Läufer mit höheren Tempi? Oder auch für den einfachen Breitensportler? Wie lauft Ihr denn? Oder ist das wieder eine der Technik- Wunderwaffen, die kurzfristig die Lösung aller Probleme verspricht, eigentlich aber nur dazu da ist, die Gemüter in Gang zu halten? So etwa wie Armstrongs Spinning Technik, die angeblich die knappe Antwort auf die Frage nach seinen Bergfahrkünsten abgibt.
Also: voll des Lobes für Eure Seite und gespannt auf Eure Antwort,
Holger aus dem fernen Berlin.

Georg Supp aus Freiburg, Physiotherapeut vom P.u.L.Z. im Rieselfeld antwortet:

Hallo Holger,
zum Vorfußlaufen ist in letzter Zeit einiges geschrieben worden.
Wie so oft treffen da verschiedene Philosophien aufeinander von denen keine dem kritischen Hinterfragen nach wissenschaftlichem Nachweis standhält.

Vorneweg folgendes:
Bewegt sich ein Mensch langsam vorwärts dann geht er. Soll's schneller sein dann läuft er. Die meisten tun es (das Laufen) in irgendeiner Weise abrollend. Entweder über die Ferse oder mit dem Schwerpunkt Mittelfuß. Ab einer gewissen Geschwindigkeit ändert sich die Laufart hin zum Vorfußlaufen, da sich eine schnellere Schrittfrequenz nur über einen dynamischen Vorfußabdruck erreichen läßt. Manche Läuferinnen und Läufer nutzen diesen Vorfußstil jedoch von hause aus auch bei lockerem Joggingtempo (steckt denen wohl in den Genen).

Nun zu deiner Frage:
(Meine Meinung - ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit - aber unter Beachtung des gesunden Menschenverstandes)
Im Hochleistungsbereich mag es Sinn machen, sich den dynamischeren Vorfußabdruck zu nutze zu machen. Wer auf 10.000 m jedoch langsamer als ca. 32 Minuten läuft braucht sich darüber keinen Kopf zu zerbrechen. Entweder du fällst bei höherem Tempo und damit gesteigerter Schrittfrequenz automatisch in den Vorfußlaufstil oder bleibst bei deinem Fersen- oder Mittelfußstil und hast damit einfach bestimmte Tempogrenzen zu akzeptieren.
Sich als Freizeitläufer (auch als ambitionierter) künstlich einen Vorfußstil anzutrainieren halte ich für schwachsinnig. Im günstigsten Fall macht das ganze keinen Spaß, da es sich unnatürlich anfühlt. Im ungünstigen Fall - und das ist nach meiner Erfahrung als Physiotherapeut wesentlich häufiger - führt die Umstellung zu Überlastungsbeschwerden und Verletzungen.
Wir sehen in unserem Zentrum immer wieder Läufer und Triathleten mit Problemen im Bereich von Vorfuß, Fußwurzel, Achillessehne und Wade nachdem sie sich am Vorfußlaufen probiert haben.
Wer das Laufen professionell betreibt, kann mit allen möglichen Verrenkungen am Stil feilen und Dinge umstellen, die zu bremsen scheinen. Wirklich talentierte Läuferinnen und Läufer brauchen das eh nicht.
Wer läuft um Spaß zu haben und fit zu bleiben, sollte seinen eigenen Stil finden mit dem er sich wohl fühlt. Den Laufstil gibt es nicht!!!
Viel Spaß weiterhin beim Laufen.

Gruß Georg Supp